13.07.2017

Rechtliche Aspekte der Exit-Strategie

Wegen des aktuellen Zinsumfelds werden alternativen Anlageformen immer beliebeter. Für Gründer kann der Verkauf ihres Unternehmens eine attraktive Vorgangsweise sein. Dabei gilt es aber, ein paar rechtliche Belange zu beachten.
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(c) elnur-fotolia.com: Auf der Suche nach der richtigen Exit-Strategie.

Der österreichische M&A-(Mergers and Acquisitions) Markt wächst und wird internationaler. Einschlägige Branchendatenbanken sprechen zum Teil von zweistelligen Wachstumsraten in den letzten Jahren. Innovative österreichische Tech-Unternehmern werden dabei von strategischen oder finanziellen Investoren umworben. Im aktuellen Zinsumfeld ist der Drang nach alternativen Anlageformen hoch. Für Gründer und Unternehmer mag daher der Unternehmensverkauf eine attraktive Exit-Strategie sein. Dabei sind rechtliche Belange ein wesentlicher Erfolgstreiber. Unstrukturierte oder unvollständige Offenlegung oder ungenügende rechtliche Dokumentation können beispielsweise den angebotenen Kaufpreis schmerzlich drücken oder gar den potenziellen Käufer vergrämen. Wie läuft nun ein Verkaufsprozess typischerweise ab? Worauf ist besonders zu achten?

Tipps für potenzielle Verkäufer

Ein Unternehmenskauf hat typischerweise die folgenden Phasen:

 

Erstes Abtasten – welcher Vereinbarungen bedarf es? Wie verbindlich soll es sein?

Bereits am Anfang der Transaktion – es werden gerade die ersten Gespräche geführt, sich ein möglicher Zeitplan überlegt, Konzepte ausgetauscht – stellt sich die Frage nach einer rechtlichen Dokumentation. In der Praxis sind Absichtserklärungen häufig. Darin werden bestimmte grundlegende Vorhaben und die Transaktionsstruktur festgehalten. Ebenso häufig anzutreffen sind Geheimhaltungs- und Exklusivitätsvereinbarungen. Diese Vereinbarungen müssen nicht zwingend in separaten Dokumenten enthalten, sondern können in einem Vertrag zusammengefasst sein.

Aus Verkäufersicht sind insbesondere Geheimhaltungsverpflichtungen des Käufers geboten, um die zweckmäßige und vertrauliche Verwendung der dem potenziellen Käufer offen gelegten Informationen sicherzustellen. Trotz Geheimhaltungsvereinbarung ist bei besonders sensiblen Informationen (z.B. Geschäftsbeziehungen, Know How, etc.) auch daran zu denken, diese erst in einer späteren Phase der Transaktion offenzulegen (z.B. bei Vorliegen eines konkreten Kaufangebotes). Alternativ könnte die Offenlegung auch unter Einhaltung besonderer Verfahren erfolgen (z.B. Offenlegung nur gegenüber bestimmten zur Vertraulichkeit verpflichteten Beratern, die lediglich bestimmte Informationen oder in anonymisierter oder aggregierter Weise an den potenziellen Käufer weitergeben).

Oftmals möchte zu diesem Zeitpunkt keine der Parteien an die Durchführung der Transaktion gebunden sein (zu viel ist noch unsicher oder noch nicht ausverhandelt, andere Verkaufs- bzw. Kaufoptionen werden noch erwogen, die Finanzierung ist noch nicht sichergestellt, etc.). Allenfalls ist lediglich ein gegenseitiges Bemühen, auf den Transaktionsabschluss hinzuwirken, beabsichtigt. Andere Abmachungen (z.B. Geheimhaltung, Vertraulichkeit, Exklusivität, Gerichtsstand, Rechtswahl) sollten aber natürlich Handschlagqualität haben. In der Vertragsgestaltung gilt es daher, auf unterschiedliche Grade der Rechtsverbindlichkeit zu achten.

Vorbereitung und Begleitung der Due Diligence – Better save, than sorry!

Es ist mittlerweile Industriestandard, dass professionelle Käufer eine Due Diligence-Prüfung des Unternehmens durchführen. Für den Käufer ist es elementar, damit die Investmenthypothese zu bestätigen und allfällige Risiken aufzudecken und abzuschätzen. Aufgrund dieser Zielsetzung hat das Ergebnis einer DD-Prüfung auch für den Verkäufer wesentliche Bedeutung. Sollte sich die Investmenthypothese nicht bestätigen, wird die Transaktion nicht oder nur zu anderen wirtschaftlichen Bedingungen zustande kommen. Werden hingegen (vertretbare) Risiken identifiziert, wird der Käufer – für den Verkäufer potenziell schmerzliche – Absicherungen suchen, wie beispielsweise durch Haftungen des Verkäufers oder Reduktion, Zurückbehaltung oder treuhändige Hinterlegung des Kaufpreises bzw. eines Teiles davon. Bereits eine ungenügende Offenlegung im Rahmen der DD wird vom Käufer als potenzielles Risiko eingestuft.

Redaktionstipps

Aus diesen Gründen ist es umso wichtiger, dass der Verkäufer die DD-Prüfung profund vorbereitet und aktiv begleitet. Die offenzulegenden Unterlagen werden häufig in einem elektronischen Datenraum dem Käufer zugänglich gemacht. Je vollständiger und strukturierter die Offenlegung, desto zügiger und reibungsloser kann die DD-Prüfung erfolgen und desto eher können mögliche Bedenken des Käufers aus dem Weg geräumt werden. Das Einbinden von fachkundigem Personal oder Beratern steigert Effizienz und Qualität. Nach Offenlegung der Unterlagen gestaltet sich die DD typischerweise als dynamischer Prozess in welchem Verkäufer und Käufer sich über den Fortschritt regelmäßig austauschen und der Käufer bzw. deren Berater weiterführende Fragen oder Dokumentenanforderungen stellen. Entsprechend bedarf es einer fortlaufenden Begleitung der DD durch die Verkäuferseite.

Antizipation des Eigentümerwechsels

Erfolgt die Transaktion durch Verkauf der Gesellschaft, bleibt der Unternehmensträger unverändert. Anknüpfungspunkt für die Geschäftstätigkeit (also z.B. Vertragspartner bei den Kunden- und Lieferantenverträgen, Träger allfälliger öffentlicher Berechtigungen) bleibt weiterhin die Gesellschaft. Lediglich der Eigentümer ändert sich. Nicht zu übersehen ist allerdings, dass ein Eigentümerwechsel regelmäßig auch Auswirkungen auf Rechtspositionen der Gesellschaft selbst hat. Beispielsweise gibt das Mietrechtsgesetz dem Vermieter das Recht, den Mietzins auf ein angemessenes Niveau zu heben, sofern beim Mieter ein Kontrollwechsel eintritt. Dies kann zu einer signifikanten Steigerung der Mietkosten des Unternehmens führen. Auch ist es nicht untypisch, dass in kommerziellen Verträgen Kontrollwechselklauseln enthalten sind. Bei öffentlichen Förderungen löst ein Kontrollwechsel beim Förderungsempfänger regelmäßig Informationspflichten und manchmal Rücktrittsrechte aus. Deshalb wird ein potenzieller Käufer besonders auf derartige Konstellationen achten. Umso wichtiger ist es, schon im Vorfeld mögliche Knackpunkte zu kennen und gegebenenfalls bereits einer Lösung zuzuführen.

Ein neuer Trend in der Vertragsverhandlung: Garantieversicherung

Es ist marktüblich, dass der Verkäufer gegenüber dem Käufer bestimmte Zusicherung hinsichtlich des Kaufgegenstandes (z.B. Garantie des Eigentums, der Bilanz, wesentlicher Verträge, Einhaltung der Steuervorschriften, etc.) abgibt. Die Verjährungsfristen dieser Zusicherungen erstrecken sich über mehrere Jahre nach Vollzug der Transaktion. Üblich ist deshalb auch die Besicherung der Zusicherungen, beispielsweise durch eine treuhändige Hinterlegung eines Teils des Kaufpreises (beim aktuellen Zinsniveau eine wirtschaftlich oftmals unattraktive Variante).

Der Themenkreis der Zusicherungen samt deren Besicherung – also im Wesentlichen eine Risikoallokation zwischen den Parteien – ist oftmals der am hartnäckigsten verhandelte Bestandteil des Kaufvertrages. Die Verhandlungspositionen können mitunter so verfahren sein, dass es zu einem Stillstand oder gar Scheitern der Vertragsverhandlungen kommt. Ein in Österreich verhältnismäßig junges Konzept kann hier eine Lösungsvariante darstellen: die Garantieversicherung („W&I Insurance“), also die Übernahme von Haftungsrisiken durch eine Versicherung. Versicherungsnehmer kann dabei sowohl der Verkäufer als auch der Käufer sein. Durch die Risikoüberwälzung auf die Versicherung kann eine Bestellung von Sicherheiten vermieden werden. Der Verkäufer kann damit rascher über den (vollen) Kaufpreis verfügen.

Am österreichischen Markt sind bereits mehrere internationale Anbieter von Garantieversicherungen aktiv. Wird eine Versicherung an Bord geholt, bedarf es einer engen Verzahnung mit den Vertragsverhandlern und den betroffenen Beratern.

Der Autor

Dr. Hermann Schneeweiss, LL.M. (Harvard), ist auf Corporate / M&A und Private Clients & Entrepreneurs spezialisiert. Er ist als Rechtsanwalt zugelassen in Wien, New York und England und Wales und arbeitet bei BINDER GRÖSSWANG Rechtsanwälte GmbH. Schneeweiss berät insbesondere bei nationalen und internationalen M&A-Transaktionen.

 

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CEO Helmut Spindler, COO Maximilian Kiessler und Jakob Ahrer CTO (v.l.) (c) PowerBot
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Das Wiener Startup PowerBot automatisiert den physischen Stromhandel an Strombörsen. Damit leistet es einen Beitrag zur Energiewende. CEO Helmut Spindler hat uns vergangenen April mehr über die Technologie erzählt.

Das SaaS-Unternehmen wurde im Jahr 2020 von Felix Diwok, Manuel Giselbrecht und Helmut Spindler gegründet. Mit dem Ziel, Handelsabläufe an den europäischen Strombörsen zu automatisieren und zu verbessern. Und damit die Energiewende voranzutreiben. CEO Spindler war jahrelang als Berater für Energiemarktfragen tätig. Als Spin-off der Energiemarktberatung Inercomp GmbH entstand dann 2020 PowerBot.

Exit an norwegischen Tech-Konzern

Am gestrigen Mittwoch verkündete das Wiener Startup, vom “europäischen Marktführer für Energiesoftware, Volue, offiziell übernommen” worden zu sein. Eine konkrete Summe wird nicht genannt. Gemeinsam habe man sich das Ziel gesetzt, den Markt “im algorithmischen kurzfristigen Stromhandel” anzuführen.

Das Käufer-Unternehmen Volue positioniert sich als Technologielieferant grüner Energie. Das norwegische Unternehmen arbeitet an Lösungen zur Optimierung von Produktion, Handel, Verteilung und Verbrauch von Energie.

Co-Founder Diwok hielt bislang 37,5 Prozent, Spindler und Giselbrecht je 18,74 Prozent. Auch das Partnerunternehmen der Armstrong Consulting GmbH unter Geschäftsführer Roger Armstrong hielt bislang 25,01 Prozent der Firmenanteile.

Schrittweise Integration

Mit dem Kauf des Wiener Energy-Startups soll das bestehende Portfolio von Volue erweitert werden. Die Integration soll Schrittweise erfolgen, ab Jänner 2025 sei die PowerBot-Lösung vollständig in das Volue-Portfolio integriert.

Volue-CEO Trond Straume wird in einem LinkedIn-Post von PowerBot zitiert: „Diese Übernahme ist ein entscheidender Schritt auf unserem Weg, bis 2030 der führende SaaS-Anbieter für das globale Energiesystem zu werden. Die hochmoderne Plattform von PowerBot ergänzt den Volue Algo Trader perfekt, indem sie Quants befähigt und unsere Expansion über Westeuropa hinaus beschleunigt.“

Das Wiener Energy-Startup soll fortan die bestehende Lösung des Käufers – namentlich “Volue Algo Trader Power” ergänzen. Dabei handelt es sich um eine SaaS-Lösungen für den kurzfristigen Stromhandel, kurz für “Intraday”-Stromhandel.

“Keinen besseren Partner”

Wie PowerBot weiter vermeldet, soll die Integration die Entwicklung von traderfreundlichen Benutzeroberflächen und Lösungen für Unternehmen begünstigen. PowerBot wird dabei eng mit dem Team rund um die SaaS-Lösung Volue Algo Trader Power zusammenarbeiten.

Für das PowerBot-Team sei der Exit “nur der nächste wichtige Schritt auf dem Weg des Wachstums”, heißt es. Auch weiterhin soll das bestehende PowerBot-Team, darunter Helmut Spindler, Maximilian Kiessler und Jakob Ahrer, “die Entwicklung des Produkts weiter vorantreiben und für Kontinuität und Innovation sorgen”. Das Startup will indes bereits baldige neue Produkte auf dem Markt verkünden.

Helmut Spindler, CEO von PowerBot, kommentiert: „Wir haben in den letzten Jahren ein unglaubliches Wachstum erlebt, und um weiter zu skalieren und zu internationalisieren, brauchten wir einen starken Partner. Volue ist aufgrund seiner umfassenden Branchenkenntnisse und seiner gemeinsamen Vision die perfekte Wahl. Ich könnte mir keinen besseren Partner vorstellen“.

Stärken kombinieren

Mittlerweile soll das Wiener Energy-Startup über 85 Kunden in 26 Ländern vorweisen. Handeln soll es derzeit an neun Börsen. Das Team sei 25-köpfig und in Wien sitzend. Auch die Zertifizierungen ISO 27001 und SOC2 Typ 2 – beides Zertifizierungen für Cybersicherheit und Datenschutz – weise man vor.

Roland Peetz, SVP von Volue Energy Software, fügt hinzu: „Indem wir unsere Stärken kombinieren, schaffen wir ein unübertroffenes Angebot, das den Anforderungen des sich schnell verändernden Stromhandelsmarktes gerecht wird.“

Aus dem Archiv: PowerBot-CEO Helmut Spindler im Studio

Der PowerBot-CEO und Mitgründer Helmut Spindler war zu Gast im brutkasten Studio.

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