14.08.2023

Interview: So schaffte es ein Raiffeisen-Projekt in die “Tokenisierungs-Bibel”

Seit Jahren ist die Raiffeisen Bank International (RBI) im Blockchain-Bereich aktiv - nun wurde eines ihrer Projekte in die "Tokenization Use Cases Bible" aufgenommen. Im brutkasten-Interview spricht RBI-Blockchain-Experte Gernot Prettenthaler über das Projekt, die Zukunftspläne und seine Einschätzung zu den wichtigsten Blockchain-Themen.
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Gernot Prettenthaler, Senior Strategic Partnerships and Ecosystems Manager bei der RBI im Interview über Tokenisierung
Gernot Prettenthaler, Senior Strategic Partnerships and Ecosystems Manager bei der RBI | Foto: RBI & M.Gierczyk/Adobe Stock (Hintergrund)
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Die Raiffeisen Bank International (RBI) ist eine Vorreiterin in der heimischen Bankenlandschaft, wenn es um Blockchain geht: Bereits 2017 trat sie dem R3 Blockchain Konsortium bei, 2018 auch dem Blockchain Research Institute. Seit Jahren arbeitet die Bank außerdem an eigenen Blockchain-Projekten, betreibt Blockchain Hub und hält jährlich auch die RBI Blockchain Night ab, zuletzt im November 2022.

Für ihre Aktivitäten im Blockchain-Bereich bekommt die Bank auch Aufmerkeit in der Szene. So etwa im kürzlich erschienenen “Tokens Made Easy. Tokenization Use Cases Bible 2023” des deutschen Blockchain- und Tokenisierungs-Dienstleisters Bitbond, mit dem die RBI ein Projekt im Bereich der Tokenisierung von Rohstoffen umgesetzt hat. Der Anspruch der “Bible”: Einen “ultimativen Überblick” über die Möglichkeiten zu geben, die Tokenisierung bereits heute bietet.

Der Report stellt dabei Tokenisierungs-Projekte von internationalen Großunternehmen wie etwa Siemens oder ABN Amro vor – und eben auch der RBI. Konkret hat sich die Bank in dem Projekt mit der Tokenisierung von Rohstoffen beschäftigt. Daraus könnte langfristig eine Tokenisierungsplattform entstehen, die das gesamte Produktportfolio der RBI umfasst. Das Projekt wurde gemeinsam mit Bitbond und Metaco auf der Polygon-Blockchain umgesetzt. Wir haben mit Gernot Prettenthaler, Senior Strategic Partnerships and Ecosystems Manager bei der RBI, über das Projekt gesprochen – und auch über seine Einschätzungen zu aktuellen Trends und Entwicklungen rund um die Themen Blockchain und Tokenisierung.


brutkasten: Was bedeutet die Nennung in der diesjährigen “Tokenization Use Cases Bible” von Bitbond für euch?

Prettenthaler: Für uns ist das eine coole Sache. Bitbond ist ein deutscher Anbieter, der sehr viele Kund:innen und Partner:innen in unterschiedlichen Branchen hat. Wenn wir da als Partner genannten werden für einen exemplarischen Use Case, dann bringt uns das Reputation.

Im Report werdet ihr als Beispiel für Tokenisierung im Rohstoffbereich genannt. Ihr evauliert ja grundsätzlich eine Tokenisierungs-Plattform, die das gesamte Produkt-Portfolio abdecken könnte, habt euch aber entschieden, mit Rohstoffen zu starten. Was waren die Gründe dafür?

Warum wir mit Rohstoffen gestartet haben, hängt mit der herrschenden Regulatorik zusammen. Als Bank wollen wir einerseits im Moment keine Exposure zu Kryptowährungen. Andererseits ist die Tokenisierung von komplexeren Finanzprodukten wie Anleihen in Österreich noch nicht möglich, weil wesentliche rechtliche Rahmenbedingungen, die wir als Bank brauchen, noch nicht klar genug auf dem Tisch liegen. Deshalb blieben Rohstoffe als offensichtliche Tokenisierungsoption.

Das heißt nicht, dass wir uns perspektivisch nicht auch mit allen anderen Themen befassen – bis hin zu Kryptowährungen. Es hängt aber nicht nur von unserer Entwicklung und unserem Reifeprozess ab, sondern auch vom rechtlichen Rahmenwerk, das wir in Österreich und in den Ländern, in denen wir tätig sind, vorfinden.

Aber grundsätzlich ist eine Asset-agnostische Plattform das Ziel, die auch euer gesamtes Produkt-Portfolio abdecken könnte?

Genau. Unser Ansatz ist, dass wir diesen ersten Anwendungsfall testen – auch mit Blick darauf, dass wir Infrastrukturkomponenten zu uns ins Haus holen, die uns ermöglichen sollen, dann in weiterer Folge viele andere Asset-Klassen zu organisieren. Diese Token würden wir dann auch bei uns verwahren – für uns selbst, aber auch für unsere Kund:innen.

Und das betrifft nicht nur Privatkund:innen, sondern auch institutionelle Anleger, die dann eventuell in solche Token-Produkte investieren werden. Wir wollen nicht nur die Infrastruktur für einen Use Case bauen, sondern wir hätten gerne eine Infrastruktur, die uns die Flexibilität gibt, je nach Marktentwicklungen andere Asset-Klassen ebenfalls abzubilden.

Wenn wir einen Schritt zurückgehen: Wie würdest du Anleger:innen ganz grundsätzlich die Vorteile von Tokenisierung erklären?

Im Wesentlichen ist der Vorteil von Tokensierung, dass man sehr kleinteilig agieren kann und dass das Asset digital verfügbar ist – man es also online erwerben und auch wieder verkaufen kann. Man könnte auch Sparpläne abbilden auf diesen Asset-Klassen.

Gleichzeitig braucht man sich in unserem Fall auch keine Sorgen machen, dass ein solches Produkt nicht werthaltig ist. Wir als Bank stehen dafür gerade, dass wir die entsprechenden Assets im Hintergrund verwahren. Man hat dann direkten Zugriff auf das Asset, auch wenn man nur einen kleinen Teil davon besitzt und zwar in digitaler Form.

Man muss sich auch nicht um die physische Verwahrung kümmern und gerade bei Rohstoffen kann es bestehende Produkte für eine Kundenschicht öffnen, die es vielleicht schon gewohnt ist, digital zu veranlagen. Das könnte beispielsweise für ein Kryptowährungs-affines und jüngeres Publikum ein nettes Diversifizierungspotenzial bieten.

In welcher Phase befindet ihr euch aktuell mit dem Projekt?

Das Pilotprojekt, mit dem wir die technische Feasibility getestet haben, ist abgeschlossen. Daran haben wir rund fünf Monate gearbeitet. Jetzt befinden wir uns in der Phase, daraus eine Produktentwicklung abzuleiten und einen Business Case zu erstellen. Damit wollen wir feststellen, was der Aufbau der Infrastruktur und des Produkts kostet, welche Revenues wir erreichen können und in weiterer Folge, wie sich das Ganze rechnen kann.

Welchen Zeitplan habt ihr euch dafür vorgenommen?

Unser – etwas ambitioniertes – Ziel ist es, dass wir bis Jahresende diesen Business Case so weit fertig haben, dass er diskutiert werden kann und dass auch entschieden werden kann, ob man weitergehen möchte in Richtung Umsetzung oder nicht.

Auf der technischen Seite habt ihr euch für Polygon als Blockchain entschieden. Wie war hier der Entscheidungsprozess?

Das war relativ simpel. Wir haben beobachtet, dass sehr viele Tokenisierungsprojekte momentan auf Polygon, einer Second-Layer-Lösung für Ethereum, passieren. Das hat Vorteile, was die Transaktionskosten und Geschwindigkeit betrifft. Wenn wir die Plattform in Realbetrieb umsetzen würden, würden wir auch zu Polygon tendieren, weil es für kleinteilige Tokenisierung einfach der günstigste Case ist. Und wir wollen den Case abbilden, der für unsere Kunden am günstigsten ist. Außerdem ist es eine Public Blockchain – wir haben mittlerweile das Vertrauen gewonnen, dass eine solche durchaus verwendbar ist für solche Produktideen.

Wie siehst du generell die Diskussion rund um öffentlich zugängliche (Public) Blockchains und (Private/Permissioned) Blockchains mit einer limitierten Teilnehmer:innenzahl?

Das wird weiterhin diskutiert werden. Es gibt meines Erachtens auch Konstellationen, wo man Permissioned Blockchains durchaus verwenden kann. Wenn die Anzahl der Teilnehmer:innen überschaubar ist und bleibt, wenn es gewisse Sicherheitsfeatures notwendig machen, dass man komplett abgeschottet agiert – dann kann es durchaus ein Business Case sein, eine Permissioned Blockchain zu verwenden.

Wenn wir aber von einem Produkt reden, das mittel- bis langfristig auch eine Trading Facility beinhalten wird, dann glauben wir, dass das auf einer öffentlichen Blockchain stattfinden wird. Es war eine der schönen Erkenntnisse bei dem Projekt, dass man die gehashten Transaktionen, die wir durchgeführt haben, öffentlich auf der Blockchain einsehen konnte. Das kann man bei einer Permissioned Blockchain nicht, weil man keinen Zugriff auf die Daten hat.

Du hast ja bereits darsgestellt, aus welchen Gründen ihr euch für Polygon entschieden habt. Haben sich Layer-2-Lösungen, die auf Ethereum aufsetzen, aus deiner Sicht mittlerweile durchgesetzt? Welche Rolle siehst du für die Ethereum-Blockchain selbst?

Ich glaube, dass da noch sehr viel Dynamik drinnen zu sehen ist. Vielleicht sehen wir in drei oder fünf Jahren Blockchain-Lösungen, die noch besser, noch schneller, noch günstiger sind. Ethereum selbst hat auch einige Schritte getan mit dem Umstieg von “Proof of Work” auf “Proof of Stake”.

Das letzte Wort ist bei weitem noch nicht gesprochen. Als Bank wollen wir da auch immer agnostisch agieren. Wir sind kein Technologie-Provider, sondern wir sind Technologie-Nutzer. Wir sehen aber keinerlei Grund, warum wir jetzt warten sollen, bis eine vielleicht noch bessere Blockchain kommt, wenn es schon jetzt die Möglichkeiten für Produktentführungen gibt.

Was sind für dich generell die großen Themen 2023, wenn es um Tokenisierung geht?

Ich glaube, dass es ein spannendes Jahr ist. Natürlich ist es noch immer ein bisschen überschattet durch den Kryptowinter oder durch diese sprunghaften Kursentwicklungen bei Kryptowährungen. Aber es ist nach wie vor so, dass man erst auf den zweiten Blick sieht, wie viele tolle Dinge bei der Tokenisierung in Bewegung sind, die nichts mit der Kursentwicklung von Bitcoin oder Ethereum zu tun haben.

Ich glaube, dass da sehr, sehr viele unterschiedliche Use Cases entwickelt werden in unterschiedlichen Branchen von unterschiedlichen Spielern. Da ist sehr viel Gutes am Weg, das aber vielleicht noch nicht so eine hohe Traktion hat, dass man von einer breit angelegten Skalierung sprechen kann.

Was sicher heuer ein tolles Thema war, ist die Einführung der MiCA-Regulierung, die für ein “level playing field” für Marktteilnehmer:innen in Europa sorgt. Das ist einzigartig, da kann man auch einmal stolz sein. Im Vergleich zum US-Markt, den man ja immer als sehr fortschrittlich einstuft, haben wir jetzt in Europa eine gute Regulatorik, die es auch ermöglicht, dass hier im Blockchain-Feld gute Entwicklungsschritte gemacht werden können. Ich bin schon zuversichtlich, auch wenn wir wahrscheinlich die großen Wellen der Adaptierung erst vor uns sehen werden in den nächsten zwei bis drei Jahren.

Was sind die Voraussetzungen, die erfüllt werden müssen, damit das Thema wieder mehr Traktion bekommt?

Dafür braucht es einfach ein bisschen Mut und Pioniere, die vorwegschreiten. Viele Fintech-Startups haben sehr gute Arbeit geleistet in dem Feld, sind da vorangegangen. Ich glaube, dass es jetzt dann auch an der Zeit ist, dass traditionelle Unternehmen wie zum Beispiel Banken stärker hier reingehen, um das Thema zu verbreitern. Es braucht aber auch andere Branchen: Energiekonzerne, verarbeitende Industrie, Handelsunternehmen. Die müssen nun verstärkt versuchen, aus Pilot-Experimenten eine Überleitung in skalierbare Produkte zu finden.

Es sind Ökosystem-Umstellungen, die da im Gang sind und die notwendig sind. Die brauchen einfach Zeit. Da ist man dann relativ schnell bei einem Henne-Ei-Problem, aber man muss das Thema trotzdem abdecken. Denn wenn man es nicht macht, macht es jemand anderer – und da ist das Thema der Disruption als Gefahrenpotenzial im Hintergrund zu sehen.

In welchen Branchen wird am schnellsten Ergebnisse sehen?

Ich glaube, dass die Finanzindustrie auf einem guten Weg ist. Da sind sehr viele Dinge im Werden – gerade am Nachbarmarkt in Deutschland. Diese Dinge wachsen jetzt schön langsam, aber kontinuierlich, aus diesem Experimentierstadion hinaus. Auch in der Energiewirtschaft werden Dinge kommen. Da gibt es erste Pilotprojekte – in Österreich etwa von Riddle & Code und Wien Energie. Das ist zukunftsweisend. Insgesamt braucht es noch ein bisschen Zeit, aber in diesem Themenbereich wird etwas kommen. Auch im ESG-Bereich hat Tokensierung viel Potenzial.

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Das Gründerteam Christian Hill und Gerhard Prossliner © BRAVE Analytics, Leljak

Das Grazer Spin-off BRAVE Analytics wurde von Christian Hill und Gerhard Prossliner im Jahr 2020 gegründet. Den Gedanken an ein gemeinsames Unternehmen gab es schon einige Zeit davor an der MedUni Graz. Nach erfolgreicher Dissertation und dem FFG Spin-off Fellowship kam es zur Ausgründung, zu ersten Kund:innen und einem Standortwechsel. Und schließlich zur erfolgreichen Einbindung in den Life Science Cluster Human.technology Styria unterstützt von der Steirischen Wirtschaftsförderung SFG.

Mittlerweile zählt BRAVE Analytics ein 14-köpfiges Team und sitzt im ZWT Accelerator in Graz, einem Kooperationsprojekt zwischen SFG und Medizinischen Universität Graz.

Das Team von BRAVE Analytics (c) © BRAVE Analytics, Leljak

Mut in der Geschäftsphilosophie

BRAVE Analytics steht für Mut in der Geschäftsphilosophie der beiden Gründer und des gesamten Teams: Christian Hill und Gerhard Prossliner fühlen sich “zu Entdeckungen hingezogen und lieben es, die Dinge aus einem völlig neuen Blickwinkel zu betrachten. Und genau diesen Spirit leben wir auch im Team.”

Wahrlich hat das Gründerduo mit seinem Spin-off das Forschungsgebiet Life Science in ein neues Licht gerückt: Denn BRAVE Analytics beschäftigt sich mit der automatisierten Qualitätssicherung für Pharma-, BioTech-Produkte, Wasser, Mineralien und Chemikalien. “Und das auf Partikel-Ebene. Das Ganze nennt sich Partikel-Charakterisierung und -Analytik”, erklärt Co-Founder Hill im Gespräch mit brutkasten.

Neu ist die Technologie insofern, als dass die Partikel-Analyse direkt im Herstellungsprozess von Pharmaprodukten passiert. Also integriert, das heißt weder vor- noch nachgelagert, und damit effizient und kostensparend. “Damit machen wir eine sogenannte Prozessanalytik im Nano-Bereich”, erklärt Co-Founder Hill.

Die Lösung für ein Bottleneck

Damit haben die beiden Gründer zusammen mit ihrem Team eine Lösung für ein bis dato bestehendes “Bottleneck in der Industrie” geschaffen. Mit den modularen Messgeräten von BRAVE Analytics kann die Qualität von Produkten im Pharma- und BioTech-Sektor nämlich in Echtzeit gemessen werden. Das Kernstück der Lösung bildet die vom Spin-off eigens entwickelte, mehrfach patentierte OF2i Technologie.

Doch bekannterweise benötigen Life-Science-Lösungen wie diese einen breiten Umfang an Forschungsinfrastruktur, der sich gerade für frisch gegründete Spin-offs schwer stemmen lässt. Und: Es braucht die richtigen Verträge, das richtige Kapital und das richtige Team. Auf der Suche danach gab es für BRAVE Analytics einige Schlüsselmomente, wie Co-Founder Hill im Gespräch mit brutkasten erzählt.

Der Standort für Life Science Startups

Die ersten Hardware-Aufbauten und Experimente fanden an der Medizinischen Universität Graz statt, die von den Anfängen mit Infrastruktur und Forschungspersonal unterstützte, die Universität Graz deckte die Bereiche Theorie und physikalisches Modelling und in Kooperation mit dem FELMI/ZFE der Technischen Universität Graz wird seit 2022 ein Zusatzmodul entwickelt.

Beim Schutz des geistigen Eigentums standen die Medizinische Universität Graz, die Steirische Wirtschaftsförderung SFG und die Forschungsförderungsgesellschaft FFG als helfende Hände zur Seite. Konkret mit Unterstützung für die Erarbeitung von Exklusiv-Lizenzen, Agreements und generell mit dem Know-how, wie man eine Firma aufbaut. Hier waren uns auch das Unicorn der Universität Graz, die Gründungsgarage und der Science Park Graz eine große Hilfe”, so Prossliner.

“Wir sind klassische Science-Preneure”

Die fachspezifische Unterstützung kam im richtigen Moment: “Wir sind die klassischen Science-Preneure. Unser Background ist das Universitäts- und Ingenieurswesen. Für uns war es wichtig zu lernen, wie man in das Unternehmertum reinkommt und den Produkt-Market-Fit findet. Man muss diese Produktverliebtheit, die man als Erfinder meistens hat, loswerden. Und das passiert ganz viel durch Learning by Doing.”

Besonders hilfreich habe sich vor allem das Bootcamp des FFG-Spin-off-Fellowship und das LBG Innovator’s Road Programme erwiesen, welche “eine schrittweise Einführung für den Weg von der Wissenschaft in Richtung Unternehmung” geboten haben, so Hill. Förderungen erhielt das Spin-off außerdem von der Forschungsförderungsgesellschaft FFG, der Austria Wirtschaftsservice aws, der Steirischen Wirtschaftsförderung SFG und auf EU-Ebene.

Die Szene, die “Gold wert” ist

Nicht nur “by doing”, sondern vor allem auch “von anderen, die die gleichen Themen, Probleme und Potenziale haben”, hat das Startup im Aufbau sehr viel an Know-how und Erfahrung gewonnen. “Das Peer-Learning ist für uns einer der wichtigsten Wissensfonds”, so Co-Founder Prossliner im Interview.

Ein dafür zugeschnittenes Netzwerk gibt es in der Grazer Life Science Szene: “Auch abseits institutioneller Veranstaltungen befinden wir uns hier in einem sehr lebendigen Startup-Umfeld. Vieles passiert auf Eigeninitiative von Gründer:innen. Das Startup-Leben hier ist wirklich Gold wert.”

Global Player nur “fünf Rad-Minuten entfernt”

“Wir sind Hardware-Hersteller, wir brauchen Hochpräzisionsfertiger für unsere Prozesstechnologie. Die Steiermark und insbesondere Graz haben sich zu einem Stakeholder-Nest der besonderen Vielfalt entwickelt. Kooperationspartner aus Industrie, Wirtschaft und Forschung sitzen hier in unmittelbarer Nähe. Wir finden Experten, Lieferanten und Fertiger mit extremer Präzision und einer super Verlässlichkeit”, erzählt Prossliner und meint weiter: “Wir arbeiten hier in einem sehr engen Umfeld mit einer sehr schnellen Dynamik. Das ist unglaublich wertvoll.”

Ein ganzes Stakeholder-Feld mit internationaler Spitzenstellung findet sich also im Grazer Becken. Oder, wie es Gründer Prossliner erneut unterstreicht: “Da sind Global Player dabei, die wir in wenigen Rad-Minuten erreichen. Man muss also nicht gleich nach Asien oder in die USA, das Netzwerk gibt es hier auch.” Nicht umsonst spricht man seit geraumer Zeit von der “Medical Science City Graz” – mit Playern wie der Medizinischen Universität und dem Zentrum für Wissens- und Technologietransfer ZWT im Netzwerk.

Gerhard Prossliner (links) und Christian Hill (rechts) mit der Geschäftsführung des ZWT – Anke Dettelbacher (Mitte rechts) und Thomas Mrak (Mitte links) ©ZWT/Lunghammer.

Besenrein eingemietet

Grund genug auch für BRAVE Analytics, sich hier als aufstrebendes Life-Science-Startup niederzulassen. Nach seinen Anfängen in den Räumlichkeiten der MedUni Graz hat sich BRAVE Analytics nämlich im ZWT Accelerator einquartiert: “Wir waren unter den Ersten, die hier eingezogen sind. Als alles noch ziemlich besenrein war.”

Mittlerweile wird auch mit anderen dort sitzenden Startups stockwerkübergreifend genetzwerkt. Sei es im Stiegenhaus, bei Weihnachtsfeiern oder informellen ZWT-Treffen. Manchmal wird auch gemeinsam gefrühstückt und in den Abendstunden philosophiert. Daneben gibt es regelmäßige Get-Together-Formate wie das ZWT-Frühstück. Im Zuge der Startupmark finden auch themenspezifische Kooperationsformate wie der Life Science Pitch Day, ein exklusives Pitchingevent für Startups und Investor:innen aus dem Life Science-Bereich, statt.

Fußläufig flexibel

Thomas Mrak, Geschäftsführer des ZWT, erzählt dazu: “Vernetzung steht bei uns an erster Stelle. Und zwar nicht nur unter Foundern, sondern auch zwischen bereits etablierten Firmen, Unis, Instituten, Professor:innen und Ärzt:innen, die alle flexibel und fast fußläufig zu erreichen sind. Ich würde sagen, das ist die Essenz der Medical Science City Graz und bildet das optimale Umfeld, um als Spin-off Fuß zu fassen.”

Unterstützung gibt es im Grazer ZWT auch mit einer optimalen Infrastruktur und “startup freundlichen” Mietverträgen und Mietkonditionen: “Wir bieten Startups, die bei uns einziehen, ein einzigartiges Preis-Leistungsverhältnis, eine perfekte Ausstattung und sehr flexible Bedingungen. Vor allem hohe Investitionskosten und lange Bindungszeiten sind für Startups schon aufgrund ihrer dynamischen und teils volatilen Entwicklungen sehr kritisch, dabei helfen wir. Je nach Möglichkeit stellen wir nicht nur Büros und Laborinfrastruktur, sondern auch Seminar- und Besprechungsräume zur Verfügung.”

“Wir verstehen uns hier einfach sehr gut”

Unverkennbar gestaltet sich der Life Science Bereich in Graz als multidimensionaler Hub für Startups und Spin-offs – und das nicht nur auf akademischer Ebene: “Wir verstehen uns hier alle untereinander sehr gut. Es gibt kurze Wege, kurze Kommunikationswege und wir arbeiten zusammen auf Augenhöhe. Es klappt einfach zwischenmenschlich”, so Mrak.

BRAVE Analytics-Co-Founder Prossliner empfiehlt dahingehend: “Nutzt das tolle österreichische Förderungssystem. Wir haben hier vonseiten der Forschungsförderungsgesellschaft FFG, des Austria Wirtschaftsservice aws und der Steirischen Wirtschaftsförderung SFG tolle Unterstützung erhalten. Vom ZWT, der MedUni Graz, der Uni Graz und der TU Graz ganz zu schweigen.”

Und: “Bindet schon frühzeitig Kund:innen ein. Nur so ermittelt man die real-life Kundenbedürfnisse potentieller Märkte, und man kann vielleicht auch erste Umsätze generieren, die man wiederum mit Förderungen hebeln kann. Man muss sich schließlich auch finanziell stabilisieren, um für Investor:innen attraktiv zu sein.”

Der Asia Pull für Life Science

Aktuell erarbeitet BRAVE Analytics eine Investitionsrunde. Mittlerweile hält das Spin-off unterschiedliche Produkte und Kunden am Markt. Auch Industriepartner sind vorhanden. Aktuell befinde man sich in der Prescaling-Phase – mit einem starken “Asia Pull”. Interesse kommt nämlich zunehmend von Abnehmern aus Asien, wie Christian Hill erzählt:

“Unsere Technologie eignet sich nicht nur für die Pharmaindustrie, sondern auch für Wasser, Kläranlagen und Mikroplastik – und sogar für die Halbleiterindustrie. Wir bewegen uns hier in einem multidimensionalen Anwendungsfeld, gerade für das Umwelt- und Wassermonitoring. Das zieht viele Kunden aus Übersee an. Jetzt heißt es: die richtigen Schritte setzen und klug skalieren.”

Damit Christian Hill und Gerhard Prossliner ihre Ziele auch weiter verfolgen können, braucht es Menschen, die in den Life Science Sektor investieren: “Life Science ist ein Technologie- und Wissenschaftsfeld, das uns in Zukunft noch viel intensiver begleiten wird. Und auf das wir angewiesen sind”, so Thomas Mrak. Der ZWT-Geschäftsführer appelliert indes: “Es arbeiten so viele tolle Menschen mit persönlicher Motivation in diesem Feld. Diese haben das Potenzial, die Zukunft maßgeblich zu verändern. Doch dafür braucht es finanzielle Unterstützung, fundierte Netzwerke und noch mehr Aufmerksamkeit.”

Mehr Informationen zum steirischen Startup-Ökosystem und der Startupmark sind hier zu finden.

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