24.01.2025
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“Scale to the sky”: Das war das erste RBI-Afterwork-Event für Scaleups

Am vergangenen Mittwoch lud die Raiffeisen Bank International (RBI) die heimische Community zu einem Abend, der ganz im Zeichen von Scaleups stand. Mit dabei waren unter anderem Speedinvest-Gründer Oliver Holle, refurbed-CEO Peter Windischhofer und Bitpanda-Geschäftsführer Philipp Bohrn.
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Benjamin Epstein (RBI), Oliver Holle (Speedinvest), Philipp Bohrn (Bitpanda), Peter Windischhofer (Refurbed)
Benjamin Epstein, Oliver Holle, Philipp Bohrn, Peter Windischhofer | Foto: Viktoria Waba, brutkasten

“Scale to the sky” – unter diesem Motto stand das erste Afterwork-Event der Raiffeisen Bank International (RBI), das sich explizit dem Scaleup-Ökosystem widmete. Die Veranstaltung gab nicht nur einen Überblick über die zahlreichen Angebote der RBI für junge Wachstumsunternehmen, sondern brachte auch allerlei große Namen der heimischen Szene zusammen.

“Wenn man innovative Ideen hat und die Leidenschaft, diese umzusetzen, wenn man hart und beharrlich daran arbeitet, wird man andere davon überzeugen können, diese Ideen zu unterstützen und zu finanzieren”, sagte Eva Kosbow (Head of TMT & Innovation Economy, Corporate Customers bei der RBI), die als Moderatorin durch den Abend führte.

Zahlreiche Gäste fanden sich am Mittwochabend in der RBI ein | Foto: Viktoria Waba, brutkasten

RBI-Januszewski zu Scaleups: “Sind hier, um euch bei eurer Entwicklung zu helfen”

Zu Beginn des Abends erläuterten Łukasz Januszewski, Vorstandsmitglied Corporate & Investment Banking, und Harald Kröger, Leiter Structured Finance & Investment Banking, die Bedeutung von Scaleups für die RBI. “Für uns ist dieses Ökosystem etwas, an das wir sehr stark glauben”, sagte Kröger. Januszewski ergänzte: “Wir sind hier, um euch bei eurer Entwicklung zu helfen.” Die Bank unterstützt Gründerinnen und Gründer in Österreich, der DACH Region sowie in Mittel- und Osteuropa und will gemeinsam mit ihnen wachsen.

Harald Kröger, Łukasz Januszewski, Eva Kosbow | Foto: Viktoria Waba, brutkasten

Begleitung bezieht sich dabei tatsächlich auf alle Phasen, durch die ein Scaleup gehen kann – bis hin zum Börsengang: “Was immer man sich im Lebenszyklus einer Idee vorstellen kann, lässt sich mit der RBI umsetzen”, sagte Kröger. In weiterer Folge gab es kurze Präsentationen der unterschiedlichen Angebote der RBI, die zeigten, wie dies in der Praxis aussehen kann.

Die Angebote der RBI für Scaleups:

Elevator Ventures (Corporate Venture Capital)

Elevator Ventures  investiert in der Series-A- und -B-Phase und fokussiert sich auf die DACH- und CEE-Region. Maximilian Schausberger, Managing Director des Venture-Capital-Fonds, erläuterte: “Wir sind der erste Multi-LP Corporate-Venture-Capital-Fonds in Österreich” und nennt ein verwaltetes Volumen von 120 Millionen Euro. Er ergänzt: “Wir haben weit über 50 Millionen Euro in mittlerweile über 15 Unternehmen investiert und bereits vier erfolgreiche Exits verzeichnet.”

Venture Debt (Spezielles Kreditprogramm für Scale-Ups)

Hannes Böhm (Director, Venture Debt Solutions Lead) stellt das  RBI Venture Debt Kreditprogramm (brutkasten berichtete) vor, „ein 250-Millionen-Euro-Non-Dilutive-Finanzierungsprogramm, das speziell für Scale-ups konzipiert ist”, wie er dabei sagte. Scaleups, die es in Anspruch nehmen wollen, sollten unter anderem “schnell wachsende Unternehmen mit einem erprobten und skalierbaren Produkt” sein sowie einen Umsatz von rund acht Millionen Euro oder mehr aufweisen. Das Programm richtet sich an Firmen, deren Weg zur Profitabilität innerhalb von zwölf bis 18 Monaten realistisch erscheint, und verzichtet auf Warrants. 

M&A und Fundraising

Philipp Steffens (Executive Director M&A and Funding) führte aus, dass RBI im Bereich M&A und Wachstumskapital sowohl Sektorwissen als auch Private capital -Markets-Know-how bündelt. Er sagt dazu: “Wir haben drei Sektorteams: Energie und Infrastruktur, mein Team, Consumer und Healthcare, und wir haben ein TMT-Team.” Die Bank findet die richtigen Investoren und berät bei capital raises und exits – Ziel ist es, langfristige Bankbeziehungen aufzubauen.

Equity Capital Markets (Weg zum IPO)

Stephan Maxian (Director Equity Capital Markets) stellte das Equity-Capital-Markets-Team vor und hatte auch gleich eine Ankündigung mit dabei: “Ab dem 1. Februar werden wir uns mit ODDO BHF zusammentun und werden so zur Nummer vier unter den ECM-Plattformen in Europa.” Er betonte außerdem die Möglichkeit, mit potenziellen Anlegern bereits ein bis zwei Jahre vor einem möglichen Börsengang gezielt in Kontakt zu treten.

Subscription Credit Facility (Fondsfinanzierung)

Andrei Preda (Financial Sponsor Group, Western Europe) erläuterte ein Angebot, das Fonds mit Hilfe einer revolvierenden Kreditlinie finanziert. Er erklärt: “Es ist eine revolvierende Kreditlinie auf Fondsebene, die durch die Kapitalzusagen der LPs besichert ist.” RBI kann dabei laut Preda bis zu 200 Millionen Euro bereitstellen und so bis zu 25 bis 30 Prozent des Gesamtvolumens der LP-Zusagen abdecken.


Refurbed, Bitpanda, Speedinvest und Mozaik diskutierten “Smart Scaling 2025”

Benjamin Epstein, Oliver Holle, Philipp Bohrn, Peter Windischhofer, Roland Haas | Foto: Viktoria Waba, brutkasten

Unter dem Titel “Smart Scaling 2025: Tapping the Right Pockets of Capital for Scale-Ups” diskutierte eine hochkarätige Runde anschließend über aktuelle Entwicklungen in der Scaleup-Finanzierung. Unter der Moderation von Benjamin Epstein, Director Venture Debt and Innovation Economy bei der RBI, gaben Oliver Holle, Co-Founder und CEO von Speedinvest, Peter Windischhofer, Founder und CEO von refurbed, Philipp Bohrn, Managing Director bei Bitpanda, und Roland Haas, CEO von Mozaik Investments, ihre Einschätzungen ab.

Holle: “Mache mir überhaupt keine Sorgen”

Für Scaleups war die Finanzierungssituation in den vergangenen beiden Jahren nicht immer einfach. Oliver Holle fasste die Lage so zusammen: “Insgesamt hoffen wir natürlich alle, dass 2025 mehr Spaß macht als die letzten zwei Jahre. Diese waren in Europa hart, wirklich hart.” Trotz einer am Panel präsentierten Statistik, wonach die Zahlen der Venuture-Capital-Investoren in Europa um 30 Prozent gesunken seien, bleibt der Speedinvest-Gründer aber optimistisch: “Ich mache mir überhaupt keine Sorgen deswegen. Das ist normal. Ich persönlich finde etwas Konsolidierung sogar gut. ”

Auch Peter Windischhofer von refurbed nahm Veränderungen am Markt stark wahr: “Wir sehen, dass sich in den vergangenen 24 Monaten vor allem Growth-Investoren wieder aktiver zeigen. Ich habe dieses Jahr irgendwie zwei Herzen in meiner Brust.” Einerseits beobachte er mehr Gespräche mit Kapitalgebern, andererseits erkenne er strukturelle Herausforderungen beim allgemeinen Wirtschaftswachstum.

Haas: Im CEE-Raum trotz Schwierigkeiten Chancen für gute Teams

Roland Haas von Mozaik Investments wiederum zeigte sich zurückhaltend: “Ich bin nicht so positiv, um ehrlich zu sein. Ich denke, es wird sehr schwierig werden. Wenn man bereits Kapital hat, wird es viele Chancen geben, aber insgesamt erwarte ich eine harte Zeit.” Er verwies auf politische Unsicherheiten im CEE-Raum, die Investoren abschrecken könnten. Dennoch stecke dort großes Potenzial, denn gute Teams hätten bei weniger Konkurrenz bessere Chancen.

Holle ergänzte, dass vor allem größere Wachstumsrunden für Scaleups weiter stark von US-Investoren geprägt seien. “Wir sehen eine zunehmende Bereitschaft größerer Investoren, sich an Wachstumsrunden zu beteiligen. Immer mehr Unternehmen sammeln beträchtliches Kapital ein, größtenteils aus den USA.”

Verändernde Finanzierungsquellen für Scaleups

Benjamin Epstein, Oliver Holle, Philipp Bohrn, Peter Windischhofer | Foto: Viktoria Waba, brutkasten

Diskutiert wurde auch, wie unterschiedlich die Finanzierungsquellen für Scaleups sein können. Während Windischhofer sowohl mit wachstumsorientierten VCs als auch mit größeren Private-Equity-Häusern in Kontakt ist, wies Holle darauf hin, dass europäische Wagniskapitalgeber im Bereich Hardware und Deep Tech oft noch Nachholbedarf haben. Dort müssten andere Modelle mit öffentlichen Geldern, strategischen Partnern und Corporate-Investoren kombiniert werden. Venture Debt gilt generell als zunehmend wichtige Finanzierungsquelle.

Dann ging es in der Diskussion auch um die Bereiche, in denen die beiden Vorzeige-Scaleups Bitpanda und refurbed aktiv sind. In Bezug auf die Kryptobranche sagte Bitpanda-Geschäftsführer Philipp Bohrn: “Für Krypto werden wir ein sehr, sehr interessantes Jahr sehen, aber das wird nur eine Spiegelung dessen sein, was in unserer Wirtschaft und Politik passiert.” Er hob hervor, dass sich dieser Bereich stark professionalisiert habe und regulatorische Anforderungen heute deutlich höher seien als vor einigen Jahren.

Windischhofer: Erschwingliche und umweltfreundliche Alternativen weiter wichtig

Während die neue Trump-Regierung in den USA der Kryptobranche positiv gegenüber stehen dürfte, wird sie dem Thema Klimaschutz wohl deutlich weniger Priorität einräumen als die Vorgänger-Regierung. Refurbed-CEO Windischhofer sagte, es bleibe unabhängig von politischen Entwicklungen wichtig, Verbrauchern erschwingliche und gleichzeitig umweltfreundliche Alternativen anzubieten. Konsumenten würden weiterhin stark auf Nachhaltigkeit achten.

Für Venture-Capital-Fonds wiederum verlagert sich der Investment-Fokus zunehmend, wie Holle ausführte: “Eine der großen Herausforderungen für traditionelle VC-Investoren ist, dass wir es gewohnt sind, in Software zu investieren: Wir kennen SaaS-Geschäftsmodelle, Marktplatz-orientierte Geschäftsmodelle, Fintech – damit sind wir aufgewachsen. Jetzt investieren wir in Batterien, Carbon-Capture-Technologien und Quantencomputing”. Das erfordere nicht nur ein völlig anderes Skillset hinsichtlich der Unternehmensbewertung, sondern auch eine andere Art der Finanzierung.

Bitpanda-Geschäftsführer Bohrn: 2025 ist ein DeLorean

Schließlich stellte Moderator Benjamin Epstein den Diskutanten noch die humorvolle Abschlussfrage, welches Auto das Jahr 2025 wäre, wenn es eines wäre: “Kein Tesla, kein Elektroauto”, sagte Speedinvest-CEO Holle. Mozaik-CEO Haas verglich 2025 mit einem Fiat Multipla: “Nicht neu, aber funktioniert irgendwie”. Refurbed-Co-Founder Windischhofer wiederum verwies auf einen Polestar: “Sieht fancy aus, aber hat viele Probleme.” Bitpanda-Geschäftsführer Bohrn wählte einen DeLorean: “Es ist ein erstaunliches Auto, aber wir wissen nicht, wo wir nächstes Jahr landen werden”.

Im Anschluss an die Podiumsdiskussion ging es ins Networking über. Der gut besuchte Abend klang bei Essen und Getränken mit vielen intensiven Diskussion rund um das Thema aus.

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Peter Ahnert, Hermann Erlach, Marco Porak und Jeannette Gorzala
Peter Ahnert, Hermann Erlach, Marco Porak und Jeannette Gorzala | Foto: brutkasten

“No Hype KI” wird unterstützt von CANCOM AustriaIBMITSVMicrosoftNagarroRed Hat und Universität Graz.


Wo stehen wir wirklich, was die Adaption von künstlicher Intelligenz in der österreichischen Wirtschaft angeht? Diese Frage zu beantworten war eines der Ziele der Serie “No Hype KI“, die brutkasten anlässlich des zweijährigen Bestehens von ChatGPT gestartet hat. Die ersten fünf Folgen beleuchten unterschiedliche Aspekte des Themas und lieferten eine Bestandsaufnahme.

Im Staffelfinale, der sechsten Folge, war der Blick dann in Richtung Zukunft gerichtet. Dazu fanden sich die Österreich-Chefs von Microsoft und IBM, Hermann Erlach und Marco Porak, sowie Nagarros Big Data & AI Practice Lead für Central Europe, Peter Ahnert, und KI-Expertin Jeannette Gorzala, die auch Mitglied des KI-Beirats der österreichischen Bundesregierung ist, im brutkasten-Studio ein.

“Der Hype ist weg und das ist eine gute Sache”

Eine der Erkenntnisse der Serie: Unternehmen und Institutionen verabschieden sich von überschwänglichen Erwartungen und sehen sich stattdessen an, wie KI tatsächlich in der Praxis eingesetzt wird. „Der Hype ist weg und das ist eine gute Sache, weil jetzt kann man auf den Use Case gehen“, sagt Hermann Erlach, General Manager von Microsoft Österreich, im Videotalk. Er vergleicht den aktuellen Reifegrad von KI mit dem Beginn einer langen Reise: „Wenn ich so eine Reise angehe, dann brauche ich ein Ziel, einen Plan und Mitreisende. Alleine macht das wenig Spaß.“

Auch Marco Porak, General Manager von IBM in Österreich, schlägt in eine ähnliche Kerbe. Er sieht das abgelaufene Jahr als eine Phase der Erkenntnis. Den Status Quo bei KI in Österreichs Unternehmen beschreibt er im Talk folgendermaßen: “Wir haben allerorts sehr viel ausprobiert, sind vielleicht da und dort auf die Nase gefallen”. Gleichzeitig habe es auch “schöne Erfolge” gegeben. Für Porak ist klar: “Die Frage der Stunde lautet: Wie machen wir jetzt von hier weiter?“

AI Act: “Jetzt müssen wir ins Tun kommen”

Ein großes Thema dabei ist der AI Act der EU. Jeannette Gorzala, Gründerin von Act.AI.Now, plädiert für eine pragmatische Haltung gegenüber der EU-Verordnung: “Der AI-Act ist ein Faktum, er ist da. Jetzt müssen wir ins Tun kommen.” Sie sieht in dem Regelwerk einen Wegweiser: “Wir müssen die entsprechenden Kompetenzen aufbauen und die Möglichkeiten nutzen, die diese Regulierung bietet. Das ist der Reiseplan, den wir brauchen.”

Auch Marco Porak sieht den AI Act positiv: „Er hat nicht die Algorithmen reguliert, sondern gesagt, was wir in Europa gar nicht wollen, etwa Sozialpunktesysteme oder Gesichtserkennung in Echtzeit.“ So entstehe für Unternehmen im globalen Wettbewerb ein Vorteil, wenn sie ihre KI-Anwendung nach europäischen Maßstäben zertifizieren lassen: „Das ist wie ein Gütesiegel.“

“Müssen positiv aggressiv reingehen, um unseren Wohlstand zu halten”

Hermann Erlach von Microsoft bezeichnet den Ansatz des AI Act ebenfalls als “gut”, betont aber gleichzeitig, dass es jetzt auf die Umsetzung von KI-Projekten ankomme: “Wir haben eine Situation, in der jedes Land an einem neuen Startpunkt steht und wir positiv aggressiv reingehen müssen, um unseren Wohlstand zu halten.”

Peter Ahnert sieht dabei auch ein Problem in der öffentlichen Wahrnehmung: KI werde tendenziell nicht nur zu klein gedacht, sondern meist auch in Zusammenhang mit Risiken wahrgenommen: “Es werden die Chancen nicht gesehen.” Woran liegt es? “Zu einem erheblichen Teil daran, dass noch zu wenig Bildung und Aufklärung an dem Thema da ist. In Schulen, in Universitäten, aber auch in Unternehmen und in der öffentlichen Hand.” Hier müsse man ansetzen, sagt der Nagarro-Experte.

Jeannette Gorzala sieht das ähnlich: “Bildung und Kompetenz ist das große Thema unserer Zeit und der zentrale Schlüssel.” Verstehe man etwas nicht, verursache dies Ängste. Bezogen auf KI heißt das: Fehlt das Verständnis für das Thema, setzt man KI nicht ein. Die Opportunitätskosten, KI nicht zu nutzen, seien aber “viel größer” als das Investment, das man in Bildung und Governance tätigen müssen. “Natürlich ist es ein Effort, aber es ist wie ein Raketenstart”, sagt Gorzala.

IBM-Programm: “Die Angst war weg”

Wie das in der Praxis funktionieren kann, schilderte IBM-Chef Porak mit einem Beispiel aus dem eigenen Unternehmen. IBM lud weltweit alle Mitarbeitenden zu einer KI-Challenge, bei der Mitarbeiter:innen eigene KI-Use-Cases entwickelten, ein – mit spürbaren Folgen: “Die Angst war weg.” Seine Beobachtung: Auch in HR-Teams stieg die Zufriedenheit, wenn sie KI als Assistenz im Arbeitsablauf nutzen. “Sie können sich auf die komplexen Fälle konzentrieren. KI übernimmt die Routine.”

Microsoft-Chef Erlach warnt auch davor, das Thema zu stark unter Bezug auf rein technische Skills zu betrachten: “Die sind notwendig und wichtig, aber es geht auch ganz viel um Unternehmens- und Innovationskultur. Wie stehen Führungskräfte dem Thema AI gegenüber? Wie steht der Betriebsrat dem Thema AI gegenüber?”, führt er aus.

Venture Capital: “Müssen in Europa ganz massiv was tun”

Soweit also die Unternehmensebene. Einen große Problemstelle gibt es aber noch auf einem anderen Level: Der Finanzierung von Innovationen mit Risikokapital. “An der Stelle müssen wir in Europa ganz massiv was tun”, merkte Ahnert an. Er verwies auf Beispiele wie DeepMind, Mistral oder Hugging Face, hinter denen jeweils europäische Gründer stehen, die aber in den USA gegründet, ihre Unternehmen in die USA verkauft oder zumindest vorwiegend aus den USA finanziert werden.

Der Nagarro-Experte verwies dazu auf eine Studie des Applied AI Institute, für die Startups aus dem Bereich generative KI zu den größten Hürden, mit denen sie es zu tun haben, befragt wurden. “51 Prozent haben Funding genannt. Weit abgeschlagen an zweiter Stelle mit 24 Prozent erst kam die Regulierung und unter 20 Prozent waren Themen wie Fachkräftemangel oder Zugang zu Compute Power.” Ahnerts Appell: “Bei dem Thema Finanzierung müssen wir was tun, damit wir in der nächsten Welle an der Spitze sind.”

Erlach: Adaption entscheidend

Letztlich sei aber vielleicht gar nicht so entscheidend, wo eine Technologie produziert werde, argumentierte Hermann Erlach von Microsoft. Denn es komme auf die Adaption an: “Vielleicht ist die Diskussion Europa vs. Amerika in Teilbereichen die falsche.” Die wichtigere Frage sei also: “Wie adaptiere ich diese Technologie möglichst schnell, um meinen Wohlstand zu erhöhen?”

Marco Porak ergänzt: “Ganz, ganz wesentlich ist Mut. Ganz, ganz wesentlich ist unsere kulturelle Einstellung zu dem Thema.” Man müsse die Chancen sehen und weniger das Risiko. In der Regulatorik könne man dies begleiten, indem man Anreize schafft. “Und ich glaube, wenn wir das als Österreich mit einem großen Selbstbewusstsein und auch als Europa mit einem großen Selbstbewusstsein machen, dann haben wir in fünf Jahren eine Diskussion, die uns durchaus stolz machen wird.”


Die gesamte Folge ansehen:


Die Nachlesen der bisherigen Folgen:

Folge 1: “No Hype KI – wo stehen wir nach zwei Jahren ChatGPT?”

Folge 2: “Was kann KI in Gesundheit, Bildung und im öffentlichen Sektor leisten?”

Folge 3: “Der größte Feind ist Zettel und Bleistift”: Erfolgsfaktoren und Herausforderungen in der KI-Praxis”

Folge 4: KI-Geschäftsmodelle: “Wir nutzen nur einen Bruchteil dessen, was möglich ist”

Folge 5: Open Source und KI: “Es geht nicht darum, zu den Guten zu gehören”


Die Serie wird von brutkasten in redaktioneller Unabhängigkeit mit finanzieller Unterstützung unserer Partner:innen produziert.

No Hype KI

03.02.2025

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Peter Ahnert, Hermann Erlach, Marco Porak und Jeannette Gorzala
Peter Ahnert, Hermann Erlach, Marco Porak und Jeannette Gorzala | Foto: brutkasten

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Jeannette Gorzala sieht das ähnlich: “Bildung und Kompetenz ist das große Thema unserer Zeit und der zentrale Schlüssel.” Verstehe man etwas nicht, verursache dies Ängste. Bezogen auf KI heißt das: Fehlt das Verständnis für das Thema, setzt man KI nicht ein. Die Opportunitätskosten, KI nicht zu nutzen, seien aber “viel größer” als das Investment, das man in Bildung und Governance tätigen müssen. “Natürlich ist es ein Effort, aber es ist wie ein Raketenstart”, sagt Gorzala.

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Der Nagarro-Experte verwies dazu auf eine Studie des Applied AI Institute, für die Startups aus dem Bereich generative KI zu den größten Hürden, mit denen sie es zu tun haben, befragt wurden. “51 Prozent haben Funding genannt. Weit abgeschlagen an zweiter Stelle mit 24 Prozent erst kam die Regulierung und unter 20 Prozent waren Themen wie Fachkräftemangel oder Zugang zu Compute Power.” Ahnerts Appell: “Bei dem Thema Finanzierung müssen wir was tun, damit wir in der nächsten Welle an der Spitze sind.”

Erlach: Adaption entscheidend

Letztlich sei aber vielleicht gar nicht so entscheidend, wo eine Technologie produziert werde, argumentierte Hermann Erlach von Microsoft. Denn es komme auf die Adaption an: “Vielleicht ist die Diskussion Europa vs. Amerika in Teilbereichen die falsche.” Die wichtigere Frage sei also: “Wie adaptiere ich diese Technologie möglichst schnell, um meinen Wohlstand zu erhöhen?”

Marco Porak ergänzt: “Ganz, ganz wesentlich ist Mut. Ganz, ganz wesentlich ist unsere kulturelle Einstellung zu dem Thema.” Man müsse die Chancen sehen und weniger das Risiko. In der Regulatorik könne man dies begleiten, indem man Anreize schafft. “Und ich glaube, wenn wir das als Österreich mit einem großen Selbstbewusstsein und auch als Europa mit einem großen Selbstbewusstsein machen, dann haben wir in fünf Jahren eine Diskussion, die uns durchaus stolz machen wird.”


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