28.10.2021

So funktioniert die Mitarbeiterbeteiligung

Anwalt und Unternehmensrecht-Experte Keyvan Rastegar erklärt im Interview, wie das EU-weit gängige Modell der Mitarbeiterbeteiligung funktioniert und gibt seine Einschätzung für Österreich ab.
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Keyvan Rastegar: Unternehmensrecht-Experte über Mitarbeiterbeteiligung
Keyvan Rastegar | beigestellt

Sie soll ein essenzieller Bestandteil der neuen Gesellschaftsform für Startups “Flexible Kapitalgesellschaft” bzw. FlexKap (zuvor meist als “Austrian Limited” bezeichnet) werden: Die Mitarbeiterbeteiligung. Hierbei geht es nicht nur um eine klassische Gewinnbeteiligung sondern tatsächlich um eine Beteiligung am Startup, die etwa bei Exit oder Börsengang schlagend wird – allerdings unter besonderen Konditionen. Anwalt und Unternehmensrecht-Experte Keyvan Rastegar erklärt im Interview, was diese Konditionen sind und warum von dem Modell alle Seiten profitieren können. Zudem äußert er seine Meinung zum derzeit in Österreich laufenden Prozess zur Entwicklung eines Mitarbeiterbeteiliungsmodells.

Was ist eine Mitarbeiterbeteiligung?

Eine echte Mitarbeiterbeteiligung ist eine Kapitalbeteiligung der Mitarbeiter:innen am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens. Sprich: wenn es zu einem Erfolg kommt, wie zum Beispiel dem Verkauf des Unternehmens, erhalten die Mitarbeiter:innen ihren Anteil.

Wo siehst Du die Unterschiede zu einer Gewinnbeteiligung oder zu einem Bonus?

Beginnen wir mit dem Bonus – dieser ist Gehalt und löst auch entsprechend volle Progression aus. Er kann freiwillig oder verpflichtend sein und kann an Performance-Kennzahlen geknüpft werden. Meist sind Boni individuelle Arrangements mit einzelnen Mitarbeiter:innen. Als Verträge sind sie gestaltbar und am Ende des Tages Betriebsausgaben und Gehalt.

Wenn man Mitarbeiter:innen nur am Gewinn beteiligen möchte, nicht aber an anderen Erfolgen wie Exit oder Börsegang, ist das grundsätzlich vertraglich gestaltbar, aber umständlich. Wenn der Mitarbeiter:innen umfassend am Erfolg beteiligt sein sollen, vergibt man typischerweise Optionen auf stimmrechtslose Anteile – die wir bei der GmbH eben noch nicht bauen können.

Wieso entscheidet man sich für eine Mitarbeiterbeteiligung? Was bringt diese den Mitarbeiter:innen, was dem Unternehmen?

Wenn ich die Frage überspitzt formulieren darf: Warum sind Mitarbeiter:innen nicht einfach nur mit einem Gehalt zufrieden? Oder: Warum können nicht alle Unternehmen einfach nur Top-Gehälter zahlen?

Dabei ist die Antwort längst klar – Unternehmen und Mitarbeiter:innen sehen das als Win-Win. Die Mitarbeiter:innen sind noch motivierter, den gemeinsamen Erfolg zu erreichen und haben dann auch viel davon. Wachsende Unternehmen, dazu zählen Startups genauso wie KMU, also fast unsere gesamte Wirtschaft, können dadurch bessere und attraktivere Arbeitsplätze schaffen, und Mitarbeiter:innen und Talente können am Unternehmenserfolg partizipieren.

Derzeit ist es leider so, dass Top-Leute erst gar nicht nach Österreich kommen, ganz davon zu schweigen, dass unsere eigenen Spitzenleute auswandern. Das mit dem Aufenthaltstitel ist eine eigene Riesenbaustelle, und wir können nicht einmal eine echte Mitarbeiterbeteiligung anbieten.

Währenddessen haben die meisten unserer EU-Nachbarn schon seit Jahrzehnten gleich mehrere international übliche Modelle umgesetzt. Wir sind leider extrem spät dran.

Wie funktioniert eine Mitarbeiterbeteiligung? Was sind da die bewährten internationalen Standards?

Wenn man will, ist sie extrem einfach. Das EU-weit und international bewährteste Modell ist es, dass Mitarbeiter:innen einfach die Option erhalten, eine bestimmte Menge an stimmrechtslosen Anteilen zu kaufen. Aus. Das wars.

Wieso eigentlich Optionen und nicht gleich Anteile?

Das ist die Pointe, die fast in jedem Steuersystem funktioniert. Dadurch werden nämlich weder die Mitarbeiter:innen noch das Unternehmen bei der Ausgabe der Mitarbeiterbeteiligung besteuert. Würden die Mitarbeiter:innen gleich stimmrechtslose Anteile erhalten, würde das die komplizierte Frage auslösen, wie viel diese wert sind, was Gutachten erforderlich macht. Und es würde überhaupt als Lohn zur sofortigen Besteuerung der Mitarbeiter:innen führen, wovon man wieder Ausnahmen schaffen müsste.

Und wann zahlen die Mitarbeiter:innen dann wie viel Steuer?

Das ist ganz wichtig: erst wenn das Geld fließt. Man will unbedingt eine Besteuerung von “trockenem Einkommen” vermeiden, also nicht etwas besteuern, was jemand noch gar erhalten hat. Das ist ein Grundpfeiler der Steuergerechtigkeit und hier ganz besonders wichtig.

Warum müssen diese Anteile eigentlich stimmrechtslos sein – kann man nicht einfach normale Anteile vergeben?

Dann vergibt sie niemand – so wie bis heute, trotz diversen Freibeträgen. Denn kein Unternehmer bei Trost holt sich dutzende stimmberechtigte Arbeitnehmer als Mitgesellschafter in die Generalversammlung. Umgekehrt wollen viele Mitarbeiter diese Rolle nicht – sie wollen vielmehr die wirtschaftliche Upside.

Und so wird klar, warum man sowohl gesellschaftsrechtlich reformieren muss, als auch steuerrechtlich. Die in der GmbH vollkommen fehlende Flexibilität, unterschiedliche Klassen an Gesellschaftern zu schaffen, zum Beispiel die Klasse der “Investor:innen”, der “Arbeitnehmer:innen”, und so weiter, ist genau was es braucht. Das zu können, diese Vertragsfreiheit, ist im Übrigen ein Grund- und Menschenrecht und verfassungsgesetzlich geschützt.

Können wir das einmal an einem Beispiel durchgehen?

Das könnte etwa so aussehen: Die ersten Mitarbeiter:innen erhalten vollkommen steuerfrei Optionen auf stimmrechtslose Anteile. Wenn der Erfolg eintritt, zum Beispiel kauft ein Konzern das Startup nach ein paar Jahren, können die Mitarbeiter:innen ihre Optionen ausüben, die Anteile kaufen und gleich verkaufen. Sie zahlen erst zum Schluss Steuern, und zwar wird ihr Vorteil mit KESt versteuert und unterliegt nicht der vollen Progression als Gehalt. Das ist auch nur so gerecht – es gibt keinen Grund, warum Arbeitnehmer:innen für ihre trockene Kapitalbeteiligung einen höheren Steuersatz zahlen sollten, als andere Gesellschafter:innen.

International wird es also mit Optionen gehandhabt? Was sind die bewährten Standards bei der Mitarbeiterbeteiligung?

Ja, ganz genau. Optionen auf stimmrechtslose Anteile sind der gemeinsame Nenner. So haben heuer im März 24 EU-Mitgliedstaaten, inklusive Österreich und Deutschland, die “Declaration on the EU Startup Nations Standard of Excellence” unterfertigt. Diese gibt diese Lösung perfekt vor, nämlich Optionen auf stimmrechtslose Anteile.

Überhaupt haben die meisten unserer EU Nachbarn gleich mehrere Modelle entwickelt, um dem Markt sogar ein Menü an Alternativen zu bieten – die Franzosen und Engländer gleich vier bzw. fünf Modelle. Die Deutschen sind leider wieder das Negativbeispiel: Ihre zaghafte Pseudoreform ist im Markt negativ angekommen.

Was ist der aktuelle Stand in Österreich? Welchen Reformbedarf siehst Du hier?

Die Lösung ist so einfach. Einfach einen Paragrafen ins Gesetz, wo drinnen steht, dass frei Anteilsklassen geschaffen und frei Anteile übertragen werden können. Eine perfekte Vorlage dafür liefert das europäische Mustergesetz, der European Model Company Act – in den Abschnitten 5.08 und 5.13. Dann ein paar steuergesetzliche Paragrafen, wonach im Ergebnis die Optionen auf stimmrechtslose Anteile als Kapital und nicht als Lohn besteuert werden, wenn auch Geld fließt – und Arbeitnehme:innen nicht zur Kasse gebeten werden, bevor sie auch das Geld haben. Damit setzt man endlich die Declaration um, wozu wir uns als Österreich ohnehin bereits verpflichtet haben.

Wann glaubst du wird es in Österreich wirklich soweit sein?

Ich glaube, dass beide verehrten Bundesministerinnen, nämlich Margarete Schramböck und Alma Zadić, und ihre Kabinette, bis Jahresende gerne endlich Ergebnisse liefern wollen. Allerspätestens seit März sollte vor allem im Justizministerium klar sein, was bei der neuen Kapitalgesellschaft gemacht werden muss, nämlich Anteilsklassen einzuführen, die notariellen Formvorschriften abzuschaffen und die Prüfprozesse des Firmenbuchs zu reformieren. Der Konsens der Startups, Investor:innen, Expert:innen und Wissenschaft ist auch mehrfach der Justizministerin und ihrem Kabinett kommuniziert worden. Es ist ja demnächst ein neuer Entwurf aus dem Justizministerium angekündigt, auf den alle gespannt warten.

Und glaubst Du, wird dieser neue Entwurf den von dir dargelegten Vorstellungen gerecht werden? Woran glaubst Du liegt die Verzögerung?

Vermutlich noch nicht hinreichend. Denn es geht um saftige Privilegien, wie den Notariatsakt bei der Anteilsabtretung und Kapitalerhöhung, oder die überspannte Prüfung des Firmenbuchs. Beide schaden unserem Wirtschaftsstandort, bringen aber diesen Berufsgruppen Vorteile. Die bereits im Herbst letzten Jahres diskutierte formfreie Unternehmenswertbeteiligung klingt nach wie vor nach einer Ausrede, um doch nicht den Notariatsakt bei der Anteilsübertragung abschaffen zu müssen, als nach einer echten Lösung für marktübliche Mitarbeiterbeteiligungen.

Marktüblich ist wie gesagt EU-weit die Option auf echte stimmrechtslose Anteile – siehe die Declaration on the EU Startup Nations Standard of Excellence. Wozu also eine Insellösung in Österreich? Die Antwort ist klar – um Privilegien zu bewahren, nicht weil es fachlich geboten ist. Gleichzeitig bin ich zuversichtlich, dass die politische Ebene das Lobbying durchschaut und den Markt und die Experten genau gehört hat. Eine echte und mutige Reform ist fachlich dringend geboten und auch moralisch das Richtige. Aber auch aus politischem Kalkül heraus ist sie alternativlos: eine verwässerte Reform würde einen viel größeren Anteil der Wählerschaft verärgern als die echte Reform.

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Alexander Schmitz | (c) XELA

Japan gilt seit Jahrzehnten als Vorreiter in der Robotik und Automatisierung, ein Land, in dem Roboter nicht nur in der Industrie, sondern zunehmend auch im Alltag eine zentrale Rolle spielen. Inmitten dieser technologischen Hochburg hat sich der österreichische Gründer Alexander Schmitz mit seinem Unternehmen XELA Robotics erfolgreich etabliert. Seit mittlerweile mehr als einem Jahrzehnt entwickelt und erforscht der Österreicher taktile Sensoren für menschlich-kollaborative Roboter. Vor der Unternehmensgründung im August 2018 war Schmitz auch als Associate Professor an der Waseda University in Japan tätig, bevor er sich vollständig auf sein Unternehmen konzentrierte.

Technologie ermöglicht menschenähnlichen Tastsinn

XELA Robotics setzt auf eine KI-Technologie, die taktile Sensoren integriert und damit neue Möglichkeiten für personalisierte Servicerobotik, Montage, Verpackung und Landwirtschaft schafft. Die Sensor- und Software-as-a-Service (SaaS)-Lösungen von XELA unterstützen Unternehmen weltweit bei der Digitalisierung und Automatisierung.

XELA Robotics hat uSkin entwickelt, einen Drei-Achsen-Tastsensor, der in einem weichen, langlebigen Gehäuse untergebracht ist und sich nahtlos in neue und bestehende Roboter integrieren lässt. uSkin verleiht Robotern einen menschenähnlichen Tastsinn und verbessert ihre Fähigkeit, Objekte präzise zu manipulieren. Jeder Sensorstreifen enthält mehrere Sensoren, und jeder Sensor misst 3-Achsen-Kräfte , die an spezifische Anwendungen angepasst werden können. Zu den Kunden von XELA zählen internationale Konzerne wie Honda, Hitachi oder Samsung.

Millionen-Investment und Expansion nach Europa

Wie XELA nun bekanntgab, konnte man für das weitere Wachstum ein Millionen-Investment an Land ziehen. Investor ist die Investoren-Gruppe FSR mit Sitz in Tokio.

„Die Partnerschaft mit unserem neuen Investor wird unsere Fähigkeit beschleunigen, sowohl unsere Sensortechnologie als auch unsere KI- Software zu skalieren. Dadurch können wir komplette Lösungen anbieten und die Produktion ausweiten, um der wachsenden globalen Nachfrage gerecht zu werden”, so Schmitz.

In Europa bedient XELA ebenfalls namhafte Kunden. Zudem hat XELA die Möglichkeit genutzt, sich über das Global Incubator Network (GIN) strategisch in Europa zu positionieren. “Durch das erstklassige Programm des Global Incubator Networks konnten wir unsere Marktchancen in Europa evaluieren, einen klaren Go-to-Europe-Plan mit Österreich als Basis entwickeln und einen erfahrenen Mentor gewinnen. Dieser Mentor hat uns nicht nur in der Umsetzung unserer Europastrategie begleitet, sondern auch wesentlich zur Finanzierungssicherung in Japan beigetragen“, sagt Schmitz.


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