03.10.2016

Ein Quäntchen Glück: Was es wirklich braucht, um erfolgreich zu sein

Wer mutig genug ist, auf Risiko setzt und seine Idee zum Beruf macht, braucht vor allem eines: Durchhaltevermögen. Von Theresa Sophie Breitsching.
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(c) fotolia.com - Jacob Lund: Auch Glückist ein Erfolgsfaktor.

Es gibt verschiedene Gründe, warum Menschen den Schritt ins Ungewisse wagen und sich für die Selbstständigkeit entscheiden. Einige wollen lieber ihr eigener Chef sein oder ihr Leben flexibler gestalten, andere wiederum starten aus einer persönlichen Notwendigkeit heraus.

Die USA mussten warten

So war es auch bei Kiweno-Gründerin Bianca Gfrei. Die Tirolerin stammt aus einem kleinen Dorf und wollte „immer schon etwas bewegen”. Gegen Ende des Studiums bekam Gfrei chronische Magenprobleme. Nach einer Ärzte-Odyssee und einem Nahrungsmittelunverträglichkeitstest hatte sie endlich Gewissheit: Gfrei musste ihre Ernährung umstellen, um ihre Beschwerden loszuwerden. Damals dachte sich die Gründerin: Das muss doch auch unkomplizierter und schneller gehen! Als sie die Zusage für ein Master-Stipendium in den USA bekam, musste Gfrei erst zuwarten, bis sie es antreten konnte – und nutzte die Zeit, um Kiweno zu starten. Mittels Selbsttest soll dabei herausgefunden werden, welche Nahrungsmittel man nicht verträgt. „Anfangs war Kiweno ein Projekt, an dem wir nebenbei gearbeitet haben. Aber dann haben wir so viel Zuspruch bekommen und das Interesse war riesig – jetzt sind wir voll Startup!“, sagt sie.

Chemiker statt Kafferöster

„Menschen haben seit jeher Ideen. „Schon immer wurden auch in Österreich Startups gegründet“, ruft Bernd Litzka vom Austria Wirtschaftsservice (aws) in Erinnerung – wenn auch nicht als Startup bezeichnet, sondern bis vor Kurzem noch einfach als Gründungen benannt. „Nikola Tesla war übrigens kein amerikanischer Autobauer, sondern ein österreichisch-kroatischer Elektroingenieur und Francesco Illy kein italienischer Kaffeeröster, sondern ebenfalls ein österreichisch-ungarischer Chemiker, der die Espressomaschine revolutionierte.“

Nicht rotierende Radkappen

Bevor Litzka zur Förderbank des Bundes kam und in weiterer Folge i2 Business Angels Austria aufbaute, gründete er in den USA selbst ein Startup. Er bemerkte, dass auf Taxis jede mögliche Werbefläche genutzt wird – nur die Räder blieben bis dahin verschont. Daher erfand der junge Ingenieur die nicht rotierende Radkappe – und machte damit einen Exit an eine niederländisch-amerikanische Investorengruppe. „Heute findet man meine patentierte Technologie am neuesten Bentley, wo sich das Logo der Luxuskarosse am Rad nicht mitdreht, und bei über 100.000 Taxis in Las Vegas, Tokio oder San Francisco“, erzählt Litzka.

Die Bank hinter sich gelassen

Genug vom klassischen Berufsweg in einer Bank hatte Manuel Zwittag. „Mir hat etwas gefehlt, ich habe gewusst, dass ich auf jeden Fall zurück in die Selbstständigkeit will“, erzählt der Junggründer. Über seinen Freundes- und Bekanntenkreis sei er dann auf Rublys gestoßen. Heute lässt das Startup seine User täglich Lose aufrubbeln – und gewinnen. Rund 125 Millionen Lose wurden bereits aufgelöst sowie über 3 Millionen Preise ausgeteilt. „Ich hatte seit jeher Hunderte Ideen in mir“, erzählt Zwittag über seine Startup-Anfänge. Mit 20 gründete er ein Einzelunternehmen, eine Agentur für Webprojekte. „Damals war um den Begriff Startup noch nicht so ein Hype“, meint er. Um den Jahreswechsel 2012/13 habe man begonnen, hobbymäßig ganach der Arbeit und am Wochenende zusammenzusitzen und an der Idee zu feilen. Erst als Business Angel Michael Altrichter bei Rublys an Bord ging, wurden die Jobs gekündigt. Damit reihen sich die Rublys-Gründer unter jene 90 Prozent in Europa, die für den ersten Schritt in die Selbstständigkeit ihr eigenes Erspartes aufwenden. Laut einer Analyse des Gründungszentrums der Wirtschaftsuniversität Wien kämen für Entrepreneure staatliche Förderungen gleich an zweiter Stelle. Danach kommen finanzielle Unterstützung aus dem Freundes- und Bekanntenkreis und die Finanzierung über Business Angels. Ein Großteil der Startups wird übrigens in Wien gegründet. Circa die Hälfte der Startups gab an, mit einer Weltneuheit am Markt zu sein.

Redaktionstipps

Wer verdient den Namen Startup?

35.000 bis 39.000 Gründungen gibt es pro Jahr in Österreich. Aber da muss man aufpassen, denn „hier ist alles mit eingerechnet – vom Friseurladen bis zum Technologie-Startup“, erklärt Litzka. Diese Zahl sei in den letzten Jahren konstant geblieben. Sogar während der Wirtschaftskrise habe es keinen Einbruch gegeben. „Davon sind ungefähr 10 Prozent jene Selbstständigen, die ein bisschen mehr machen als tandardisiertes Gewerbe“. Noch einmal ein Zehntel davon verdient in Österreich den Namen Startup: „Ein Startup ist im deutschsprachigen Raum derzeit ein Unternehmen, dessen Idee deutlich über dem Stand der Technik oder des Wissens ist; typischerweise eine intellektuelle Kreation oder Wertschöpfung, die es so noch nicht gibt“, erklärt Litzka.

„Circa 400 derart bezeichnete  Startups werden pro Jahr in Österreich gegründet – mehr gibt es leider nicht.“ Den Begriff habe man übrigens etwas verfälscht aus dem angloamerikanischen Bereich abgeleitet, wo alle Gründungen „Startups“ heißen. Daher sei der aktuelle Startup-Boom eher ein Aufmerksamkeits-Boom. Davor wurde einfach weniger übers Gründertum gesprochen. Auch einen signifikanten Anstieg von Tech-Startups habe man in den letzten Jahren nicht verzeichnet. Die Quelle ist durchaus zuverlässig, denn zur aws gelangen die meisten heimischen Startups und innovativen Klein- und Mittelunternehmen irgendwann in ihrer Unternehmensgeschichte. In Österreich wie im Rest Europas schaffen es nicht alle Startups bis zur tatsächlichen Gründung. Tausende kluge Köpfe starten jedes Jahr mit innovativen Ideen, nur ein Bruchteil bleibt davon am Ende übrig. „Entweder taugt die Idee nicht, wenn man erst einmal Feedback einholt, oder der Gründer ist nicht geeignet – oft einfach nicht risikofreudig genug. Nicht jeder ist zum Unternehmer geschaffen“, so Litzka. Einfache Muster, die ein Gründer mitbringen muss, um erfolgreich zu sein, gibt es nicht. „Viele Geldgeber neigen dazu, nur das Team hervorzuheben, aber so leicht lässt sich der Erfolg oder Misserfolg nicht auf ein Merkmal reduzieren. Es gibt keine Garantie“, so Litzka. Am Ende komme es neben dem fähigen Team auf mehrere Faktoren an: harte Arbeit, richtiger Markt, geeigneter Zeitpunkt und Fortüne – also das Quäntchen Glück.

Der obligatorische Arschtritt

Unternehmer mit Ideen sollten jedenfalls so schnell wie möglich Feedback einholen, ganz nach der Lean-Startup- Herangehensweise: Bei dieser Methode sollen Entrepreneure ihre Idee zuerst bewerten, bevor monatelang an der Umsetzung gearbeitet wird, nur damit sie dann erst wieder verworfen werden muss. Diesen Tipp empfiehlt auch Startup-Live-Geschäftsführerin Tanja Sternbauer. Die potenziellen Kunden sollen direkt am Anfang gleich miteinbezogen werden. „Jeder wird dir etwas anderes erzählen. Mentoren, Investoren, Familie und Freunde – am Ende zählt, ob das Produkt beim Kunden ankommt.“ Bei den Veranstaltungen von Startup Live haben Unternehmer ein Wochenende lang Zeit, um an ihrer Idee zu arbeiten. Dabei stehen der Austausch mit anderen Gründern sowie dasTeam-Setup im Vordergrund. Möglichst „lean“ sollen dort erste Websites und Konzepte erstellt werden, um diese auszutesten. Gerade in der Startphase ist der Kontakt mit Entrepreneuren, die ebenfalls gerade starten, wichtig. „In Österreich braucht man immer den Arschtritt“, fasst Sternbauer zusammen. „Wir sind ein sehr vorsichtiges Volk, eher weniger risikoaffin“; wenn man sich mit anderen vernetze, könne man sich gegenseitig motivieren und austauschen. „Die richtige Hürde ist die eigene Motivation.“ Das Team muss dranbleiben und zusammenhalten, um in der schwierigen Anfangsphase durchzuhalten. „Wenn die Idee nicht funktioniert, muss man eben adaptieren – aber dazu muss das Team bereit sein“, so Sternbauer. Am Ende geht es ums richtige Durchhaltevermögen. „Man muss ein Stehaufmännchen sein“, meint auch Litzka. „Ausprobieren, hart arbeiten, eine gute Idee haben – und nicht verzweifeln, wenn es schiefgeht, sondern es einfach noch einmal probieren.“ Es gibt eben keine Zutaten oder gar ein ganzes Kochrezept, nachdem es einfacher wird. Groß träumen, hart arbeiten, durchhalten.

 

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Das Gründerteam von Kern Tec | (c) Kern Tec
Das Gründerteam von Kern Tec | (c) Kern Tec

Der Marketed Innovation Prize, verliehen von EIT Food, wählt Startups aus der Lebensmittelbranche aus, die „den Übergang zu einem gesünderen und nachhaltigeren Lebensmittelsystem unterstützen“. Insgesamt wurden Preisgelder in Höhe von 55.000 Euro vergeben. EIT Food wird vom Europäischen Innovations- und Technologieinstitut (EIT) gefördert, einer Einrichtung der Europäischen Union.

Eines der ausgezeichneten Startups ist das niederösterreichische Unternehmen Kern Tec. Es verwandelt Obstkerne, die normalerweise als Abfall gelten, in hochwertige Zutaten für die Lebensmittel- und Getränkeindustrie. Diese finden zudem auch Anwendung in kosmetischen und industriellen Produkten.

Kern Tec: “Die Anerkennung bestärkt uns in unserer Mission”

Luca Fichtinger, Co-Gründer von Kern Tec, freut sich gemeinsam mit seinem Team über den Marketed Innovation Prize. Er sagt: „Die Anerkennung bestärkt uns in unserer Mission, Lebensmittelabfälle in wertvolle, nachhaltige Produkte umzuwandeln. Indem wir Aprikosenkerne zu nahrhaften Snacks aufwerten, wollen wir Abfälle reduzieren und gleichzeitig ein zirkuläreres und nachhaltigeres Lebensmittelsystem fördern. Dieser Preis bestätigt nicht nur unsere Bemühungen, sondern inspiriert uns auch, weiterhin innovative und skalierbare Lösungen zu entwickeln, die zu einem besseren Lebensmittelsystem für alle beitragen“.

Preise für “innovative Lebensmittel-Startups”

Insgesamt vergab EIT Food acht Preise an europäische Startups im Bereich Lebensmittelinnovationen. Mit dem Preis sollen „innovative und einflussreiche Agrar- und Lebensmittel-Startups“ ausgezeichnet werden, die „wirkungsvolle Produkte oder Dienstleistungen auf den Markt” brachten, wie die Organisation erklärt.

„Diese Gewinner des Marketed Innovation Prize führen den Wandel in unserem gesamten Lebensmittelsystem an, von der Förderung der Proteindiversifizierung bis hin zur Entwicklung KI-gestützter landwirtschaftlicher Lösungen. Sie bieten den Verbrauchern spannende, gesündere Alternativen und geben Lebensmittelproduzenten innovative und nachhaltige Techniken an die Hand, um Effizienz und Produktivität zu steigern“, betont Richard Zaltzman, CEO von EIT Food.

2023: Kern Tec erhielt Investment von 12 Mio. Euro

Kern Tec rund um Gründer-Team Michael Beitl, Luca Fichtinger, Sebastian Jeschko und Fabian Wagesreither startete 2019 mit einer Technologie, um Öle und Proteine aus Obstkernen zu gewinnen. Dabei verwendete man Obstkerne von Marillen, Kirschen und Zwetschken – typische Abfallprodukte der heimischen Obstindustrie. Inzwischen brachte das Startup pflanzliche Alternativen von Milch, Joghurt, Eis und Käse auf Basis von Obstkernen auf den Markt.

Im vergangenen Jahr sicherte sich Kern Tec in einer Series-A-Finanzierungsrunde ein Investment von 12 Millionen Euro – brutkasten berichtete. Die Finanzierungsrunde wurde von Telos Impact angeführt, mit Beteiligung des PeakBridge Growth 2 Fonds und des European Innovation Council (EIC) Fonds. Mit diesem Kapital plante das Unternehmen, international zu expandieren und seine Produktpalette weiter auszubauen.

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