23.05.2019

PSPDFKit: Warum ein Wiener Startup kostenlos Google-Bugs beseitigt

Das auf PDF-Features spezialisierte Wiener Startup PSPDFKit beschäftigt sich bereits seit längerem mit Bug-Fixes in Googles Anwendung PDFium. Nun machte man diese Open Source-zugänglich. Gründer Peter Steinberger erzählte uns, warum.
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PSPDFKit-Gründer Peter Steinberger erklärt, warum man Bug-Fixes für Googles PDFium (Chrome, Android) Open Source-zugänglich macht
(c) Haris Dervisevic / der brutkasten: PSPDFKit-Gründer Peter Steinberger

Was das Wiener Startup PSPDFKit macht, klinge wohl zunächst “nicht unbedingt cool oder besonders spannend”, räumte Gründer Peter Steinberger bereits vor einiger Zeit im Gespräch mit dem brutkasten ein. Es ist ein Framework, mit dem verschiedene Dokumenten-Formate, allen voran PDFs und Bilder, korrekt und nutzerfreundlich angezeigt werden – nativ, auf allen Plattformen. Mit den zahlreichen Features, die es Kunden bietet, arbeitete sich PSPDFKit seit der Gründung 2010 – ohne Kapital aufzunehmen – zum globalen Player herauf. Unter den Referenzkunden sind Unternehmen wie Dropbox, IBM und SAP.

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Das Problem mit dem untersten Layer

Eine Herausforderung begleitete das Startup dabei von Beginn an: der Teil der Anwendung, den das Team nicht selbst gecodet hat. “Der unterste Layer ist die PDF-Rendering-Engine, über die die Datei grafisch angezeigt wird”, erklärt Steinberger. Als man in der Anfangszeit (bis 2014) noch ausschließlich auf iOS arbeitete und dabei die entsprechende Apple-Engine nutze, traten die ersten Probleme auf. “Prinzipiell ist der Apple-Renderer nicht schlecht. Aber trotzdem traten immer wieder Bugs auf, mit denen Kunden an uns herantraten. Es war dann sehr frustrierend, ihnen sagen zu müssen, dass das nicht in unserer Macht liegt”. Und bis Apple die Fehler beseitigt hatte, habe es oft sehr lange gedauert.

Googles PDFium als Gamechanger

2013 begann man daher, einen eigenen Renderer zu programmieren – um den Plan bald darauf wieder zu verwerfen. Denn schon im Frühling 2014 kam mit dem Release von Googles PDFium ein Gamechanger. Der PDF-Renderer des Internet-Riesen wird Standard-mäßig bei Android und Chrome zur PDF-Anzeige genutzt. “Da geht es also um viele, viele, viele Millionen User”, sagt Peter Steinberger. “Der wichtigste Punkt ist aber: PDFium ist Open Source”. Das führe erstens dazu, dass auf Dauer alle auf das System migrieren würden, erwartet der PSPDFKit-Gründer. Die vielen Contributors würden das System dabei auch sicherer machen, als andere.

Bug-Fixes für die Allgemeinheit

Zweitens ermögliche der offene Quellcode dem Startup, Bugs selber zu beseitigen. “Das haben wir in den vergangenen vier Jahren schon für unsere Kunden gemacht. Die Bug-Fixes haben wir dabei aber für uns behalten”, erzählt Steinberger. Nun habe man sich aber entschlossen, sie über Open Source der Allgemeinheit zu Verfügung zu stellen – und das ohne finanzielle Gegenleistung seitens Google. Man bekomme vom PDFium-Team zwar gutes und nützliches Feedback, ein Kundenverhältnis gebe es aber nicht, sagt der PSPDFKit-Founder.

PSPDFKit: “show – don’t tell” als Antwort auf “Schmutzkübelkampagne”

Gänzlich altruistisch denkt man dabei freilich dennoch nicht. Denn obwohl auch die Konkurrenz von der Aktion profitiere – am meisten soll es letztlich trotzdem dem Wiener Startup bringen. Den Anstoß dazu gab nämlich eine “Schmutzkübelkampagne” durch einen Konkurrenten, wie Steinberger erzählt. “Sie haben potenziellen Kunden – zusammengefasst – gesagt, dass wir reine PDFium-User sind, die nicht wissen, was sie da tun”. Man habe sich im Gegenzug für eine “show – don’t tell”-Strategie entschieden. “Ich denke, es gibt in dieser Situation keinen besseren Move, als sich als Technical Leader zu positionieren”, sagt Steinberger. Und erste Neukunden würden diese Strategie bereits bestätigen.

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Das NOSI-Gründer:innen-Team (vlnr.) Klara Brandstätter, Patrik Aspermair und Johannes Bintinger | (c) NOSI
Das NOSI-Gründer:innen-Team (vlnr.) Klara Brandstätter, Patrik Aspermair und Johannes Bintinger | (c) NOSI

Startup-Gründer:innen bezeichnen ihre Produkte im Pitch gerne als “revolutionär” oder “völlig neuartig”. Patrik Aspermair, Co-Founder und CEO des Tullner (NÖ) Startups NOSI, tut das im Gespräch mit brutkasten nicht. Muss er auch nicht, denn dass diese Begriffe auf das Produkt, das er gemeinsam mit seinen Mitgründer:innen Johannes Bintinger und Klara Brandstätter entwickelt und auf den Markt gebracht hat, zutreffen, erkennt man auch ohne darauf hingewiesen zu werden.

NOSI digitalisiert mit seinen Sensor-Systemen Gerüche – brutkasten berichtete bereits. “Jeder kennt die Möglichkeit, das Sehen und das Hören zu digitalisieren. Man kann es sogar am eigenen Smartphone machen”, sagt Aspermair. Und mit NOSI – kurz für “Network for Olfactory System Intelligence” – kommt noch ein weiterer Sinneseindruck dazu, der fortan digital erfasst werden kann.

Wofür braucht es die elektronische Nase?

Und wofür braucht man das? “Die elektronische Nase soll überall dort eingesetzt werden, wo der Mensch seine Nase nicht reinstecken möchte oder kann, bzw. wo er einfach nicht da ist, etwa weil es 24 Stunden am Tag passieren muss”, erklärt Aspermair. Einsatzmöglichkeiten gibt es unter anderem in der Pflege oder in der Hotellerie, wo mittels elektronischer Nase Ungeziefer frühzeitig erkannt werden kann. Damit konnte NOSI nicht nur eine ganze Reihe von Preisen abräumen. Erste mit dem mittlerweile zehnköpfigen Team umgesetzte Kundenprojekte nach dem formellen Start dieses Jahr zeigen: Die Nachfrage dafür ist da.

Gründung von NOSI dieses Jahr nach jahrelanger Forschung und Entwicklung

Um dort überhaupt hinzukommen, haben Gründer:innen und Team einen weiten Weg hinter sich gebracht. Über viele Jahre hinweg wurden die Polymer-Sensoren und die dazugehörige KI-Software von Aspermair und Bintinger am AIT entwickelt. Formell gegründet wurde dann mit Co-Founderin Brandstätter Anfang dieses Jahres.

“Ohne die aws gäbe es NOSI als Unternehmen gar nicht.”

Und dafür brauchte es das nötige Kapital. Das lieferte die Austria Wirtschaftsservice (aws) mit der Preseed-Förderung. “Ohne die aws gäbe es NOSI als Unternehmen gar nicht. Wenn wir die Preseed-Förderung nicht bekommen hätten, hätten wir nicht gegründet. Denn sie war auch der externe Check, ob unser Business-Plan auch vor einer unabhängigen Jury hält”, erzählt Aspermair.

Mit dem Kapital habe man dann die ersten Mitarbeiter:innen angestellt – mittlerweile umfasst das Team zehn Personen. “Und wir konnten die Entwicklung auf einen Status bringen, an dem wir erste Geräte potenziellen Kunden anbieten konnten”, sagt der NOSI-Gründer. Man habe zudem viele Gespräche in diversen Branchen geführt, sei auf unterschiedlichen Events und Konferenzen eingeladen gewesen und habe eine sehr gute Medienpräsenz gehabt. “Wir haben uns sehen und messen lassen. Das braucht alles seine Zeit. Und durch die Förderung war die Runway vorhanden, um das so zu machen”, so Aspermair.

Auch im Bereich IP (Intellectual Property) habe man sich Unterstützung von der aws geholt. “Das ist für uns ein wichtiges Thema und bei der aws gibt es viele Ansprechpartner dafür, die leicht zugänglich sind”, so der Gründer.

Märkte ergründen

Bei allem was bereits zurückliegt, hat NOSI am Markt gerade einmal die ersten Schritte absolviert. “In der Preseed-Phase mussten wir zunächst einmal wissen, was überhaupt unsere Märkte sind. Welche potenziellen Anwendungsbereiche können wir schon in naher Zukunft bespielen? Denn Geruchssensorik hat natürlich in sehr vielen Anwendungsbereichen Potenzial, aber man kann nicht alles gleichzeitig machen und muss fokussieren”, erklärt der Gründer. Dazu brauche es viel Arbeit und viele Gespräche. “Das schafft man nur mit einem Team, das einen unterstützt”, sagt Aspermair.

Von Tulln in die ganze Welt

Nun geht es für NOSI daran, Schritt für Schritt und Branche für Branche den Markt zu erobern – nicht nur in Österreich. “Wir haben uns unter anderem für das GIN-Programm Go Asia beworben, um zu ergründen, ob der asiatische Markt für uns spannend ist”, sagt der Gründer. Gesucht werden dabei nicht nur direkte Kunden, sondern auch Systemintegratoren.

Und für die Expansionsschritte und die Weiterentwicklung der Technologie wird es auch weiteres Kapital brauchen. Hier kommt die aws wieder ins Spiel. “Wir beantragen auch die aws-Seed-Förderung und das FFG-Basisprogramm”, verrät Aspermair. Und auch ein Investment aufzunehmen, ziehe man mittelfristig in Betracht.

Disclaimer: Das Startup-Porträt erscheint in Kooperation mit der Austria Wirtschaftsservice (aws)

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