03.07.2019

Warum es so schwierig ist, exakte Prognosen zu machen

Die Krux mit der exakten Prognose: Tristan Horx vom Zukunftsinstitut spricht im Interview über die Arbeit eines Trend- und Zukunftsforschers und darüber, was die Kapitalsünden beim Blick in die Zukunft sind.
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Sie entstammen einer Zukunftsforscherfamilie und widmen sich in ihrem Feld den Themen Digitalisierung, Lifestyle, Globalisierung und Generationenwandel. Wie funktioniert die Arbeit eines Zukunftsforschers? An welchen Punkten muss sich orientieren, wer Trends und Visionen der Zukunft voraussagen will?

Tristan Horx: Es gibt verschiedene Modelle. Eine Strategie, die wir aus den Medien kennen, ist es, sehr reißerische, utopistische oder apokalyptische Bilder zu zeichnen, die immer große Aufmerksamkeit erregen. Diese sind stark von Hollywood-Filmen geprägt oder mit Absicht zugespitzt, weil man weiß, dass man damit Leute für eine Vision begeistern kann. Das ist die eine Variante, die man als nicht wissenschaftlich bezeichnen kann. Eine Vision, die differenziert und komplex ist, lässt sich eben nicht so gut verkaufen.

Und andere Methoden?

Wir arbeiten mit verschiedenen Techniken. Ich spezialisiere mich hauptsächlich auf systemtheoretische Logiken. Dabei handelt es sich um Modelle, die immer zyklisch verlaufen. Es herrscht eine Trend- und Gegentrend-Dynamik, bei der man sehen kann, wie sich das System ausbalanciert.

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Wie wendet man diese Technik an?

Unser Feld der Trend- und Zukunftsforschung konstituiert sich durch Gegenwartserfassung. Man muss dazu sagen, dass es heutzutage sehr vielen Leuten schwerfällt, ein realistisches Abbild der Welt zu schaffen. Die Grundaufgabe eines Zukunftsforschers ist es, zuerst die Gegenwart so zu verstehen, wie sie in der Realität ist. Wenn man ein „echtes“ Bild der Gegenwart hat, das nicht durch Ideologien oder dergleichen durchtränkt ist, dann kann man relativ einfach verschiedene Zukunftsszenarien ausarbeiten.

Also das Heute erkennen, um das Morgen zu verstehen?

Wenn man sich lange genug mit der Materie auseinandersetzt, kann man auch aus den Prozessen der Vergangenheit lernen. Hierbei ist es möglich, die Szenarien mit Wahrscheinlichkeitsprozenten zu belegen. Skizziert man ein Zukunftsereignis mit etwa 60 zu 40 Prozent eintretender Wahrscheinlichkeit und tritt dieses dann nicht ein, bedeutet das nicht, dass die These falsch war – 40 Prozent sind noch immer sehr viel –, sondern dass es nur etwas in die andere Richtung gegangen ist. Diese Art zu Arbeiten ist das Gegenprogramm zu den reißerischen Visionen, die behaupten, dass diese oder jene Zukunft genauso eintreten wird, wie sie sie zeichnen. Der größte Fehler, den ein Trend- und Zukunftsforscher machen kann, ist ein Ereignis mit einem Jahr zu belegen.

Das heißt, die berühmte Glaskugel gibt es in der Trend- und Zukunftsforschung nicht?

Man kann die Prozesse verstehen und ungefähr erkennen, wo es hingehen wird, und eine Richtung deuten. Aber etwas mit genauen Jahreszahlen und Ereignissen zu belegen, das ist dann wirklich Wahrsagerei.

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Können Sie dennoch aus aktuellen Prozessen und Entwicklungen der Vergangen heit die nächsten großen Visionen, zum Beispiel für 2050, erkennen?

Eine Frage, der wir uns als Institut sehr stark widmen und die zugleich eines der reißerischsten Denkspiele darstellt, ist, ob Roboter in Zukunft unsere Arbeit ersetzen werden. Dies ist ein wunderbares Beispiel dafür, in die Vergangenheit zu blicken. Stichwort: Industrialisierung. Es sind immer schon Jobs verschwunden. Arbeitsschwund ist einfach ein konstanter Prozess der menschlichen Entwicklung. Unserer Ansicht nach ist es so, dass die redundanten Tätigkeiten, die von Robotern übernommen werden, menschliches Potenzial frei machen für Dinge, die Roboter nicht können.

Zum Beispiel?

Die zwischenmenschliche Pflege oder alle Berufe, die Empathie erfordern. Das Interessante daran ist, dass arbeitsmarktthematisch Punkte wie bedingungsloses Einkommen hier mit hineinfließen. Wir müssen uns bis 2050 garantiert damit auseinandersetzen, was Arbeit für uns eigentlich bedeutet. Die Startup-Kultur hat den Begriff Arbeit auch schon überarbeitet. Dort heißt es nicht, ich komme um neun Uhr ins Büro und fahre um 17 Uhr heim. Das ist ein altes, industrielles Mindset.

+++Im HR-Channel des brutkasten gibt es News und Beispiele zur Zukunft der Arbeit+++

Das heißt, die zukünftige Arbeit ist ein großes Thema der Trend- und Zukunftsforschung. Welcher Trend wird uns noch beschäftigen?

Eines meiner Hauptforschungsfelder ist die Generationsfrage. Ich bin da sehr optimistisch, etwa was das Jahr 2050 betrifft. Erstens ist der durchschnittliche Bildungsstandard so hoch wie noch nie. Zweitens haben wir unglaubliches menschliches Potenzial freigeschaufelt, indem wir Frauen in die Arbeits- und Bildungswelt geholt haben. Das ist erst 100 Jahre her und im Vergleich der Geschichte eine extrem kurze Zeit. Wenn wir noch mehr Potenzial freigeben, sehe ich eine gute Zukunft. Und keinen digitalen Weltuntergang, 3. Weltkrieg oder eine Terminator-Welt.


Zur Person

Tristan Horx entstammt einer Familie von Trend- und Zukunftsforschern. Sein Vater Matthias Horx, ehemaliger Journalist und Buchautor, entwickelt seit einem Vierteljahrhundert einen „ganzheitlichen oder humanistischen Futurismus“. Dabei werden Evolutionstheorie, Systemwissenschaften, kognitive Psychologie und Komplexitätstheorie für ein breiteres Verständnis der menschlichen Zukunft kombiniert. Medial geriet er in die Schlagzeilen, als er 2005 voraussagte, dass Facebook in fünf Jahren scheitern würde. Auf seiner Homepage hat er zu diesem „Facebook-Failure“ Stellung genommen. Die Quintessenz dabei: Er lag mit seiner „blauäugigen Fehlprognose“, wie er sie bezeichnet, gar nicht so falsch, sondern nur zeitlich völlig daneben. Sein Sohn Tristan, der die Zukunftsfeder fortführt, gilt als Digital Native und ist Mitarbeiter des Zukunftsinstituts. Der junge Autor von „Generation Global“ doziert zudem an der SRH Hochschule Heidelberg und ist Kurator von „Treffpunkt Zukunft“, einem Podcast für kritischen Zukunftsoptimismus.

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ready2order, Schweiz
(c) ready2order - Markus Bernhart und Arnold Blüml von ready2order.

Das Wiener Fintech ready2order hat sich seit 2015 auf die Entwicklung modularer Point-of-Sale- und Payment-Anwendungen für kleine Unternehmen spezialisiert und zählte im Vorjahr bereits über 10.000 Firmen in Deutschland und Österreich zu seinen Kunden. Nun aber wird die Kassensoftware des Fintechs auch gezielt in der Schweiz angeboten, um den Bedürfnissen von kleinen Unternehmen in Gastronomie, Einzelhandel und Dienstleistungssektor gerecht zu werden, wie es heißt.

ready2order: Schweiz als Ausgangspunkt

“Die Schweiz war für uns immer ein interessanter Markt”, erklärt ready2order CEO Markus Bernhart. “Trotz fehlendem Marketing haben wir bereits eine dreistellige Zahl an Kunden gewinnen können. Dies zeigt klar, dass es den Bedarf gibt und es ist für uns auch der richtige Zeitpunkt, unsere Präsenz im Markt auszubauen und unsere Kassenlösung offiziell anzubieten. Zudem sehen wir die Schweiz durch ihre Mehrsprachigkeit als perfekten Ausgangspunkt für eine Expansion in weitere europäische Länder.”

Zuchetti-Exit 2023

Eine wichtige Rolle bei der Expansion spielt die Unterstützung durch die Zucchetti-Gruppe, zu der ready2order seit Juli 2023 gehört – brutkasten berichete.

“Zucchetti ist bereits seit vielen Jahren mit der Kassensoftware TCPOS in der Schweiz vertreten und kennt den Markt sehr gut. Diese Erfahrung und das starke Partnernetzwerk vor Ort sind für uns von großem Vorteil”, so Bernhart weiter. Zudem würden sich durch die Synergien innerhalb der Gruppe zusätzliche Möglichkeiten eröffnen: „Als Zucchetti-Gruppe können wir verschiedene Kassensysteme für unterschiedliche Kundensegmente anbieten, was uns hilft, neue Marktchancen gemeinsam zu nutzen.”

ready2order: Zunächst nur Deutsch und Englisch

Zu Beginn wird sich ready2order auf die deutschsprachige Schweiz konzentrieren. “Unser Kassensystem unterstützt mehrere Sprachen, aber um den Markteintritt zu vereinfachen, setzen wir zunächst auf Deutsch und Englisch. Diese Region bietet uns operative Synergien, die den Start erleichtern”, erklärt Chief Growth Officer Arnold Blüml.

Die langfristigen Ziele von ready2order in der Schweiz sind für Blüml klar: “Als Innovationsführer möchten wir in den nächsten Jahren einen signifikanten Marktanteil erreichen”, sagt er. “Dabei spielt neben der Kundenzahl vor allem die Kundenzufriedenheit eine zentrale Rolle, die wir kontinuierlich messen werden.”

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