12.10.2015

Produktivere Startups: Die Lehren aus Groupon und Zalando

Zuckerbrot und Peitsche? Dass traditionelle Hierarchien den Unternehmenserfolg schmälern können, kann man mitunter in den Kennzahlen ablesen. Wir haben mit dem Unternehmer Julian Teicke und dem Berater Gerald Mitterer darüber geredet, warum Startups dringend über ihre Organisations-Struktur nachdenken sollten.
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Natürlich ist der Online-Händler Zalando erfolgreich. 2,2 Mrd. Euro Umsatz wurden im vergangenen Jahr von rund 9000 Mitarbeitern erwirtschaftet. Zappos, ein US-Onlinehändler, ist das Vorbild für das Erfolgskonzept – bei vielen Parallelen, gibt es aber bereits bei den Zahlen einen deutlichen Unterschied: Zappos erwirtschaftete 2014 mit nur 1500 Mitarbeitern 4,7 Mrd. Euro Umsatz. Der Schweizer Unternehmer Julian Teicke hat eine Erklärung für diesen massiven Unterschied im Verhältnis von Mitarbeiterzahl zu Umsatz: „Bei Zappos wird seit 15 Jahren in erster Linie an der Unternehmenskultur gearbeitet“, sagt Teicke im Gespräch mit dem „Brutkasten“. Tatsächlich ist Zappos-Gründer Tony Hsieh für seinen mehr als unkonventionellen Führungsstil bekannt. Auf offiziellen Firmenfotos zeigt sich der „Glücksforscher“ während eines Haarschnitts im privaten Umfeld – niemand soll sich verstellen müssen, so seine Devise. Das gilt auch in vollem Umfang für die Mitarbeiter, die in jedem Kostüm oder sogar im Pyjama willkommen sind, solange sie dann gerne ins Büro gehen. Der Fachbegriff dafür ist „Wholeness“ und entstammt aus der jungen Organisationslehre Holacracy. Wholeness ist laut Teicke eines der ganz zentralen Elemente, die zu produktiveren Firmen mit glücklicheren Mitarbeitern führen sollen.

Gemeinsam heulen bei Groupon

(c) Julian Teicke
(c) Julian Teicke

Bevor Teicke 2010 sein erstes eigenes Unternehmen gründete, arbeitete er bei dem Couponing-Riesen Groupon in Großbritannien, der damals von dem deutschen Unternehmer und Investor Oliver Samwer geleitet wurde. Die Samwer-Brüder sind bekannt für rasantes Wachstum und hoch gesteckte Ziele: „Wir haben damals binnen weniger Monate von 20 auf mehr als 900 Mitarbeiter hochskaliert“, erinnert sich Teicke. Er habe enorm viel gelernt, der Erfolg hatte aber auch Schattenseiten. „Da gab es eine Heul-Ecke im Treppenhaus – da hat eigentlich immer jemand geheult“, so der heute 29-Jährige. Wirklich geheult? „Ja, wirklich geheult. Manchmal trafen sich auch Leute, um gemeinsam zu heulen“.

2012 haben die Arbeitsbedingungen bei Groupon medial hohe Wellen geschlagen: Massenentlassungen, unerreichbare Zielvorgaben, falsche Versprechungen, Ausbeutung, die bereits in der Bewerbungsphase beginnt und Wutausbrüche Oliver Samwers sind nur einige der damaligen Vorwürfe. „Es kam oft zu Situationen, die einfach nicht schön sind“, erzählt Teicke und gibt ein Beispiel: „Ich war für den Rollout von Groupon in Dänemark zuständig. Wir waren gerade einmal zwei Wochen live und haben unsere Ziele nicht erreicht. Es wurde ein Management-Meeting einberufen, in dem nach den zwei am schlechtesten performenden Leuten in Dänemark gesucht wurde. Ich habe die Namen genannt und hätte dann vor allen Leuten die beiden Mitarbeiter anrufen und sie entlassen sollen. Ich habe mich natürlich geweigert und das nicht gemacht. Unter einer solchen Kultur leidet letztlich die Lebensqualität jedes einzelnen“.

Die Gefahren eines alleinigen Machthabers

Kann man mit unglücklichen Mitarbeitern also ein erfolgreiches Geschäft aufbauen? „Ja, weil einfach wahnsinnig schlaue Menschen die Fäden in der Hand haben und die Leute unter sich verwenden wie verlängerte Arme“, meint Teicke. „Dabei geht allerdings viel Potenzial der Leute darunter verloren“. Joël Kaczmarek unterstellt in seinem Buch „Die Paten des Internet“ Oliver Samwer perfide Manipulation und psychologische Tricks, mit denen Mitarbeiter bis an ihre Leistungsgrenzen geführt wurden, um hoch gesteckte Ziele zu erreichen. Wie kein Zweiter verstehe er es, andere von sich abhängig zu machen. Wutausbrüchen in der Büro-Öffentlichkeit stünden Lob und Motivation im persönlichen Gespräch gegenüber – viele Mitarbeiter, vor allem im Management, ertragen einiges, besteht auch nur eine kleine Chance den Chef zu beeindrucken.

„In traditionellen Hierarchien ist es enorm schwierig, das Potenzial des Einzelnen zu nutzen, weil ich in einem Netz von Abhängigkeiten drinstecke. Damit orientieren sich die Menschen an den Dingen, die die Karriere befördern“, meint Gerald Mitterer, Mit-Gründer des Unternehmensberaters „dwarfs and Giants“. Moderne Firmen seien allerdings so komplex, dass es fahrlässig sei, sich nur auf die Entscheidungen eines Machthabers zu verlassen. „Das ist ungefähr so, als würde man in ein Flugzeug steigen, 70 Instrumente sehen, um das Flugzeug gut zu fliegen, aber nur den Höhenmesser verwenden“, meint Mitterer.

Kleine Änderungen – große Wirkung

„Meine erste eigene Firma habe ich anfangs mit denselben Methoden aufgebaut – dem klassischen ‚command and controll‘“, erzählt Teicke weiter. Dass etwas nicht stimmt, fiel dem Gründer auf, als er sich die Kundenzufriedenheitsdaten ansah. „Im Kundendienst kamen die Leute jeden Tag bereits in der Früh mit hängenden Schultern. Die waren der Mülleimer der Firma“. Die Lösung: Die Mitarbeiter des Kundendienstes sollten ihre Erfahrungen in alle anderen Abteilungen tragen und in der gesamten Firma die „Stimme der Kunden“ sein. Das Ergebnis: DeinDeal wurde eines der kundenfreundlichsten Unternehmen der Schweiz. Eine kleine Änderung in der Organisationsstruktur mit großem Effekt.

Lesen Sie in den nächsten Tagen auf derBrutkasten.com: Wie kann man mit einer modernen Organisations-Struktur ein Umfeld für produktivere Mitarbeiter schaffen?


Oft fällt es den jungen Unternehmen in der Wachstumsphase schwer, Ordnung in die Struktur zu bringen und die wachsende Anzahl von Mitarbeitern zu organisieren. Beim OrgDesign Lab am 18.11.2015 wird Gründern dabei geholfen, diese Hürde zu bewältigen. Interessierte Entrepreneure können sich ab sofort bewerben.

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11.04.2025

Wie der Business-Lunch zum Networking-Booster wird

Kolumne. Wiener Schnitzel, Fish & Chips oder Dim Sum? Netzwerk-Expertin Catharina Rieder erklärt uns, was wir vom Business-Lunch in Wien, London, New York und Shanghai für das Netzwerken lernen können.
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Netzwerkexpertin Catharina Rieder | © Ines Thomsen

Business-Netzwerken ist mehr als nur Kontakte sammeln – es ist ein Beziehungsaufbau-Prozess, der mitunter auch einige Jahre dauern kann. Und selten zeigt sich so deutlich die unterschiedliche, kulturelle Art und Weise beim Netzwerken wie beim Business-Lunch. Während in Wien der „etwas grantige Herr Ober“ fast schon zur Erfahrung dazugehört, geht man in den USA direkt in medias res – und in China entscheidet oft die Hierarchie, wer zuerst spricht (oder isst).

Ich habe in den letzten Jahren viele unterschiedliche Netzwerk-Treffen beim Essen erlebt – manche inspirierend, manche lehrreich, andere einfach nur gut fürs Karma. Was sie alle gemeinsam hatten: Sie waren nie „nur“ Mittagessen.

Dieser Artikel ist eine Einladung, beim Netzwerken über den Tellerrand zu schauen – im wahrsten Sinne des Wortes.

Österreich: Zwischen Höflichkeit, Charme und strukturiertem Miteinander

In Wien ist der Business-Lunch eine stilsichere Angelegenheit – irgendwo zwischen verbindlich und gemütlich. Oft trifft man sich in traditionellen Gaststätten oder Kaffeehäusern wie dem Landtmann, Café Central oder Diglas. Und ja: Das Klischee des leicht mürrischen Oberkellners erfüllt sich erstaunlich oft. Aber das gehört hier fast schon zum Wiener Charme.

Ich reserviere frühzeitig, bitte explizit um einen ruhigen Platz (Stichwort: nicht mitten im Lokal) und bin selbst immer einige Minuten früher da. Wenn man sich noch nie gesehen hat, reserviere ich unter meinem vollen Namen – das erspart den peinlichen „Wo sitzt sie denn?“-Moment. Und ja: Ich frage vorab nach kulinarischen Vorlieben und gebe zwei bis drei Restaurantvorschläge zur Auswahl. Lieber einen Schritt mehr – aber dafür ein echtes Willkommensgefühl. Bei mir steht die zwischenmenschliche Wertschätzung ganz oben.

Auch organisatorisch ist Vorbereitung Gold wert: Ich überprüfe jede Reservierung doppelt, bitte um schriftliche Bestätigung oder nutze Tools mit sofortiger Online-Bestätigung. Denn: Kein Tisch beim Eintreffen ist ein echter Networking-Killer.

Inhaltlich gilt: Small Talk ja, aber fundierte Vorbereitung ist Pflicht. Ich informiere mich über mein Gegenüber – keine Basics wie „Was machen Sie eigentlich genau?“ oder gar falsche Namensnennung. Und wenn man etwas verspricht – etwa ein bestimmtes Dokument, eine Kontaktempfehlung oder einen Link – dann schicke ich das auch später verlässlich nach! Ich setze mir dafür einen Reminder direkt nach dem Gespräch. Denn nach dem Espresso ist vor dem nächsten Zoom-Call – und was vergessen wurde, wirkt schnell nachlässig.

Wie habe ich nun die Kombination Netzwerken und Business-Lunch zwischen Ost und West bzw. Nord und Süd erlebt?

Großbritannien: „Let’s do lunch“ – höflich, präzise, dezent

Der britische Lunch ist effizient, aber freundlich. Small Talk über das Wetter, Kultur oder Sport ist fixer Bestandteil, bevor es zum Geschäftlichen geht – das geschieht jedoch meist ohne Umschweife, aber stets mit einem Schuss Understatement.

Die Rechnung? Wird vom Einladenden diskret übernommen – kein großes Thema. Alkohol ist möglich (ein Glas Wein oder ein Pint), aber in Maßen.

Spanien: Beziehung geht vor Business

In Spanien ist der Lunch ein soziales Ritual. Es wird für unsere Verhältnisse spät gegessen (ab 14:00 Uhr), lange geredet, viel gelacht – und oft erst gegen Ende übers Business gesprochen. Vertrauen wird über Zeit und Nähe aufgebaut. Persönliche Gespräche gehören dazu – Familie, Werte, Politik. Ein kurzer, nüchterner Business-Lunch wäre hier fast schon unhöflich.

Schweden: Struktur & Augenhöhe

Pünktlich, sachlich, respektvoll. Der schwedische Business-Lunch ist effizient organisiert – oft als Buffet oder leichter Lunch (sehr oft mit Sandwiches in alle Varianten). Geschäftliches wird direkt besprochen, aber in ruhigem Ton. Small Talk ist minimal. Auffällig: Schweigen ist okay – und oft ein Zeichen von Reflexion. Und: Hierarchie wird kaum betont – man spricht auf Augenhöhe.

USA: Direkt, dynamisch, zielorientiert

Time is money – das spürt man beim Business-Lunch in den USA sofort. Nach einem kurzen Small Talk – zumeist für uns auf eine fast übertrieben freundschaftliche Art, selbst wenn man sich kaum kennt – wird meist schnell zum Geschäftlichen übergegangen. Lunch-Termine sind eher kurz (45–60 Minuten) und dienen oft als Entscheidungshilfe. Trinkgeld ist Pflicht, Bezahlung unkompliziert – geteilt oder vom Gastgeber übernommen, beides ist möglich.

China: Respekt, Ritual & Rangordnung

Business-Lunches in China folgen klaren sozialen Regeln. Wer wo sitzt, wer zuerst bedient wird, wer beim Anstoßen das Glas höher hält – all das zeigt Respekt und Rangverständnis. Gespräche beginnen persönlich, Geschäftliches wird oft indirekt und diplomatisch angesprochen. Die Einladung ist meist großzügig, oft opulent – und als Geste der Beziehungspflege zu verstehen. Gastgeschenke gehören in China zum guten Ton, denn alles andere wäre unhöflich. Und es müssen stets Reste von den Speisen am Tisch bleiben: ein leerer Tisch wird als „geizig“ gedeutet und lässt vermuten, dass die Gäste nicht satt wurden.

Vereinigte Arabische Emirate: Gastfreundschaft als Business-Prinzip

Essen ist hier ein Ausdruck von Ehre und Verbindung. Alkohol ist tabu, Schweinefleisch ebenso. Gespräche sind höflich, aber nicht forsch. Persönliche Beziehungen stehen klar vor Business-Themen. Der Lunch dient dem Aufbau von Vertrauen – wer zu schnell zum Punkt kommt, wirkt ungeduldig oder gar respektlos. Sonst gehen Türen zu noch bevor sie halb offen waren. Geduld ist hier eine Business-Währung.


Checkliste für den Business-Lunch

Zusammenfassend möchte ich aus meiner persönliche Erfahrung hier einige praktische Tipps für den nächsten Business Lunch geben:

  1. Organisation & Setting
  • Frühzeitig reservieren und um einen ruhigen Platz bitten.
  • Vorab die kulinarischen Vorlieben klären und dann einige Restaurantoptionen zur Auswahl anbieten
  • Reservierung immer doppelt überprüfen
  • Immer einige Minuten vor dem Gast da sein
  • Unter vollständigem Namen reservieren – bei „Blind-Date-Meetings“ hilft das enorm
  1. Angemessene Kleiderwahl
  • Ich würde Kleidung wählen, die dem Anlass, dem kulturellen Kontext und dem Ort entspricht
  • In formelleren Settings ist Business Chic angebracht, in kreativeren Branchen darf es etwas lockerer sein – aber immer gepflegt
  • Achte darauf, dass Äußerlichkeiten nicht vom Gespräch ablenken, sondern stets die Professionalität unterstreichen
  1. Auswahl der Speisen
  • Gerichte auswählen, welche leicht zu essen sind und keine Ablenkung verursachen
  • Fingerfood, stark riechende Speisen oder „Klecker-Kandidaten“ lieber vermeiden
  • Essgewohnheiten oder Einschränkungen des Gegenübers berücksichtigen (z. B. vegetarisch, vegan, keine Meeresfrüchte etc.)
  • Auf Speisen verzichten, bei denen man ununterbrochen schneiden, pulen oder auslöffeln muss – das Gespräch sollte im Vordergrund stehen
  1. Höflichkeit gegenüber dem Servicepersonal
  • Der Umgang mit dem Personal sagt viel über jemanden aus – Freundlichkeit, Blickkontakt und ein einfaches „Danke“ machen tatsächlichen einen Unterschied
  • Gern auch das Personal höflich ansprechen – mit Titel oder Nachnamen, wenn angebracht
  • Auch im Stress oder bei kleinen Missverständnissen: Geduld und Respekt bleiben oberstes Gebot
  1. Vorbereitung als Basis
  • Gut auf das Gegenüber vorbereitet sein
  • Keine banalen Informationen erfragen, die man online hätte nachlesen können
  • Namen korrekt aussprechen – klingt selbstverständlich, ist es aber nicht immer (leider selber erlebt)
  1. Small Talk & Gesprächsthemen
  • Besser mit unverfänglichen Themen starten wie Wetter, Kulinarik, Reiseerlebnissen oder aktuellen Events
  • Heikle Themen sollten vermieden werden (Religion, Politik, Gehalt) – außer es ergibt sich im freundlichen Rahmen oder man ist gut bekannt
  • Immer immer immer echtes Interesse zeigen und aktiv hin-hören – Small Talk ist beim Netzwerken kein Lückenfüller, sondern Beziehungsarbeit
  • Übergang ins Geschäftliche sollte sensibel und natürlich passieren, z. B. nach dem Hauptgang oder mit einem Bezug zum vorherigen Thema
  1. Bezahlung & Compliance
  • Früher: Wer einlädt, zahlt – heute: Regeln prüfen
  • Vorab klären, ob Einladung akzeptiert werden darf und bis zu welcher Höhe (Stichwort Compliance)
  • Keine großen Gesten nötig – Diskretion zählt mehr
  1. Follow-up & Nachbereitung
  • Versprochene Informationen nach dem Lunch zeitnah senden
  • Notizen oder Kalender-Reminder nutzen, um nichts zu vergessen
  • Anschließend schriftlich bedanken – kleine Geste, große Wirkung

Fazit: Der Business-Lunch ist mehr als nur ein Essen

Ob im Wiener Kaffeehaus, im Londoner Pub oder in der Rooftop-Lounge in Shanghai – gemeinsames Essen ist ein Türöffner. Doch der Schlüssel liegt im Detail: kulturelles Feingefühl, gute Vorbereitung und echte Aufmerksamkeit sind dabei Grundvoraussetzung für nachhaltigen Netzwerkaufbau.

Wer sich darauf einlässt, wird merken: Der beste Networking-Effekt liegt oft nicht in der Präsentation, sondern in der Pause zwischen Hauptgang und Dessert.


Über die Autorin

Catharina Rieder verfügt über 25 Jahre Erfahrung in der Kommunikationsbranche – unter anderem auch als PR & Communications Director in einem globalen Konzern. In dieser Zeit war ihr Netzwerk ihr ständiger Business-Begleiter. Über die Plattform einfach.netzwerken teilt sie ihr Wissen mit Menschen aus unterschiedlichsten Branchen und Bereichen. Neben einem Netzwerk-Buddy Programm und einem Netzwerk-Starter-Training bietet sie zudem einen Netzwerk-Guide inklusive Selbst Check an. Zudem produziert Rieder einen Business-Podcast rund um das Thema Netzwerken namens NETZWERK-ZIRKEL. Bist du bereit, das volle Potenzial deines Netzwerks zu entfalten? Catharina Rieder freut sich mit dir in Kontakt zu treten!

11.04.2025

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Ich habe in den letzten Jahren viele unterschiedliche Netzwerk-Treffen beim Essen erlebt – manche inspirierend, manche lehrreich, andere einfach nur gut fürs Karma. Was sie alle gemeinsam hatten: Sie waren nie „nur“ Mittagessen.

Dieser Artikel ist eine Einladung, beim Netzwerken über den Tellerrand zu schauen – im wahrsten Sinne des Wortes.

Österreich: Zwischen Höflichkeit, Charme und strukturiertem Miteinander

In Wien ist der Business-Lunch eine stilsichere Angelegenheit – irgendwo zwischen verbindlich und gemütlich. Oft trifft man sich in traditionellen Gaststätten oder Kaffeehäusern wie dem Landtmann, Café Central oder Diglas. Und ja: Das Klischee des leicht mürrischen Oberkellners erfüllt sich erstaunlich oft. Aber das gehört hier fast schon zum Wiener Charme.

Ich reserviere frühzeitig, bitte explizit um einen ruhigen Platz (Stichwort: nicht mitten im Lokal) und bin selbst immer einige Minuten früher da. Wenn man sich noch nie gesehen hat, reserviere ich unter meinem vollen Namen – das erspart den peinlichen „Wo sitzt sie denn?“-Moment. Und ja: Ich frage vorab nach kulinarischen Vorlieben und gebe zwei bis drei Restaurantvorschläge zur Auswahl. Lieber einen Schritt mehr – aber dafür ein echtes Willkommensgefühl. Bei mir steht die zwischenmenschliche Wertschätzung ganz oben.

Auch organisatorisch ist Vorbereitung Gold wert: Ich überprüfe jede Reservierung doppelt, bitte um schriftliche Bestätigung oder nutze Tools mit sofortiger Online-Bestätigung. Denn: Kein Tisch beim Eintreffen ist ein echter Networking-Killer.

Inhaltlich gilt: Small Talk ja, aber fundierte Vorbereitung ist Pflicht. Ich informiere mich über mein Gegenüber – keine Basics wie „Was machen Sie eigentlich genau?“ oder gar falsche Namensnennung. Und wenn man etwas verspricht – etwa ein bestimmtes Dokument, eine Kontaktempfehlung oder einen Link – dann schicke ich das auch später verlässlich nach! Ich setze mir dafür einen Reminder direkt nach dem Gespräch. Denn nach dem Espresso ist vor dem nächsten Zoom-Call – und was vergessen wurde, wirkt schnell nachlässig.

Wie habe ich nun die Kombination Netzwerken und Business-Lunch zwischen Ost und West bzw. Nord und Süd erlebt?

Großbritannien: „Let’s do lunch“ – höflich, präzise, dezent

Der britische Lunch ist effizient, aber freundlich. Small Talk über das Wetter, Kultur oder Sport ist fixer Bestandteil, bevor es zum Geschäftlichen geht – das geschieht jedoch meist ohne Umschweife, aber stets mit einem Schuss Understatement.

Die Rechnung? Wird vom Einladenden diskret übernommen – kein großes Thema. Alkohol ist möglich (ein Glas Wein oder ein Pint), aber in Maßen.

Spanien: Beziehung geht vor Business

In Spanien ist der Lunch ein soziales Ritual. Es wird für unsere Verhältnisse spät gegessen (ab 14:00 Uhr), lange geredet, viel gelacht – und oft erst gegen Ende übers Business gesprochen. Vertrauen wird über Zeit und Nähe aufgebaut. Persönliche Gespräche gehören dazu – Familie, Werte, Politik. Ein kurzer, nüchterner Business-Lunch wäre hier fast schon unhöflich.

Schweden: Struktur & Augenhöhe

Pünktlich, sachlich, respektvoll. Der schwedische Business-Lunch ist effizient organisiert – oft als Buffet oder leichter Lunch (sehr oft mit Sandwiches in alle Varianten). Geschäftliches wird direkt besprochen, aber in ruhigem Ton. Small Talk ist minimal. Auffällig: Schweigen ist okay – und oft ein Zeichen von Reflexion. Und: Hierarchie wird kaum betont – man spricht auf Augenhöhe.

USA: Direkt, dynamisch, zielorientiert

Time is money – das spürt man beim Business-Lunch in den USA sofort. Nach einem kurzen Small Talk – zumeist für uns auf eine fast übertrieben freundschaftliche Art, selbst wenn man sich kaum kennt – wird meist schnell zum Geschäftlichen übergegangen. Lunch-Termine sind eher kurz (45–60 Minuten) und dienen oft als Entscheidungshilfe. Trinkgeld ist Pflicht, Bezahlung unkompliziert – geteilt oder vom Gastgeber übernommen, beides ist möglich.

China: Respekt, Ritual & Rangordnung

Business-Lunches in China folgen klaren sozialen Regeln. Wer wo sitzt, wer zuerst bedient wird, wer beim Anstoßen das Glas höher hält – all das zeigt Respekt und Rangverständnis. Gespräche beginnen persönlich, Geschäftliches wird oft indirekt und diplomatisch angesprochen. Die Einladung ist meist großzügig, oft opulent – und als Geste der Beziehungspflege zu verstehen. Gastgeschenke gehören in China zum guten Ton, denn alles andere wäre unhöflich. Und es müssen stets Reste von den Speisen am Tisch bleiben: ein leerer Tisch wird als „geizig“ gedeutet und lässt vermuten, dass die Gäste nicht satt wurden.

Vereinigte Arabische Emirate: Gastfreundschaft als Business-Prinzip

Essen ist hier ein Ausdruck von Ehre und Verbindung. Alkohol ist tabu, Schweinefleisch ebenso. Gespräche sind höflich, aber nicht forsch. Persönliche Beziehungen stehen klar vor Business-Themen. Der Lunch dient dem Aufbau von Vertrauen – wer zu schnell zum Punkt kommt, wirkt ungeduldig oder gar respektlos. Sonst gehen Türen zu noch bevor sie halb offen waren. Geduld ist hier eine Business-Währung.


Checkliste für den Business-Lunch

Zusammenfassend möchte ich aus meiner persönliche Erfahrung hier einige praktische Tipps für den nächsten Business Lunch geben:

  1. Organisation & Setting
  • Frühzeitig reservieren und um einen ruhigen Platz bitten.
  • Vorab die kulinarischen Vorlieben klären und dann einige Restaurantoptionen zur Auswahl anbieten
  • Reservierung immer doppelt überprüfen
  • Immer einige Minuten vor dem Gast da sein
  • Unter vollständigem Namen reservieren – bei „Blind-Date-Meetings“ hilft das enorm
  1. Angemessene Kleiderwahl
  • Ich würde Kleidung wählen, die dem Anlass, dem kulturellen Kontext und dem Ort entspricht
  • In formelleren Settings ist Business Chic angebracht, in kreativeren Branchen darf es etwas lockerer sein – aber immer gepflegt
  • Achte darauf, dass Äußerlichkeiten nicht vom Gespräch ablenken, sondern stets die Professionalität unterstreichen
  1. Auswahl der Speisen
  • Gerichte auswählen, welche leicht zu essen sind und keine Ablenkung verursachen
  • Fingerfood, stark riechende Speisen oder „Klecker-Kandidaten“ lieber vermeiden
  • Essgewohnheiten oder Einschränkungen des Gegenübers berücksichtigen (z. B. vegetarisch, vegan, keine Meeresfrüchte etc.)
  • Auf Speisen verzichten, bei denen man ununterbrochen schneiden, pulen oder auslöffeln muss – das Gespräch sollte im Vordergrund stehen
  1. Höflichkeit gegenüber dem Servicepersonal
  • Der Umgang mit dem Personal sagt viel über jemanden aus – Freundlichkeit, Blickkontakt und ein einfaches „Danke“ machen tatsächlichen einen Unterschied
  • Gern auch das Personal höflich ansprechen – mit Titel oder Nachnamen, wenn angebracht
  • Auch im Stress oder bei kleinen Missverständnissen: Geduld und Respekt bleiben oberstes Gebot
  1. Vorbereitung als Basis
  • Gut auf das Gegenüber vorbereitet sein
  • Keine banalen Informationen erfragen, die man online hätte nachlesen können
  • Namen korrekt aussprechen – klingt selbstverständlich, ist es aber nicht immer (leider selber erlebt)
  1. Small Talk & Gesprächsthemen
  • Besser mit unverfänglichen Themen starten wie Wetter, Kulinarik, Reiseerlebnissen oder aktuellen Events
  • Heikle Themen sollten vermieden werden (Religion, Politik, Gehalt) – außer es ergibt sich im freundlichen Rahmen oder man ist gut bekannt
  • Immer immer immer echtes Interesse zeigen und aktiv hin-hören – Small Talk ist beim Netzwerken kein Lückenfüller, sondern Beziehungsarbeit
  • Übergang ins Geschäftliche sollte sensibel und natürlich passieren, z. B. nach dem Hauptgang oder mit einem Bezug zum vorherigen Thema
  1. Bezahlung & Compliance
  • Früher: Wer einlädt, zahlt – heute: Regeln prüfen
  • Vorab klären, ob Einladung akzeptiert werden darf und bis zu welcher Höhe (Stichwort Compliance)
  • Keine großen Gesten nötig – Diskretion zählt mehr
  1. Follow-up & Nachbereitung
  • Versprochene Informationen nach dem Lunch zeitnah senden
  • Notizen oder Kalender-Reminder nutzen, um nichts zu vergessen
  • Anschließend schriftlich bedanken – kleine Geste, große Wirkung

Fazit: Der Business-Lunch ist mehr als nur ein Essen

Ob im Wiener Kaffeehaus, im Londoner Pub oder in der Rooftop-Lounge in Shanghai – gemeinsames Essen ist ein Türöffner. Doch der Schlüssel liegt im Detail: kulturelles Feingefühl, gute Vorbereitung und echte Aufmerksamkeit sind dabei Grundvoraussetzung für nachhaltigen Netzwerkaufbau.

Wer sich darauf einlässt, wird merken: Der beste Networking-Effekt liegt oft nicht in der Präsentation, sondern in der Pause zwischen Hauptgang und Dessert.


Über die Autorin

Catharina Rieder verfügt über 25 Jahre Erfahrung in der Kommunikationsbranche – unter anderem auch als PR & Communications Director in einem globalen Konzern. In dieser Zeit war ihr Netzwerk ihr ständiger Business-Begleiter. Über die Plattform einfach.netzwerken teilt sie ihr Wissen mit Menschen aus unterschiedlichsten Branchen und Bereichen. Neben einem Netzwerk-Buddy Programm und einem Netzwerk-Starter-Training bietet sie zudem einen Netzwerk-Guide inklusive Selbst Check an. Zudem produziert Rieder einen Business-Podcast rund um das Thema Netzwerken namens NETZWERK-ZIRKEL. Bist du bereit, das volle Potenzial deines Netzwerks zu entfalten? Catharina Rieder freut sich mit dir in Kontakt zu treten!

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