12.09.2023

Pretty in Space : Österreichischer Mini-Klimasatellit startet im Oktober ins All

Am 4. Oktober fliegt ein in Österreich gebauter und von Beyond Gravity Austria als Hauptauftragnehmer gemeinsam mit der TU Graz entwickelter Klimaforschungssatellit namens Pretty in den Weltraum.
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Pretty, Satellit Österreich, Klimasatellit.
(c) BMK/Perwein - Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (r.) besuchte im April 2022 die Weltraumelektronikproduktion in einem Reinraum von Beyond Gravity Austria.

Voraussichtlich am 4. Oktober startet der österreichische Nanosatellit Pretty (Passive REflectomeTry and dosimeTrY) an Bord einer Vega-Rakete vom europäischen Weltraumbahnhof im südamerikanischen Kourou ins All. Als Teil der weltweiten Umwelt- und Wetterbeobachtung der ESA soll er den Klimawandel erforschen und zur Nachhaltigkeit im Weltraum beitragen. Entwickelt wurde der Satellit von Beyond Gravity Austria gemeinsam mit der TU-Graz sowie der Seibersdorf Labor GmbH für die ESA.

Pretty und die Eisdecke

Als besondere Technologie gilt das Pretty-Hauptinstrument, ein von Beyond Gravity entwickeltes Reflektometer. Es bestimmt Eisbedeckungen auf der Erdoberfläche sowie die exakte Höhe der Meeresspiegel und die Intensität von Meereswellen.

Von der Seibersdorf Labor GmbH stammt das zweite Instrument, ein Strahlungsdetektor. Dieser misst die Weltraumstrahlung und beurteilt die Effekte auf die Elektronik des Satelliten und trägt mit den daraus gewonnenen Erkenntnissen zur Nachhaltigkeit von Weltraummissionen bei. Beide Instrumente werden dabei gänzlich neue Messverfahren anwenden.

Pretty, Satellit
(c) TU Graz – Der Klimabeobachtungssatellit Pretty wird der fünfte österreichische Satellit im All sein, hier mit ausgeklappten Solarpanelen.

“Kleinsatelliten sind ein wichtiges Element, um die Weltraumforschung entscheidend voranzubringen. Mit Kleinsatelliten eröffnen sich viele Möglichkeiten, neue Weltraumtechnologien rasch und kostengünstig auszuprobieren”, sagt Andreas Geisler, Leiter der Agentur für Luft- und Raumfahrt der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG). “Aus diesem Grund haben wir mit der ESA eine Ausschreibung und technische Betreuung der Satellitenentwicklung konzipiert, die genau auf die österreichischen Bedürfnisse zugeschnitten ist.”

Fünfter Weltall-Satellit aus Österreich

Der Nanosatellit Pretty wird der fünfte Satellit “Made in Austria” im Weltall sein und ist bereits der dritte Nanosatellit aus den Laboren der TU-Graz, die auch die Bodenstation der Satellitenmission betreibt. Die anderen waren: Tusgsat-1 der Technischen Universität Graz, UniBRITE der Universität Wien, Pegasus der FH Wiener Neustadt und der OPS-SAT.

“Die Analyse des Klimawandels und wie wir dessen Herausforderungen begegnen, sind zentrale Forschungsthemen der TU-Graz. Der Satellit Pretty wird hierfür einen wichtigen Beitrag leisten. Mit den anspruchsvollen wissenschaftlichen und technologischen Herausforderungen von Satellitenmissionen ist die TU-Graz bestens vertraut. Mit Tugsat-1 und OPS-SAT konnten wir mit der Konstruktion und Produktion von Satelliten sowie deren Überwachung von der Erde aus über viele Jahre Erfahrung sammeln”, sagt Harald Kainz, Rektor der TU-Graz.

Pretty in 600 Kilometer Höhe

Pretty ist ein Nanosatellit aus drei Würfeln von jeweils zehn mal zehn mal zehn Zentimetern. Er ist eine “In-Orbit-Demonstrator-Mission” der ESA und wird die Erde in einer polaren Umlaufbahn in rund 600 Kilometern Höhe umkreisen. Entwickelt und gebaut wurde der Klimasatellit vollständig in Österreich.

“Zum ersten Mal hatten wir die Gesamtverantwortung für eine gesamte Raumfahrtmission, ein Ritterschlag für jedes Weltraumunternehmen”, so Kurt Kober, Geschäftsführer von Beyond Gravity Austria (ehemals RUAG Space).

“Das Hauptinstrument zur sogenannten passiven Reflektometrie erlaubt besonders genaue Höhenmessungen bis in den Dezimeter- und Zentimeterbereich”, sagt Projektleiter Walter Hörmanseder von Beyond Gravity. Und Andreas Dielacher, der zuständige Systemingenieur bei Beyond Gravity, ergänzt: “Die interferometrische Methode wird erstmalig im All angewandt. Dabei werden empfangene Signale der EU-Navigationssatelliten Galileo und der US-Navigationssatelliten GPS verwendet, um sie mit an der Erdoberfläche reflektierten Signalen zu korrelieren. Daraus lassen sich unter anderem die Höhe von Wellen und Eiskappen bestimmen, aber auch Windgeschwindigkeiten oder Bodenfeuchte. Die gewonnenen Daten werden von einem internationalen Wissenschaftsteam ausgewertet, das auf diese dringend wartet.“

Dabei werden die Daten der Öffentlichkeit frei zur Verfügung gestellt.

Seibersdorf Laboratories für Strahlung zuständig

Das Involvement von Seibersdorf Laboratories bei diesem Projekt betrifft vor allem die Herausforderungen, denen Satelliten im All ausgesetzt sind.

“Weltraumwetterereignisse, wie beispielsweise Sonnenstürme, haben Auswirkungen auf den Flugverkehr, Kommunikations- und Navigationssysteme, sowie auf die Stromversorgung auf unserer Erde und können Satelliten und Astronauten im All gefährden“, sagt Peter Beck, Leiter Strahlenschutz, Weltraumwetter und Strahlungsfestigkeit des Seibersdorfer Unternehmens. “Daher sind Prüfungen bezüglich Strahlungsfestigkeit von Satellitenkomponenten essenziell für die Zuverlässigkeit und Nachhaltigkeit von Weltraummissionen.”

Das im Bezirk Baden angesiedelte Team stellt der internationalen Weltraumindustrie Prüfungen auf Strahlungsfestigkeit als kommerziellen Service zur Verfügung.

Pretty kann auch Sonnenaktivität messen

Satdos indes, das zweite Instrument von Pretty, soll mithilfe von mehreren Strahlungssensoren Erkenntnisse zu Sonnenaktivität und Weltraumwetter liefern. Die entwickelte Satdos Referenzdosimeter-Plattform misst den Einfluss der Strahlungsumgebung im Weltall auf Elektronikbauteile, wie sie vielfach in allen modernen Geräten und natürlich auch in Satelliten zum Einsatz kommen.

“Die gemessenen Strahlungseffekte erlauben Rückschlüsse auf das aktuell vorherrschende Weltraumwetter und die Zuverlässigkeit von Elektronik in Satelliten”, erklärt Christoph Tscherne, Experte für Strahlungsfestigkeit und Projektleiter für Pretty bei Seibersdorf Laboratories, „damit trägt die Referenzdosimetrie-Plattform Satdos zur Nachhaltigkeit von Weltraummissionen bei.”

Auch Weltraumministerin Leonore Gewessler setzt Hoffnungen in den Klimasatelliten: “Das Schmelzen von Eisflächen und der Anstieg der Meeresspiegel zählen zu den sichtbarsten Beispielen für die Ausprägung der Klimakrise. Mit dem österreichischen Klimasatelliten Pretty haben wir dafür eine neue und genauere Messmethode aus dem All. Die Daten werden der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Die Erkenntnisse aus der Mission tragen so zur Nachhaltigkeit auf der Erde und im Weltraum bei.”

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Lanbiotic, Neurodermitis
(c) Oliver Wolf - Patrick Hart und Katrin Susanna Wallner von Lanbiotic.

Das Grazer Startup Lanbiotic stellt medizinische Hautpflege-Produkte mit lebensfähigen Bakterien speziell für die von Neurodermitis geplagte Haut her. Dabei verwenden die beiden Gründer:innen Patrick Hart und Katrin Wallner den zum Patent angemeldeten Bakterienstamm “Lactococcus Lanbioticus“.

Lanbiotic: “Skalierung als neue Normalität”

“Mit unseren probiotischen Hautanwendungen bringen wir gesundheitsfördernde Bakterien direkt auf die Haut, um die natürliche Balance des Hautmikrobioms wiederherzustellen und Hautprobleme gezielt an der Ursache zu bekämpfen”, erklärt Wallner.

Das letzte Jahr fühlte sich für die Gründerin an, als sei ein Traum nicht nur wahr, sondern sogar übertroffen worden. Andererseits sei es eine “neue Normalität” an der Skalierung des Unternehmens zu arbeiten.

“Wir haben weitere Produkte mit unserem einzigartigen Bakterienstamm ‘Lactococcus Lanbioticus’ entwickelt, um umfassender auf die Bedürfnisse von Menschen mit zu Neurodermitis neigender Haut eingehen zu können. Neu hinzugekommen sind Flora Bath und Flora Sun”, erklärt Wallner.

Flora Bath ist ein spezieller Badezusatz, der für Menschen entwickelt wurde, die großflächig oder an der Kopfhaut von Ekzemen betroffen sind – ein Bereich, in dem Pflegecremen oft an die Grenzen ihrer Praktikabilität stoßen.

“Der Fokus liegt wie immer bei Lanbiotic auf der Ergänzung des Hautmikrobioms, also ‘der lebende Teil’ der natürlichen Schutzbarriere der Haut, die den gesamten Körper bedeckt, mit probiotischen Bakterien”, so Wallner weiter. “Eine Ausgewogenheit des Hautmikrobioms ist, wie auch im Darm, entscheidend, um die Gesundheit der Haut zu bewahren und Beschwerden zu lindern.”

Flora Sun hingegen ist ein weiteres Produkt, das auf die besonderen Herausforderungen empfindlicher Haut unter UV-Strahlung eingeht. Studien hätten gezeigt, dass das Hautmikrobiom die natürliche Fähigkeit der Haut verbessern kann, mit den Effekten – und häufig auch Schäden – durch Sonneneinstrahlung umzugehen.

EHI-Siegel für Onlineshop

“Parallel dazu haben wir auch international expandiert: Der Eintritt in den deutschen Markt war ein großer Schritt, der mit der Anpassung unserer Produktions- und Logistikkapazitäten verbunden war, um langfristig weitere internationale Märkte beliefern zu können. Unser Webshop wurde außerdem mit dem EHI-Siegel zertifiziert, um unseren Kund:innen einen sicheren und vertrauenswürdigen Einkauf zu ermöglichen.”

Auch das Team wuchs 2024, zudem konnte durch zahlreiche Medienauftritte und Messeteilnahmen Aufmerksamkeit für die eigenen Produkte und die Marke gewonnen werden.

“Als weiteres Highlight wurden wir von der Apothekerkammer mit unserer Fachfortbildung akkreditiert, was Apotheker dazu motiviert, unsere Fortbildungen zu besuchen und mehr über das noch recht ‘nischige’ Thema Hautmikrobiom zu erfahren”, sagt Wallner.

Neue Märkte im Fokus

Aktuell arbeitet das Startup intensiv daran, Lanbiotic als Unternehmen und Marke weiterzuentwickeln, strategisch zu positionieren und zu skalieren. Das oberste Ziel ist es, die Lebensqualität von Menschen mit Neurodermitis über ihre mikrobiombasierten Produkte zu verbessern.

“Wir möchten Lanbiotic in weiteren Märkten etablieren, insbesondere natürlich in Ländern, wo die Prävalenz für Neurodermitis hoch ist. Dafür arbeiten wir an effizienten Marketingprozessen, um unsere Markenbekanntheit zu steigern, und bauen unsere Vertriebsstrukturen aus”, erklärt die Founderin. “Um diesen Schritt bestmöglich zu unterstützen, suchen wir gezielt nach vertrauenswürdigen Partnern für den internationalen Vertrieb, die unsere Werte und Qualitätsansprüche teilen. Die Kooperationen sollen es uns ermöglichen, unsere Produkte nachhaltig in weiteren europäischen und außereuropäischen Ländern anzubieten und das Thema Hautmikrobiom international bekannter zu machen.”

Daneben optimiert das Team Produktionsprozesse, um der wachsenden Nachfrage nachkommen zu können. In der Produktentwicklung liegt dabei der Fokus auf der Entwicklung weiterer wissenschaftsbasierten probiotischen Pflegeprodukten, die speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Neurodermitis und empfindlicher Haut zugeschnitten sind. Dazu steht man intensiv mit Industrie und Spitzenforschung in Kontakt.

Lanbiotic: Strukturen und Prozesse schaffen

Intern sei man vor allem stark mit dem Aufbau der Organisation beschäftigt. Man arbeitet daran, Strukturen und Prozesse zu schaffen, die das Wachstum langfristig stützen können. Ziel sei es, eine gesunde Organisation aufzubauen, die den Expansions- und Innovationszielen gerecht werde und das Unternehmen flexibel in die nächsten Entwicklungsstufen führt.

Lanbiotic wurde in der Vergangenheit unter anderem auch von der Austria Wirtschaftsservice (aws) unterstützt. So absolvierte das Unternehmen den aws First Incubator und erhielt über aws Innovationsschutz eine Förderung, um sein geistiges Eigentum zu schützen. Später folgte eine Preseed- und Seed-Förderung über aws Innovative Solutions. Mit diesem Seed-Förderprogramm unterstützt die aws innovative Gründungsideen, die über die Unternehmensgrenzen hinaus einen positiven gesellschaftlichen Impact bewirken. Der Fokus liegt auf skalierbaren Geschäftsmodellen. Im Fall von Lanbiotic war die Förderung essentiell, um die Produktentwicklung und Markteinführung zu finanzieren und sich allgemein zu professionalisieren.

“Eine bessere Förderung als aws Seed Innovative Solutions könnte es derzeit, meiner Meinung nach, für uns nicht geben”, sagt sie. “Es handelt sich um einen nicht rückzahlbaren Zuschuss von 400.000 Euro, der für unterschiedlichste Aktivitäten in der Markteinführung und Produkteinführung verwendet werden kann. Naturgemäß ist das Programm sehr kompetitiv, aber wenn man für die Finanzierung ausgewählt wird, hat man wirklich einen gewaltigen Booster, um ein nachhaltiges Unternehmen aufzubauen.”

Die weiteren Ziele von Lanbiotic

Im Allgemeinen habe ihnen das Programm bereits jetzt weit mehr gebracht als Geld. “Ich empfand den Bewerbungsprozess per se als wertvolle Erfahrung, um mir unser Business Model noch einmal ganz genau anzusehen und unsere Ziele zu definieren”, präzisiert die Grazerin. “Dass wir sie jetzt so scheinbar ‘locker’ übertreffen konnten, ist natürlich die Draufgabe.”

Durch die positive Resonanz der stetig wachsenden Stammkundenbasis sieht sich Wallner in ihrer Mission bestätigt. “Wir wissen aber auch, dass viele Menschen Lanbiotic noch nicht kennen und Neurodermitis in vielen Ländern nach wie vor ein großes Problem darstellt”, sagt sie. “Daher wollen wir gezielt skalieren, den Umsatz und Gewinn steigern, innerhalb und außerhalb Europas expandieren und unser Produktportfolio weiter diversifizieren.”

In Sachen Umsatzentwicklung wird Lanbiotic 2024 das gesetzte Umsatzziel voraussichtlich verdoppeln, wie Wallner erzählt. “Unser für 2025 gestecktes Ziel ist ambitioniert, aber wir sind zuversichtlich, dass wir hier wieder gute Arbeit leisten. Aktuell haben wir einen sechsstelligen Nettoumsatz erreicht, und dank der Unterstützung durch die aws Seed-Förderung werden wir auch heuer, wie jedes Jahr seit unserer Gründung, noch profitabler sein.”


* Disclaimer: Das Startup-Porträt erscheint in Kooperation mit Austria Wirtschaftsservice (aws)

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