05.05.2023

Potential vergeudet? Österreich AI-Studierende wandern ab

Haben Doktoratsstdent:innen im AI-Bereich in Österreich keine Zukunft? Eine brutkasten-Recherche zeigt, dass es Absolvent:innen ins Ausland zieht und Österreich Potential verliert.
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Der Lizer Campus könnte immer leerer werden. (C) JKU Linz
Der Lizer Campus könnte immer leerer werden. (C) JKU Linz

Auf dem Papier liest sich die Geschichte gut. Das “Artificial Intelligence”-Studium (AI) an der Johannes-Kepler-Universität (JKU) Linz verspricht “weitreichenden Veränderungen” und hat dafür die besten Rahmenbedingungen. Diese werden jedoch in Österreich nur unzureichend genutzt, kritisieren Student:innen.

ELLIS-Units sorgen für guten Rahmen

“Ich sehe in Österreich langfristig keine Zukunft für mich”, sagt AI-PhD-Student Marius Constantin Dinu im brutkasten-Gespräch. Die Jobaussichten seien in Österreich schlicht zu schlecht, um mit der guten Ausbildung hier langfristig Fuß zu fassen.

Am Forschungsstandort kann es nicht liegen. Österreich verfügt mit dem European Lab für Learning & Intelligent Systems in Linz, der Technischen Universität (TU) Graz und dem Institute of Science and Technology Austria (ISTA) in Klosterneuburg über drei Vertreter im europaweitem KI-Forschungsnetzwerk ELLIS (European Laboratory for Learning and Intelligent Systems).

JKU-Forscher und KI-Pionier Sepp Hochreiter sowie AI-Austria-CEO Clemens Wasner übten bereits mehrfach in der Vergangenheit Kritik an der österreichischen KI-Strategie. Die Politik verpasse großartige Gelegenheiten und sorge mit ihrem zurückhaltenden Verhalten bei der KI-Förderung das Potential zu nutzen, das sich durch die Forschung bietet – so der Vorwurf.

PhD-Student:innen zieht es ins Ausland

Auch Dinu sieht es ähnlich. Der PhD-Student ist derzeit mit dem Aufbau eines eignen AI-Startups beschäftigt. Seine Zukunft sieht er aber nicht in Österreich: “Man muss sich nur umsehen, da ist es kein Wunder, wieso immer mehr AI-Studierende das Weite suchen”. So hätten große Unternehmen, die generell für AI-Student:innen interessant sind, keinen Standort in Österreich.

“Kein Google, kein Microsoft – nichts”, beklagt Dinu. Viele seiner Kommiliton:innen suchen ebenfalls ihr Glück im Ausland. Google Research in Berlin, Microsoft Research in Amsterdam, Mata in Redmond oder Freenome in Kalifornien sind nur einige von vielen Unternehmen, bei denen Dinus Studienkolleg:innen anheuern.

Auch die Studienkoordinatorin des AI-Studiums, Jenny Knauth, beobachtet einen Zug von PhD-Student:innen ins Ausland: “Während knapp die Hälfte der Master-Studierenden bereits in Österreich arbeitet, zieht es PhD-Student:innen stark ins Ausland”. Amazon, Google und andere große Unternehmen würden die in Österreich ausgebildeten Expert:innen nach ihrem Abschluss mit guten Angeboten locken.

Amazon und Google werben ab

“Hier haben wir leider schlicht nicht das Geld, um Studierende nach ihrem PhD langfristig zu halten”, sagt Knauth. Wer in die Forschung gehen oder bei den großen Playern sein Glück versuchen will, müsse daher zwangsläufig ins Ausland. Konkrete Zahlen, wie viele Studierende nach ihrem Doktorat abwandern, gibt es noch nicht. Grund dafür: Das Studium gibt es erste seit wenigen Jahren, eine genaue Datenerhebung sei erst in Ausarbeitung, so Knauth.

Sepp Hochreiter von der JKU Linz fordert indes weiter vehement ein eigenes KI-Institut, das als Bindeglied zwischen Forschung und Firmen für die forschungsnahe Technologie fungiert. “Es ist frustrierend, ich sitze in Gremien in Deutschland und sehe, wie dort Gelder fließen, aber was noch mehr weh tut: Ich sitze hier in Linz auf etwas Genialem, habe aber nicht das Geld, es zu machen”, so Hochreiter.

Hochreiter: AI braucht Förderung

Aufbauend auf seiner LSTM-Technik (Long short-term memory) könnte man quasi ein “besseres ChatGPT” machen. Derzeit schlage das Linzer System in einer Rohfassung auf kleinem Datensatz GPT2, ein Vorgängermodell von ChatGPT. Das System müsse jedoch weiter verfeinert werden, dafür braucht es Geld. Zwei bis drei Millionen Euro im Jahr bräuchte er, um weiterzumachen. Andere AI-Studiengänge hätten weitaus mehr Geld zur Verfügung. In jenes Tübingen sind 100 Millionen Euro von der Hector-Stiftung geflossen, Bund und Länder geben jährlich noch zehn bis 20 Millionen

Wie bei Hochreiters Student:innen gibt es auch bei der Technologie des Professors Interessent:innen aus dem Ausland. Angebote habe es schon gegeben, doch er möchte seine Arbeit nicht an ein Unternehmen abgeben. Falls es doch soweit komme, würde Österreich neben qualifizierten Student:innen “Milliarden verlieren”, so Hochreiter.

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Die Lager-Bestandsüberwachung mit digitalen Hilfsmitteln so effizient und einfach wie möglich machen – mit diesem Ziel ist das Unternehmen TeDaLoS mit Sitz im niederösterreichischen Biedermannsdorf bereits vor einigen Jahren an den Start gegangen – brutkasten berichtete 2019 über eine Investmentrunde.

Die Lösung verbindet smarte IoT Geräte mit IT-Systemen und Akteuren der Supply Chain. “Mit der cloud-basierten Plattform und einer wachsenden Vielfalt sowohl drahtloser Sensoren als auch stationärer Erfassungs- und Materialverwaltungssysteme, ermöglicht das Unternehmen innovative Nachschub- und Bestandsmanagementprozesse ohne geographische Einschränkung”, heißt es von TeDaLoS.

MIBA als Referenzkunde

Die Technologie ermögliche eine proaktive Nachschubsteuerung und hebe sich durch ihre Eignung für unerfahrene Nutzer:innen, Unabhängigkeit von lokaler IT, Geräteherstellerunabhängigkeit und schnelle Einbindung in bestehende Systeme hervor. Als Referenzkunde wird etwa der Automobilzulieferer MIBA genannt, man habe neben der Industrie aber auch namhafte Kunden im Großhandel. Der Export-Anteil betrage dabei 90 Prozent.

Nun holte sich TeDaLoS ein weiteres Investment in nicht genannter Höhe, “das von einem neuen
Gesellschafter und allen Alt-Gesellschaftern getragen wird”. Das Kapital soll in die weitere internationale Expansion und den Ausbau von KI-gestützten Lösungen zur Optimierung der Materialbewirtschaftung fließen.

TeDaLoS will mit Investment Technologie weiterentwickeln und Partnerschaften forcieren

“Nur einfache Nachbestellungen ausgelöst durch starre Meldepunkte sind nicht mehr zeitgemäß. Durch das aktuelle Investment kann TeDaLoS dynamische Bedarfsvorhersagen und materialübergreifende Verbauchsmustererkennung auf die nächste Stufe heben. Dies bringt unseren Partnern erhebliche Effizienzgewinne”, kommentiert Managing Director Thomas Tritremmel.

Mit dem Investment wolle man auch die Zusammenarbeit mit internationalen Partnern intensivieren. Zuletzt habe man etwa mit Pepperl+Fuchs SE einen führenden Hersteller für Automatisierungstechnik gewonnen, der seine Erfassungstechnologie innerhalb weniger Wochen in die TeDaLoS-Plattform integriert habe. “Der Partner hat im gleichen Monat des Markt-Launchs bereits erste Kunden gewonnen und autonom in der Plattform, die in seinem Corporate Brand nutzbar ist, live geschalten”, so Tritremmel.

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