05.04.2019

Positive Psychologie: Warum Führungskräfte mehr “KAARMA” brauchen

Wie lässt sich die Führungsqualität von Führungskräften in Unternehmen messen? Nico Rose, Wirtschaftsprofessor und führender Experte für Positive Psychologie und Human Resource Management im deutschsprachigen Raum, hat uns darauf Antworten gegeben.
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Positive Psychlogie
(c) René Golz: Nico Rose hat am 12. April auf der Pop 2019 - Power of People Konferenz in Rust einen Vortrag über die Messbarkeit von Führungsqualität gehalten

Nico Rose gilt als einer der führenden Experten für Positive Psychologie und Human Resource Management im deutschsprachigen Raum. Seit April diesen Jahres lehrt er als Professor für Wirtschaftspsychologie an der International School of Managment in Dortmund.

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In seiner Arbeit beschäftigt sich Rose damit, welchen Mehrwert die Erkenntnisse der Positiven Psychologie für erfolgreiches Human Resource Management haben können. Dafür hat er gemeinsam mit dem US-Amerikanischen Forscher Miachel Steger das sogenannte KAARMA-Modell entwickelt, mit dem sich die Führungsqualität von Führungskräften messen lässt. Im Vorfeld der größten Human Ressource Konferenz in Österreich, der Pop 2019 – Power of People, hat Rose dem brutkasten in einem ausführlichen Interview erläutert, was die Erfolgsfaktoren guter Führung sind.

Sie sind bekannt geworden mit dem Konzept der Positiven Psychologie. Können Sie kurz erläutern, worum es bei der Positiven Psychologie geht?

Die Positive Psychologie ist ein recht junger Teilbereich der akademischen Psychologie und wird weltweit seit etwa 20 Jahren erforscht und gelehrt. Im Prinzip geht es um die wissenschaftliche Erforschung des positiven Spektrums des menschlichen Erlebens also der Frage, was Menschen zufrieden macht, oder unter welchen Umständen wir unser Leben als sinnerfüllt wahrnehmen. Zudem wird untersucht, unter welchen Umständen Beziehungen gelingen sowohl im Privaten, als auch in der Arbeit. Dies umfasst beispielweise auch die Frage, wie Teams aufgebaut und geführt werden müssen, damit diese gut performen. 

Was macht “positives menschliche Erleben” aus?

Hier kann ich auf das sogenannte PERMA-Modell der Positiven Psychologie verweisen. Dabei handelt es sich um ein aus fünf Buchstaben bestehendes Akronym. “P” steht für Positive Emotionen. Dabei geht es nicht darum, dass wir mit einem Dauergrinsen und einer rosaroten Brille durch die Welt laufen, sondern regelmäßig ein möglichst breites Spektrum an positiven Emotionen erleben, beispielsweise auch Dankbarkeit, Gelassenheit oder Inspiration.

“… es nicht darum, dass wir mit einem Dauergrinsen und einer rosaroten Brille durch die Welt laufen …”

Das “E” steht für Engagement. Im Prinzip handelt es sich hier um die Frage, unter welchen Bedingungen Menschen leistungsbereit sind. Dazu zählt unter anderem die Flow-Theorie des Psychologen Mihály Csíkszentmihályi. Der Buchstabe “R” steht für “Relationships”. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie sich gute Beziehungen gestalten lassen, im Privaten wie auch in Arbeitsgruppen. Mit “M” ist Meaning gemeint also die Frage, unter welchen Umständen wir im Leben Sinnerfüllung finden. Das “A” steht für “Achievement”. Darunter fallen die Aspekte Zielerreichung, Leistung und Erfolgserleben. Diese fünf Säulen können alle auch auf das Arbeitsleben übertragen werden.

Welche Bedeutung hat “Meaning”, also die “Sinnerfüllung” für die Arbeit?

Wenn wir über “Sinnerfüllung” sprechen, kommen wir nicht an Viktor Frankl vorbei. Er gilt als der Begründer der Sinnforschung, welche davon ausgeht, dass Menschen immer “einen Willen zum Sinn” haben. Ohne Sinn wollen und können wir nicht existieren. Sinn ist einer der stärksten Motivatoren überhaupt auch in der Arbeitswelt. Wenn Menschen etwas tun sollen, was sie nicht als sinnvoll empfinden, dann kann man sie vielleicht dafür bezahlen, aber sobald man aufhört, stellen sie die Tätigkeit sofort wieder ein.

“… 90 Prozent der Befragten würden einen Job mit weniger Gehalt annehmen, wenn dieser ihnen dafür mehr Sinnerleben bieten würde.”

Dies zeigt sich auch in einer amerikanischen Studie, die unlängst publiziert wurde. Demnach würden 90 Prozent der Befragten einen Job mit weniger Gehalt annehmen, wenn dieser ihnen dafür mehr Sinnerleben bieten würde. Im Schnitt haben die Befragten angegeben, dass sie auf 23 Prozent ihres Gehaltes verzichten würden.

Wollen jüngere Generationen mehr Sinnerleben in ihrer Arbeit spüren als ältere Generationen?

Natürlich gibt es zahlreiche Studien zu Generation “Y” und “New Work”, die sich mit den vermeintlich unterschiedlichen Bedürfnissen der Generationen beschäftigen. Mittlerweile traue ich diesen nicht mehr so ganz über den Weg. Die Variabilität in Bezug auf die Bedürfnisse innerhalb einer Generation ist immer deutlich größer als zwischen den Generationen.

Positive Psychologie
(c) Heinz Feußner: Als HR-Experte gilt Nico Rose weltweit auf Konferenzen als gefragter Speaker.

Warum wird den Generationen-Studien dennoch so eine große Aufmerksamkeit zuteil?

Die Unterschiede zwischen den Generationen werden in der Presse oftmals übertrieben dargestellt, die Gemeinsamkeiten hingegen vernachlässigt. An einem Punkt stimme ich allerdings zu: Junge Menschen können bestimmte Dinge einfach mit mehr Nachdruck einfordern, als ältere Leute. Sie trauen sich, mehr auf den Tisch zu hauen.

Bei meinen Vorträgen erlebe ich immer wieder, dass die älteren Leute am Ende der Diskussionsrunde aufspringen und sagen, dass sie genau das gleiche wollen wie die jungen Leute. Psychologisch betrachtet sind unsere Bedürfnisse in der Arbeitswelt sehr universal: Wir möchten unsere Kompetenzen weiterentwickeln und “wirksam” sein, vertrauensvolle Bindungen eingehen und möglichst wenig fremdbestimmt sein.

Warum artikulieren die älteren Generationen ihre Wünsche nicht?

Hier kommen zwei Faktoren zusammen: Einer kann auf die demografische Entwicklung in den meisten westeuropäischen Staaten zurückgeführt werden, die den jungen Leuten in die Hände spielt. Wir haben eine schrumpfende Bevölkerung und wenn Absolventen als Gut knapper werden, können diese selbstbewusster auftreten und auch besser verhandeln. Dies gilt insbesondere für sehr gut ausgebildeten Arbeitnehmer. Sie haben einfach mehr Marktmacht als die Baby-Boomer-Generation.

“Heute kann man über jedes Unternehmen in dreieinhalb Minuten mehr erfahren, als jedem PR-Manager lieb ist.”

Der andere Faktor umfasst neue Informationsangebote. Vor 25 Jahren waren Bewerber größtenteils auf jene Informationen angewiesen, welche Unternehmen selbst zur Verfügung gestellt haben. Vor dem Internetzeitalter waren Arbeitnehmer, abgesehen von Mund-zu-Mund-Propaganda und Artikel in der Presse auf irgendwelche Broschüren angewiesen, die das Unternehmen publizierte. Unternehmen konnten sehr leicht steuern, was nach außen dringen sollte und was nicht.

Diese Informationsasymmetrie hat sich mit dem Aufkommen des Internets drastisch verändert. Heute kann man über jedes Unternehmen in dreieinhalb Minuten mehr erfahren, als jedem PR-Manager lieb ist. So können sie beispielsweise über Plattformen wie Kununu oder Glassdoor relativ schnell herausfinden, welche Unternehmen es am Markt gibt und welche Rahmenbedingungen sie dort erwarten – auch in puncto Vergütung oder Unternehmenskultur.

Welche Tipps geben Sie Führungskräften mit auf den Weg, damit sie ihren Mitarbeitern ein “sinnerfülltes” Arbeiten bieten können?

In diesem Zusammenhang möchte ich auf das KAARMA-Modell verweisen, das ich gemeinsam mit dem US-Amerikanischen Forscher Michael Steger entwickelt habe. Bei diesem Modell handelt es sich ähnlich dem PERMA-Modell um ein Akronym, das folgende sechs Punkte umfasst: Klarheit, Authentizität, Aktualisierung, Respekt, Mehrwert und Autonomie.

“Jedes Mal, wenn ein Mitarbeiter ein Unternehmen verlässt, geht auch viel Wissen verloren.”

Zunächst müssen Führungskräfte ihren Mitarbeitern Klarheit und Orientierung geben. Sie müssen erklären, was die Ziele der Organisation sind und wie die Ziele der Mitarbeiter sich in dieses Gefüge integrieren.

Der nächste Punkt umfasst die Fähigkeit von Führungskräften, ihre Rolle authentisch auszufüllen. Obgleich es sich beim Thema Authentizität um ein Buzzword handelt, ist dieses nicht zu unterschätzen. Authentizität bedeutet nicht, dass Führungskräfte alles von sich preisgeben müssen. Manchmal wird Authentizität so verstanden, dass wir alle unsere Rollen ablegen und uns so verhalten sollten, wie wir es zu Hause auf der Couch tun. Dies ist völliger Nonsense. Es geht darum, als authentisch in der Rolle wahrgenommen zu werden, so ähnlich, wie wir auch manchen Schauspielern eine Rolle mehr abnehmen als anderen.

“Schlechte Führung, das ständige Vergraulen von Mitarbeitern, ist ein ernstzunehmender Kostenfaktor.”

Der dritte Faktor ist Aktualisierung. Führungskräfte sollten sich die Frage stellen, ob sie die wichtigsten Stärken ihrer Mitarbeiter kennen und sehen, was diesen wichtig ist und was nicht. Wenn ich als Führungskraft über die Stärken meiner Mitarbeiter Bescheid weiß und ihnen den Spielraum gebe, mehr von diesen Stärken in die Aufgaben einzubringen, dann kommen sich gewissermaßen durch ihre Arbeit selbst näher.

Das “R” in KAARMA steht für Respekt. Das ist meines Erachtens der Grundpfeiler guter Führung. Wenn wir Menschen nicht respektieren, dann ist alles andere hinfällig. Dies gilt übrigens in beide Richtungen. Wenn ich keinen Respekt gegenüber einer Person empfinde, dann kann ich weder wirkungsvoll führen noch mich erfolgreich führen lassen.

“Auch in kleinen Abteilungen sollten Mitarbeiter wissen, wie ihr ‘kleines Rädchen’ das große Getriebe in Gang hält.”

“M” bedeutet Mehrwert. Führungskräfte müssen ihren Mitarbeitern aufzeigen, welchen Beitrag sie zum großen Ganzen leisten. Auch in kleinen Abteilungen sollten Mitarbeiter wissen, wie ihr “kleines Rädchen” das große Getriebe in Gang hält.

Das “A” steht abschließend für Autonomie. Je selbstbestimmter wir uns fühlen, desto eher arbeiten wir auch engagiert.

Kann man mit dieser Methode die Führungsqualität von Führungskräften messen?

Ja, das kann man. Diese Methode habe ich entwickelt, um die Qualität von Führung aus Sicht der Geführten zu messen. Der KAARMA-Score einer Führungskraft hat tatsächlich eine große Aussagekraft für das Sinnerleben, das Engagement, sowie das Flow-Erlebnis der Geführten. Wenn wir vor von einer Führungskraft geführt werden, die einen sehr hohen Wert auf der Skala aufweist, dann zeigt sich, dass die Wechselabsicht im Mittel um etwa 130 Prozent geringer ist als bei schlecht geführten Mitarbeitern.

Inwiefern hängt der KAARMA-Score mit dem Erfolg von Unternehmen zusammen?

Führungsqualität kann in monetäre Kennziffern übersetzt werden. Wenn man bedenkt, wie teuer Recruiting und Trainings heutzutage sind und was Unternehmen für Stellenanzeigen oder Headhunter ausgeben, dann lohnt es sich definitiv, in gute Führung zu investieren.

Schlechte Führung, das ständige Vergraulen von Mitarbeitern, ist ein ernstzunehmender Kostenfaktor. Jedes Mal, wenn ein Mitarbeiter ein Unternehmen verlässt, geht auch viel Wissen verloren. Anschließend bleibt die Stelle vielleicht länger unbesetzt, dann dauert es wiederum ein Jahr, bis ein neu rekrutierter Mitarbeiter „auf Flughöhe“ ist.  Übergreifend zeigt sich an dieser Stelle also ein starker Zusammenhang zwischen guter Personalentwicklung und der finanziellen Performance von Unternehmen.


=> zur Page von Dr. Nico Rose 

=> mehr Infos zur Power of People Konferenz

Nico Rose hat am 12. April auf der Pop 2019 – Power of People Konferenz in Rust einen Vortrag über die Messbarkeit von Führungsqualität gehalten.

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Andreas Buchta-Kadanka, stellvertretender Sektionsleiter in der Sektion III - öffentlicher Dienst und Verwaltungsinnovation, Leitung der Gruppe III/C (c) BMKÖS 2024

Sie ist ein Trainingslager für Innovation. Sie steht für Wertschätzung und Anerkennung und hebt die Arbeit von Innovator:innen ins Rampenlicht. Und sie zeigt, wie gut sich Innovation hands-on umsetzen lässt. Die Rede ist von der Innovate 2024 – der jährlich stattfindenden Innovationskonferenz des öffentlichen Sektors.

Am 28. November 2024 dreht sich auf der Konferenz für Verwaltungsinnovation alles um die nächste Generation: “nextGen – Wer gestaltet die Zukunft der Verwaltung?” ist das Motto, unter dem diskutiert, gebrainstormed, vernetzt und gemeinsam gestaltet wird.

Im Vorfeld dazu haben wir mit Andreas Buchta-Kadanka gesprochen – tätig in der Sektion III – öffentlicher Dienst und Verwaltungsinnovation, Leitung der Gruppe III/C, die sich unter anderem mit dem wirkungsorientierten und innovativen Verwaltungsmanagement befasst.

Im Interview mit brutkasten erwähnt er einige Aspekte, warum die “nextGen” in das Rampenlicht der Verwaltungsinnovation gehört und wie es jungen Menschen gelingen kann, den öffentlichen Sektor zu transformieren.


brutkasten: Sehr geehrter Herr Buchta-Kadanka, letztes Jahr hat die Verwaltungsinnovation ihr 100-jähriges Jubiläum gefeiert. Mit welchen Erkenntnissen startet die Verwaltung nun in das nächste Jahrhundert?

Andreas Buchta-Kadanka: Ich glaube, die vielleicht charakteristischste Entwicklung der letzten 100 Jahre war der Wandel von einem Durchsetzen der Obrigkeit hin zu einer immer stärker bürgerzentrierten Verwaltung. Der Dienstleistungsgedanke hat sich sehr stark durchgesetzt. Die Verwaltung ist Dienstleister der Bevölkerung. Und die Bevölkerung nimmt das Verwaltungshandeln nicht einfach hin, sondern verdient Transparenz, Erklärung und das proaktive Beseitigen von Widersprüchen. Diese Entwicklung ist eine entscheidende in unserer Geschichte.

Welche Herausforderungen muss sich die Verwaltung angesichts dessen stellen?

Ich glaube, eine wesentliche Challenge für die Verwaltung und das Regieren generell ist die schnellere Taktzahl, die höhere Geschwindigkeit unseres Apparates. Das beginnt schon bei der Erwartungshaltung von Bürger:innen: Wir versuchen, Transparenz und Schnelligkeit so gut es geht in unser Handeln zu integrieren. Das optimieren wir auch kontinuierlich, wie internationales Benchmarking zeigt.

Das heißt: Je schneller die Verwaltung reagiert, desto besser?

Jein. Ich würde sagen, so korrekt und schnell wie möglich. Grundsätzlich besteht die mediale Erwartungshaltung, dass zu verwaltungspolitischen Themen sehr schnell Stellung genommen wird. Sei es durch Politiker:innen oder durch die Verwaltung selbst. Diese Schnelligkeit ist zumindest meiner Meinung nach eine der größten Herausforderungen: Schnell und korrekt reagieren und bei all der Schnelligkeit Qualität zu sichern. Gerade dafür wollen wir auf innovative Lösungen der nextGen setzen.

Inwiefern könnte diese Umsetzung aussehen?

Konkret geht es darum, abzuwägen: Wie schnell müssen wir sein, was wollen wir transformieren oder digitalisieren und wie machen wir das richtig. Wir wollen schlechte Prozesse nicht einfach digital machen, sondern digitalisieren und optimieren. Wir wollen “Arbeit” anders denken und technologische Vorteile mitnehmen.

Inwiefern glauben Sie, dass Ihnen die diesjährige Innovate Antworten auf diese Fragen liefert?

Ganz klar ist es der Austausch und die Inspiration voneinander. Das physische Zusammenbringen von Innovator:innen aus Wirtschaft, Wissenschaft, der Zivilgesellschaft und Verwaltung. Das Lernen voneinander, das Bilden eines Netzwerkes. Das sind Dinge, die man nicht rein online oder bilateral macht. Dafür braucht es Veranstaltungen wie die Innovate.

Wie passieren Fortschritt und Innovation?

Ich bin davon überzeugt, Innovation passiert vor allem aufgrund des informellen Austausches. Netzwerken ist etwas Persönliches. Inspiration und das Diskutieren darüber, was funktioniert und was nicht, das hat eine ganz starke zwischenmenschliche Komponente. Und diese Art von Innovation braucht keinen Frontalvortrag und keine Jubelbroschüre, sondern persönlichen Austausch.

Der persönliche Austausch soll dieses Jahr ja vor allem mit der nextGen – also der nächsten Generation – passieren. Was will die diesjährige Innovate damit bewirken?

Für uns ist das ein sehr naheliegendes Thema. Wir stehen vor massiven demografischen Umwälzungen. In den nächsten 13 Jahren werden 44 Prozent des Personals in der Verwaltung in Pension gehen. Fachkräfte am Arbeitsmarkt sind ja ohnehin schon gefragt. Es besteht bei uns großer Rekrutierungsbedarf.

Inwiefern könnte die Verwaltung mit der Pensionswelle umgehen?

Indem wir weiterhin ein attraktiver Arbeitgeber sind und unsere Stellung kontinuierlich verbessern. Auf der Nachfrageseite, aber auch für unser bestehendes Personal. Wir wollen für den Bund begeistern und personalwirtschaftliche Themen sehr stark mit dem Innovationsaspekt verbinden. Wir schauen stark darauf, Innovation nicht nur in klassischen personellen Disziplinen wie Bezahlung, Arbeitszeit und New Work zu verankern. Wir stellen als Arbeitgeber auch sicher, unser Personal aktiv in den Innovationsprozess einzubinden und generationenübergreifende Bedürfnisse zu erfüllen. Und dafür bietet die Innovate eine hervorragende Bühne.

Das heißt, auf der Innovate können Teilnehmende die Verwaltung aktiv mitgestalten?

Ganz richtig. Innovation heißt, wir sind für alle Ideen offen und wollen das auch im Personalkontext fördern. Bei der diesjährigen Innovate geht es deshalb primär um das Thema demografischer Wandel, Wissensmanagement, Recruiting und Führung. Unser Schwerpunkt ist die nextGen – und wir befassen uns intensiv damit, wie man altes Wissen sichern, weitergeben und mit den gegenwärtig verfügbaren Mitteln (Stand der Technik) aufbereiten kann.

Das klingt nach einem sehr universellen Thema.

In der Tat. Wir decken damit nicht nur die Bedürfnisse der Verwaltungscommunity, sondern auch jene der Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Wir wissen, dass Wissenstransfer und Modernisierung nicht nur Herausforderungen in unserem Feld sind, sondern sektorenübergreifend stattfinden müssen.

Welche Themenbereiche rücken zukünftig noch weiter ins Zentrum?

Ein ganz wichtiges Thema, mit dem wir uns dieses Jahr auch befassen, ist die Sinnhaftigkeit im Arbeiten. Diese Komponente ist gerade für die nextGen besonders wichtig. Junge Menschen wollen in ihrem Wirken die Möglichkeit haben, einen nachhaltigen Beitrag für Österreich und die Gesellschaft leisten zu können- und das tun sie bei der Verwaltung.

Wo braucht es besonderen Innovationsbedarf?

Kompetenzen und Skills ständig ändern. Wir wissen, Kompetenzorientierung ist auch auf europäischer Ebene ein großes Thema. Da gilt es, heute schon die Kompetenzfelder von morgen ausfindig zu machen und Entwicklungen bestmöglich zu antizipieren. Denn wenn wir jetzt falsch ausbilden oder schlecht rekrutieren, sind wir auch schlecht für die Zukunft aufgestellt.

So ganz Hals über Kopf darf man sich allerdings nicht ins Wasser stürzen. Gerade in der Verwaltung ist es uns sehr wichtig, das Vertrauen der Bürger:innen zu halten und nicht durch zu riskante Neuerung zu verspielen. Sei es in puncto Datenschutz, Rechtsstaatlichkeit, Rechtssicherheit, Fairness oder Gleichbehandlung. Wenn man in diesen Bereichen schlechte Produkte produziert, kann das Vertrauen der Bevölkerung erodieren.

Das heißt, lieber langsam und sicher als zu schnell und zu riskant?

Das Vertrauen in Institutionen ist ein derzeit sehr wichtiges Thema. Insofern muss man sich bei innovativen Prozessen als Staat schon etwas vorsichtiger und mit klaren Guidelines – auch aus ethischer Sicht – bewegen. Als konkretes Beispiel der Einsatz von KI: Wenn ich auf meiner Spotify-Playlist einen unpassenden Vorschlag erhalte, ist das etwas anderes, als wenn das bei einem Gerichtsurteil der Fall wäre – das hat eine ganz andere Dramatik.

Welche Highlights bietet die Innovate dieses Jahr?

Die Innovate soll ja nicht nur so heißen, sondern auch so sein, dass wir nicht nur Vorträge halten, sondern auch ein gestaltendes Element einbringen. Wir haben dafür heuer ein neues Format: Den sogenannten Innovate Sprint, einen interaktiven Workshop, der sich mit dem Thema nexGen & Verwaltung befasst.

Und beim Innovate Sprint können Teilnehmende aktiv “mit sprinten”?

Genau. Der Innovate Sprint ist ein Workshop-Format, bei dem Teilnehmer:innen in interdisziplinäre Teams aufgeteilt werden. So kommen viele unterschiedliche Hintergründe und Perspektiven zusammen. Die Teams entwickeln dann je eine Idee, die mit künstlicher Intelligenz visualisiert wird. Über die beste Idee wird dann im Zuge der Innovate und mit unserer Verwaltungs-Community abgestimmt und der Sieger wird prämiert.

Was bekommen die Sieger:innen des Innovate Sprint?

Die Siegergruppe wird die Möglichkeit haben, mit uns nächstes Jahr zum Creative Bureaucracy Festival nach Berlin zu fahren. Das ist eines der weltweit größten Veranstaltungen im Bereich der Verwaltungsinnovation.

Das klingt nach einem tollen Siegerpreis! Und nach einem großen Mehrwert für die Verwaltung Österreichs.

Die Teilnehmer:innen der Innovate Sprint können mit ihren Ideen Einiges bewirken. Wichtig ist uns dabei auch, dass wir als wertbasierte Verwaltung das Vertrauen in staatliche Strukturen aufrechterhalten. Das ist eine unserer Kernfunktionen.

Warum ist gerade die Innovate der richtige Ort, um diesen gemeinsamen Fortschritt zu erzielen?

Die Innovate ist wie ein Trainingslager: Natürlich kann ich meinen Sport alleine betreiben und ich kann darin alleine besser werden. Aber ich finde, es ist das Mindeste, einmal im Jahr gemeinsam zu “trainieren”, sich auszutauschen und sich gemeinsam auf zukünftige Challenges vorzubereiten.

Die Innovate ist also quasi ein Trainingslager für die Zukunft der Verwaltung?

Nicht nur: Die Innovate stellt alle, die über das Jahr an Innovation, Sicherheit und digitalem Fortschritt arbeiten, ins Rampenlicht. Die Innovate ist auch ein Stück weit ein Dankeschön für all die Arbeit, die geleistet wird. Und sie zeigt, dass tolle Konferenzen nicht nur etwas für die Privatwirtschaft sind, sondern dass es innovatives Denken und gemeinsames Schaffen auch im Bundeskontext gibt.

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