07.11.2024
INVESTMENT

Plasmateria: Hermann und Niki Futter investieren in Wiener Beschichtungs-Startup

Auch Karl Büche, Markus Ertler und Michael Edtmayer beteiligen sich an Plasmateria, die sich auf die Beschichtung von Bauteil-Innenflächen spezialisiert haben.
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Plasmateria, Angels United
(c) Plasmateria - Bernhard Kohlhauser und Martin Jaros von Plasmateria.

Die Investmentgruppe Angels United von Karl Büche, Markus Ertler, Niki Futter, Hermann Futter und Michael Edtmayer hat einen mittleren sechsstelligen Euro-Betrag in das Wiener Startup Plasmateria investiert. Das Investment der Business Angels wird von aws Start-up Invest gehebelt.

Plasmateria: Alternative für bisherige Verfahren

Plasmateria wurde von Bernhard Kohlhauser und Martin Jaros gegründet und hat etwas geschafft, was man in der Branche nicht für möglich gehalten hat. Das Startup fokussiert auf eine Entwicklung innerhalb der PVD (Physical Vapor Deposition)-Technologie. Finanziert mit Unterstützung von aws Preseed sowie aws Seedfinancing konnten die Founder beweisen, dass auch Bauteil-Innenflächen bis zu einem Durchmesser von nur vier Millimetern mit PVD beschichtet werden können.

Konkret entwickelt Plasmateria neuartige Beschichtungstechnologien für Innenflächen als eine umweltfreundliche Alternative zu bisherigen Verfahren, welche größtenteils durch das Verbot von hexavalentem Chrom durch die EU betroffen sind.

Die Oberflächentechnologie der Wiener biete dementsprechend nicht nur eine grüne Alternative zur galvanischen Verchromung von Innenflächen, sondern könne auch die Lebensdauer von Bauteilen durch moderne keramische Beschichtungen verbessern. Klassische Verchromungsprozesse sind umweltgefährdend und dürfen in der EU nur mit Ausnahmegenehmigungen weiter eingesetzt werden. Plasmateria setzt daher auf ihr Plasma-basiertes PVD-Verfahren, das in der Lage ist, vergleichbare Chrombeschichtungen gänzlich ohne die Verwendung von problematischen Chemikalien abzuscheiden, wie es heißt.

“Game Changer”

“Plasmateria ist ein echter Game-Changer in der Beschichtungsindustrie”, sagt Karl Büche, der bei diesem Investment den Lead der Angels United innehat. “In den letzten Jahrzehnten war hier technologischer Stillstand. Es gab weder grundlegende Innovation bei den Verfahren noch merkliche Bewegungen bei den Anbietern und in der gesamten Struktur dieser Industrie. Das Gründerteam besteht aus ausgewiesenen Experten, die viel Erfahrung in der Industrie gesammelt haben und motiviert sind, ihr Wissen für eine nachhaltigere Zukunft einzusetzen. Das Timing von Plasmateria ist, nicht zuletzt durch das EU-Verbot bestehender Verfahren, hervorragend.”

Plasmateria
(c) patrickmuennich.com – (vl.l.n.r.) Karl Büche, Business Angel & Co-Founder Angels United, Hermann Futter, Geschäftsführer Compass Gruppe & Co-Founder Angels United, Niki Futter, Business Angel & Co-Founder Angels United, Markus Ertler, Business Angel & Co-Founder Angels United, Michael Edtymayer, Geschäftsführer und Co-Founder Angels United und Alexandra Ruzsa, Geschäftsführende Gesellschafterin der Compass Gruppe.

Die Beschichtungstechnologien von Plasmateria zielen, wie betont wird, nicht darauf ab, Marktteilnehmer zu verdrängen, sondern neue Anwendungsgebiete zu eröffnen. Besonders spannend sei vor allem der Einsatz der IDC-Technologie im Bereich der wasserstoffbasierten Energie- und Mobilitätslösungen. Hier könnten keramische Beschichtungen dazu beitragen, Leitungen und andere Innenflächen mit Diffusionsbarrieren zu versiegeln, um Materialversprödung und den Verlust von Wasserstoff zu minimieren.

Zu den potenziellen Anwendungsbereichen der neuen Beschichtungsverfahren gehören unter anderem Formwerkzeuge, Extruder, Stoßdämpfer, Aktuatoren, Gleit- oder Wälzlager und Wärmetauscher. Durch den Einsatz der IDC-Technologie können auch Bauteile beschichtet werden, die bislang nicht für solche Verfahren geeignet waren.

Plasmateria mit dreiphasigem Markteintritt

Das Startup plant seinen gestaffelten Markteintritt in drei Phasen. In der ersten Phase wird eine umweltfreundliche Alternative zur Chrombeschichtung angeboten, die bis hinunter auf fünf Millimeter Innendurchmesser angewendet werden kann. In weiteren Schritten sollen keramische Beschichtungen sowie spezielle Lösungen wie Wasserstoffdiffusions-Barrieren und Schichten für größere Bauteile folgen.

“Mit Angels United holen wir uns ein Team aus erfahrenen Unternehmern mit exzellentem Netzwerk und viel Erfahrung beim Company Building ins Boot”, sagt Co-Founder Kohlhauser. “Zusammen werden wir mit Plasmateria ein Unternehmen bauen, welches für frischen Wind in der Beschichtungsindustrie sorgen wird. Wir haben ehrgeizige Pläne für nachhaltige Oberflächentechniken – auch über die Innenbeschichtungen hinaus.”

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Die Verwendung von Kohlefaser in der Industrie hat in den letzten Jahren stark zugenommen – insbesondere in Bereichen wie der Luft- und Raumfahrt, dem Automobilbau und der Windenergie. Kohlefaser überzeugt durch ihre hohe Festigkeit bei geringem Gewicht, doch ihre Herstellung ist ressourcenintensiv und teuer. Ein großes Problem stellt der hohe Verschnitt bei der Produktion dar: In der Industrie landen im Durschnitt bis zu 30 Prozent der Rohstoffe im Abfall. Diese Materialverluste sind nicht nur ökonomisch ineffizient, sondern auch aus ökologischer Sicht problematisch, da Kohlefaser biologisch nur schwer abbaubar ist.

Carbon Cleanup setzt auf KI

Das 2020 gegründete Linzer Startup Carbon Cleanup rund um Gründer Jörg Radanitsch hat sich diesem Problem angenommen und zum Ziel gesetzt, Kohlenstofffasern aus Industrieabfällen aufzubereiten und wiederverwendbar zu machen. Konkret hat das Startup eine mobile Aufbereitungsanlage entwickelt, um Carbonfasern direkt vor Ort beim Kunden aufzubereiten. 

Zum Herzstück der Anlage gehört nicht nur die mechanische Aufbereitung der Kohlenstofffasern. Im Hintergrund läuft auch eine Software, die eine KI-gestützte visuelle Erkennung der zugeführten Rohstoffe ermöglicht.

“Wir haben ein KI-generiertes Datenblatt entwickelt, das automatisch die Charakteristika von eingehendem Material erkennt und den Wert des Rezyklats bestimmt“, so Radanitsch. “Bevor das Material in unsere Anlage kommt, wissen wir schon, welche mechanischen Eigenschaften es haben wird. Das ist entscheidend für die Qualität und den Marktwert des Endprodukts.”

Gründer Jörg Radanitsch | (c) Carbon Cleanup

Entwicklung der zweiten Generation an Anlagen

Während die erste Anlage des Unternehmens für R&D-Zwecke dient und über eine Kapazität von 30 Tonnen pro Jahr verfügt, konnte das Unternehmen über den Sommer eine zweite Anlage in Betrieb nehmen. „Unsere zweite Anlagengeneration ist im August fertiggestellt worden. Die Produktionskapazität ist dreimal so hoch wie bei unserer ersten Anlage. Damit sind wir jetzt in der Lage, deutlich mehr und auch verschiedene Kompositabfälle zu verarbeiten.“

Besonders stolz ist Radanitsch auf die gestiegene Materialqualität: „Das neue Aggregat ist viel stärker, was uns mehr Flexibilität bei der Verarbeitung der Materialien gibt. Wir können jetzt eine Vielzahl an Abfällen effizienter recyceln, was die Qualität der Produkte erheblich verbessert.“

Ein wichtiger Baustein für den Erfolg von Carbon Cleanup war die Unterstützung durch die Austria Wirtschaftsservice (aws). “Das Seed-Financing der Austria Wirtschaftsservice hat uns erlaubt, nicht nur unsere Forschung und Entwicklung voranzutreiben, sondern auch in Marketingaktivitäten zu investieren, die für uns als Hardware-Startup besonders wichtig sind“, erklärt Radanitsch.

Luftfahrtindustrie und Kooperation mit KTM Technologies

Eine der spannendsten Entwicklungen bei Carbon Cleanup ist der Einsatz ihrer recycelten Materialien im 3D-Druck, besonders in der Luftfahrtindustrie. “Wir liefern im Tonnenmaßstab Kunststoffgranulate, die mit unserer Rezyklatfaser verstärkt sind. Diese werden in großen 3D-Druckern verwendet, um Formen zu bauen, die dann für die Produktion von Flugzeugteilen genutzt werden”, so der Gründer.

Zudem arbeitet Carbon Cleanup mit dem österreichischen Motorradhersteller KTM zusammen. Gemeinsam arbeiten beide Unternehmen an einem geschlossenen Materialkreislauf, bei dem Post-Consumer- und Post-Industrial-Abfälle von KTM Technologies recycelt und für die Herstellung neuer Bauteile genutzt werden. Spezifisch handelt es sich um das Recycling der Teile des Rennmodells “X-Bow GT2”, dessen Rahmen zu 100 % aus Carbonfasern besteht. Durch Unfälle entsteht eine große Menge an beschädigtem Material, das normalerweise als Abfall betrachtet wird. Mit der Partnerschaft von KTM und Carbon Cleanup wird dieses Material zurück in den Kreislauf gebracht. 

(c) Carbon Cleanup

“KTM Technologies war von Anfang an ein Vorreiter. Sie testen unsere recycelten Materialien bereits erfolgreich in ihren Motorrädern“, betont Radanitsch.

Das Besondere an dieser Kooperation ist das sogenannte Closed-Loop-Material, das zu 100 Prozent aus dem Abfallstrom von KTM Technologies besteht. „Die Herausforderung ist, die Materialien zirkulär zu sammeln und in die Produktion zurückzuführen. Das Sammeln und die Qualität sind dabei entscheidend. Aber wir haben gezeigt, dass wir sogar leistungsfähigere Materialien aus Abfall herstellen können”, so der Gründer.

(c) Carbon Cleanup

Die nächsten Schritte von Carbon Cleanup

Das Geschäftsmodell von Carbon Cleanup basiert derzeit auf zwei Einnahmequellen: Zum einen bietet das Unternehmen Kunden einen Recycling-Service an, bei dem diese für die umweltgerechte Entsorgung des Materials bezahlen. Dafür wurde eine eigene Logistikstruktur aufgebaut. Zum anderen werden die Faserverbundkunststoffe an weitere Abnehmer verkauft. Derzeit liefert das Startup 98 Prozent der aufbereiteten Granulate ins Ausland. “Für eingehendes Material sind die Hauptmärkte neben Österreich vor allem Deutschland und Italien. Der Materialzufluss ist für uns derzeit jedoch kein Engpass, sodass wir gezielt das für uns passende Material auswählen können”, so der Gründer abschließend.


*Disclaimer: Das Startup-Porträt erscheint in Kooperation mit Austria Wirtschaftsservice (aws)

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