20.02.2017

Pioneers: “Wir beraten Regierungen & Regionen im Umgang mit dem digitalen Wandel”

Digitalisierung polarisiert, so viel ist klar. Einerseits tun sich viele Chancen auf, andererseits ist die Verunsicherung groß, vor allem beim Thema Arbeitsplätze in der Zukunft. Andreas Tschas und sein Pioneers Team tragen, in Zusammenarbeit mit Regierungen und Regionen, dazu bei, eine positive Zukunftsvision für die Gesellschaft zu gestalten.
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Pioneers will Consulter für Regierungen und Regionen werden. upslim-fotolia.cm

Die Vorbereitungen für das sechste Pioneers Festival in der Wiener Hofburg sind in vollem Gange. Doch die Veranstalter sind zusätzlich mit einem ganz anderen Projekt beschäftigt. Pioneers Co-Founder und CEO Andreas Tschas erzählt dem Brutkasten, was die Zukunft bringen soll, sowohl für sein Unternehmen, als auch für die Gesellschaft.

Regionen und Regierungen auf die Zukunft vorbereiten

Andi Tschas, CEO von Pioneers

“Es gibt aktuell kein positives Zukunftsszenario, vor allem auf politischer Ebene. Studien, die besagen, dass 50 Prozent der Jobs verschwinden werden, bestärken die allgemeine Angst und Verunsicherung zusätzlich”, sagt Andreas Tschas. Pioneers möchte deshalb ein positives Zukunftsszenario mitprägen. “In vielen Regionen schlummert wahnsinnig viel Know-How zu regionalen Themen, zum Beispiel Tourismus. Es fehlt jedoch der Zugang zu Zukunftstechnologien bzw den entsprechenden Firmen. Wir nutzen unser Netzwerk und unsere Expertise, um die Regionen oder Städte mit jenen Unternehmen und Startups zusammenzubringen”, berichtet Tschas weiters. Dass es sich hier um eine weitsichtige Vision handelt, ist klar erkennbar. Auf Dauer werden auch die Bildungseinrichtungen miteingebunden werden müssen.

“Es gibt aktuell kein positives Zukunftsszenario, vor allem auf politischer Ebene.”

Testläufe in Kärnten und der Schweiz

Da junge Menschen die ländlichen Gegenden aufgrund von Perspektivenlosigkeit verlassen, will Tschas genau dort ansetzen: Wie kann man in kleinen Orten den Grundstein für Jobs legen, die auch in der Zukunft benötigt werden. “In Villach gibt es einen Mikroelektronik-Cluster. Vielleicht kann sich hier ein Hub für Innovationen dieser Branche entwickeln. Ökoinnovationen haben in Kärnten einen großen Stellenwert, diese Kombination bietet sich deshalb perfekt an”, erklärt Tschas.  Den zweiten “Testlauf” startet Pioneers im Schweizer Region Engadin. Seit Jahrzehnten lebe man dort von Tourismus und Wintersport. Mit Hilfe von Pioneers sollen sich nun im Kanton Graubünden innovative Unternehmen ansiedeln – beispielsweise ein Startup, das an VR-Lösungen für Skibrillen arbeitet oder Entwickler einer neuen Form von Kunstschnee. Beide Seiten passen zusammen, man müsse es ihnen nur sagen, meint Tschas.

Redaktionstipps

Ökosystemstudie in Kärnten

Landeshauptmann Peter Kaiser. (c) Gernot Gleiss

In einem ersten Schritt wurde Pioneers von der Kärntner Landesregierung, auf Initiative von Landeshauptmann Peter Kaiser beauftragt, eine Ökosystem-Studie in Kärnten durchzuführen. Der dafür notwendige Beschluss der Landesregierung war einstimmig. Untersucht werden sowohl bestehende Stärken als auch Schwächen im Bereich Startups und neue Technologien. Aus dem Ergebnis sollen Handlungsempfehlungen abgeleitet werden. Die Ideen reichen unter anderem von einem detaillierten Cluster-Konzept bis hin zu einem eigenen Pioneers-Event in Kärnten. “Arbeitsplätze sichern, neue Arbeitsplätze schaffen – Wir möchten die Weichen für künftige Arbeitsmarktanforderungen  im Rahmen der Digitalisierung frühzeitig stellen”, sagt Kaiser.

+++Pioneers vernetzt Startups mit Autoherstellern in München+++

Überalterung und Abwanderung in der Schweiz

“Praktisch alle Schweizer Bergregionen kämpfen mit Bevölkerungsabwanderung und Überalterung. Zusätzlich hat auch das Zugpferd Tourismus während der vergangenen Jahre gelitten. Es benötigt Visionen, um unsere lange touristische Tradition und die wunderschöne Landschaft mit den Bedürfnissen der lokalen Unternehmen und den digitalen Anforderungen der Gäste zu kombinieren”, sagt Regula Frei von der “Regionalentwicklung Region Maloja und Bernina”. Pioneers hat die Lage vor Ort analysiert. Den Grundstein für die zukünftigen Herausfoderungen soll ein Hackathon legen – der “Alpine Toursim Hack“. In der Schweiz zeigt man sich glücklich, die Österreicher als Partner gefunden zu haben: “Im deutsch-sprachigen Raum ist Pioneers ein optimaler Partner. Sie haben sowohl das Netzwerk, als auch das Know-How, um eine Region auf die weltweite Tech-Karte zu bringen.”

“Wir möchten die Weichen für künftige Arbeitsmarktanforderungen  im Rahmen der Digitalisierung frühzeitig stellen”


In der Gemeinde Haag, im niederösterreichischen Mostviertel, ist es ebenfalls eine Zusammenarbeit mit Pioneers in Planung. Genauere Infos gibt es dazu allerdings noch keine.


Best Practice Beispiel Estland

Estland hat bereits vor einigen Jahren einen großen Schritt in Richtung Digitalisierung gemacht. Premierminister Jüri Ratas ernannte den Unternehmer Taavi Kotka zum “CIO von Estland”. Kotka hat in weiterer Folge alle bürokratischen Abläufe des Verwaltungsapparates digitalisiert. Sowohl Steuererklärungen als auch Unternehmensgründungen sind in Estland Angelegenheiten von weniger als 15 Minuten. Um eine estnische Firma zu gründen, kann man sogar “elektronischer Staatsbürger” werden. Auch in den Schulen gibt es einen interessanten Zugang zur Sache. In einem Pflichtfach gilt es zu wählen zwischen Programmieren oder Schach. Mit dem CIO von Estland veranstaltete Pioneers kürzlich in Partnerschaft mit dem Global Incubator Network ein Ecosystem-Meetup mit 100 ausgewählten Schlüsselfiguren der Szene in Hong Kong, um dieses Best Practice Beispiel zu besprechen. An zukünftigen Projekten mit Hong Kong, um die Stadt global attraktiver zu machen, wird bereits gearbeitet.

“Wir nutzen unser Netzwerk und unsere Expertise, um die Regionen oder Städte mit jenen Unternehmen und Startups zusammenzubringen.”

“Zacher Übergang zahlt sich auf lange Sicht aus”

Im Jahr 2009 startete das Projekt Pioneers. “Damals sprach noch niemand über Startups. Wir waren aber bereits damals von den technologischen Möglichkeiten fasziniert und haben es uns zur Aufgabe gemacht, die Welt ein Stück zu verbessern”, sagt Tschas. Nach sieben Jahren macht sich beim Team jedoch Ernüchterung breit. Die technischen Möglichkeiten seien sensationell, die Menschheit nutze sie in erster Linie aber immer noch zur Effizienzsteigerung und für Produkte, die eigentlich niemand braucht. “Wir möchten uns wieder mehr auf die wahren Pioniere konzentrieren – die, die Bahnbrechendes erreichen und das wird man am nächsten Pioneers Festival sehen.” Den Ängsten der Menschen ist sich Tschas natürlich bewusst, er versucht dem aber etwas Positives abzugewinnen: “Es gibt Maschinenjobs, die ohnehin niemand machen will und vielleicht auch bald niemand mehr machen muss. Wir haben dann wieder mehr Zeit uns mit dem Menschen ansich zu befassen – intellektuelle, kreative oder zwischenmenschliche Themen, kann ein Computer niemals ersetzen. Betrachtet man die industriellen Revolutionen der Vergangenheit, ist die Menschheit auf lange Sicht immer besser dagestanden, die Übergänge waren halt zach. Und diesen Übergang gilt es jetzt zu meistern.

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Rechtsanwalt Christian Nordberg | (c) Nordberg

Mitten in der österreichischen Startup-Szene sorgte das Quantencomputing-Unternehmen ParityQC im April diesen Jahres für Aufsehen: Das Unternehmen rund um Wolfgang Lechner und Magdalena Hauser sicherte sich ein Investment der B&C Innovation Investments GmbH, die mit einem nicht genannten Betrag beim Spin-off einstieg. Laut einer Aussendung der Uni Innsbruck und der Österreichische Akademie der Wissenschaften erreichte ParityQC eine Bewertung vergleichbar mit US-börsennotierten Quantenunternehmen. Diese Bewertungen bewegten sich zum damaligen Zeitpunkt meist im niedrigen neunstelligen Bereich. (brutkasten berichtete).

Aber wie läuft ein solcher Deal ab, insbesondere wenn es um hochsensible Technologien wie Quantencomputing geht? brutkasten hatte die Gelegenheit, mit Christian Nordberg, dem Rechtsanwalt, der die Transaktion rechtlich begleitet hat, zu sprechen. Nordberg liefert Einblicke in die Dynamik einer solchen Finanzierung, die Rolle der IP-Rechte und die rechtlichen Rahmenbedingungen. Zudem liefert Nordberg auch Tipps für Startups, die sich in einer Finanzierungsrunde befinden.

Die Ausgangslage im Fall von ParityQC

Das 2019 gegründete Unternehmen ParityQC hat sich in kürzester Zeit einen Namen in der internationalen Quantencomputing-Szene gemacht. Die Gründer Wolfgang Lechner und Magdalena Hauser entwickelten ein einzigartiges Architekturmodell für Quantencomputer, das speziell auf Optimierungsprobleme ausgerichtet ist. Diese Technologie ist in der Lage, komplexe Probleme schneller und effizienter zu lösen als herkömmliche Systeme – ein entscheidender Vorteil in Bereichen wie Logistik, Energienetzwerken und Finanzmärkten.

Anders als viele Startups, die oft Jahre brauchen, um profitabel zu werden, hatte ParityQC in der Phase der Finanzierungsrunde bereits eine starke finanzielle Basis. Dank renommierten Kunden wie NEC ist das Unternehmen nach eigenen Angaben seit 2023 profitabel – eine Seltenheit in der Quantenbranche (brutkasten berichtete).

“Ein Unternehmen wie ParityQC, das bereits operativ erfolgreich ist, hat natürlich eine viel bessere Verhandlungsposition gegenüber Investoren als ein Startup in der Frühphase, das dringend Kapital benötigt,“ erklärt Nordberg. Die Profitabilität und die bereits bestehende Kundenbasis gaben dem Unternehmen eine gewisse Unabhängigkeit und Verhandlungsmacht.

Die Bedeutung von IP-Rechten

In der hochspezialisierten Welt des Quantencomputings kommen rechtliche Herausforderungen, wie die Bewertung und Absicherung geistigen Eigentums, besonders stark zum Tragen. Bei einer Due-Diligence-Prüfung wird das gesamte Unternehmen auf Herz und Nieren geprüft – von den finanziellen Aspekten über das Geschäftsmodell bis hin zu den IP-Rechten.

Nordberg erklärt: „Für den Investor steht die Frage im Vordergrund, wie gut die einzigartigen Technologien von ParityQC rechtlich geschützt und risikominimiert werden können.“ IP-Rechte, insbesondere bei einer technologischen Innovation, die wie bei ParityQC eine Zukunftsbranche vorantreibt, sind ein entscheidender Faktor, um das Investment langfristig abzusichern.

In diesem Fall wurde ein technischer Berater hinzugezogen, der die Patente und Technologien im Detail analysierte. Neben dem rechtlichen Schutz ist es hier wichtig, dass der Inhalt und die Funktionsweise der Technologie verstanden werden. “Bei Quantencomputing war das auch für uns als Kanzlei eine besondere Herausforderung, da es sich um hochkomplexe technologische Entwicklungen handelt”, so Nordberg.

Weit mehr als reine Paragraphen

Die Rechtsberatung spielte in der Verhandlungsphase von ParityQC eine zentrale Rolle. Neben der Prüfung der rechtlichen Aspekte war es für Nordberg und sein Team essenziell, das Unternehmen durch die Verhandlungen zu begleiten und strategisch zu beraten. Der Unterschied zu größeren Unternehmen besteht oft darin, dass Startups keine eigenen Rechtsabteilungen oder Corporate-Strukturen besitzen. “Bei ParityQC war das zwar nicht der Fall, Startups in der Frühphase benötigen allerdings oft nicht nur rechtliche, sondern auch strukturelle Unterstützung, um den Anforderungen von Investoren gerecht zu werden“, betont Nordberg.

Die Anforderung an den Rechtsberater ist nicht nur eine klassische Rechtsberatung zu liefern, sondern auch ein Verständnis für unternehmerische Abläufe mitzubringen. “Wenn Startups Unterstützung bei Verhandlungen benötigen, dann geht es häufig auch darum, die Verhandlungsposition zu stärken und sicherzustellen, dass das Startup langfristig von der Partnerschaft mit dem Investor profitiert,“ erklärt Nordberg.

Ein zusätzlicher, oft unterschätzter Aspekt sind dabei die vertraglichen Feinheiten, die sich aus der Investmentrunde ergeben. Hierzu zählt etwa der Gesellschaftsvertrag, der neu aufgesetzt wird, um Investoren Mitsprache- und Vetorechte einzuräumen, ohne dabei die Gründungsgesellschaften in ihrer zukünftigen Geschäftsentwicklung zu stark einzuschränken.

Tipps für Startups in Finanzierungsphasen

Nordberg gibt zudem auch Ratschläge für Startups, die sich in einer Finanzierungsphase befinden. „Investoren wollen sehen, dass ein Startup eine gewisse Struktur aufweist, da dies Vertrauen schafft“, betont er. Dabei gehe es keinesfalls darum, die Atmosphäre eines Konzerns zu simulieren, sondern vielmehr darum, grundlegende Prozesse und Abläufe klar zu definieren. “Wenn ein Startup strukturiert auftritt und den genauen Finanzierungsbedarf kennt, zeigt das den Investoren, dass sie es mit einer professionellen Organisation zu tun haben,“ so Nordberg.

Ein weiterer Tipp des erfahrenen Anwalts betrifft die Wahl des Investors. Hier sollten Gründer:innen darauf achten, dass der Investor zur Unternehmenskultur und den Zielen passt. Neben dem finanziellen Beitrag sind es oft die Netzwerke, Branchenkenntnisse und die Unterstützung bei der Weiterentwicklung des Produkts oder der Dienstleistung, die ein Investor bieten kann. “Ein Startup sollte sich gut überlegen, ob der Investor lediglich Kapital bereitstellt oder auch strategischen Mehrwert bringt,“ erklärt Nordberg.

Arbeit mit Startups erfordert Dynamik und Flexibität

Nordberg teilt zudem auch seine persönlichen Learnings. Für Rechtsanwälte, die sich mit Startup-Beratung beschäftigen, bringt diese Arbeit eine besondere Dynamik und Flexibilität mit sich. Die oft noch jungen Gründer:innen sind stark auf die Entwicklung ihrer Produkte und Ideen fokussiert, und Rechtsberatung muss daher effizient und verständlich sein. „Die Gründer haben selten die Zeit und Kapazität, sich in komplexe juristische Details einzuarbeiten. Da ist es unsere Aufgabe, sie praxisnah und lösungsorientiert zu unterstützen,“ sagt Nordberg.

Abschließend betont Nordberg, dass es für die österreichische Gründerszene ein positives Signal sei, dass ein so komplexes Thema wie Quantencomputing in Österreich erfolgreich im Zuge einer Eigenkapitalrunde finanziert werden konnte. Der Anwalt ist überzeugt, dass derartige Deals dazu beitragen, den Innovationsstandort Österreich zu stärken. Mit seiner Kanzlei sieht er sich gut aufgestellt, um weiteren Startups den Weg durch die komplexe Welt der Investorengespräche zu ebnen – eine Rolle, die in einer wachsenden Startup-Landschaft immer wichtiger wird.


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