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Im PYD (Pimp your Doll)-Standort in Attnang-Puchheim finden Menschen mit Behinderung Zugang zur eigenen Sexualität mit lebensechten Silikon-Puppen. Silke Mairinger und Gründer Jürgen Kirchgatterer wollen das Tabuthema “Sex bei beeinträchtigten Menschen” aufbrechen – brutkasten berichtete.
Pimp your Doll bei „Licht ins Dunkel“
Das Unternehmen startete seine Arbeit im November 2023 und hat seitdem bemerkenswerte Erfolge erzielt. “Medial sind wir mittlerweile deutlich präsenter, und es ist schön zu sehen, dass das Interesse an unserem Projekt wächst. Besonders stolz sind wir darauf, dass ‚Licht ins Dunkel‘ mit uns zusammenarbeitet. Wir wurden von den Initiatoren eingeladen, unser Anliegen und Projekt vorzustellen und gleichzeitig eine Host-Rolle zu übernehmen. Das ist für uns eine große Ehre und ein wertvoller Schritt in die richtige Richtung”, sagt Kirchgatterer. “Außerdem hatten wir bereits zwei Speaker-Auftritte bei ‘TEDx Donauinsel’, was uns eine großartige Plattform geboten hat, um unsere Botschaft zu verbreiten.”
Sieg bei WSA-Awards 2024
Ein besonderer Meilenstein für das Startup war zudem der Gewinn des WSA-Awards 2024 in der Kategorie “Inclusion und Empowerment”. “Dieser Preis hilft uns, noch mehr Sichtbarkeit zu erlangen und unsere Anliegen in die Öffentlichkeit zu tragen”, so der Founder weiter. “Hier wurden die Veranstalter auf unsere Homepage und Social-Media-Auftritte aufmerksam und luden uns ein, uns für den Preis zu bewerben. Wir haben dies gerne getan, und die freudige Überraschung über den Gewinn war überwältigend. Der Preis hat für uns eine große Aussagekraft – er bestätigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind und dass die Rechte, Wünsche und Anliegen von Menschen mit Behinderungen in all ihren Facetten gehört, gesehen und wahrgenommen werden.”
Pimp your Doll hatte seit dessen Bestehen von der hohen Politik wenig Unterstützung für ihr Projekt erhalten, wie Kirchgatterer und Mairinger im Vorjahr erzählt haben. “Leider hat sich in der politischen Landschaft bezüglich der Sexualität von Menschen mit Behinderungen nicht viel verändert”, präzisiert die Oberösterreicherin den Status Quo. “Wir haben glücklicherweise einige mutige und couragierte Unterstützer in den kleineren Parteien, die sich für unsere Anliegen einsetzen. Die großen Parteien hingegen bleiben in diesem Bereich nach wie vor taub und stumm; hier wird oft nur an der Oberfläche gekratzt. Es scheint, als hätten viele Entscheidungsträger nicht verstanden, was Inklusion wirklich bedeutet.”
Für Pimp your Doll ist die Bedeutung dieses Begriffes jedoch klar: Menschen mit Behinderung Zugang zur eigenen Sexualität (mit lebensechten Silikon-Puppen) zu bieten und Gewaltprävention zum Thema zu machen, wie beide im Vorjahr erklärt haben. Daneben sei auch die geschlechtliche Aufklärung ein weiteres großes Thema. “Sexualität umfasst viel mehr als nur den Geschlechtsakt – es ist ein breites Spektrum, das sowohl Beratung als auch die Möglichkeit des Auslebens erfordert. Besonders freut uns, dass wir zunehmend Anfragen von Sexualpädagog:innen in Ausbildung für Praktika in unserer Einrichtung erhalten”, erzählt Mairinger.
Menschen etwas offener
Insgesamt würden Menschen mittlerweile etwas offener auf das Startup zugehen. Betroffene Personen sowie deren Angehörige oder Erwachsenenvertreter täten sich jedoch nach wie vor schwer bei diesem Thema. Wichtig sei es, weiterhin zu vermitteln, dass “Sexualität etwas Natürliches und Gutes ist, das zum Leben dazugehört und für das man sich nicht schämen müsse”.
Kirchgatterer hatte für sein Startup Franchise-Pläne, die sich bislang noch nicht verwirklicht haben, da die nötigen Geldmittel fehlen. “Leider hat ein Crowdfunding nicht den erhofften Erfolg gebracht”, sagt er. “Umso mehr freuen wir uns, dass viele, die investiert haben, ihre Beiträge in Spenden an unseren Verein Inklusions-Brücke umgewandelt haben. Das zeigt, dass es ihnen wirklich eine Herzensangelegenheit war. Der Verein unterstützt das Projekt PYD und somit die Menschen mit Behinderungen, die uns benötigen. Es bleibt jedoch nach wie vor unsere Vision flächendeckend in Österreich zu etablieren.”
Pimp your Doll bei „2 Minuten 2 Millionen“
Ein Schritt dabei: Awareness steigern. So etwa beim Auftritt bei “2 Minuten 2 Millionen”, der deswegen zustande kam, weil man nach einer Online-Bewerbung zum 4Gamechangers-Festival eingeladen wurde, um vor Ort einen Probe-Pitch zu halten. Dieser gelang und der Weg in die TV-Show öffnete sich plötzlich.
Vor der TV-Bühne gab es von den sechs Investor:innen kein Investment, da das Geschäftsmodell als zu wenig gewinnbringend angesehen wurde und, laut Kirchgatterer, die Juror:inenn Skrupel hatten, “mit dem Thema Sex Geld zu verdienen”. Dafür gab es eine Zusage einer großzügigen Spende für den Verein “Inklusions-Brücke”, wobei sich bis heute nichts konkret materialisiert hat.
“Die Investoren warten darauf, dass unser Verein spendenbegünstigt wird (Anm.: eine Spendenbegünstigung regelt, unter welchen Voraussetzungen Spenden beim Zahler als Betriebsausgaben oder Sonderausgaben einkommen- bzw. lohnsteuermindernd zu berücksichtigen sind), was die Situation spannend hält”, erklärt der Founder die Verzögerung. “Da es keinen Deal in dem Sinne gab, ist er auch nicht geplatzt. Aber so schön und einfach es sich auf der Bühne beim Auftritt angehört hat, ein ‚Gebt mir nach der Sendung die Kontonummer und wir werden was zustande bringen‘, ist es dann doch nicht. Es ist eben eine Show. Dennoch sind wir optimistisch und freuen uns auf die nächsten Schritte.”
Inklusion im Sozialstaat
Zu diesen gehören weiterhin mit “Entschlossenheit und Leidenschaft” das Thema “Sex und Behinderung” zu verbreiten, unabhängig davon, ob man Kapital aus der Sendung erhält oder nicht. “Wir werden auf jeden Fall weiterkämpfen, bis uns die Luft ausgeht – bis zum letzten Atemzug”, sagen Mairinger und Kirchgatterer. “Wir sind guter Dinge, dass wir noch viel bewirken können, denn Inklusion sollte in einem sozialen Staat wie dem unseren, konsequent umgesetzt werden.”