05.09.2019

Philipp Tropper: “Kenne keinen guten Geschäftsführer, der nicht gescheitert ist”

Philip Tropper war auf Auslandsreise in Japan, als seine Firma Direct Sales Insolvenz anmelden musste. Im Gespräch mit dem brutkasten spricht der Gründer offen über die schwierige Zeit. Er erklärt, wie er sich aus dem "Sumpf wieder selbst hochziehen konnte" und was er aus dem Scheitern gelernt hat.
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Insolvenz, Philip Tropper, Japan, Direct Sales, Learnings
(c) brutkasten/ Sergio Mechelk - Mediclass-Head of Sales Marketing Philip Tropper erzählt von der Insolvenz seiner Sales Agentur Direct-Sales.

Japan, 3 Uhr früh. Direct-Sales-Gründer Philip Tropper erhält einen Anruf von einem seiner Gesellschafter. Eine interne Prüfung des Unternehmens habe ergeben, dass sich finanzielle Verbindlichkeiten nicht mehr ausgehen. Die Firma muss Insolvenz anmelden und sich (inklusive Freelancern) von 15 Mitarbeitern trennen.

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“Mit jedem neuen Kunden neue Mitarbeiter”

Eigentlich hatte alles gut begonnen. Tropper hat die Sales-Agentur Direct Sales 2014 gegründet und ein Jahr später begonnen, sie so richtig aufzubauen. “Mit jedem neuen Kunden, waren neue Mitarbeiter nötig”, erzählt Tropper. Innerhalb eines Jahres hatte das Startup rund zwölf Angestellte und weitere freie Beschäftigte.

“Dann ging ein großer Kunde in Konkurs und hinterließ Altlasten”, erklärt der Founder. In der Zeit danach merkte er, dass Monat für Monat finanziell ein Loch entstand – und in knapp drei Monaten doppelte Gehälter fällig wären.

Insolvent in Japan

Zu dieser Zeit war Tropper sehr viel auf Reisen, wie er sich erinnert. Als dann der Anruf kam, musste eine Entscheidung getroffen werden. “Es war nicht optimal, da ich mit meiner jungen Familie in Japan war. Meine damalige COO stellte folglich den Insolvenz-Antrag”, sagt er: “Es musste schnell gehen, damit wir nicht in die Insolvenzverschleppung geraten”.

Das war Ende 2017. Nach dem Telefonat musste sich der Gründer zuerst fassen und die Realität der Insolvenz anerkennen. “Ich dachte mir dann einfach, ‘es ist so’ und bin nach der Entscheidung ins Bett gegangen. Ich konnte nicht mehr tun. Erst am nächsten Tag kam das Gefühl des Scheiterns so richtig auf”.

Kein böses Blut

Wo andere womöglich alleine in einem fremden Land der Verzweiflung und Scham nachgeben, so konnte sich Tropper glücklich wähnen, wie er sagt, stets gute Mentoren gehabt zu haben. Deren Lektionen und Sätze halfen ihm in dieser schwierigen Zeit dabei, das Erlebte zu verarbeiten: “Sie brachten mir bei, dass jeder einmal scheitert. Ich selbst muss ehrlich sagen, ich kenne keinen guten Geschäftsführer, der nicht einmal gescheitert ist”, sagt er.

Zurück im Lande folgten Gespräche mit Gläubigern, die relativ reibungslos verliefen: “Wir haben ihnen die pure Wahrheit gesagt. Es gab kein böses Blut. Auch die Geschäftspartner haben sehr gut reagiert”, sagt Tropper. Mitarbeiter mussten gekündigt werden, wobei der Gründer darauf achtete, so viele wie möglich weiter zu vermitteln. An eine Fortführung des Geschäftsbetriebes (und an einem Sanierungsplan) war Tropper nicht mehr interessiert.

“Es gab zwei Kaufangebote. Aber ich wollte die Firma nicht für einen ‘Notgroschen’ verscherbeln. Zudem hätte ich Geschäftsführer bleiben müssen, und das wollte ich nicht mehr,” sagt er: “Vielleicht war ich das einfach nicht damals”. Heute würde er einige Dinge anders machen.

Learnings aus der Insolvenz

“Es ist sehr wichtig, dass es einen regelmäßigen Cash-Flow gibt, den man täglich im Auge behalten muss. Zudem würde ich einen Mitarbeiter einstellen, der sich mit Leidenschaft diesen Dingen widmet, die man nicht kann. Etwa wenn man selbst nicht der ‘Zahlentyp’ ist. Außerdem würde ich nicht mehr alleine gründen. Und auf eine verbesserte interne wie externe Kommunikation achten”, sagt Tropper zu seinen Learnings. Das Stichwort hierbei sei schlicht und einfach “people management”, sowie der Fokus auf die eignen Stärken und Schwächen.

Aus dem Archiv: Heute ist der Gründer  Head of Digital Sales und Marketing bei Mediclass Gesundheitsclub Wien und plant eine Wachstumsoffensive und die Revolution am Gesundheitsmarkt, wie er dem brutkasten erzählt

 

⇒ Mediclass

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Die Verwendung von Kohlefaser in der Industrie hat in den letzten Jahren stark zugenommen – insbesondere in Bereichen wie der Luft- und Raumfahrt, dem Automobilbau und der Windenergie. Kohlefaser überzeugt durch ihre hohe Festigkeit bei geringem Gewicht, doch ihre Herstellung ist ressourcenintensiv und teuer. Ein großes Problem stellt der hohe Verschnitt bei der Produktion dar: In der Industrie landen im Durschnitt bis zu 30 Prozent der Rohstoffe im Abfall. Diese Materialverluste sind nicht nur ökonomisch ineffizient, sondern auch aus ökologischer Sicht problematisch, da Kohlefaser biologisch nur schwer abbaubar ist.

Carbon Cleanup setzt auf KI

Das 2020 gegründete Linzer Startup Carbon Cleanup rund um Gründer Jörg Radanitsch hat sich diesem Problem angenommen und zum Ziel gesetzt, Kohlenstofffasern aus Industrieabfällen aufzubereiten und wiederverwendbar zu machen. Konkret hat das Startup eine mobile Aufbereitungsanlage entwickelt, um Carbonfasern direkt vor Ort beim Kunden aufzubereiten. 

Zum Herzstück der Anlage gehört nicht nur die mechanische Aufbereitung der Kohlenstofffasern. Im Hintergrund läuft auch eine Software, die eine KI-gestützte visuelle Erkennung der zugeführten Rohstoffe ermöglicht.

“Wir haben ein KI-generiertes Datenblatt entwickelt, das automatisch die Charakteristika von eingehendem Material erkennt und den Wert des Rezyklats bestimmt“, so Radanitsch. “Bevor das Material in unsere Anlage kommt, wissen wir schon, welche mechanischen Eigenschaften es haben wird. Das ist entscheidend für die Qualität und den Marktwert des Endprodukts.”

Gründer Jörg Radanitsch | (c) Carbon Cleanup

Entwicklung der zweiten Generation an Anlagen

Während die erste Anlage des Unternehmens für R&D-Zwecke dient und über eine Kapazität von 30 Tonnen pro Jahr verfügt, konnte das Unternehmen über den Sommer eine zweite Anlage in Betrieb nehmen. „Unsere zweite Anlagengeneration ist im August fertiggestellt worden. Die Produktionskapazität ist dreimal so hoch wie bei unserer ersten Anlage. Damit sind wir jetzt in der Lage, deutlich mehr und auch verschiedene Kompositabfälle zu verarbeiten.“

Besonders stolz ist Radanitsch auf die gestiegene Materialqualität: „Das neue Aggregat ist viel stärker, was uns mehr Flexibilität bei der Verarbeitung der Materialien gibt. Wir können jetzt eine Vielzahl an Abfällen effizienter recyceln, was die Qualität der Produkte erheblich verbessert.“

Ein wichtiger Baustein für den Erfolg von Carbon Cleanup war die Unterstützung durch die Austria Wirtschaftsservice (aws). “Das Seed-Financing der Austria Wirtschaftsservice hat uns erlaubt, nicht nur unsere Forschung und Entwicklung voranzutreiben, sondern auch in Marketingaktivitäten zu investieren, die für uns als Hardware-Startup besonders wichtig sind“, erklärt Radanitsch.

Luftfahrtindustrie und Kooperation mit KTM Technologies

Eine der spannendsten Entwicklungen bei Carbon Cleanup ist der Einsatz ihrer recycelten Materialien im 3D-Druck, besonders in der Luftfahrtindustrie. “Wir liefern im Tonnenmaßstab Kunststoffgranulate, die mit unserer Rezyklatfaser verstärkt sind. Diese werden in großen 3D-Druckern verwendet, um Formen zu bauen, die dann für die Produktion von Flugzeugteilen genutzt werden”, so der Gründer.

Zudem arbeitet Carbon Cleanup mit dem österreichischen Motorradhersteller KTM zusammen. Gemeinsam arbeiten beide Unternehmen an einem geschlossenen Materialkreislauf, bei dem Post-Consumer- und Post-Industrial-Abfälle von KTM Technologies recycelt und für die Herstellung neuer Bauteile genutzt werden. Spezifisch handelt es sich um das Recycling der Teile des Rennmodells “X-Bow GT2”, dessen Rahmen zu 100 % aus Carbonfasern besteht. Durch Unfälle entsteht eine große Menge an beschädigtem Material, das normalerweise als Abfall betrachtet wird. Mit der Partnerschaft von KTM und Carbon Cleanup wird dieses Material zurück in den Kreislauf gebracht. 

(c) Carbon Cleanup

“KTM Technologies war von Anfang an ein Vorreiter. Sie testen unsere recycelten Materialien bereits erfolgreich in ihren Motorrädern“, betont Radanitsch.

Das Besondere an dieser Kooperation ist das sogenannte Closed-Loop-Material, das zu 100 Prozent aus dem Abfallstrom von KTM Technologies besteht. „Die Herausforderung ist, die Materialien zirkulär zu sammeln und in die Produktion zurückzuführen. Das Sammeln und die Qualität sind dabei entscheidend. Aber wir haben gezeigt, dass wir sogar leistungsfähigere Materialien aus Abfall herstellen können”, so der Gründer.

(c) Carbon Cleanup

Die nächsten Schritte von Carbon Cleanup

Das Geschäftsmodell von Carbon Cleanup basiert derzeit auf zwei Einnahmequellen: Zum einen bietet das Unternehmen Kunden einen Recycling-Service an, bei dem diese für die umweltgerechte Entsorgung des Materials bezahlen. Dafür wurde eine eigene Logistikstruktur aufgebaut. Zum anderen werden die Faserverbundkunststoffe an weitere Abnehmer verkauft. Derzeit liefert das Startup 98 Prozent der aufbereiteten Granulate ins Ausland. “Für eingehendes Material sind die Hauptmärkte neben Österreich vor allem Deutschland und Italien. Der Materialzufluss ist für uns derzeit jedoch kein Engpass, sodass wir gezielt das für uns passende Material auswählen können”, so der Gründer abschließend.


*Disclaimer: Das Startup-Porträt erscheint in Kooperation mit Austria Wirtschaftsservice (aws)

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