20.03.2023

Maderthaner zu New Work: “Kein Cherry Picking, bei dem Arbeitgeber als Idioten übrig bleiben”

Interview. Unternehmer, Berater und Podcaster Philipp Maderthaner spricht im brutkasten-Interview über die Arbeitswelt der Zukunft und erklärt, warum es eine Kombination der Freiheit der Selbstständigkeit mit der Sicherheit einer Anstellung nicht geben kann.
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Business Gladiator Live, maderthaner, ohswald, Schneider,
(c) brutkasten/schauer-burkart - Archivfoto

Dass Philipp Maderthaner wenig zu tun hat, kann man nicht gerade behaupten: Als Juror bei der TV-Sendung “2 Minuten 2 Millionen” hat er sich zwar, wie berichtet, zurückgezogen. Und auch die Geschäftsführung seines “Campaigning Bureau” hat er schon länger an Stefanie Winkler-Schloffer abgegeben. Mit der Politik hat der früher öfter als “Kanzlermacher” bezeichnete Maderthaner ohnehin schon länger nichts zu tun. Langweilig wird Maderthaner aber dennoch nicht.

Mit seinem vor drei Jahren gestarteten Podcast “Business Gladiators” ist er kürzlich in einem Voting des Radiosenders Ö3 am zweiten Platz der beliebtesten Podcasts Österreichs gelandet. Sein Bootcamp geht am 15. Mai in die zweite Runde – mit dem Programm begleitet und berät er acht Unternehmer:innen intensiv.

Und auch live kann man Maderthaner erleben: Am 15. April wird er in der Grand Hall am Erste Campus auftreten: Bei einem Abend, den er als “Gegenprogramm zur ‘Great Resignation'” ankündigt. Vorab war Maderthaner im brutkasten-Büro zu Gast, um über New Work und seine Vorstellungen zur Arbeitswelt der Zukunft zu sprechen.


brutkasten: 4-Tage-Woche, Teilzeit, New Work. Wie stark ist die Veränderung in der Arbeitswelt schon jetzt – und was kommt noch auf uns zu?

Philipp Maderthaner: Wir sind mitten in einem extrem großen Umbruch. Und dieser Umbruch ist noch nicht zu Ende. Wir diskutieren aktuell viele Dinge von Woche zu Woche oder von Monat zu Monat. Aber es hilft manchmal rauszuzoomen und auf die ganz große Entwicklung zu schauen. 

Am Anfang der Industrialisierung vor 400 Jahren stand ein System, in dem Arbeiterinnen und Arbeiter ausgebeutet wurden. Seitdem hat es sehr viele positive Errungenschaften gegeben. Mein Eindruck ist, dass das eine Pendelbewegung ist – und das Pendel geht aktuell in Richtung Arbeiternehmerinnen und Arbeiternehmer. Es kann sein, dass wir es bald mit einer Überforderung von Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern zu tun haben. 

Der Bogen ist noch nicht überspannt, aber wir sind in diese Richtung unterwegs. Am Ende wird es aber kein Cherry Picking geben, bei dem die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber als Idioten übrig bleiben. Die heute oft postulierte Wunschvorstellung ist die Kombination der Freiheit der Selbstständigkeit mit der Sicherheit der Anstellung. Und das wird es nicht geben. Die Freiheit des Unternehmertums ist mit Risiko, Verantwortung und vielen weiteren Dingen verbunden.

Wie wird es jetzt weitergehen?

Das Prinzip von Angebot und Nachfrage gilt auch am Arbeitsmarkt. Aktuell sind wir in einem Arbeitnehmermarkt. Von dort kommt der Druck. Man darf aber nicht vergessen: Wenn der Druck von der Arbeitnehmerseite einen kritischen Punkt übersteigt, werden die ersten Arbeitgeber aus dem Markt aussteigen. 

Ich weiß noch nicht, was am Ende dieses Prozesses steht. Aber wir steuern auf einen Konflikt zu, der dazu führen wird, dass einerseits manche Unternehmen sich diese Entwicklung nicht leisten können. Andererseits werden manche vielleicht keine Lust darauf haben, sich damit zu beschäftigen.

Was heißt das konkret?

Ich habe in den letzten Monaten oft mit Leuten geredet, die am Anfang stehen und sich fragen, ob sie ihr Business wirklich mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aufbauen wollen – oder ob es nicht besser ist, das in einem Netzwerk mit selbstständigen Partnerschaften zu denken.

Da kommt also ein Konflikt auf uns zu. Und den wird es auch brauchen, um die Situation aufzulösen. Es wird ein neues Modell brauchen, das viele Dinge berücksichtigt, die aktuell zu Recht diskutiert werden. Menschen haben keine Lust mehr auf sinnbefreite Jobs oder im Job auszubrennen. Damit bin ich zu 100 Prozent einverstanden. Gleichzeitig werden wir aber die andere Seite auch beleuchten müssen – was geht sich aus in einer Wirtschaft, die im Regelfall eher auf knappere Margen zusteuert als auf breitere.

Wie könnte so ein neues Modell aussehen?

Ich bin mir sicher, dass wir bei einem partnerschaftlichen Modell der Leistungsträgerinnen und Leistungsträger landen werden. Leistungsträgerinnen und Leistungsträger sind für mich Menschen mit Ambition, die etwas beitragen wollen und auch immer wieder die Grenzen verschieben wollen. Diejenigen, die sich entscheiden, weiter Leistungsträger zu sein, dürfen in Zukunft mit ‘mehr vom Kuchen’ rechnen. Umgekehrt spielen diejenigen, die den berühmten Dienst nach Vorschrift schieben wollen, ein riskantes Spiel.

Ich hab für mich versucht, so ein Modell zu skizzieren, wie so ein System für ein Unternehmen aussehen könnte. Der innerste Kern des Unternehmens werden die Mitunternehmer:innen sein. Das sind die, die wirklich all in sind. Sie partizipieren am finanziellen Gesamterfolg. Die nächste Zwiebelscheibe sind selbstständige Partner:innen. Die sind mit viel Expertise dabei und partizipieren zum Beispiel am Projekt.

Die nächste Scheibe sind dann Lernende. Das sind Leute, die Mitunternehmer:innen oder selbstständige Partner:innen werden wollen. Die investieren jetzt richtig, um sich das Rüstzeug dafür zuzulegen. Der äußerste Kreis sind dann die rein transaktionalen Beziehungen, bei denen es nur darum geht, den Job zu erledigen. Da wird künftig nicht viel zu holen sein.

Manchmal wird argumentiert, dass Dinge wie der vermehrte Wunsch nach Teilzeit oder einer 4-Tage-Woche nur ein vorübergehendes Phänomen seien, das mit der guten Wirtschaftslage zusammenhänge – und dass sich das mit der nächsten Wirtschaftskrise von selbst erledigen würde. Wie siehst du das?

Ich wage es zu bezweifeln. Wir haben in den letzten Jahren gesehen, wie sich weite Teile der Wohlstandsgesellschaft in ihrer Mentalität entwickelt haben. Heute ist es so: Wenn mir was fehlt, ist mein erster Weg zum Arbeitgeber. Jemand reduziert die Arbeitszeit auf Teilzeit, kommt mit dem Geld nicht aus – und bittet dann in der Folge um Gehaltserhöhung. Diese geht sich nicht aus. Dann ist der zweite Weg zum Staat. Der muss dann einen neuen Gutschein oder eine Prämie erfinden. Aber das sind doch alles keine nachhaltigen Systeme.

Wirtschaft ist ein unglaublich schlichtes Konzept. Was du verdienst, kannst du ausgeben. Punkt. Auf Dauer kannst du nicht mehr ausgeben, als du einnimmst. Das gilt für Staaten. Und das gilt für Unternehmen. Das heißt, wir werden ein Konzept finden müssen, das die Dinge in Balance bringt.

Auch wenn zum Beispiel eine 4-Tage-Woche für manche Unternehmen funktionieren kann – bei anderen funktioniert sie nicht. Margen sind sehr unterschiedlich. Die Art und Weise, wie Wertschöpfung betrieben wird, ist sehr unterschiedlich. Wir brauchen aber ein dauerhaft wirtschaftliches Konzept für alle Branchen.

Welche Rolle spielt die demografische Entwicklung?

Der Geburtenjahrgang, der aktuell in Pension geht, sind 125.000 Leute. Der Geburtenjahrgang, der aktuell ins Berufsleben einsteigt, sind 75.000 Leute. Wenn diese 75.000 Leute dann auch nur 32 Stunden arbeiten wollen, also drei Viertel von dem, was wir vorher hatten – dann brauche ich das nur durchdeklinieren und ich komm auf 40 Prozent der Workforce von vorher. Das wird einen Unterschied machen.

Und wenn es dann heißt, dass man das mit mehr Effizienz kompensieren wird: An einer höheren Produktivität werden wir sowieso nicht vorbeikommen. Aber es wird ein neues Modell geben müssen, das stärker darauf hinausläuft, wo tatsächliche Leistung bezahlt wird.

Wir können uns natürlich darauf einigen, nur den produktiven Einsatz bezahlen und alle leeren Meter dazwischen nicht mehr. Aber das ist im aktuellen System nicht abbildbar, das Arbeitsrecht gibt dieses Modell nicht her.

Apropos Arbeitsrecht. Welche Rolle werden Interessensvertretungen wie Gewerkschaften oder Arbeitsgeberverbände in Zukunft spielen?

Wir erleben an vielen Stellen abstruse Extreme. Es gibt Leute, die kämpfen grad ums nackte wirtschaftliche Überleben. Und auf der anderen Seite gibt es Wohlstandsverwahrlosung. Es gibt eine ganze Generation, die man als Erbengeneration bezeichnet. Aber am Ende wird es auch hier darauf hinauslaufen, dass Angebot und Nachfrage das regeln werden.

Gewerkschafter werden sich wahrscheinlich mit Händen und Füßen gegen ein Konzept wehren, das mehr wie die heutigen Freelancer aussieht, wo man nur tatsächliche Arbeit bezahlt. Das würde man dann als Scheinselbstständigkeit abstempeln.

Gleichzeitig kannst du auch dort nicht ausschließen, dass irgendwann der Druck von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern kommt, in anderen Modellen tätig sein zu wollen. In solchen Systemen bewegt sich aber erst etwas, wenn der Schmerz groß ist. Ich bin recht zuversichtlich, dass wir auf großen Schmerz zusteuern.

Welche Unternehmen werden die Veränderungen in der Arbeitswelt am stärksten treffen?

Große Strukturen haben das größte Problem. Es kommt ein Revival der kleinstrukturierten Wirtschaft. Wenn man 100 Jahre zurückschaut, war es nicht selbstverständlich, dass die meisten Menschen für eine große Company arbeiten – im Gegenteil. Das war eine kleinstrukturierte Wirtschaft.

Die kommt jetzt wieder zurück, aber mit einem um ein Vielfaches höheren Vernetzungsgrad. Und diese kleinstrukturierte Wirtschaft hat die größten Chancen. Wirklich große Konzernstrukturen, die nach wie vor auf dem Prinzip der Ein- und Unterordnung der Bedürfnisse der Menschen aufbauen, haben ein Problem. Das geht dem Ende zu.

Was erwartet Besucher:innen deines Events am 15. April?

Es ist mir wirklich ein innerstes Anliegen, Menschen dazu zu ermutigen, sich aus der Deckung wagen und zu investieren. Und zwar ihre Zeit, ihre Leidenschaft und ihr Herzblut, um etwas zu bewegen und etwas aufzubauen. Für sich selbst, aber auch für andere. Das ist mir ein Herzensanliegen, denn wenn wir unsere Ambition verlieren, verlieren wir alles. Wir sind an diesem Wendepunkte, an dem man nicht weiß, ob es besser ist, sich zurückzulehnen – oder sich nach vorne zu lehnen und Gas zu geben.

Ich lese Interviews mit Menschen, die finden, dass es sich für sie nicht auszahlt, arbeiten zu gehen – oder von Leuten, denen 20 Stunden auch reichen. Diese Menschen nehmen sich die Chance, ihren Ambitionen freien Lauf zu lassen – und damit auch auf viel Glück und Freude im Leben. Ich meine die Erfüllung, etwas zu schaffen, das größer ist als man selber – etwas, das bleibt, das andere Menschen Nutzen stiften und Freude bereitet. Und da möchte ich etwas zünden. 

Deshalb heißt der Abend “Hoch hinaus – jetzt erst recht”. Es ist ein zweistündiges Bühnenprogramm von mir und mit mir live on stage in der Grand Hall der Erste Bank. Ich will die Menschen erreichen, in denen zumindest ein kleines Feuerchen lodert – oder auch gerne ein großes. Gemeinsam zünden wir dann einen Abend ein großes Feuer und senden ein Signal – und zwar dafür, dass es sich lohnt, was zu tun.

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Die Kurstafel:

📈 Bitcoin erstmals über 90.000 US-Dollar

In der Folgewoche hatten wir an dieser Stelle schon das Bitcoin-Rekordhoch thematisiert, das unmittelbar nach den Wahlen in den USA erreicht worden ist. Seither ging es weiter deutlich nach oben - zwischenzeitlich sogar über die 90.000-Dollar-Marke. Auf 7-Tage-Sicht liegt der Bitcoin-Kurs 18 Prozent im Plus. Und das nach einer bereits starken Vorwoche, die schon einen klaren Kursanstieg gebracht hatte.

Der Hintergrund ist klar: Die US-Kryptobranche hofft auf einen Kurswechsel in der Politik, nach dem Donald Trump die Präsidentschaftswahl für sich entschieden hatte. Trump hatte sich im Wahlkampf als Bitcoin- und Krypto-Befürworter positioniert. Dabei hatte er auch immer wieder den Kurs der Biden-Regierung kritisiert. Die Börsenaufsicht unter dem von Biden eingesetzten Behördenchef Gary Gensler war insbesondere in den vergangenen beiden Jahren scharf gegen viele Akteure aus der Branche vorgegangen. 

Gensler wird nun abgelöst werden, so viel ist klar. Wer ihm nachfolgt, ist noch offen. Die Stimmung in der US-Kryptobranche könnte so beschrieben werden: Jede andere Person ist besser als Gensler. Die Hoffnung ist aber natürlich, dass möglicherweise sogar eine explizit krypto-affine Person den Posten erhält. Noch ist dies aber offen. Wie auch vieles andere, was die neue Trump-Regierung angeht. 

Aber es geht nicht nur um die Regierung. Denn gleichzeitig mit den Präsidentschaftswahlen wurden auch zahlreiche Sitze im Senat und im Repräsentantenhaus neu gewählt. Und Auswertungen der US-Kryptobörse Coinbase zufolge reüssierten dabei viele Kandidat:innen, die der Branche aufgeschlossen gegenüber stehen (siehe Crypto Weekly #151). Dies erhöht die Chancen, dass die Regulatorik in den USA in den kommenden Jahren günstiger für die Branche werden wird.

🤔 Wann knackt Bitcoin die 100.000-Dollar-Marke? 

Zusammenfassend kann man sagen: Die US-Kryptobranche hofft auf einen Kurswechsel in der Politik - und damit auf bessere Zeiten. Wirklich Konkretes weiß man aber noch nicht. Der Markt ist aktuell also primär von Hoffnung getrieben. Diese ist durchaus berechtigt, aber eben auch mit viel Unsicherheit verbunden. In den kommenden Wochen und Monaten wird sich nach und nach zeigen, was alles Realität werden wird. Die Position des Chefs der Börsenaufsicht wird dabei sicherlich eines der zentralen Themen sein. Aktuell preist der Markt aber einfach eine Verbesserung gegenüber dem Status Quo ein.

Mit zwischenzeitlich über 90.000 US-Dollar hat sich der Bitcoin-Kurs auch schon der immer wieder beschworenen Marke von 100.000 Dollar angenähert. Im Bullenmarkt von 2021 entstand etwa der Social-Media-Trend, dass Bitcoiner:innen ihre Augen in ihren Profilbildern durch Laseraugen ersetzen - und zwar, so die Ankündigung, bis der Bitcoin-Preis 100.000 Dollar erreiche. 

Im damaligen Cycle war allerdings dann bei knapp über 70.000 Dollar Endstation - und ein “Kryptowinter” brach an, der auch den Bitcoin-Kurs massiv nach unten drückte. Im Zuge des Debakels rund um die Pleitebörse FTX sank er bis auf deutlich unter 20.000 Dollar. Zu diesem Zeitpunkt schien die 100.000-Dollar-Marke völlig unerreichbar.

Zwei Jahre später sieht die Situation ganz anders aus. Nach dem bereits starken Jahr 2023 mit einem Plus von rund 150 Prozent ging es 2024 noch einmal weiter nach oben. Schon im März wurde der Höchststand aus 2021 überschritten. Im November dann neuerlich. Dazwischen lag kein spektakulärer Bullenmarkt, der die Schlagzeilen dominierte - aber nach und nach rückte die 100.000er-Marke plötzlich näher. 

🤭 Warum die Antwort darauf egal ist

Mit einem Bitcoin-Kurs von aktuell knapp unter 90.000 Dollar bräuchte es nur noch einen Kursanstieg von etwas mehr zehn Prozent. Und einen solchen kann es am Kryptomarkt durchaus schon einmal an nur einem (starken) Tag geben. Dass die Marke in den nächsten Wochen überschritten wird, ist also durchaus wahrscheinlich. 

Zeigen wird sich dann aber auch wieder einmal etwas anderes: Dass es sich bei allen vielbeschworenen und genau beobachteten Kursschwellen um völlig willkürlich gewählte Marken handelt, deren Überschreiten in Wirklichkeit keine große Bedeutung hat. Klar, ein Bitcoin-Kurs über 100.000 Dollar ist schon ein Statement und zeigt natürlich auch, wie etabliert Bitcoin mittlerweile ist. Aber das tut ein Bitcoin-Kurs von 99.741 Dollar oder von 102.743 Dollar genauso. Zusammenfassend könnte man also sagen: Die 100.000er-Marke wird früher oder später erreicht werden - es bedeutet nur nichts. 


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