21.02.2018

Petro: Gute Anlage oder “Staats-Shitcoin”?

Venezuela ist weltweit der erste Staat, der eine eigene Kryptowährung ausgibt. Jeder Petro (PTR) ist laut der venezolanischen Regierung mit einem Barrel Rohöl gedeckt. Am ersten Tag kamen 735 Mio. US-Dollar herein.
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Petro Venezuela Scam Shitcoin?
(c) fotolia.com - stefano

“Heute wird eine Kryptowährung ins Leben gerufen, die es mit Superman aufnehmen kann”, sagte Venezuelas Staatspräsident Nicolas Maduro gestern großspurig. Mit “Superman” spielt er auf Widersacher USA und die Leitwährung US-Dollar an. Und bis zu einem gewissen Grad wurde Maduro am ersten Tag des weltweit ersten “Staats-ICO” auch bestätigt: Rund zwölf Millionen des ERC20-Tokens Petro (PTR) wurden am ersten Tag des Pre-Sale verkauft. Das entspricht bei 60 US-Dollar pro Stück 735 Millionen US-Dollar. Das ist für einen ICO beachtlich. Der Plan scheint also aufzugehen.

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Krisengeschüttelt

Doch was ist der Plan? Venezuela kann man gut mit dem in Medien beliebten Wort “krisengeschüttelt” beschreiben. Die Staatswährung, der Bolivar, ist am Boden und wird auch im Land häufig nicht als Zahlungsmittel angenommen. Maduro selbst steht für seinen autoritären Führungsstil im In- und Ausland unter konstanter heftiger Kritik und ist mit Dauer-Protesten konfrontiert. Auch der enorme Ölreichtum des Landes kann nicht entsprechend umgesetzt werden. Der staatliche Ölkonzern PDVSA wird von einigen Rating-Agenturen als teilweise zahlungsunfähig eingestuft. Maduro macht Wirtschaftssanktionen der USA für die Misere verantwortlich.

Auffettung des Staatsbudgets

Und was tut man in so einem Fall im Jahr 2018? Klar, einen eigenen Coin ausgeben. Man erhofft sich durch den Petro einen wirtschaftlichen Befreiungsschlag. Anders gesagt: Der ICO soll Devisen ins Land bringen. 100 Millionen Petro-Coins sollen in mehreren Schüben ausgegeben werden. Damit käme man beim derzeitigen Preis von 60 US-Dollar, der aber noch schwanken kann, auf sechs Milliarden US-Dollar Gegenwert. Nach Marktkapitalisierung käme der Petro damit derzeit knapp in die Top Ten der weltweiten Kryptowährungen. Und Venezuela würde eine relevante Auffettung seines Staatsbudgets erleben.

Ein Barrel Rohöl pro Petro

Bloß: Was haben Anleger vom Petro? Die venezolanische Regierung gibt eine einfache Losung aus: Jeder Coin sei mit einem Barrel Rohöl aus einem Ölfeld in der Orinoco-Region gedeckt. Dadurch ergebe sich auch der Preis und seine mögliche Schwankung. Bedenkt man die teilweise Zahlungsunfähigkeit des staatlichen Ölkonzerns, kommen aber Zweifel an der Umsetzbarkeit dieser Deckung auf. Auch wird von einigen Experten bezweifelt, dass Venezuela überhaupt über die notwendigen verfügbaren Ölreserven verfügt (Insgesamt wird das Vorkommen auf 300 Milliarden Barrel geschätzt). Letztendlich verlässt man sich in Venezuela wohl eher darauf, dass der Coin auf den Trading-Börsen reüssiert.

Was ist der Zweck des Token?

Doch warum sollte er? Anleger legen immer mehr Wert darauf, dass Coins in ihrem System einen Zweck erfüllen. Der Petro ist ein ERC20-Token, der über die Ethereum-Blockchain läuft. Der Innovations-Wert ist also begrenzt. Es ist keine klare Einsatzmöglichkeit definiert. Der Zweck des Petro könnte sein, sich als starke Parallelwährung in Venezuela zu etablieren, wie es auch von Offiziellen des südamerikanischen Landes angedeutet wird. Das würde jedoch voraussetzen, dass nicht der Großteil davon auf ausländischen Wallets landet – anders wird der ICO aber nicht aufgehen. Und wenn der Coin tatsächlich auf den Trading-Plattformen gut angenommen wird, wird seine Volatilität zum unüberwindbaren Problem im Alltagsgebrauch. Hinzu kommen klare Ansagen aus den USA, zumindest im Land gegen den Petro vorgehen zu wollen.

Fazit: “Shitcoin” mit Potenzial

Fazit: An üblichen ICO-Maßstäben gemessen kann man den Petro-Token-Sale schon fast in die Kategorie “Scam” einordnen. Er scheint letztendlich einzig dem Zweck zu dienen, die venezolanischen Staatskassen zu füllen. Technologisch ist er nichts Besonderes, die Deckung durch Rohöl ist fragwürdig und auch ein sinnvoller Usecase ist nicht auszumachen. Würde ein Unternehmen so einen Coin ausgeben, würde dieser in der Community als “Shitcoin” gelten. Ist der Petro deswegen zum Scheitern verurteilt? Nicht unbedingt, denn wenn er gut angenommen wird, kann er sich dennoch auf den Börsen bewähren und zur brauchbaren Anlage werden. Voraussetzung ist – wie bei jeder Kryptowährung – dass sich genügend Anleger finden, die darauf vertrauen. Der Petro ist also, überspitzt gesagt, ein “Shitcoin” mit Potenzial.

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Die invest.austria conference fand in diesem Jahr wieder im historischen Apothekertrakt von Schloss Schönbrunn statt. Ingesamt zog es laut den Veranstaltern am Mittwoch rund 400 Teilnehmer:innen der europäischen Investitionsszene aus über 20 Ländern nach Wien. Dieses Jahr lag eine besondere Spannung in der Luft. Der Konferenztag markierte nämlich den Ausgang der US-Wahlen, deren Ergebnis auch richtungsweisend für den europäischen und österreichischen Wirtschaftsstandort ist.

Europa braucht Technologiesouveränität

Die Teilnehmer:innen diskutierten über die geopolitischen und wirtschaftlichen Implikationen des Wahlausgangs auf die globalen Märkte. Zahlreiche Expert:innen waren sich einig: Europa steht vor der Herausforderung, seine wirtschaftliche Autonomie stärken zu müssen. Ingo Bleier, Chief Corporates and Markets Officer and Board Member Erste Bank AG, sagte: “Nach dem Ergebnis der US-Wahlen ist klar: Wir brauchen einen neuen Ansatz, um die Wirtschaft in Europa zu fördern – ein wesentlicher Faktor dafür ist der Aufbau starker heimischer Kapitalmärkte innerhalb Europas.”

Auch Markus Lang, Partner bei Speedinvest und Board Member von invest.austria, betonte im Gespräch mit brutkasten die Bedeutung europäischer Technologiesouveränität. Hierfür müssten jedoch in Europa auch die entsprechenden Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit die nötigen Investitionen auch von privater Seite fließen können. “Europa wird in Zukunft stärker auf sich selbst gestellt sein, gleichzeitig entstehen jedoch unter Druck auch Diamanten”, so Lang.

(c) Alexander Müller

Forderung nach einem Dachfonds

Neben den US-Wahlen stand die invest.austria-conference 2024 auch im Zeichnen der Forderung nach einem Dachfonds in Österreich. Unter anderem handelt es sich dabei um eine Maßnahme, die von invest.austria in der Vision 2030 gefordert wird (brutkasten berichtete).

Im Panel zur österreichischen Dachfonds-Initiative betonten Branchenvertreter wie Hubert Cottogni (Europäische Investitionsbank) die wirtschaftlichen Vorteile eines solchen Fonds. Sie machten deutlich, dass insbesondere angesichts der jüngsten politischen Entwicklungen in den USA der Bedarf für einen österreichischen Dachfonds drängender geworden ist. “Die Europäische Kapitalmarktunion ist notwendig für eine größere Autonomie Europas – jetzt mehr denn je, und der österreichische Dachfonds ist ein kritisches Element davon”, so Hubert Cottogni, Director bei der Europäischen Investitionsbank in Österreich.

Im Gespräch mit brutkasten gab zudem Niki Futter, Chairman of the Board bei
invest.austria, einen Einblick in die Lobbyarbeit von invest.austria. “Wir haben mit allen politischen Parteien die ‘Vision 2030’ durchbesprochen”, so Futter. Jetzt gehe es darum, die konkreten Verhandlungsteams und Arbeitsteams zu identifizieren, um gezielt Einfluss nehmen zu können. „Wir haben zwei Ebenen – die Verhandlungsteams, die von den beiden möglichen Partnern in die Gespräche entsandt werden, und dahinter die Arbeitsteams. Wir klären gerade, wer dort konkret sitzt, um unsere politischen Anliegen und Vorschläge entsprechend zu platzieren,” so Futter. Besonders wichtig sei ihm dabei das Thema Dachfonds, das als zentrale Maßnahme zur Stärkung des Standorts gelte.

(c) brutkasten | Martin Pacher

Besonders spannend fand Futter die Bereitschaft des Europäischen Investitionsfonds (EIF), in EU-Mitgliedsländern Dachfonds-Strukturen aufzubauen, wie es bereits in Bulgarien, Griechenland und Portugal geschehen ist. “Wir wissen, dass Politik, Investment und Kapitalmarkt oft schwer in Einklang zu bringen sind. Wenn aber der EIF, der die Rückendeckung der Europäischen Kommission und aller Mitgliedsstaaten hat, in eine Schlüsselrolle bei der Etablierung eines Dachfonds geht, würde uns das vermutlich schneller zu einem erfolgreichen Ergebnis führen”, so Futter.


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