18.09.2023

Peter Filzmaier gibt Tipps zur Unternehmenskommunikation: “Am Ende des Tages stehen alle als dreckig da”

Interview. Peter Filzmaier dekonstruiert normalerweise für seine Zuhörer:innen komplexen Polit-Sprech. Und übersetzt ihn in das, was eigentlich gemeint ist. Für Unternehmen hat der Polit-Profi, der bereits rund 50 Wahlen erklärt hat, den Ratschlag, bei der Kommunikation auf drei zentrale Botschaften zu setzen.
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Peter Filzmaier, Unternehmenskommunikation, Kommunikation, KMUs
(c) A&W - Peter Filzmaier erklärt das Botschaftendreieck.

Peter Filzmaier ist vielen als Polit-Experte aus dem TV bekannt. Mit seinen Aussagen versucht der Professor für Demokratiestudien und Politikforschung Zusehern und Zuseherinnen die eigentliche Bedeutung hinter den Worten von Polit-Profis näherzubringen. Und tut dies oft auf eine süffisante Art und Weise. Doch ist er nicht nur ein bekannter Polit-Analyst, Filzmeier tritt auch als Speaker in Erscheinung – wie kommenden November am Fresh Content Kongress. Dort wird er zum Thema Unternehmenskommunikation sprechen, hat aber im Gespräch mit brutkasten bereits heute Tipps für Unternehmer:innen: die richtige Methodik, Orientierung an der Politik und Proaktivismus.


brutkasten: Herr Filzmaier, sie erwähnten vor kurzem und als Teaser für den kommenden Kongress “Unternehmen bräuchten in der Unternehmenskommunikation drei zentrale Botschaften”. Was meinen sie damit?

Peter Filzmaier: Die Kommunikationsstrategie eines ‘Botschaftendreiecks’ geht auf Dick Morris zurück, der ein Berater von US-Präsident Clinton war. Die Idee dahinter ist, nicht immer wortgleich das Gleiche zu sagen, aber drei strategische Eckpunkte der Kommunikation immer mitzudenken, egal über welches Thema man spricht.

Bitte um eine kurze Erklärung. Um welche Eckpunkte geht es konkret?

Bei Clinton war das erstens ‘Putting People First’, also stets darüber reden, was die Politik – oder eben das Unternehmen – konkret für den einzelnen Menschen bzw. Kunden tut und welchen Nutzen es schafft. Dazu werden oft erfundene Personen beispielhaft herangezogen, sei es als typische Wähler oder in der Wirtschaft als typische Kunden.

Zweitens war Clinton Botschaft ‘Change’ als Veränderung, weil er ja in seinem ersten Wahlkampf der Herausforderer und nicht der Amtsinhaber war. Wer schon Präsident ist, müsste natürlich umgekehrt die Botschaft ‘Stabilität’ kommunizieren. Dasselbe gilt sinngemäß für Unternehmen: Startups stehen für den Wandel sowie Modernität, Flexibilität und Dynamik; Traditionsbetriebe für Kontinuität und Verlässlichkeit.

Drittens propagierte Clinton den Slogan ‘It‘s the Economy, stupid’, um Präsident Bush anhand der schlechten Wirtschaftslage anzugreifen. Das könnte man für Wirtschaftsunternehmen transferieren in ein ‘That’s it: Warum unser Produkt ist einfach besser ist!’ Oder billiger, oder nutzerfreundlicher, oder was auch immer.

Wie hat sich in den letzten Jahren die (auch interne) Kommunikation für Unternehmen verändert? Was ist heutzutage nötig und essentiell, was noch vor einiger Zeit gar nicht Thema war?

Botschaftendreiecke sind für die externe Kommunikation gedacht, doch sollten alle Mitarbeiter und zumindest jene mit Kundenkontakt sie genauso verinnerlicht haben und dementsprechend auftreten. Die beste Firmenwerbung hilft ja nichts, wenn zahlreiche Mitarbeiter parallel dazu irgendwas Anderes über die Firma herumerzählen oder gar auf Social Media schräge Dinge über ihren Job posten.

Sie meinen auch, Unternehmen könnten sich von der Politik in Sachen Unternehmenskommunikation einiges abschauen und von ihr lernen. Wie ist das zu verstehen? Politische Sprache ist ja öfter mal sehr rau und angriffig.

Es stimmt natürlich, dass Unternehmen niemals wie Parteien das Image, ihre eigene Marke und Branche ruinieren sollten, weil sie einander ständig sprachliche Schlammbälle an den Kopf werfen. Da stehen am Ende des Tages nur alle als dreckig da, so wie es den Politikern bereits passiert.

Doch umgekehrt wird kaum irgendwo so viel Zeit und Geld für strategische Kommunikation aufgewendet wie in der Politik. Das macht man dort ja nicht aus Lust und Laune, sondern weil es tatsächlich Wählerstimmen bringt.

Ein Beispiel ist etwa die möglichst exakte und auf Studien gestützte Definition von strategischem Ziel der Kommunikation, Zielgruppen und dazu passenden Kommunikationskanälen. Keine Partei wird auch nur eine Sekunde dafür verwenden, um im Wahlkampf sichere Wähler der Gegenseite anzusprechen. Es geht bloß um die Mobilisierung von Stamm- und Wechselwählern.

Als Vergleich dazu ist es genauso sinnlos, wenn ein Unternehmen mit der kommunikativen Schrotflinte herumläuft, um jede Menge Leute anzusprechen, die ein Produkt sowieso ganz bestimmt nicht kaufen. Wie man das mit der Zielgruppenorientierung als ‘micro targeting’ genau macht, das kann die Wirtschaft durchaus von der Politik lernen.

Kennen sie gute Fallbeispiele gelungener Unternehmenskommunikation?

Ach herrje, was immer ich da als Fallbeispiel nennen würde, löst ja nur den Verdacht aus, ich würde dieses Unternehmen beraten. Oder es sind nicht genannte Unternehmen beleidigt. Oder beides. Also bringe ich solche Beispiele lieber nicht medial.

Doch ganz grundsätzlich geht es mir sowieso um etwas Anderes: Um Großunternehmen mit einem Großbudget für ‘Corporate Communications’ muss man sich hinsichtlich einer professionellen Kommunikation ohnedies wenig Sorgen machen. Mir geht es mehr darum, dass auch KMUs sich im Klaren sein müssen, dass sie in einer Mediengesellschaft leben und ihre Kommunikation genau planen sollten. Denn wenige kommen ins Fernsehen, doch in sogenannten sozialen Medien wird man sehr schnell zum Thema. Da sollte man lieber proaktiv Kommunikationsbotschaften bringen.

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Die HeldYn-Gründerinnen Sabine Niedermüller und Simone Mérey | (c) HeldYn

Das 2022 gegründete Startup HeldYn hat sich auf die Bereitstellung maßgeschneiderter Pflege und Betreuungsdienste spezialisiert. Das Unternehmen bietet professionelle Unterstützung in den Bereichen Pflege, Betreuung, Physiotherapie und Ergotherapie an. Ein besonderes Merkmal von HeldYn ist die Möglichkeit, Pflegekräfte auszuwählen, die die Muttersprache der Kund:innen sprechen. Dadurch soll eine optimale Kommunikation und Betreuung gewährleistet werden. HeldYn wurde von den diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegerinnen Simone Mérey und Sabine Niedermüller gegründet. Sie verfügen gemeinsam über 20 Jahre Berufserfahrung im Gesundheitswesen und leiten als Geschäftsführerinnen das Unternehmen auch operativ.

Sechsstelliges Investment für HeldYn

Das Wiener Pflege-Startup HeldYn hat nun eine sechsstellige Finanzierung erhalten und möchte damit seinen Expansionskurs fortsetzen. Mit Weilburg Ventures GmbH als neuem Lead-Investor plant das Unternehmen, seine Dienstleistungen im B2B-Bereich auszubauen und seine Präsenz in Österreich zu erweitern. Im Zuge der jüngsten Finanzierungsrunde sind auch die Bestandinvestoren mitgezogen –  darunter etwa der ehemalige österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz mit seiner AS²K Beteiligungs GmbH (brutkasten berichtete). Für das Startup handelt es sich um die mittlerweile zweite Finanzierungsrunde.

“Wir haben die Finanzierungsrunde durchgeführt, um den Markt auszubauen. Wir sind nämlich auch in den B2B-Bereich eingestiegen“, erklärt Simone Mérey, Co-Founderin von HeldYn. Neben Dienstleistungen für Privatpersonen bietet das Startup nun auch Services für Spitäler, Hauskrankenpflegeanbieter und Pflegeheime an. “Diesen Markt wollen wir mit dem Investment verstärkt ausbauen“, ergänzt sie.

Zusätzlich plant HeldYn, seine Dienstleistungen in weiteren österreichischen Städten anzubieten. “Wir sind auch nach Salzburg gegangen und fokussieren uns auf den städtischen Bereich, weil wir dort mit unseren Dienstleistungen besonders schnell und effizient agieren können“, so Mérey. Das Hauptquartier bleibt jedoch in Wien, von wo aus alle Prozesse zentral gesteuert werden.

Ausbau des Teams und Fokus auf Österreich

Mit dem neuen Kapital investiert das Unternehmen auch in die Optimierung interner Abläufe. “Unser Ziel ist es, die Prozesse so aufzusetzen, dass wir besser skalierbar werden”, erklärt die Gründerin. In diesem Zusammenhang wurde das Team ebenfalls erweitert. „Wir sind jetzt fünf Mitarbeiterinnen, die sich um Marketing, Social Media und das Backoffice kümmern.“

Die Nachfrage nach Pflegeleistungen wächst in Österreich weiterhin stark, was HeldYn eine klare Wachstumsstrategie ermöglicht. „Der Markt in Österreich ist extrem groß, und unser Konzept funktioniert sehr gut. Daher liegt unser Fokus weiterhin auf Österreich”, so Mérey. Eine Expansion nach Deutschland ist frühestens für 2027 geplant.



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