11.01.2022

Perigee: Burgenländisches Startup möchte mit KI und Algorithmen junge Spender:innen erreichen

Aktuell werden nur fünf Prozent der Spender:innen online angeworben, jüngere Generationen werden schlecht oder gar nicht erreicht. Das Perigee-Gründerteam arbeitet an einer Softwarelösung, die es Spendenorganisationen ermöglichen soll, jüngere Spender:innen online anzuwerben.
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Perigee Gründer Markus Enenkel und Emanuel Rudas
Perigee Gründer Markus Enenkel und Emanuel Rudas | © Perigee

“In den letzten zehn Jahren sind die Kosten für humanitäre Katastrophen um 400 Prozent gestiegen”, sagen die Perigee Gründer Markus Enenkel und Emanuel Rudas. Auslöser dafür sind die steigenden Zahlen an Naturgefahren und politischen Konflikten. Während der Bedarf an Hilfsgelder rasant ansteigt, stellt das Alter der meisten Spender:innen eine Herausforderung für Hilfsorganisationen dar – sie sind über 65 Jahre alt. 

Obwohl die jüngere Generation immer mehr auf den Klimawandel und die dadurch  entstehenden Extremereignisse aufmerksam wird, kommt die konventionelle Art der Spendensammlung über TV, Plakate oder Spendenbriefe und Erlagscheine bei der Jugend nicht mehr an. Dieses Problem hat das Gründer-Duo erkannt und es zu seiner Mission gemacht, mit dem Startup Perigee den Spendenmarkt zu digitalisieren. “Unsere Online-Marketing-Strategie sowie unsere Algorithmen ermöglichen, jene Personen zu erreichen, die sich für bestimmte humanitäre Themen auch tatsächlich interessieren”, erklären die Jungunternehmer.

KI-Einsatz soll kein Privileg bleiben

Die Idee, Spenden online zu lukrieren, hatte das Duo vor vier Jahren. Während eines lockeren Austausches in einem Videocall erkannten die Gründer, dass die Digitalisierung humanitäre Hilfsorganisationen vor gewichtige Herausforderungen stellen wird. Die beiden arbeiteten damals noch an einem anderen Projekt im Non-Profit-Sektor. Damals lebte Enenkel in Bogotà und Rudas in Paris. Dank Enenkels Erfahrungen und seiner Beteiligung an der Harvard Humanitarian Initiative sowie Rudas’ Background als Marketingexperte mit Führungserfahrung in Europa und Nordafrika ergänzt sich das Duo in ihrer Business-Partnerschaft. Zu ihrem aktuellen Perigee-Team gehört der Projektmanager und das IT-Personal. 

“Für diesen Sektor gibt es keine vergleichbare Lösung”, sagen die Gründer und erklären, dass sie ihre Software in enger Zusammenarbeit mit führenden Hilfsorganisationen, dem österreichischen Roten Kreuz sowie mit Hilfswerk International, entwickelt haben. Das Anliegen des Duos ist es, dass Tech-Lösungen mit künstlicher Intelligenz nicht nur ein Privileg für internationale Konzerne bleiben, sondern auch von humanitären Hilfsorganisationen zur Optimierung ihrer Kampagnen eingesetzt werden können. Der KI-Einsatz könnte für die Spenden sammelnden Vereine Steuerverluste reduzieren, neue Zielgruppen erreichen und weitere Spender:innen gewinnen. 

Jüngere Generationen werden schlecht erreicht

Obwohl Hilfsorganisationen im Vorjahr bereits über 90 Mrd. Euro in Europa umsetzen konnten, wurden nur fünf Prozent der Spender:innen online angeworben. “Wir wollen diesem Sektor ein Werkzeug liefern, mit dem sich viele Neuspender:innen generieren lassen. Wir glauben, dass im gesamten Sektor jährlich 30.000 Digital-Kampagnen von Perigee optimiert werden können”, sagen die Jungunternehmer gegenüber dem brutkasten. 

Die Gründer wollen eine Basisversion der eigens entwickelten Algorithmen allen humanitären Usern kostenlos bereitstehen. Damit soll eine zielgerichtete Suche potentieller Spender:innen auf Sozialen Medien ermöglicht werden. Seinen Umsatz möchte das Duo durch Premium-Features generieren, die den Hilfsorganisationen das Kontaktieren von relevanten Usern ermöglichen. 

Online-Marketing-Features für den Spendenmarkt

Das 2019 gegründete Startup finanziert sich aktuell aus Eigenmitteln, Förderungen sowie Business Angels und befindet sich momentan in der Wachstumsphase. Auf die Hilfe von Inkubatoren und Akzeleratoren, wie etwa dem ESA Business Incubation Center im Science Park Graz oder dem Südhub der Wirtschaftsagentur Burgenland, seien die Gründer sehr dankbar. Für den Start möchten sich die Co-Founder auf die Dach-Region fokussieren und zeitnah in andere Länder expandieren. 

“Was wir anbieten sind spezifische Daten zu jedem aktuellen humanitären Thema sowie eine Reihe von Features, die gezielt auf die Bedürfnisse des Sektors abgestimmt sind. Vertrauen spielt da eine große Rolle”, so die Jungunternehmer. Sie möchten die Perigee-Software, die sich gerade in der Pilotphase befindet, 2022 einem größeren Markt zugänglich machen. 

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Sprüche 2024, Startup-Sprüche
(c) Marcella Ruiz-Cruz/Hauser/ WKÖ/Marek Knopp/Neoh/Tractive/Bitpanda/Novritsch/Hadia - Aussagen der Startup-Szene.

Oftmals ist man in der Startup-Szene mit professionellen und wohlüberlegten Aussagen konfrontiert, eng abgestimmt mit PR-Agenturen oder der eigenen Öffentlichkeitsabteilung. Manchmal jedoch brechen Gründer:innen daraus aus und liefern bemerkenswerte Sprüche. Hier eine kleine brutkasten-Auswahl aus diesem Jahr.

Sprüche über “faule Mitarbeiter”, “Naschereien” und “kleine Exits”

“Wir haben nicht die faulen Mitarbeiter bekommen” – Tractive-Gründer Michael Hurnaus gelang heuer ein Meilenstein mit seinem Pet-Tracking-Startup. Er erreichte ein 100 Millionen Euro ARR (Annual Recurring Revenue) und erklärte das u.a. mit der Arbeitsleistung seines Teams und verwies auf die implementierte 4-Tage-Woche. Man habe durch die verkürzten Arbeitszeit nicht Leute bekommen, die wenig arbeiten wollen, sondern sich mit der Firma identifizieren.

“Snickers ist seit jeher mein Lieblingsriegel” – Neoh-Founder Manuel Zellers eigens betitelte Snickers-Alternative des Startups gewann im Rahmen des Sweetie Awards 2024 in der Kategorie Riegel – und wurde von einer Fachjury zum “Top-Snack des Jahres 2024” gekürt. In diesem Zusammenhang gestand der Gründer seine Liebe zu Snickers.

“Wir sollten nicht ins All fliegen, um Selfies zu machen”Carmen Possnig ist Reserveastronautin für die Europäische Weltraumorganisation (ESA) und plädiert bei allen aktuellen und künftigen Weltraum-Tourismus-Aktionen nicht den Fokus auf die Erforschung des Alls zu verlieren.

“Ich hatte Glück, mein Exit war nicht riesig” – Prescreen-Co-Founder Constantin Wintoniak kam es nach seinem Exit nicht richtig vor, seine Füße hochzulegen und untätig zu sein. Deswegen gründete er gemeinsam mit Dominik Hackl und Markus Presle das LegalTech fynk im September 2022. Sein Glück dabei: Er wurde nicht “schwerreich”.

“Fucking Hell”, “Marktregelung” und “reiche Kids”

“Nicht eine einzige Planung, die ich je gemacht habe, hat gestimmt” – Unternehmensberater Ferry Fischer ist bewusst, dass das Unter nehmer:innen-Dasein viel mehr als strikte Planungsarbeit braucht. Es gehe um die richtige Mischung aus Planung und Umsetzung. Wenn man nicht in medias res gehe, plane man sich verrückt, so seine Einstellung.

“Fucking Hell! Wir haben echt Jahre verschissen!” – Der österreichische Startup-Veteran Bernhard Hauser probierte mit oratio gemeinsam mit Co-Founder David Pichsenmeister mehrere Geschäftsmodelle im Messaging-Bereich aus, 2018 erfolgte jedoch das Aus für das Unternehmen. Rückblickend waren es für den Founder verlorene Jahre. Nach beruflichen Stationen bei Facebook und in einem eigenen Beratungs-Business ging Hauser 2022 mit einem neuen Startup an die Öffentlichkeit: Heylog.

“Der Markt regelt es nicht” – Female Founders-Gründerin Lisa-Marie Fassl thematisierte den auch noch 2024 vorherrschenden Gender Funding Gap und brachte als Best-Practice-Beispiele staatsnahe Investment-Einrichtungen wie den Europäischen Investmentfonds oder die KfW in Deutschland ins Spiel, wo bereits konkrete Kriterien zu Diversität aktiv in Gründungsteams verankert seien. Sich auf den Markt zu verlassen, würde nicht genügen.

“Gerade viele Rich-Kid-Gründer wissen nicht, wie man richtig arbeitet. Die wissen nur, wie man das Geld von anderen ausgibt und sich Kunden erkauft” – Bitpanda-Gründer Eric Demuth sprach sich in einem Interview mit dem Magazin Paymentandbanking gegen die Einstellung “Entrepreneurship as a Lifestyle” aus und meinte, richtig erfolgreiche Gründer, die er kenne, hätten vor dem 2020er-Startup-Hype eine lange Zeit hart gearbeitet und sich ohne doppelten Boden und mit viel Fleiß und Tränen durchgebissen.

“Milka”, “Bargeld” und “Außerirdische”

“Intransparenter als Milka und Co” – Es war ein Aufreger des heurigen Startup-Jahres. Manuel Zellers Neoh wurde von der Bürgerinitiative Oekoreich, genauer vom Sprecher der Initiative Sebastian Bohrn Mena, öffentlich kritisiert. Nach einem persönlichen Gespräch sahen die Kritiker die Sache jedoch gänzlich anders und nannten das Startup einen “nachhaltigen Vorreiter”.

“Wir fliegen das Bargeld nach Afghanistan” – Hadia-Founderin Anna Lauda unterstützt weibliches Unternehmertum in Afghanistan und erzählte, dass es ein wichtiger Teil ihrer Arbeit ist, das Geld den dortigen Frauen direkt in die Hand zu geben. Dies schaffe man über Volontäre und fünf Koordinatoren.

“Ihr wissts eh, der Flo ist kein Depp”Leo Hillinger war üblicherweise bei “2 Minuten 2 Millionen” auf der Bühne und hörte sich Pitches an. Im Februar jedoch wechselte er die Seite und warb für ein deutsches Startup vor seinen ehemaligen Kolleg:innen für ein Investment. Dabei ließ er es sich nicht nehmen, darauf hinzuweisen, dass auch Runtastic-Gründer Florian Gschwandtner an Yuicy beteiligt sei.

“Ängstliche Personen können nicht motiviert arbeiten” – Lolyo-CEO Thomas Mörth möchte durch eine verbesserte Firmenkommunikation die Ängste von Mitarbeiter:innen lindern. Besonders in Krisenzeiten, wo Unternehmen mit Einbußen oder anderen Hürden zu kämpfen haben. Er weiß, dass Verunsicherung bei Mitarbeitenden zu Einbußen bei der Produktivität führt.

“Damit Frauen in der Führungsetage kein außerirdisches Konzept mehr sind – Forscherin Vicky Petrie meinte am Rande des Global Leaders Summit von the female factor, dass man Zweifler an der Fähigkeit von Frauen in Führungspositionen direkt in den Communitys, über Charity-Organisationen oder in Schulen erreichen müsse. Je mehr dort passiere, desto weniger würden Frauen in der Führungsetage als ein außerirdisches Konzept wahrgenommen werden.

Sprüche über “Albträume”, “Altersarmut” und “Anregungen”

“Feminismus wird oft als Kampfansage gegen Männer verstanden und damit falsch interpretiert”Lisa-Marie Fassl, die neben Female Founders auch General Partner bei Fund F ist, weiß, dass der Begriff Feminismus oftmals falsch verstanden wird. Hier sei ein neues Narrativ dringend nötig.

“Ein Startup ist ein aufregender Albtraum” – Entrepreneurship-Experte Shailendra Vyakarnam könnte das Startup-Leben nicht besser definieren. Für ihn ist das Arbeiten in einem Startup jedoch nicht nur ein Nachtmahr, sondern eine Achterbahnfahrt, bei der immer irgendetwas passiert. Startups könnten sich auf viele Arten in Schwierigkeiten wiederfinden.

“Grüne haben Beitrag zur Zuspitzung der Altersarmut geleistet” – Bitpanda-Founder Eric Demuth kann nicht nur gegen reiche Kids, die Entrepreneur spielen wollen, austeilen, sondern sich auch deutlich politisch äußern. Das Vorsorgekonto kam im heurigen Sommer nicht zustande, weil es vom grünen Koalitionspartner verhindert worden wäre, hatte Finanzminister und designierter EU-Kommissar Magnus Brunner gegenüber Medien verlautbart. Und hatte dabei von “ideologischen Blockaden” gesprochen. Die Grünen, für die diese Maßnahme eine mögliche Förderung von Spekulation dargestellt hatte, wurden so zur Zielscheibe von Demuths Zorn.

“Die Zahlen sprechen” – Blockpit-Founder Florian Wimmer erklärte im August, wie er dafür gesorgt hatte, dass bei Kunden-Feedback nicht sinnlos Ressourcen verschwendet werden. Einst hätte man zu viel an Arbeitszeit verloren, weil man auf eine Anregung von Außen gehört hatte und panisch geworden sei. Der von einem User gewünschte “Button” wurde auf der Website implementiert, dann aber allgemein kaum genutzt. Als Folge hatte man schließlich begonnen Daten zu tracken und Fakten zu erstellen. Und nicht gleich bei jedem “Request” das ganze Team zusammengetrommelt, so sein Learning.

“Taffness” und “Superkraft”

“Mentale Gesundheit ist eine Superpower” – Der Teamchef des Mercedes AMG Petronas Formula One-Teams Toto Wolff sprach sich in einer Kooperation mit dem Health-Startup Instahelp dafür aus, das Thema mentale Gesundheit nicht als Schwäche zu sehen, sondern mit dem Druck eines High-Performers richtig umzugehen.

“Immer, wenn Männer nicht mehr weiterwissen, holen sie taffe Frauen”Claudia Neuwirth, CEO von Novritsch, wurde von ihrem Bruder Christoph, der das Airsoft-Startup Novritsch gemeinsam mit Dominik Knoll gegründet hatte, um Hilfe gebeten, als das Unternehmen sich mit vielen Problemfällen konfrontiert sah. Sie übernahm den Posten als CEO und löste ein Problem nach dem anderen auf. Heute steuert das Startup auf 40 Millionen Euro Umsatz zu und gilt als ein Beispiel des Phänomens “Glass Cliff”. Das besagt, dass Frauen oft erst in Führungspositionen kommen, wenn Organisationen oder Staaten in der Krise sind.

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