25.01.2021

PF19 Payment Festival: So soll Europa Souveränität im Payment-Sektor erlangen

Wie kann Europa im Payment-Sektor gegenüber nicht-europäischen Marktmächten seine Souveränität erlangen? Diese Frage steht morgen, Dienstag, im Zentrum des Payment Festivals, das von der Plattform PF19 initiiert wird. Im Vorfeld des Festivals formulierten am Montag Branchenexperten im Rahmen eines Pressegesprächs aktuelle Problemstellungen und Herausforderungen.
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PF19
Virtuelles Pressegespräch im Vorfeld des Payment Festivals

Das Problem ist schon länger bekannt: Europa ist in Sachen “digitaler Zahlungsverkehr im Retail-Bereich” von nicht-europäischen Payment-Lösungen abhängig. Der Markt wird von US-amerikanischen Kreditkarten-Riesen, wie Visa oder Mastercard, dominiert. Zudem drängen Internet-Giganten, wie Apple oder Google, mit neuen Payment-Lösungen auf den Markt. Die Folge: Bei jeder Kartentransaktion, die über einen nicht-europäischen Anbieter abgewickelt wird, wandert wichtige Wertschöpfung aus dem europäischen Wirtschaftsraum ab.

PF19: Payment-Festival

Wie kann der europäische Wirtschaftsstandort vor dem Hintergrund der zunehmenden Digitalisierung nun seine Souveränität im Payment-Sektor erlangen? Dieser Frage wird morgen, Dienstag, im Rahmen des Payment Festivals nachgegangen, das von der Plattform PF19 initiiert wird.

PF19 wurde 2019 von den Initiatoren Martin Sprensgseis, Gerald Gruber, Max Juerschik  und Birgit Kraft-Kinz gegründet, mit dem Ziel eine europaweite Vernetzungs-Plattform für  Kollaboration & Innovation im Payment zu etablieren. Aktuell beteiligen sich rund 500 Schlüsselpersonen an PF19. Dazu zählen Banken & Finanzinstitute, Serviceprovider aus dem Payment Sektor, Handelsunternehmen, Startups & FinTechs, sowie Regulatoren &  Interessenvertretungen. Die Plattform soll in den nächsten Jahren auf insgesamt 2800 Personen anwachsen.

Martin Sprensgseis & Birgit Kraft-Kinz im Vorfeld des Payment Festivals im Brutkasten Live-Talk | (c) der brutkasten

PF19 behandelt Europäische Payment Strategie

Im Vorfeld des Payment-Festivals wurden am Montag im Rahmen eines Pressegesprächs aktuelle Problemstellungen erläutert, die im Zuge des Festivals von hochkarätigen Branchen-Experten diskutiert werden. Dazu zählen unter anderem Holger Neuhaus, Head of Division Market Infrastructure and Payments der EZB, Christian Pirkner, Gründer von Bluecode, und Stefan Augustin, Direktor der Hauptabteilung Beteiligungen, Zahlungsverkehr und Interne Dienste bei Österreichischen Nationalbank (OeNB).

Inhaltlicher Schwerpunkt des Festivals bildet die sogenannte “Europäische Retail Payment Strategie”. Die Strategie wurde von der Europäischen Kommission formuliert und zielt unter anderem auf die Stärkung von europaweiten Digital- und Instant-Payment-Zahlungslösungen ab. “Unsere Eckpfeiler sind Wettbewerb und Harmonisierung für mehr Effizienz. Aber auch die finanzielle und geldpolitische Souveränität Europas sind uns ein Kernanliegen”, so Neuhaus.

Interoperabilität von regionalen Lösungen

Wie es Christian Pirkner im Vorfeld des Paymentfestivals erläutert, gibt es noch immer zahlreiche Herausforderungen in Bezug auf die Interoperabilität von regionalen Payment-Lösungen zu meistern. Pirkner verwies dabei auf die Arbeit der European Mobile Payment Systems Association (EMPSA), die darauf abzielt, die europaweite Nutzung unterschiedlicher mobiler Zahlungssysteme – unter anderem auch von Bluecode – zu fördern. In diesem Zusammenhang zog Pirkner einen Vergleich zum EU-weiten Roaming, das sich in der europäischen Telekommunikation-Branche bereits etabliert hat.

Die Zukunft liegt bei Konto-zu-Konto-Überweisungen

Stefan Augustin von der OeNB gab im Vorfeld einen Einblick, wie derzeit Österreich im Payment-Sektor aufgestellt ist. In Österreich wurden 2020 laut Augustin fünf Milliarden Euro an Konsument-Transaktionen umgesetzt; davon drei Milliarden Euro in Bar, eine Milliarde über Kartenzahlung und eine Milliarde über Konto-zu-Konto-Überweisung. Aktuell entfallen in Österreich somit noch immer mehr Konsumenten-Transaktionen auf Bargeldzahlungen, als auf digitale Payment-Transaktionen. Seiner Einschätzung zufolge sollen aber bis 2025 digitale Zahlungsvarianten, das Bargeld als führende Zahlungsoption ablösen.

Großes Potential für europäische Lösungen sieht Augustin in den Konto-zu-Konto-Transaktionen, sogenannten “Echtzeit-Push-Zahlungen”. Diese würden nicht nur die Transaktionskosten für Retailer senken, sondern auch den Convenience-Faktor für Kunden erhöhen. “Der Zahlungsverkehr wird  von einer Back–End- zu einer Front-End-Lösung. Jetzt ist es wichtig, die Chancen von  Echtzeitzahlungen zu nutzen, wenn man als Bank im Wettbewerb mit alternativen  Zahlungsdienstleistern nicht zurückfallen will”, so Augustin abschließend.


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Rechtsanwalt Christian Nordberg | (c) Nordberg

Mitten in der österreichischen Startup-Szene sorgte das Quantencomputing-Unternehmen ParityQC im April diesen Jahres für Aufsehen: Das Unternehmen rund um Wolfgang Lechner und Magdalena Hauser sicherte sich ein Investment der B&C Innovation Investments GmbH, die mit einem nicht genannten Betrag beim Spin-off einstieg. Laut einer Aussendung der Uni Innsbruck und der Österreichische Akademie der Wissenschaften erreichte ParityQC eine Bewertung vergleichbar mit US-börsennotierten Quantenunternehmen. Diese Bewertungen bewegten sich zum damaligen Zeitpunkt meist im niedrigen neunstelligen Bereich. (brutkasten berichtete).

Aber wie läuft ein solcher Deal ab, insbesondere wenn es um hochsensible Technologien wie Quantencomputing geht? brutkasten hatte die Gelegenheit, mit Christian Nordberg, dem Rechtsanwalt, der die Transaktion rechtlich begleitet hat, zu sprechen. Nordberg liefert Einblicke in die Dynamik einer solchen Finanzierung, die Rolle der IP-Rechte und die rechtlichen Rahmenbedingungen. Zudem liefert Nordberg auch Tipps für Startups, die sich in einer Finanzierungsrunde befinden.

Die Ausgangslage im Fall von ParityQC

Das 2019 gegründete Unternehmen ParityQC hat sich in kürzester Zeit einen Namen in der internationalen Quantencomputing-Szene gemacht. Die Gründer Wolfgang Lechner und Magdalena Hauser entwickelten ein einzigartiges Architekturmodell für Quantencomputer, das speziell auf Optimierungsprobleme ausgerichtet ist. Diese Technologie ist in der Lage, komplexe Probleme schneller und effizienter zu lösen als herkömmliche Systeme – ein entscheidender Vorteil in Bereichen wie Logistik, Energienetzwerken und Finanzmärkten.

Anders als viele Startups, die oft Jahre brauchen, um profitabel zu werden, hatte ParityQC in der Phase der Finanzierungsrunde bereits eine starke finanzielle Basis. Dank renommierten Kunden wie NEC ist das Unternehmen nach eigenen Angaben seit 2023 profitabel – eine Seltenheit in der Quantenbranche (brutkasten berichtete).

“Ein Unternehmen wie ParityQC, das bereits operativ erfolgreich ist, hat natürlich eine viel bessere Verhandlungsposition gegenüber Investoren als ein Startup in der Frühphase, das dringend Kapital benötigt,“ erklärt Nordberg. Die Profitabilität und die bereits bestehende Kundenbasis gaben dem Unternehmen eine gewisse Unabhängigkeit und Verhandlungsmacht.

Die Bedeutung von IP-Rechten

In der hochspezialisierten Welt des Quantencomputings kommen rechtliche Herausforderungen, wie die Bewertung und Absicherung geistigen Eigentums, besonders stark zum Tragen. Bei einer Due-Diligence-Prüfung wird das gesamte Unternehmen auf Herz und Nieren geprüft – von den finanziellen Aspekten über das Geschäftsmodell bis hin zu den IP-Rechten.

Nordberg erklärt: „Für den Investor steht die Frage im Vordergrund, wie gut die einzigartigen Technologien von ParityQC rechtlich geschützt und risikominimiert werden können.“ IP-Rechte, insbesondere bei einer technologischen Innovation, die wie bei ParityQC eine Zukunftsbranche vorantreibt, sind ein entscheidender Faktor, um das Investment langfristig abzusichern.

In diesem Fall wurde ein technischer Berater hinzugezogen, der die Patente und Technologien im Detail analysierte. Neben dem rechtlichen Schutz ist es hier wichtig, dass der Inhalt und die Funktionsweise der Technologie verstanden werden. “Bei Quantencomputing war das auch für uns als Kanzlei eine besondere Herausforderung, da es sich um hochkomplexe technologische Entwicklungen handelt”, so Nordberg.

Weit mehr als reine Paragraphen

Die Rechtsberatung spielte in der Verhandlungsphase von ParityQC eine zentrale Rolle. Neben der Prüfung der rechtlichen Aspekte war es für Nordberg und sein Team essenziell, das Unternehmen durch die Verhandlungen zu begleiten und strategisch zu beraten. Der Unterschied zu größeren Unternehmen besteht oft darin, dass Startups keine eigenen Rechtsabteilungen oder Corporate-Strukturen besitzen. “Bei ParityQC war das zwar nicht der Fall, Startups in der Frühphase benötigen allerdings oft nicht nur rechtliche, sondern auch strukturelle Unterstützung, um den Anforderungen von Investoren gerecht zu werden“, betont Nordberg.

Die Anforderung an den Rechtsberater ist nicht nur eine klassische Rechtsberatung zu liefern, sondern auch ein Verständnis für unternehmerische Abläufe mitzubringen. “Wenn Startups Unterstützung bei Verhandlungen benötigen, dann geht es häufig auch darum, die Verhandlungsposition zu stärken und sicherzustellen, dass das Startup langfristig von der Partnerschaft mit dem Investor profitiert,“ erklärt Nordberg.

Ein zusätzlicher, oft unterschätzter Aspekt sind dabei die vertraglichen Feinheiten, die sich aus der Investmentrunde ergeben. Hierzu zählt etwa der Gesellschaftsvertrag, der neu aufgesetzt wird, um Investoren Mitsprache- und Vetorechte einzuräumen, ohne dabei die Gründungsgesellschaften in ihrer zukünftigen Geschäftsentwicklung zu stark einzuschränken.

Tipps für Startups in Finanzierungsphasen

Nordberg gibt zudem auch Ratschläge für Startups, die sich in einer Finanzierungsphase befinden. „Investoren wollen sehen, dass ein Startup eine gewisse Struktur aufweist, da dies Vertrauen schafft“, betont er. Dabei gehe es keinesfalls darum, die Atmosphäre eines Konzerns zu simulieren, sondern vielmehr darum, grundlegende Prozesse und Abläufe klar zu definieren. “Wenn ein Startup strukturiert auftritt und den genauen Finanzierungsbedarf kennt, zeigt das den Investoren, dass sie es mit einer professionellen Organisation zu tun haben,“ so Nordberg.

Ein weiterer Tipp des erfahrenen Anwalts betrifft die Wahl des Investors. Hier sollten Gründer:innen darauf achten, dass der Investor zur Unternehmenskultur und den Zielen passt. Neben dem finanziellen Beitrag sind es oft die Netzwerke, Branchenkenntnisse und die Unterstützung bei der Weiterentwicklung des Produkts oder der Dienstleistung, die ein Investor bieten kann. “Ein Startup sollte sich gut überlegen, ob der Investor lediglich Kapital bereitstellt oder auch strategischen Mehrwert bringt,“ erklärt Nordberg.

Arbeit mit Startups erfordert Dynamik und Flexibität

Nordberg teilt zudem auch seine persönlichen Learnings. Für Rechtsanwälte, die sich mit Startup-Beratung beschäftigen, bringt diese Arbeit eine besondere Dynamik und Flexibilität mit sich. Die oft noch jungen Gründer:innen sind stark auf die Entwicklung ihrer Produkte und Ideen fokussiert, und Rechtsberatung muss daher effizient und verständlich sein. „Die Gründer haben selten die Zeit und Kapazität, sich in komplexe juristische Details einzuarbeiten. Da ist es unsere Aufgabe, sie praxisnah und lösungsorientiert zu unterstützen,“ sagt Nordberg.

Abschließend betont Nordberg, dass es für die österreichische Gründerszene ein positives Signal sei, dass ein so komplexes Thema wie Quantencomputing in Österreich erfolgreich im Zuge einer Eigenkapitalrunde finanziert werden konnte. Der Anwalt ist überzeugt, dass derartige Deals dazu beitragen, den Innovationsstandort Österreich zu stärken. Mit seiner Kanzlei sieht er sich gut aufgestellt, um weiteren Startups den Weg durch die komplexe Welt der Investorengespräche zu ebnen – eine Rolle, die in einer wachsenden Startup-Landschaft immer wichtiger wird.


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