16.02.2023

Speedinvest-CEO Oliver Holle: “Thema Unicorn für die nächsten 18 Monate abgesagt”

Speedinvest-CEO Oliver Holle erläutert im brutkasten-Talk, warum er für längere Zeit keine Erholung am Venture-Capital-Markt erwartet - und warum die Speedinvest-Beteiligungen Bitpanda und GoStudent dennoch weiterhin auf Milliardenbewertungen kämen, wenn sie jetzt Kapital aufnehmen müssten.
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Speedinvest-CEO Oliver Holle im brutkasten-Studio
Foto: brutkasten

Es ist erst wenige Wochen her, dass Speedinvest im Dezember seinen neuen 300 Mio. Euro schweren Flaggschiff-Fonds “Speedinvest 4” vorgestellt hat. Bei der Gelegenheit gab die Wiener Venture-Capital-Gesellschaft auch bekannt, weitere 200 Mio. Euro für Folgeinvestments in bestehende Portfolio-Unternehmen aufgenommen zu haben (brutkasten berichtete). Schon damals sagte Speedinvest-CEO Oliver Holle, dass er zwar grundsätzlich “bullish” für die österreichische Startup-Szene sei.

Generell dürfte das Umfeld für Startups aber weiterhin schwierig bleiben: “Es ist sicher noch kein Licht am Ende des Tunnels in Sicht”, sagt Holle im brutkasten-Talk. “Es geht eher noch weiter runter”. Die großen Player, die die Dynamik im Markt erzeugt haben, seien nicht im Markt zurück – und daran werde sich auch in den nächsten Monaten nichts ändern. “Ich gehe davon aus, dass man noch weit bis ins Jahr 2023 warten wird müssen, bevor diese Dynamik zurückkommt”, sagt Holle.

Daher wird es nach Einschätzung des Speedinvest-CEOs auch noch länger dauern, bis wieder Unicorns aus der österreichischen Startup-Szene heraus entstehen werden: “Grundsätzlich ist das Thema Unicorns für die nächsten 12 bis 18 Monate abgesagt. Das ist kein Thema”. Der “extreme Fokus auf Bewertungen”, auch bei Venture-Capital-Gesellschaften, sei Vergangenheit. Jetzt konzentriere man sich stärker auf die tatsächlichen Geschäftszahlen – auf Umsatz, Marge, Kostenstruktur.

Holle: Bitpanda und GoStudent sind weiter Unicorns

Trotz der schwierigen Situation: Die beiden aus der österreichischen Startup-Szene heraus entstanden Unicorns Bitpanda und GoStudent könnten auch im jetzigen Umfeld zu einer Milliardenbewertung Kapital aufnehmen, erwartet Holle: “Die wären sicher weiter Unicorns. Sie müssten wahrscheinlich auch mit Bewertungsabschlägen rechnen. Aber es sind beide Gott sei Dank in einer Situation, dass sie nicht raisen müssen.” Speedinvest ist an beiden Unternehmen beteiligt.

Sowohl Bitpanda als auch GoStudent seien “in einer sehr guten Ausgangsposition”. Daher sieht Holle die Chancen, dass sie ihre Bewertungen halten oder noch ausbauen können, “mittelfristig absolut gegeben”. Der Speedinvest-CEO betont aber auch: “Das ist Gott sei Dank jetzt nicht der Fokus – und das ist auch gut so”.

“Wirkliche Überhitzung” 2021

Im großen Startup-Jahr 2021, als Finanzierungsrunde um Finanzierungsrunde abgeschlossen wurde, ist es nach Ansicht von Holle zu einer “wirklichen Überhitzung” gekommen. “Auch in unserem Portfolio sind einige Firmen mit Bewertungen in den Büchern, die, die nicht halten werden oder in die die Firmen erst hineinwachsen werden müssen”, sagt Holle. Viele Fonds, auch bei Speedinvest, würden Bewertungen reduzieren müssen.

Aber: “Gleichzeitig ist der große Vorteil, dass diese Firmen so unglaublich viel Kapital eingesammelt haben, dass sie auch Zeit haben, um hineinzuwachsen”. Unternehmen, die jetzt auf ihre Kosten schauen und sich auf das Geld konzentrieren, haben immer noch die Chance nach der Korrektur als Marktführer herauszukommen. Und dann würden die Bewertungen auch halten, erwartet Holle.

Dass VCs aufgrund der veränderten Rahmenbedingungen mehr Marktmacht als Gründer haben, will Holle so aber nicht unterschreiben: “Die absoluten-Top Deals in Europa sind immer noch massiv umkämpft – vielleicht noch mehr als vorher, weil sich jeder noch mehr in Sicherheit bewegen will”. Grundsätzlich sieht Holle bei den Bewertungen eher eine Normalisierung als einen dramatischen Rückgang: “Dass man mit einer Powerpoint-Präsentation zu einer 20-Mio.-Bewertung raist, ist einfach nicht normal”.

“Zusammenhang zwischen IPO-Fenstern und Dynamik im Markt”

Diese Zeit sind aber nun ohnehin vorbei – und daran wird sich nach Ansicht von Holle auch so schnell nichts ändern. Woran aber könnte man erkennen, dass es für Startups wieder einfacher wird? “Je länger ich das Geschäft mache, desto mehr verstehe ich den Zusammenhang zwischen IPO-Fenstern und der Dynamik im Markt”, sagt Holle.

In den USA würden schon länger nur mehr sehr wenige Initial Public Offerings (IPOs), also Börsengänge, stattfinden. “Das ist schon wirklich ganz signifikant”, sagt Holle. Dieser Rückstau würde sich dann in weiteren Abwertungen im Scaleup-Bereich und in weiterer Folge auch in der Frühphase widerspiegeln. Dass sich die Aktienmärkte zuletzt wieder positiver entwickelt haben, spielt dabei laut Holle keine Rolle: “Bevor nicht ein Ruck durch die Landschaft geht, werden uns die Ups und Downs am Public Market (also dem Aktienmarkt, Anm.) nicht retten”.

Den gesamten Talk mit Speedinvest-CEO Oliver Holle zum Nachsehen:

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Vor rund einem halben Jahr vermeldete das Wiener DeepTech-Startup Somareality den Erhalt eines 1,5 Mio. Euro schweren Investments (brutkasten berichtete). Nun kommuniziert das Startup eine Aufstockung des Kapitals: In einem LinkedIn-Posting gab das Unternehmen den Abschluss einer “überzeichneten Seed-Runde” in Höhe von 2,6 Millionen Euro bekannt. In dem Posting nennt das Unternehmen unter anderem Birdhouse Ventures, Gateway Ventures, Startup Wise Guys, FFG und aws als Unterstützer.

“Ein finales Closing für unsere 2024-Runde”

Laut Co-CEO Julia Kern handelt es sich bei den genannten Stakeholdern um “wesentliche Partner” in der nun geschlossenen Runde. Auf brutkasten-Nachfrage bestätigt Co-CEO Kern außerdem, dass es sich bei der nun kommunizierten Runde um “ein finales Closing für unsere 2024-Runde” handelt. Die in diesem Jahr gesammelte Summe soll “direkt auf unsere Kommerzialisierung und den Ausbau des Produktportfolios für nächstes Jahr” einzahlen, so Co-CEO Kern.

Somareality wurde 2019 in Wien gegründet und entwickelt Eye-Tracking-basierte Biomarker, um damit Rückschlüsse auf den kognitiven Zustand einer Person treffen zu können. Mit dem ersten Biomarker erreichte das Unternehmen einen Umsatz von knapp einer Million Euro. Bis 2026 sollen weitere Folgen, die insgesamt ein volles non-invasives kognitives Monitoring ermöglichen sollen.

Im Vorjahr hatte das Unternehmen einen strategischen Pivot vorgenommen: Das Projektgeschäft wich einem B2B-SaaS-Modell und die bestehende Technologie wurde fit gemacht für Hardware-Umgebungen außerhalb von Virtual Reality.

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