28.02.2023

ÖVP-Wirtschaftsbund: “4-Tage-Woche wäre Todesstoß für Sozialsystem und Wohlstand”

Der ÖVP-Wirtschaftsbund schießt in einer Aussendung scharf gegen die 4-Tage-Woche. Es würden auch keine "schwindligen Studien" helfen.
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Wirtschaftsbund-Generalsekretär Kurt Egger schießt scharf gegen die 4-Tage-Woche
Wirtschaftsbund-Generalsekretär Kurt Egger schießt scharf gegen die 4-Tage-Woche | (c) Parlamentsdirektion/J. Zinner

Die aktuell hierzulande sehr emotional geführte Diskussion rund um die 4-Tage-Woche ist nun um eine pointierte Wortspende reicher. In einer heutigen Aussendung des ÖVP-Wirtschaftsbundes wird dem Modell durch Generalsekretär Kurt Egger eine klare Absage erteilt. Dabei spricht dieser auch wissenschaftlichen Studien die Aussagekraft ab.

“Da helfen auch keine schwindligen Studien”

“Die 4-Tage-Woche ist eine Schmähpartie, ihre Umsetzung wäre der Todesstoß für unseren Sozialstaat und unseren Wohlstand. Da helfen auch keine schwindligen Studien”, wird Egger unter anderem zitiert. Dazu rechnet der Wirtschaftsbund vor: “Derzeit gehen wir in Österreich von rund 220.000 offenen Stellen am Arbeitsmarkt aus. […] Würde man die generelle Arbeitszeit von 40 auf 32 Wochenstunden verkürzen, wären das in Österreich geschätzt 434 Millionen weniger geleistete Arbeitsstunden – das entspricht rund 220.000 unbesetzten Vollzeitstellen. Damit würden sich die offenen Stellen auf 440.000 verdoppeln”. Fehlende Pflege- und Betreuungskräfte, fehlende Polizeikräfte, verstärkte Lieferengpässe und höhere Konsumpreise wären die Folge, meint man bei der ÖVP-Organisation.

Wirtschaftsbund-Generalsekretär Kurt Egger: 4-Tage-Woche ist “realitätsfern”

Der Vorschlag zur 4-Tage-Woche sei “realitätsfern”, schreibt Egger in Richtung SPÖ und Gewerkschaften. Denn schon jetzt fehle überall Personal. Den Betrieben würde Wertschöpfung und dem Staat Steuern entgehen. Dem durch diverse Studien belegten Argument der Produktivitätssteigerung kann der Wirtschaftsbund-Generalsekretär nichts abgewinnen: “Inwiefern wird eine Krankenschwester, ein Polizist oder ein LKW-Fahrer produktiver, wenn sie 32 statt 40 Stunden arbeiten? Entweder muss die gleiche Arbeit in weniger Zeit vollbracht oder durch eine andere Person durchgeführt werden. Schon jetzt werden fehlende Arbeitskräfte durch Überstunden der Mitarbeiter kompensiert, denn die Arbeit wird ja nicht weniger. Die gleiche Arbeit in weniger Zeit bedeutet für die meisten Mitarbeiter vor allem mehr Stress und nicht höhere Produktivität”.

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Analyser, CSRD, EU-Taxonomie
(c) - PwC Österreich -Das Konsortium des Projekts "Analyser" beim Kick-Off.

Die Regeln der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die in den kommenden Jahren sukzessive schlagend werden, bedeuten für zahlreiche österreichische Unternehmen eine Verpflichtung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. Bei vielen von diesen – auch jene, die freiwillig schon früher als erforderlich mit der Umsetzung starten – werden Schwierigkeiten erwartet, die Anforderungen zu erfüllen, da insbesondere KMU nicht über ausreichend Kapazitäten für interne Nachhaltigkeitsabteilungen verfügen würden.

CSRD und Taxonomie

Dies gilt im Besonderen für die EU-Taxonomie, die ergänzend zur CSRD anzuwenden ist. Gemäß ihr müssen die wirtschaftlichen Aktivitäten eines Unternehmens als nachhaltig oder nicht-nachhaltig deklariert werden.

Die Verordnung umfasst umfangreiche und detaillierte Kriterien, die für Ungeübte nicht leicht zu verstehen sind. Deshalb will in einem kürzlich gestarteten Forschungsprojekt namens “AI Enabled Sustainability Jurisdiction Demonstrator” (Analyser) ein Forschungskonsortium KI-basierte Module entwickeln. Die sollen es auch ungeschulten Anwenderinnen und Anwendern ermöglichen, die gesetzlichen Meldepflichten zu erfüllen. So soll eine Erleichterung für Unternehmen erzielt werden.

“Das oberste Ziel unseres Projekts ist es, die Zahl der KMU zu erhöhen, die selbstständig in der Lage sind, die EU-Taxonomie in guter Qualität zu berichten”, erklärt Maximilian Nowak, der das Projekt bei Fraunhofer Austria leitet.

Das Konsortium

Das Konsortium, bestehend aus Fraunhofer Austria, Universität Innsbruck, Technischer Universität (TU) Wien, Leiwand AI, PwC Wirtschaftsprüfgesellschaft, der Wirtschaftsagentur Niederösterreich ecoplus, Murexin und Lithoz wird dafür Teile des Prozesses mithilfe von Künstlicher Intelligenz automatisieren. Ein Chatbot, der auf einem eigens kreierten Sprachmodell beruht, soll mit den Anwenderinnen und Anwendern im Dialog stehen und sicherstellen, dass alle benötigten Dokumente vorliegen.

Es sind nämlich viele Fragen im Rahmen der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu klären: Welche wirtschaftlichen Aktivitäten gibt es im Unternehmen? Wie umfangreich sind diese? Welche davon sind taxonomiefähig, können also überhaupt nach den Kriterien bewertet werden?

Josef Baumüller, der von Seiten der TU Wien an dem Projekt beteiligt ist, sagt: “Es ist vielen noch nicht bewusst, wie komplex die Anforderungen zunächst an die Datenerhebung und anschließend an die Klassifizierung sind. Die Prozesslandschaft im Unternehmen muss erfasst und auf die Vorgaben der EU-Taxonomie übergeleitet werden, darüber hinaus gilt es, relevante Datenbedarfe zu identifizieren und im Sinne der Effizienz v.a. bereits vorhandene Datenbestände zu nützen.”

CSRD-Berichterstattung eine Herausforderung

Dass eine Unterstützung der Unternehmen unumgänglich ist, sagt auch Stefan Merl von der PwC Österreich GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft: “Wir spüren bereits jetzt eine massive Zunahme in den Anfragen von Unternehmen, insbesondere von KMU, die sehen, dass die Erfüllung der CSRD-Berichterstattungspflichten eine große Herausforderung ist. Es führt kein Weg daran vorbei, eine automatisierte Lösung zu entwickeln, die weit über den Automatisierungsgrad bestehender Tools hinausgeht. Genau das wollen wir im Projekt ‘Analyser’ verwirklichen.”

Dabei ist essenziell, dass die im Tool eingesetzte KI fair, nachvollziehbar und korrekt arbeitet. Dafür soll Leiwand AI GmbH die nötige Expertise in das Projekt einbringen.

“In einer so kritischen Angelegenheit wie der Nachhaltigkeitsberichterstattung ist es besonders wichtig, dass auch Maßnahmen hinsichtlich einer zuverlässigen und fairen KI-Lösung getroffen werden. Durch den Einsatz verschiedener Methoden rund um nachhaltige und vertrauenswürdige KI werden wir dazu beitragen, dass der ‘Analyser’ gesicherte Informationen liefert, fair in Bezug auf Bias und Diskriminierung ist und im Einklang mit dem EU AI Act steht”, sagt Mira Reisinger, Data Scientist bei Leiwand AI.

Das Projekt ist im Herbst 2024 gestartet, läuft über drei Jahre und wird durch die FFG aus Mitteln des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie gefördert.

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