18.11.2019

43 Prozent der Österreicher möchten digitalisierte Rechtsberatung

Ein Computer, der Schadenersatz einfordert, dem Nachbarn mit einer Klage droht oder gar die komplette Verteidigung bei einem Prozess übernimmt? Die Österreicher sehen die Digitalisierung der Rechtsberatung mit gemischten Gefühlen. Das zeigt die repräsentative, österreichweite Umfrage (n=1.000), die marketagent.com im Auftrag von PHH Rechtsanwälte, durchgeführt hat.
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PHH Rechtsanwälte
(c) Adobe Stock / Antonioguillem

“Rein technisch sind tatsächlich schon viele Prozesse digitalisiert möglich, auch wenn die Hauptanwendungsfälle von Legal Tech derzeit noch Assistenzleistungen sind”, sagt Nassim Ghobrial, Business Development PHH Rechtsanwälte. Dennoch stehen viel Österreicher der Digitalisierung in der Rechtsberatung noch eher skeptisch gegenüber. Nur 43 Prozent der Österreicher zwischen 20 und 69 Jahren können sich sehr gut oder gut vorstellen, digitalisierte Rechtsdienstleistungen zu nutzen. Bei Immobilienrecht, (50 Prozent) sowie Unternehmens- und Gesellschaftsrecht (49 Prozent) sowie Bank- und Finanzrecht (47 Prozent) liegt die Zustimmung am höchsten. Etwas weniger Zustimmung erhalten digitalisierte Prozesse bei Schadensersatzforderungen oder strittigen Fällen (41 Prozent). Am wenigsten können sich die Befragten digitalisierte Prozesse bei familienrechtlichen Fragen vorstellen. Hier liegt die Zustimmung nur 27  Prozent. Männer sind dabei etwas digitalisierungsaffiner als Frauen.

“Je privater und je mehr Streitpotential ein Rechtsgebiet ist, desto stärker ist die Ablehnung”, erklärt Ghobrial. Liegt der Anteil derjenigen, die digitalisierte Prozesse völlig ablehnen, im Durchschnitt bei einem Viertel der Befragten (25 Prozent), so sind es im Familienrecht mehr als ein Drittel (37 Prozent).

Anwalts-Image nicht digital

Eine Erklärung für die Digitalisierungsskepsis ist für Nassim Ghobrial die Erwartungshaltung der Österreicher an ihre Rechtsanwälte. Die Österreicher denken beim Thema Rechtsberatung nämlich spontan an Probleme strittige Fälle, wie Unfälle (26 Prozent), Scheidungen (19 Prozent), Erbschaftsangelegenheiten (16 Prozent), Arbeitsrecht (9 Prozent) und Nachbarschaftsstreitigkeiten (8 Prozent). 28 Prozent würden sich generell bei allen Streitigkeiten an einen Rechtsanwalt wenden, die sie selbst nicht mehr lösen können. Knapp 12 Prozent davon würden bei allen rechtlichen Fragen Rechtsberatung einholen. Extra genannt wurden etwa Vertragserrichtung, Immobilienrecht sowie Gesellschaftsrecht. Klar ist – der Rechtsanwalt soll für die eigenen Rechte kämpfen und erstreiten, das zeigen die Antworten sehr deutlich.

Faktor Mensch – Podiumsdiskussion am 21.11.

“Die Umfrage zeigt deutlich, wie wichtig der Faktor Mensch in der Rechtsberatung ist”, fasst Ghobrial zusammen. Was die Ergebnisse für die Digitalisierung der Rechtsbranche bedeuten und welchen Einfluss Kunden auf die Entwicklung haben, dazu lädt PHH Rechtsanwälte gemeinsam mit dem Brutkasten am 21. November, ab 18.30 Uhr zur Podiumsdiskussion „Recht ohne Anwälte? Mythos Legal Tech aufgeklärt“. Auf dem Podium diskutieren Andras Balog (Vorstand der Vereinigung Österreichischer Unternehmensjuristen und Geschäftsführer des Arbeiter-Samariterbunds), Nassim Ghobrial (Business Development, Marketing & PR PHH Rechtsanwälte), Max Kindler (inlaw, Legal Tech Startup), Philip Rosenauer (Rechtsanwalt PHH Rechtsanwälte), Simon Schützeneder (Rechtsabteilungsleiter Bombardier) und Kathrin Shahroozi (Legal Tech Initiative Austria).

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Der KastlGreissler in Tulbing im Tullnerfeld
Der KastlGreissler in Tulbing im Tullnerfeld | Foto: KastlGreissler

Der Alpenländische Kreditorenverband (akv) gab bekannt, dass über KastlGreissler ein Konkursverfahren beim Landesgericht Krems an der Donau eröffnet wurde. Als Ursache wurde laut akv ein zu langsames Wachstum genannt und dass zu wenig Franchiseverträge abgeschlossen wurden. Vor allem sei es 2022 durch steigende Energiekosten zu einem Umsatzeinbruch gekommen.

Das 2020 gegründete Nahversorgungskonzept mit Nachhaltigkeits-Fokus KastlGreissler hatte den bis 2023 den ehemaligen “2 Minuten 2 Millionen”-Investor Martin Rohla an Board und kündigte 2021 die Expansion auf den deutschen Markt an. (brutkasten berichtete). Laut eigenen Angaben lief das Konzept von KastlGreissler unter dem Namen KistenKrämern an vier Standorten in Deutschland.

Das Versorgungskonzept war, dass in den sogenannten “Kastln” auf 15 Quadratmetern Fläche rund 450 unterschiedliche Produkte untergebracht werden. Mindestens 50 Prozent der Waren müssen dabei aus höchstens 30 Kilometer Entfernung kommen. Nach Angaben des Startups lag der reale Anteil an manchen Standorten sogar bei 70 bis 80 Prozent.

Standorte bleiben erhalten

Laut eigener Aussage hat die Insolvenz der KastlGreissler GmbH jedoch keine unmittelbaren Auswirkungen auf die einzelnen KastlGreissler Standorte. Sie bleiben weiterhin bestehen. Am Ende war jedoch das Wachstum des Franchising nicht ausreichend schnell.

“Das Expansionstempo war deutlich unter Plan und somit nicht mehr kostendeckend. Daher kann sie ihre vielfältigen Beratungs- und Dienstleistungen für die KastlGreissler:innen nicht mehr anbieten”, so Lena Harml, Kommunikation & Franchinse-Betreuung KastlGreissler.

Offen bleibt die Frage bezüglich der Verwendung des Markennamens, diese wird das eröffnete Insolvenzverfahren entscheiden.

Keine Fortführung geplant

Nach Angaben des akv sind vom Insolvenzverfahren 26 Standorte in Österreich und zehn Franchisenehmer betroffen. Eine Fortführung des Unternehmens ist keine geplant.

Laut Firmenbuchauszug hielt Martin Rohla mit seiner Goodshares Beteiligungs- und Beratungs GmbH rund 38 Prozent Anteil am Unternehmen, bis er im August 2023 ausstieg. Im Anschluss daran hielt Geschäftsführer Christoph Mayer mit seiner Gutta GmbH mit 75 Prozent den Großteil der Anteile. Die Alpex Beteiligungs GmbH hielt weitere 19 Prozent und Gerald Gross die verbleibenden knappen sechs Prozent.

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