06.12.2021

Novid20: “Testmethoden schaffen es nie über Landesgrenzen hinaus”

Moritz Miedler und Christoph Tockner vom Wiener Anti-Corona-Startup Novid20 über den erstaunlich regionalen Markt der Covid-Bekämpfung.
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Christoph Tockner und Moritz Miedler | (c) Novid20
Christoph Tockner und Moritz Miedler | (c) Novid20

Noch Mitte März 2020, unmittelbar nach Start des ersten Lockdowns, ging in Wien ein Verein mit dem Namen Novid20 an den Start, um die Coronakrise digital zu bekämpfen. Zunächst versuchte man es mit einer Contact Tracing-App, die zwar nie in Österreich, aber etwa als offizielle Lösung in Georgien zum Einsatz kam. “Die Akzeptanz in der Bevölkerung dort war ähnlich wie bei der Stopp Corona-App in Österreich. Wir haben sie dann nach einiger Zeit in der Form eingestampft”, sagt Christoph Tockner. Er ist Co-Geschäftsführer der im August 2020 gegründeten Novid20 GmbH. Den Verein gibt es aber nach wie vor – die Firma befindet sich in seinem Alleineigentum.

Die nächste Lösung, an die sich das Team machte, war eine IT-Infrastruktur für Massentestungen. Den Einstieg machte man mit der vom Bildungsministerium beauftragten großen “Gurgelstudie” an Österreichs Schulen, die im Herbst 2020 startete. im Frühling 2021 ging es über Vermittlung des Vienna Biocenter mit einem Pilotprojekt für Lolli-PCR-Tests an Schulen in der Region Freiburg in Deutschland weiter. Von dort aus holte man sich schließlich einen derartigen Auftrag alle Grund- und Förderschulen in ganz Bayern – der brutkasten berichtete kürzlich.

Gegenseitiges Misstrauen

Doch warum kommt die Lösung auch bald zwei Jahre nach Beginn der Pandemie immer nur regional isoliert zum Einsatz? “Die Testmethoden schaffen es aus irgendeinem Grund nie über Landesgrenzen hinaus. Da geht nicht um uns und unsere Lösung, sondern um ein generelles Problem”, sagt Co-Geschäftsführer Moritz Miedler. “Das Gurgeln in dieser Form wurde in Österreich erfunden, die Lolli-Methode dagegen an der Uni Köln entwickelt. Das deutsche Robert Koch Institut misstraut dem Gurgeln, die Österreicher misstrauen dem Lolli”. Dabei könne man aus Erfahrung bezeugen, dass beide Methoden gut funktionieren – allerdings mit unterschiedlichen Vor- und Nachteilen.

Es wäre daher viel sinnvoller, jeder Methode einen Platz einzuräumen, meint der Novid20-Geschäftsführer: “Das Gurgeln ist zum Beispiel schlecht für Kindergärten geeignet, weil eine Verschluckungsgefahr besteht, ist aber in anderen Bereichen effizienter als die Lolli-Methode”. Christoph Tockner ergänzt: “Das traurige ist, das die Länder in diesem Bereich noch immer nicht miteinander reden. Es gibt keine Pläne zu einer Vereinheitlichung, ja noch nicht einmal eine Kooperation zwischen den EU-Ländern. Das war auch schon bei der Contract Tracing-App so”. Auch Novid20 selber brachte sich in den vergangenen Monaten mehrmals mit der Lolli-PCR-Lösung für Österreichs Schulen ins Spiel, die derzeit Antigen- und nicht PCR-Tests nutzen – bislang vergeblich.

Novid20: Potenzial über Pandemie hinaus – “in Deutschland faxen sie Ergebnisse”

Bei zahlreichen anderen Projekten, davon die meisten in Deutschland, befinde man sich dagegen derzeit im Aufbau. So habe man etwa eine Kooperation mit der größten deutschen Labor-Gruppe geschlossen. Über die meisten kommenden Aufträge, für die es nicht viel Kundenakquise gebracuht habe, dürfe man aber derzeit noch nicht sprechen, erzählen die Geschäftsführer. Generell gebe es derzeit im deutschsprachigen Raum genug Potenzial für Novid20. Andere Märkte sehe man sich zwar an, “weil wir stark nutzerzentriert sind und viel Support und Service bieten, sind die Fremdsprachen aber eine große organisatorische Herausforderung. Wir müssten bei einer Expansion ganze neue Teams aufbauen”, sagt Miedler. Dafür könne man schnell neue Produkte entwickeln. “Wir sind jetzt IT-technisch so aufgebaut, dass wir alles bauen können, was der markt will”.

Entsprechend sehen die beiden Geschäftsführer auch ausreichend Potenzial, falls Corona einmal an Bedeutung verlieren sollte. “Auch wir wären sehr froh, wenn die Pandemie einmal vorbei wäre. Die Test-Infrastruktur kann man später auch anders einsetzen – wer weiß für was. Und jetzt gerade zeigt uns Omikron wieder, dass eine Umorientierung so schnell ohnehin nicht nötig sein wird”, sagt Tockner. Der Status Quo in Sachen Digitalisierung der Labor-Landschaft sei jedenfalls noch ausbaufähig: “In Deutschland faxen sie teilweise noch Ergebnisse”.

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Benefits, Home-Office
(c) GrECo - Joachim Schuller, Competence Center Manager Health and Benefits GrECo.

Es herrscht eine Zeit im Arbeitswesen, in der sich sehr viele Personen mit der Zukunft und davon ausgehend mit Benefits von Unternehmen beschäftigen. Dabei steht vor allem die betriebliche Vorsorge hoch im Kurs. Neun von zehn Befragte finden eine Pensionsvorsorge (91 Prozent), eine private Krankenversicherung (90 Prozent) oder steuerfreie Zukunftsleistungen wie lohnsteuerfreie betriebliche Vorsorge (89 Prozent) bei der Jobsuche besonders attraktiv. Das zeigt die aktuelle “Health & Benefits Studie” des Versicherungsunternehmens GrECo, die sowohl die Arbeitnehmer:innen- als auch die Arbeitgeberseite befragt hat.

Benefits: Anforderungen an Jobs steigen

Die unternehmenseigene Befragung unter österreichischen Unternehmen wurde im Juli und August 2024 durchgeführt, um die Sichtweisen und Strategien der Arbeitgeber zu beleuchten. Diese Umfrage richtete sich an heimische Entscheidungsträger:innen aus den Bereichen “Human Resources” und “Benefits-Management”. Insgesamt nahmen 274 Unternehmensrepräsentant:innen an der Befragung teil. Dabei lag der Fokus auf den geplanten Benefits-Maßnahmen der nächsten zwei Jahre.

“Die Anforderungen an den Job steigen weiter. Viele Arbeitnehmer:innen wünschen sich, dass ihr Arbeitgeber sie bei den alltäglichen Herausforderungen unterstützt. Auch eine zusätzliche Pensions- und Krankenvorsorge, die deutlich über die staatliche Grundversorgung hinausgeht, wird zunehmend geschätzt. Lösungen, die Mitarbeiter:innen auch in Zukunft gut absichern, stehen insgesamt an oberster Stelle der Wunschliste”, erklärt Joachim Schuller, Competence Center Manager Health and Benefits bei GrECo.

Für Unternehmen gilt es, sich bewusst zu machen, dass Benefits, die zeitgemäß und besonders relevant für die Lebensqualität der Mitarbeitenden sind, den besten Pull-Faktor darstellen und einen direkten Einfluss auf die Loyalität haben.

Langfristig vs. kurzfristig

Vor allem langfristige Benefits wie Vorsorgelösungen hätten laut der Umfrage für acht von zehn Befragten (83 Prozent) eine höhere Priorität als kurzfristige Vorteile wie Fitnessangebote. Ein Unterschied zeigt sich jedoch bei der Gen Z, deren Fokus auf anderen Herausforderungen wie beispielsweise mentaler Gesundheit und der Vereinbarkeit von Familie und Karriere gerichtet ist.

“Das liegt nicht daran, dass die Gen Z Pensionsvorsorge oder Krankenversicherung nicht schätzt. Untersuchungen zeigen, dass die Gen Z anfälliger für Burnout und Stress ist. Der Mental Health-Aspekt wird somit immer wichtiger, um Fluktuation und geringer Produktivität entgegenzuwirken“, erklärt Schuller. “Es geht hier um ein abgestimmtes Paket, das sowohl Prävention als auch die entsprechende Absicherung im Bedarfsfall sicherstellen kann.”

Bemerkenswert ist, dass trotz aller Bemühungen aktuell 67 Prozent der Unternehmen die Vorteile betrieblicher Vorsorgeleistungen noch nicht ausschöpfen. Dabei bieten steuerfreie Zukunftssicherungen, Berufsunfähigkeitsversicherung und Pensionszusagen gerade die finanzielle Sicherheit, die sich die Mitarbeiter:innen wünschen würden, so die Studie.

Der Jahresbericht der Pensionsversicherung Österreich zeigt, dass ein Viertel der österreichischen Arbeitnehmer:innen (25 Prozent) noch vor dem Ruhestand berufsunfähig sind und nur vier Prozent der Erwerbstätigen in Österreich eine private Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen haben.

“Diese Lücke wird aber nach wie vor auch in der Praxis von nur rund 17 Prozent der Unternehmen abgedeckt. Auch eine “Pensionszusage” bieten nur 27 Prozent an und das, obwohl sie angesichts der steigenden Lebenserwartung ein wichtiges Angebot wäre, um die Erhaltung des Lebensstandards im Alter sicherzustellen”, liest man im Bericht.

Benefits kein Obstkorb

Im Kampf um die besten Talente steigt der Druck auf die Arbeitgeber, über das Gehalt hinaus ansprechende Sozialleistungen anzubieten. Über ein Drittel (35 Prozent) der heimischen Arbeitnehmer:innen ist sogar bereit, auf zehn Prozent des Gehalts zu verzichten, wenn sie dafür wichtige Benefits erhalten – in der Gen Z ist es sogar jede:r Zweite (46 Prozent).

Benefits wie Home-Office oder flexible Arbeitszeiten, zählen jedoch nicht dazu. Sie werden viel mehr als selbstverständliche Voraussetzung betrachtet und sind wie der Obstkorb, den nur mehr 24 Prozent als sehr ansprechend bewerten, seit langem kein Alleinstellungsmerkmal mehr.

“Eine ‚One-size-fits-all-Lösung‘ bei Benefits ist nicht mehr zeitgemäß. Unternehmen, die die Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter:innen erkennen und entsprechend handeln, sind für die Herausforderungen der modernen Arbeitswelt besser gerüstet und langfristig erfolgreicher”, so Schuller weiter.

Kommunikation mangelhaft

Aufholbedarf gibt es auch in der Kommunikation: Nur 56 Prozent der Mitarbeiter:innen kennen auch alle angebotenen Benefits. Auf Seite der Arbeitgeber gilt es dringend, eine zugängliche Übersicht der angebotenen Benefits zu schaffen und diese laufend zu kommunizieren. Etwa ein Drittel (32 Prozent) der befragten Unternehmen gibt zudem an, keine genaue Kenntnis darüber zu haben, wie viel Prozent der Lohnsumme für Benefits aufgewendet werden.

“Das zeigt deutlich, dass Unternehmen ihre Kommunikationsstrategie für bestehende Mitarbeiter:innen dringend verbessern müssen, denn 88 Prozent wünschen sich einen Arbeitgeber, der sich um sie kümmert”, fasst Schuller abschließend zusammen. “Nur wer langfristige Absicherung und moderne Arbeitsmodelle kombiniert, wird im Wettbewerb um die besten Talente bestehen können – erst recht in Zeiten des Fachkräftemangels.”

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