19.05.2021

Novid20: Wiener Startup bietet PCR-Test-System für Schulen und Kindergärten

Die PCR-Test-Lösung wurde zuletzt im deutschen Freiburg erfolgreich erprobt. Novid20 bringt sie auch für einen Einsatz in Österreich ins Spiel.
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Moritz Miedler, Prokurist bei Novid20 | (c) Leah Hauptmann
Moritz Miedler, Prokurist bei Novid20 | (c) Leah Hauptmann

Die Antigen-Schnelltests sind inzwischen wohl bei den meisten zur Gewohnheit geworden. Stets gilt jedoch: Wenn das Ergebnis wirklich zuverlässig sein soll, muss es ein PCR-Test sein. Mit diesem können Infektionen auch früher erkannt werden. Doch er kann nur im Labor durchgeführt werden und dauert daher deutlich länger. Bei den Testungen in heimischen Schulen und Kindergärten werden aus diesem Grund “Nasenbohrer”-Schnelltests genutzt. Doch das Wiener Startup Novid20 will dem eine praktikable “Lolli”-PCR-Test-Lösung für Schulen entgegensetzen.

Novid20: “digitales PCR-Testangebot ist sicherere Alternative zu Stickerpass”

Diese wurde in den vergangenen Monaten bereits in der deutschen Stadt Freiburg im Breisgau (etwa so groß wie Linz) erprobt und nach einer Pilot-Phase Ende April auf alle Schulen und Kindergärten dort ausgerollt. Weitere Städte in Deutschland sollen bald folgen. Und Moritz Miedler, Prokurist bei Novid20, bringt das System auch für Österreich ins Spiel: “Ein erprobtes digitales PCR-Testangebot ist auch eine zeitgemäße und sicherere Alternative zu den Antigen-Tests samt Stickerpass an Österreichs Schulen. Unser System wäre sofort an Schulen und Kindergärten einsetzbar”.

Konkret ermöglicht das digitale Test- und Ergebnisverwaltungssystem unter dem Namen “Poolie – die Software für sichere Schulen” eine zentrale Datenverwaltung über die Schulleitung. Eine Registrierung ist nur einmal notwendig. Beim “Lolli-Test” lutschen die Kinder dann für 30 Sekunden an einem Wattestäbchen. Die Ergebnisse sollen dann schnell online geliefert werden. Eine besonders rasche Lösung zur Verarbeitung großer Mengen von “Lolli-Tests” habe man gemeinsam mit dem Salzburger Hochdurchsatzlabor Novogenia erarbeitet. Wissenschaftlich begleitet wird Novid20 – auf unentgeltlicher Basis – von Prof. Dr. Johannes Zuber und Dr. Julius Brennecke, beide vom Vienna BioCenter.

Mit Corona Tracing App zu spät dran, bei Testungen vorne dabei

Die Begleitung der Schul-Testungen ist nicht das einzige Projekt von Novid20. Das Startup betreut etwa seit Herbst auch Tests in 23 Pflegeeinrichtungen der Caritas und die vom Bildungsministerium durchgeführte “Gurgelstudie” an mehr als 240 heimischen Schulen softwareseitig. Bereits gleich zu Beginn der Coronakrise machte das Startup (damals noch nicht gegründet) mit einer eigenen Corona-Tracing-App auf sich Aufmerksam, die allerdings in Österreich nie zu Einsatz kam, weil das Rote Kreuz mit Stopp Corona zuvorkam. Genutzt wird diese dafür in Georgien.

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Schon Jahre vor dem aktuellen KI-Hype konnte das Wiener Scaleup Anyline mit seiner Bilderfassungs-Lösung via Smartphone große Erfolge erzielen. In den Jahren 2016 bis 2021 kam das Unternehmen auf ein Wachstum von durchschnittlich 200 Prozent pro Jahr. Platzierte man die Lösung zunächst in unterschiedlichsten Branchen, wurden die Autoindustrie und im Speziellen das Erfassen von Daten zu Autoreifen immer mehr zum Fokus.

“Als wir uns entschieden haben, uns auf weniger Branchen zu konzentrieren, wurde klar, dass wir die neue Ausrichtung so schnell wie möglich im Team verfestigen mussten”, erzählt Co-Founder und CEO Lukas Kinigadner. Wie viele Wachstumsunternehmen setzte auch Anyline daraufhin auf OKRs (Objectives and Key Results), um Strategie, Ziele und Organisation zu strukturieren.

OKRs “zu strukturiert für ein Scaleup”

Doch erfolgreich war die Einführung der Methode im Rückblick nicht, wie Natasha Sotomayor, Head of Growth Strategy, erklärt: “OKRs waren dazu gedacht, uns zu verbinden, aber sie haben einfach nicht funktioniert. Sie waren zu strukturiert für ein Scaleup. Für mich waren OKRs zu starr und zu sehr top-down ausgerichtet. Und sie haben sich nicht gut mit den übergeordneten Zielen verbunden.”

Fehlendes “why”

Auch mit anderen Methoden wie “North Star” sei das “why” nicht ausreichend bei den Mitarbeiter:innen angekommen und es nicht gelungen, die Motivation zu steigern. “In einem Startup oder Scaleup sind die Dinge immer in Bewegung. Man lernt ständig dazu. Deshalb ist es wichtig, dass man als Mitarbeiter:in versteht: Worauf arbeite ich hin?”, so Sotomayor.

Umstieg auf AOA bei Anyline

Seit einiger Zeit nutzt Anyline mit Art of Acceleration (AOA) von GrowthSquare (brutkasten berichtete bereits) eine neue Methode. Davon versprach man sich eine schnelle und klare Kommunikation von Zielen und Erwartungen, einen flexiblen Bottom-up-Ansatz und einen Fokus auf den Weg selbst, nicht nur auf die Endergebnisse. “Wir brauchten einen schnellen Weg, um Zielsetzungen, Erwartungen und Grenzen zu kommunizieren, um den Mitarbeiter:innen von Anyline Kontext und Ziele zu geben”, sagt CEO Kinigadner. Einer der zentralen Vorteile der AOA-Methode sei, dass sie schnell Orientierung gebe, wo das Unternehmen gerade steht und welche Überzeugungen darin herrschen.

“Wenn man glaubt, dass eine neue Methode von Anfang an auf Gegenliebe stößt, ist man zum Scheitern verurteilt”

Doch natürlich wurde – nach mehreren gescheiterten Versuchen mit anderen Methoden – auch AOA von den Anyline-Mitarbeiter:innen nicht einfach mit offenen Armen empfangen. “Wenn man glaubt, dass eine neue Methode von Anfang an auf Gegenliebe stößt, ist man zum Scheitern verurteilt. Als Führungskraft war für mich klar: ‘Wenn sie mich nicht hassen, dann bin ich schon auf dem richtigen Weg'”, sagt Kinigadner. Vor allem auch seitens des Management-Teams habe es ein klares Commitment zur neuen Methode und die Bereitschaft, selbst Hand anzulegen, gebraucht.

Canvas, Retros und vierteljährliche Workshops

Generell setzt die AOA-Methode auf einen Bottom-up-Ansatz, legt einen Fokus auf das “why” und den Prozess auf dem Weg zum Ziel und soll eine größere Flexibilität im Vergleich zu anderen Methoden wie OKRs bieten. Konkret umgesetzt wird das unter anderem mit dem sogenannten “AOA Canvas” in den zwei Formaten “Company” und “Team”, wo Insights zum Status Quo, zu Überzeugungen, Herausforderungen, Vision, Zielen und einigem mehr geboten werden. Damit sollen Mitarbeiter:innen die Ziele im Auge behalten, während sie gleichzeitig viel Selbstbestimmung am Weg dorthin haben.

Monatlich gibt es “Retros” und quartalsmäßig Workshops, in denen die Teams über das Zurückliegende reflektieren und gemeinsam das weitere Vorgehen definieren. “Die Teams schätzen es sehr, wenn sie die Möglichkeit haben, zu reflektieren, einen Schritt zurückzutreten, ein wenig kreativ zu sein und darüber nachzudenken, was sie als Team in diesem Quartal erreichen möchte. Wenn man immer nur umsetzt, geht im Bereich Ideen nichts weiter”, meint Natasha Sotomayor. In diesen Diskussionen spielen Hierarchien keine Rolle, wodurch die Kommunikation zwischen Führungsebene und Mitarbeiter:innen an vorderster Front verbessert werden soll.

Hohe Zufriedenheit im Anyline-Team

Und was kam dabei bislang heraus? Nach drei Quartalen mit monatlichen Retros und vierteljährlichen Workshops gaben jeweils mehr als 80 Prozent der Anyline-Mitarbeiter:innen in einer internen Befragung an, dass sie die Zeit zur Reflexion schätzten, sich in ihren Teams wohlfühlten, ihre Stimme gehört wurde und sie wussten, worauf das Unternehmen hinarbeitete. “Sagen wir mal, von den 22 Teams sind 20 begeistert und die anderen beiden mögen es. Wohingegen ich glaube, dass im Großen und Ganzen niemand die OKRs mochte”, so Sotomayor.

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