16.04.2024
WIRTSCHAFTSSYMPOSIUM

Nouriel Roubini in Wien: „Europa hinkt hinterher“

Ein hochkarätiges Panel, ein Problem und zwölf Minuten Zeit: Wie soll Europa als Wirtschaftsplayer gestärkt werden? Darüber wurde beim Wirtschaftssymposium „12 Minutes Europe“ in der WKÖ-Zentrale diskutiert. Eine Erkenntnis: Startups seien wichtiger denn je.
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Nouriel Roubini bei seiner Keynote am 12-Minutes-Europe-Symposium. (c) wkoe | Rainer | Busch

Die Wettbewerbsfähigkeit Europas stehe unter Druck, so WKÖ-Präsident Harald Mahrer in seiner Eröffnungsrede zum Symposium „12 Minutes Europe“. Knapp 30 Speaker:innen folgten seiner Einladung, in der Wiener WKÖ-Zentrale je zwölf Minuten darüber zu sprechen, wie Europa in Zukunft am globalen Markt bestehen könne.

Dabei fanden viele klare Worte zur aktuellen Lage: „Europa hinkt hinterher“ drückte US-Ökonom und Bestsellerautor Nouriel Roubini seine Meinung zum Globalplayer Europa aus, die meisten Speaker teilten sie.

Die Folge: Europa wird immer unattraktiver für Investor:innen aus den USA und China, wie brutkasten bereits berichtete. Vor allem die Startup- und VC-Kultur sei laut Roubini hier nicht so fortgeschritten wie in den USA. Das müsse sie aber sein, um in mit den radikalen Veränderungen in der Welt mithalten zu können.

12 Minutes Europe: „Startups sind viel wichtiger geworden“

Was die Signifikanz von Startups für den Erfolg der Gesamtwirtschaft betrifft, stimmte auch Achim Wambach, Präsident des Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung, zu: „Startups sind viel wichtiger geworden als früher“, sagte er. Europa baue auf inkrementelle Innovation, also schrittweise Weiterentwicklung.

Immer mehr dominante globale Player investieren hingegen in die Förderung von Sprunginnovationen, also disruptive Technologie, die den Markt radikal umkrempeln kann. Auch Europa solle diesem Beispiel stärker folgen. „Und dafür brauchen wir Startups“, meinte Wambach.

Europa in der Staubwolke der USA

Auch Marie-Helene Ametsreiter, General Partner bei Speedinvest, plädierte in ihren 12 Minuten für einen stärkeren Venture-Capital-Fokus, um Europa zukunftsfähig zu machen. Sie nannte die USA als Vorzeigebeispiel für VC-Finanzierung: Vor etwa 50 Jahren habe man begonnen, massiv in Risikokapital zu investieren, heute würden 41 Prozent der gesamten Marktkapitalisierung aus Venture-Backed-Companys stammen, darunter die mittlerweile größten US-Konzerne wie Apple, Google, Facebook, Tesla und Amazon. „Währenddessen sieht es in Europa traurigerweise vor allem mit börsennotierten wagniskapitalfinanzierten Unternehmen sehr trist aus.“ Das liege vor allem daran, dass die Assetklasse Venture Capital in Europa bis vor wenigen Jahrzehnten quasi nicht existiert habe; erst in den letzten 10 Jahren sei ein Aufschwung zu vernehmen.

„Die Tragödie ist, dass diese jungen Unternehmen in Europa, die wir mit dem aufstrebenden Risikokapitalmarkt finanzieren, ab einer gewissen Wachstumsrate keine Folgefinanzierung mehr erhalten. Was dann passiert, ist, dass fast alle von ihnen nach Amerika auswandern. Das heißt, wir investieren mit unserer Ausbildung in Talente, in Innovation, und verlieren dann beides an die USA“, lautete Ametsbergers nüchterne Analyse. Dabei habe Europa als Lebensmittelpunkt eigentlich viel zu bieten. Hoher Lebensqualität und soziale Absicherung bei kleinem Gründungsrisiko sei besonders attraktiv für Gründer:innen.

Neben der Stärkung des VC-Bereichs müsse laut Wambach außerdem die akademische Landschaft in Europa ausgebaut werden, um Fachkräfte nach Europa zu bringen. „Wir haben keine saubere Strategie, wie wir Spitzenkräfte schon auf dem Uni-Level anziehen“, sagt er. Die besten Universitäten Europas würden außerhalb der EU liegen – das müsse sich ändern, um Talente überhaupt erst nach Europa zu bringen. Im nächsten Schritt müssten sie außerdem an ein gründungsfreundliches Umfeld herangeführt werden, um sie nachhaltig an den EU-Markt zu binden.

Mit Startup-Fabriken ins neue Wirtschaftswunder

Auch Christian Mohr, Geschäftsführer von UnternehmerTUM, Zentrum für Innovation & Gründung, zeigte sich nicht verwundert angesichts de Abwanderung von wachsenden Unternehmen; immerhin werde am BIP gemessen in den USA fast 60 Prozent mehr in Venture Capital finanziert als in Europa.

Seine Lösung: Forscher:innen und Gründer:innen zu vernetzen und ihnen einen Raum zum Wachsen zu geben. „Was wäre, wir hätten eine Fabrik, in der wir aus exzellentem Wissen aus Forschung und Lehre skalierbare Unternehmen produzieren könnten? Und jetzt stellen Sie sich vor, wir würden diese Startup-Fabrik mit einem Prozent der Wertschöpfung der EU ausstatten. Ich glaube wir hätten ein neues Wirtschaftswunder“, so seine Einschätzung.

Optimismus als Betthupferl

Passend zu den glänzenden Zukunftsutopien sprach Mohr auch über die Bedeutung von Optimismus in der europäischen Kommunikation. „Wir müssen mehr über Erfolg reden. Wir haben eine Rezession und wir haben kein Kapital… wir reden immer nur über alles, was schlecht ist. Letztendlich schreiben wir unsere eigenen Geschichten. An der Spitze zu stehen ist toll, aber ein einsamer Spitzenreiter zu sein ist wirklich langweilig. Wir brauchen andere Mitstreiter, um uns zu stärken.“

Sogar Roubini, wegen seiner pessimistischen Prognosen auch “Dr. Doom” genannt, fand vorsichtig positive Worte zur Zukunft Europas: “Ehrlicherweise muss man beide Seiten sehen. Natürlich sehen manche das Glas eher halb voll und andere halb leer. Ich sehe auch viele Bereiche, in denen Europa gut gehandelt hat, vor allem den Sozialmarkt und die gründe Wende.” Dementsprechend positiver als noch zu Beginn fielen am Abend auch WKÖ-Präsident Mahrers Schlussworte zum 12-Minutes-Europe-Symposium aus: „Es ist viel drinnen und wir müssen das nur selber anpacken. Wenn wir ein besseres Europa haben wollen, müssen wir uns selber drum bemühen.”

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Das femble-Founderteam Lina Graf und Daniel Steiner (c) Michael Engele

Sie überfluten soziale Medien: Falsch-Informationen rund um Gesundheit und Medizin. Was sich als Gefahr für uninformierte User:innen entpuppt, bietet Chancen für neue Geschäftsfelder. Gegen Fake-News und für mehr verifizierte Information setzen sich immer mehr Mediziner:innen in sozialen Kanälen ein. Ein neues Berufsfeld wurde allmählich geboren: die “Health-Influencer:innen”.

Femble macht Ärzte zum “verifizierten Influencer”

In den vergangenen Monaten entstand damit ein Trend, der eine medizinische Fachausbildung mit der Nahbarkeit des Influencer-Seins kombiniert. Und ein Trend, der leider sowohl Chancen als auch Fehlerquellen beinhaltet.

Diesem Problem nimmt sich das Tiroler FemTech-Startup femble an. Es will die Beziehung zwischen Ärzten und Patient:innen stärken – und generativer KI einen sicheren und verifizierten Platz in der Gesundheitsbranche bieten.

Das in Volders nahe Hall in Tirol gegründete Startup hat sich zum Ziel gesetzt, Mediziner:innen einen vertrauenswürdigen Influencer-Status zu verleihen. Basierend auf der Erkenntnis: Patient:innen wollen Infos über soziale Kanäle, aber am liebsten nur von ihren eigenen Ärzten. Mit einer neuen Idee transformierte Femble sein ursprüngliches Geschäftsmodell – und holte sich dafür ein sechsstelliges Investment.

Zyklus-App wird zu Info-Plattform

Femble wurde im November 2020 gegründet. Ursprünglich wollte das Startup eine B2C-App für Zyklusbeschwerden aufbauen – basierend auf der persönlichen Gesundheitsgeschichte von Co-Founderin Graf. Der Plan ging auf: Nach kurzer Zeit entstand eine Community von über 40.000 Frauen und Dutzenden Ärzten. Die Intention: Frauen sollten sich schnelle und von Ärzten verifizierte Infos über Schmerzen während und rund um die Monatsblutung holen können.

Schritt für Schritt bauten sich Graf und Steiner vom Inntal aus eine Community aus mehreren Tausend Userinnen auf. Der Content war User-orientiert, aber anonym. Die Infos waren verifiziert, aber unpersönlich.

Patient:innen wollen Infos “nur von ihrem Arzt”

Das damalige Modell stieß an seine Grenzen. Das Founderteam erkannte Lücken – unter anderem dank umfangreichen Feedbacks von involvierten Mediziner:innen:

Man wolle Patientinnen effektiver informieren und begleiten, Behandlungszeiten verkürzen und Wissen über Basisfragen effizienter und sicherer verbreiten. Eine Thematik, die sich nicht nur auf den Sektor Frauengesundheit beschränkt, sondern in der gesamten Health-Branche zu verantworten ist.

Mit diesem Wissen startete femble seine Reise zu einer “Recommender Engine” für personalisierte Gesundheitsinhalte. Das Ziel: Frauen bei individuellen Beschwerden gezielt zu unterstützen.

Pivot soll Fake News bekämpfen

Ende 2024, vor gut zwei Monaten, hat sich das Team dazu entschieden, das Geschäftsmodell von femble zu transformieren. “Wir führen etliche Gespräche mit Nutzerinnen und Ärzten und haben dabei verstanden, dass Gesundheitsinformation nicht von beliebigen Ärzten kommen sollte, sondern von den eigenen”, erzählt Co-Founder Daniel Steiner.

Die Zyklus-App mit anonymisierten Gesundheitstipps war Geschichte. Die neue femble-Version positioniert sich seither als Plattform für Ärzt:innen mit der Intention, deren Beziehung zu Patientinnen “grundlegend neu zu denken und effizienter zu gestalten.”

Mediziner:innen werden zu Influencer:innen

“Mit femble ermöglichen wir es Ärzten, zu vertrauenswürdigen Health-Influencerinnen für ihre eigenen Patientinnen zu werden”, so Co-Founderin Lina Graf. Aktuell beobachte das Founderteam einen Trend “hin zu exklusiven digitalen Communities, und das Aufkommen von generativer KI in Videos wird diesen Wandel beschleunigen”. Umso wichtiger sei es, verifizierte Informationen über vertrauenswürdige Quellen bereitzustellen.

Die Vorteile von medizinischer Fachausbildung und der Nahbarkeit des Influencer-Seins mit gezielter Zielgruppen-Ansprache trugen Früchte: Nur zwei Monate nach dem Pivot berichtet das Startup bereits von positiver Resonanz vonseiten der Community. Insbesondere im Bereich Frauengesundheit stoßen die Lösungen von femble bei Ärzt:innen und Kliniken auf Interesse, heißt es.

Für das laufende Jahr 2025 nimmt man sich einen weiteren Pivot vor: Ein neuer Übersee-Standort ist geplant – die USA sind im Visier. Dazu dient das im letzten Jahr eingeholte Investment im Rahmen einer Angel-Runde. Rund 350.000 Euro soll von mehreren Angels in das Tiroler FemTech geflossen sein. An Bord sind europäische Business Angels, wie das Startup gegenüber brutkasten anmerkt.

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