02.08.2021

Nestlé-Kampagne thematisiert Palmöl und fragt: “Was würdest DU tun?”

Nestlé beleuchtet in seiner aktuellen und europaweit laufenden Kampagne "Beneath the Surface" die Komplexität in der Palmöl-Lieferkette. Der brutkasten bat Katharina Keimelmayr, Head of Corporate Communications & Public Affairs zum Gespräch.
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Beneath the Surface Nestlé
© Nestlé

Der weltweit größte Nahrungsmittelkonzern Nestlé zieht sich immer wieder den Unmut von Umweltschützern und zahlreichen NGO’s zu – Wasserprivatisierung, Tierversuche und verunreinigte Babynahrung sind nur ein Auszug jener Punkte, die häufig Stein des Anstoßes sind. Auch das Thema Palmöl ruft zahlreiche Kritiker auf den Plan und jedes Nachhaltigkeitsengagement des Unternehmens wird in Bezug auf Glaubwürdigkeit genauestens beäugt. Mit einem innovativen Marketingansatz will man nun gerade in Sachen Palmöl für mehr Transparenz sorgen und sucht den Dialog mit den Kundinnen und Kunden. In einem interaktiven Video lädt man mit der Kampagne “Beneath the Surface” genau diese zu einer Gedankenreise ein und stellt die Frage: Was würdest DU tun?

Interaktiver Ansatz: Eine Entscheidung – viele Dimensionen

Aus der Sicht eines Unternehmens macht Nestlé in den Videos deutlich, vor welchen Herausforderungen man tagtäglich steht, wenn es um das weltweite Erreichen einer transparenten und nachhaltigen Palmöl-Lieferkette geht. Jeder Zuschauer und jede Zuschauerin hat die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, ob und wie Palmöl verwendet werden soll und welche Konsequenzen damit einhergehen können. Und dabei zeigt sich schnell, dass jede Wahl aufgrund der Komplexität der Lieferkette mehr als eine Dimension hat. Entscheidungen gilt es zum Beispiel hinsichtlich der Vermeidung von Waldrodung, zu den Arbeitsbedingungen der Kleinbauern (Zwangsarbeit) oder zu möglichen Palmölalternativen zu treffen. Welche Auswirkungen die jeweilige Entscheidung hat, wird im Anschluss im Video beantwortet.

Beneath the Surface: Europaweites Gemeinschaftsprojekt

Zu sehen ist die Kampagne europaweit – den Anfang machten die Niederlande und Litauen. Aktuell läuft das europäische Gemeinschaftsprojekt des Unternehmens in Österreich, Deutschland und der Schweiz, der Slowakei und Tschechien. Auch in Belgien, Großbritannien und Schweden wird die Kampagne ausgespielt. Der brutkasten hat bei Katharina Keimelmayr, Head of Corporate Communications & Public Affairs bei Nestlé nachgefragt, was sich der Konzern von der Kampagne verspricht und wie man mit der omnipräsenten Kritik von Umweltschützern umgeht.


Katharina Keimelmayr Nestlé
Katharina Keimelmayr, Head of Corporate Communications und Public Affairs bei Nestlé
©Nestlé

„Beneath the Surface“ rückt das Thema Palmöl in den Fokus. Worum geht es bei der Kampagne genau?

Katharina Keimelmayr: Das Thema Palmöl geht mit vielen Fragen einher – insbesondere rund um die Abholzung von Wäldern, die Arbeitsbedingungen der Arbeiter*innen auf den Plantagen, und nicht zuletzt die Verwendung von Palmöl per se. Genau diesen Themen widmet sich die Kampagne.

Was versprechen Sie sich von der Kampagne, was wollen Sie damit erreichen?

Wir möchten damit die Komplexität in der Palmöl-Lieferkette aufzeigen, und die Konsument*innen mit auf den Weg nehmen, welche schwierigen Entscheidungen es rund um das Thema der Verwendung von Palmöl zu treffen gibt. Gleichzeitig schaffen wir Transparenz, warum wir handeln, wie wir es tun, zum Beispiel warum wir weiterhin Palmöl einsetzen: Palmöl ist etwa die platzsparendste Variante, wenn es um die Pflanzenölproduktion geht, hier werden viel weniger Anbauflächen benötigt als für andere pflanzliche Alternativen. Dabei arbeiten wir mit unseren direkten Lieferanten zusammen, um die Nachhaltigkeitspraktiken in unserer Lieferkette kontinuierlich zu verbessern. Wir haben nicht alle Antworten, aber wir tun aktiv unseren Teil, um zu einem nachhaltigeren Palmölsektor beizutragen.

Sie setzen auf einen innovativen, interaktiven Ansatz, warum?

Das interaktive Storytelling ist ein neuer Zugang zu einem sehr komplexen Thema, mit dem wir hoffen, die Konsument*innen auf eine ganz neue Weise einzubinden und Engagement zu schaffen. Wir sehen bereits, dass sich die Nutzer damit auseinandersetzen, wir haben bereits wertvolles Feedback erhalten: damit können wir einen Dialog starten.

Welche Kommunikationskanäle haben Sie dabei im Blick?

In Österreich bewerben wir das interaktive Video über digitale Kanäle wie Facebook, YouTube und Instagram. Denn dort können wir die Zielgruppe am besten erreichen.

Nestlé wird auch abseits von Palmöl immer wieder von NGO‘s und Umweltschützern kritisiert – Stichwort Tierversuche, verunreinigte Babynahrung und vor allem Wasserprivatisierung. Verstehen Sie die Kritik?

Als größter Lebensmittelkonzern der Welt bieten wir natürlich Angriffsfläche. Wir haben durch unsere Stellung auch eine Verantwortung gegenüber dem Planeten, sowie den Gemeinschaften, in denen wir tätig sind, zu tragen. Darum setzen wir uns auch ambitionierte Ziele, wie für die Bekämpfung des Klimawandels und für eine abfallfreie Zukunft, und verfolgen auch seit vielen Jahren zahlreiche Initiativen und Verpflichtungen, um nachhaltige, tragfähige Lieferketten zu erreichen. In Hinblick auf unser Engagement im Wasserbereich ist folgendes festzuhalten: Tatsächlich hat Nestlé die Anerkennung und die Achtung des Menschenrechts auf Wasser in die eigenen Unternehmensgrundsätze eingearbeitet, sogar noch bevor diese offiziell von der UN anerkannt waren. Dennoch werden wir nach wie vor oft mit dieser Frage konfrontiert. In Österreich sind wir in der glücklichen Lage, dass unser Leitungswasser Trinkwasserqualität hat. Das ist nicht überall der Fall. Mit unseren Wasser-Marken kommen wir der steigenden Nachfrage nach abgefülltem Wasser als sichere, gesunde Hydrations-Quelle nach. Wasser in Flaschen konkurriert nicht mit Leitungswasser als Hauptquelle für Trinkwasser. Wenn Wasserquellen und Verteilungssysteme nicht verfügbar sind oder bei Naturkatastrophen, kann abgefülltes Wasser ein Ersatz sein.

Also erkennt Nestlé das Menschenrecht auf Wasser uneingeschränkt an?

Ja, wir sind der festen Überzeugung, dass der Zugang zu Wasser ein grundlegendes Menschenrecht ist. Wir respektieren und unterstützen eine ausgewogene Regulierung der Wasserentnahme, und verstehen und teilen die Bedenken der Öffentlichkeit über den Zugang zu Wasser, insbesondere in Zeiten von Dürre oder in wasserarmen Gebieten. Wo immer wir Wasser abfüllen, folgen wir den Water Stewardship Prinzipien, die eine sinnvolle, transparente Zusammenarbeit zwischen lokalen Interessengruppen fördern, um die Wasserressourcen nachhaltig zu verwalten. Insbesondere stellen wir sicher, dass unser Betrieb den lokalen Zugang zu Wasser nicht gefährdet. Wir bieten kostenlosen Zugang zu sauberem Wasser, wo es für Gemeinschaften in der Nähe unserer Fabriken wichtig ist.

Konzerne in der Größenordnung von Nestlé können vom Greenwashing-Vorwurf ein Lied singen. Warum glauben Sie, nimmt man Ihnen Ihr Umweltschutz-Engagement nicht ab und wie möchten Sie hier gegenzusteuern?

Heutzutage kann sich jedes Unternehmen, klein oder groß, sehr schnell mit einem Greenwashing-Vorwurf konfrontiert sehen. Vor allem jüngere Konsument*innen sind gut informiert und kritisch, was das Thema Nachhaltigkeitsengagement angeht. Große Konzerne werden dabei sicher strenger beäugt. Wesentlich ist letztlich aber, dass wir im Nachhaltigkeitsbereich große Anstrengungen unternehmen. Und wir haben auf diesem Weg schon einiges erreicht – etwa, dass bereits 90 Prozent unserer wichtigsten Rohstoffe wie Palmöl, Zellstoff und Papier, Soja, Fleisch und Zucker als abholzungsfrei eingestuft sind, oder dass weltweit bereits 88 Prozent unserer Verpackungen recycelbar oder wiederverwertbar sind – um nur zwei Beispiele zu nennen. Aber natürlich gibt es weiterhin noch viel für uns zu tun. Priorität für mich ist, mehr über unsere Initiativen und Programme zu sprechen, die wir auf der ganzen Welt verfolgen. Das haben wir – hier in Österreich – in der Vergangenheit viel zu wenig getan. Hier haben wir einiges aufzuholen. Das geht nur Schritt für Schritt, und muss alle umfassen – Konsument*innen sowie unsere Stakeholder. Unser Engagement im Bereich der Nachhaltigkeit steht dabei im Vordergrund.

Wirkt sich ein schlechtes Image in diesem Bereich eigentlich spürbar auf Ihre Umsätze aus?

Wir haben im letzten Jahr viele neue Produkte auf den Weg gebracht, die Teil unserer Klimastrategie sind und dem Motto folgen: good for you & good for the planet, einige weitere spannende Innovationen stehen in der Pipeline. Ausschlaggebend ist, mit unseren Produkten am Puls der Konsumentenbedürfnisse zu sein. Und das ist uns in Österreich laut den Umsatzzahlen in den letzten Jahren gut gelungen. Wir konnten etwa 2020 Marktanteile (Anm.: Nielsen-Markt, Lebensmittelhandel) dazugewinnen, und sind zurück in den Top-10 der der FMCG-Unternehmen (Anm.: „Fast Moving Consumer Goods“; Konsumgüter des alltäglichen Bedarfs, die von einer schnellen Warenrotation gekennzeichnet sind) in Österreich.

Vielen Dank für das Interview.

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Doris Lippert (Microsoft | Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung) und Thomas Steirer (Nagarro | Chief Technology Officer)
Doris Lippert (Microsoft | Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung) und Thomas Steirer (Nagarro | Chief Technology Officer) | Foto: brutkasten

“No Hype KI” wird unterstützt von CANCOM Austria, IBM, ITSV, Microsoft, Nagarro, Red Hat und Universität Graz


Mit der neuen multimedialen Serie “No Hype KI” wollen wir eine Bestandsaufnahme zu künstlicher Intelligenz in der österreichischen Wirtschaft liefern. In der ersten Folge diskutieren Doris Lippert, Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung bei Microsoft Österreich, und Thomas Steirer, Chief Technology Officer bei Nagarro, über den Status Quo zwei Jahre nach Erscheinen von ChatGPT.

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„Das war ein richtiger Hype. Nach wenigen Tagen hatte ChatGPT über eine Million Nutzer”, erinnert sich Lippert an den Start des OpenAI-Chatbots Ende 2022. Seither habe sich aber viel geändert: “Heute ist das gar kein Hype mehr, sondern Realität“, sagt Lippert. Die Technologie habe sich längst in den Alltag integriert, kaum jemand spreche noch davon, dass er sein Smartphone über eine „KI-Anwendung“ entsperre oder sein Auto mithilfe von KI einparke: “Wenn es im Alltag angekommen ist, sagt keiner mehr KI-Lösung dazu”.

Auch Thomas Steirer erinnert sich an den Moment, als ChatGPT erschien: „Für mich war das ein richtiger Flashback. Ich habe vor vielen Jahren KI studiert und dann lange darauf gewartet, dass wirklich alltagstaugliche Lösungen kommen. Mit ChatGPT war dann klar: Jetzt sind wir wirklich da.“ Er sieht in dieser Entwicklung einen entscheidenden Schritt, der KI aus der reinen Forschungsecke in den aktiven, spürbaren Endnutzer-Bereich gebracht habe.

Von erster Begeisterung zu realistischen Erwartungen

Anfangs herrschte in Unternehmen noch ein gewisser Aktionismus: „Den Satz ‘Wir müssen irgendwas mit KI machen’ habe ich sehr, sehr oft gehört“, meint Steirer. Inzwischen habe sich die Erwartungshaltung realistischer entwickelt. Unternehmen gingen nun strategischer vor, untersuchten konkrete Use Cases und setzten auf institutionalisierte Strukturen – etwa durch sogenannte “Centers of Excellence” – um KI langfristig zu integrieren. „Wir sehen, dass jetzt fast jedes Unternehmen in Österreich KI-Initiativen hat“, sagt Lippert. „Diese Anlaufkurve hat eine Zeit lang gedauert, aber jetzt sehen wir viele reale Use-Cases und wir brauchen uns als Land nicht verstecken.“

Spar, Strabag, Uniqa: Use-Cases aus der österreichischen Wirtschaft

Lippert nennt etwa den Lebensmittelhändler Spar, der mithilfe von KI sein Obst- und Gemüsesortiment auf Basis von Kaufverhalten, Wetterdaten und Rabatten punktgenau steuert. Weniger Verschwendung, bessere Lieferkette: “Lieferkettenoptimierung ist ein Purpose-Driven-Use-Case, der international sehr viel Aufmerksamkeit bekommt und der sich übrigens über alle Branchen repliziert”, erläutert die Microsoft-Expertin.

Auch die Baubranche hat Anwendungsfälle vorzuweisen: Bei Strabag wird mittels KI die Risikobewertung von Baustellen verbessert, indem historische Daten zum Bauträger, zu Lieferanten und zum Bauteam analysiert werden.

Im Versicherungsbereich hat die UNIQA mithilfe eines KI-basierten „Tarif-Bots“ den Zeitaufwand für Tarifauskünfte um 50 Prozent reduziert, was die Mitarbeiter:innen von repetitiven Tätigkeiten entlastet und ihnen mehr Spielraum für sinnstiftende Tätigkeiten lässt.

Nicht immer geht es aber um Effizienzsteigerung. Ein KI-Projekt einer anderen Art wurde kürzlich bei der jüngsten Microsoft-Konferenz Ignite präsentiert: Der Hera Space Companion (brutkasten berichtete). Gemeinsam mit der ESA, Terra Mater und dem österreichischen Startup Impact.ai wurde ein digitaler Space Companion entwickelt, mit dem sich Nutzer in Echtzeit über Weltraummissionen austauschen können. „Das macht Wissenschaft zum ersten Mal wirklich greifbar“, sagt Lippert. „Meine Kinder haben am Wochenende die Planeten im Gespräch mit dem Space Companion gelernt.“

Herausforderungen: Infrastruktur, Daten und Sicherheit

Auch wenn die genannten Use Cases Erfolgsbeispiele zeigen, sind Unternehmen, die KI einsetzen wollen, klarerweise auch mit Herausforderungen konfrontiert. Diese unterscheiden sich je nachdem, wie weit die „KI-Maturität“ der Unternehmen fortgeschritten sei, erläutert Lippert. Für jene, die schon Use-.Cases erprobt haben, gehe es nun um den großflächigen Rollout. Dabei offenbaren sich klassische Herausforderungen: „Integration in Legacy-Systeme, Datenstrategie, Datenarchitektur, Sicherheit – all das darf man nicht unterschätzen“, sagt Lippert.

“Eine große Herausforderung für Unternehmen ist auch die Frage: Wer sind wir überhaupt?”, ergänzt Steirer. Unternehmen müssten sich fragen, ob sie eine KI-Firma seien, ein Software-Entwicklungsunternehmen oder ein reines Fachunternehmen. Daran anschließend ergeben sich dann Folgefragen: „Muss ich selbst KI-Modelle trainieren oder kann ich auf bestehende Plattformen aufsetzen? Was ist meine langfristige Strategie?“ Er sieht in dieser Phase den Übergang von kleinen Experimenten über breite Implementierung bis hin zur Institutionalisierung von KI im Unternehmen.

Langfristiges Potenzial heben

Langfristig stehen die Zeichen stehen auf Wachstum, sind sich Lippert und Steirer einig. „Wir überschätzen oft den kurzfristigen Impact und unterschätzen den langfristigen“, sagt die Microsoft-Expertin. Sie verweist auf eine im Juni präsentierte Studie, wonach KI-gestützte Ökosysteme das Bruttoinlandsprodukt Österreichs deutlich steigern könnten – und zwar um etwa 18 Prozent (brutkasten berichtete). „Das wäre wie ein zehntes Bundesland, nach Wien wäre es dann das wirtschaftsstärkste“, so Lippert. „Wir müssen uns klar machen, dass KI eine Allzwecktechnologie wie Elektrizität oder das Internet ist.“

Auch Steirer ist überzeugt, dass sich für heimische Unternehmen massive Chancen eröffnen: “Ich glaube auch, dass wir einfach massiv unterschätzen, was das für einen langfristigen Impact haben wird”. Der Appell des Nagarro-Experten: „Es geht jetzt wirklich darum, nicht mehr zuzuwarten, sondern sich mit KI auseinanderzusetzen, umzusetzen und Wert zu stiften.“


Folge nachsehen: No Hype KI – wo stehen wir nach zwei Jahren ChatGPT?


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Die Partner von No Hype KI
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