28.03.2022

Nerds of Law: Anwalts-Kanzleien sollen mehr wie Startups werden

Katharina Bisset ist Anwältin und Startup-Gründerin. In einem neuen Buch will sie Jurist:innen für die eigene Kanzlei Tipps aus der Startup-Welt mitgeben.
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Katharina Bisset ist Anwältin in Niederösterreich und Co-Founder von
Katharina Bisset ist Anwältin in Niederösterreich und Co-Founder von "Nerds of Law" und Netzbeweis © Netzbeweis/Wolfgang Lehner

Katharina Bisst ist Anwältin in Niederösterreich. Ihr Büro ist in ihrem Haus und früher hätte sie wohl “einfach ein Schild rausgehängt” und auf Klienten gewartet. So laufe das heute aber nicht mehr, ist die Juristin überzeugt. Anwält:innen sollen sich bei der Gründung von Kanzleien mehr aus der Business-Welt abschauen und sich ein wenig an Startups orientieren. Darüber hat sie auch ein Buch geschrieben – “Kanzlei-Start-up” – und tourt mit dem Welser Cybercrime-Anwalt Michael Lanzinger unter dem Namen “Nerds of Law” durch Österreich, um Jurist:innen zu erklären, wie sie moderne Arbeitsweisen und Tools für sich nutzen können.

Ist der Stundensatz ein zeitgemäßes Abrechnungsmodell?

In der Ausbildung zur Anwältin oder zum Anwalt werde man auf die Business-Welt kaum vorbereitet, meint Bisset. “Eine Rechtsanwaltskanzlei ist eben auch ein Unternehmen. Man kann sich überlegen, ob der Stundensatz überhaupt ein zeitgemäßes Abrechnungsmodell ist. Ich biete fast nur Pauschalen an. Abomodelle sieht man auch schon. Man muss sich weiterentwickeln. Wir haben ja auch Mandanten, die uns bei Business Modellen und Technik um Jahre voraus sind”. Gerade kleine Kanzleien, die oft nur aus einem Anwalt oder einer Anwältin bestehen, können viel größere Projekte stemmen, wenn sie auf LegalTech setzen.

Aber auch Partner:innen, die sich aus größeren Kanzleien lösen und sich selbstständig machen, seien die Zielgruppe des Buchs: “Das ist eine tolle Chance, um zu sagen, das was man gelernt hat zu hinterfragen. Brauche ich wirklich Menschen, die meine Diktate abtippen? Müssen E-Mails ausgedruckt werden?”. Der im Linde Verlag erschienene Ratgeber ist für den Einsatz in der Praxis gedacht und bietet dementsprechend Tipps, Tricks und Checklisten aus Bereichen rund um Unternehmensgründung über Marketing, LegalTech bis hin zu Vereinbarkeit mit Familie.

Zuerst Nerd, dann Juristin, dann Startup-Gründerin

“Ich war zuerst Nerd und dann erst Juristin”, sagt Bisset im Gespräch mit dem brutkasten. Sie hatte einen Informatikschwerpunkt in der Schule und wählt später im Studium die Spezialisierung auf IT-Recht. Die “Nerds of Law” sind entstanden, weil sie mit ihrem letzten Ausbildungsanwalt vor der Rechtsanawaltsprüfung, Michael Lanzinger, oft eingeladen wurde, um etwas über agile Arbeitsweisen und Tools zu erzählen. Neben diesem Consulting, betreibt die junge Anwältin aber auch eine eigene Kanzlei, die sich auf IT-Themen spezialisiert – etwa, wenn es um Softwarelizenzen geht oder auch um Hass im Netz. “Früher hat es bei Anwält:innen gereicht, ein Schild rauszuhängen. Dann hatte man drei Spezialgebiete: öffentliches Recht, Zivilrecht, Strafrecht. Das ist nicht mehr zeitgemäß”, sagt Bisset und erzählt von einer Kollegin, die als Pferdefan eine authentische Anwältin für Pferdebesitzer:innen ist.

Auf einem LegalTech-Hackathon an der Universität Wien entstand schließlich ihr drittes Unternehmen, ein LegalTech-Startup. Netzbeweis sichert Screenshots im Internet oder in private Messages so, dass sie als Beweis vor Gericht verwendet werden können. Für Betroffene ist das Tool kostenlos, Kanzleien und Unternehmen bezahlen dafür. Ob die Rechtsbranche in Österreich grundsätzlich ein guter Nährboden für Innovation sei? “Der Wandel passiert, aber noch nicht überall. Ich bin in einer Bubble und vergesse oft, dass das nicht die Masse ist. Die Innovation ist noch nicht in der Breite angekommen”, meint Bisset. Sie will Jurist:innen motivieren, sich diesen Themen zu öffnen. Oft reiche es schon, Mandant:innen und Kolleg:innen zu fragen, welche Tools sie verwenden. In Österreich gibt es außerdem mittlerweile mehrere Konferenzen, auf denen man sich über LegalTech und neue Trends in der Juristerei informieren kann und sich mit Kolleg:innen austauschen kann. Bisset empfiehlt vor allem die Vienna LegalTech und die Future Law Konferenz. Und natürlich ihr Buch.

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Freundeskreis: Wiener Startup plant Pilotfabrik für veganen Käse

Der vegane „Camembert“ des Wiener Startups Freundeskreis ist seit Juni dieses Jahres in ausgewählten veganen Supermärkten erhältlich. Co-Gründerin Mona Heiß gibt im Interview mit brutkasten einen Einblick in die nächsten Schritte des Unternehmens.
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Das „Kernteam“: Leo Sulzmann, Mona Heiß und Markus Korn. (c) Freundeskreis

Käsealternativen aus Cashewnüssen, Mandeln, Soja oder Erbsenprotein: Der Markt für Käseersatzprodukte erlebt derzeit eine Hochphase. Auch das Startup Freundeskreis hat es sich zur Mission gemacht, mit seinem pflanzlichen „Cam-mhh-berta“ die Käsewelt zu transformieren. Anstelle von Milchkulturen, die in herkömmlichem Camembert verwendet werden, setzt das Unternehmen auf eine untypische Zutat: Marillenkerne – ein Nebenprodukt der heimischen Obstindustrie.

Ende letzten Jahres konnte Freundeskreis eine Förderung von 400.000 Euro von der Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft (aws) sichern – brutkasten berichtete. Mit dieser Förderung bauten sie nicht nur ihre Produktion aus, sondern brachten auch ihren veganen „Cam-mhh-berta“ erfolgreich auf den Markt. Im Interview mit brutkasten berichtet Co-Gründerin Mona Heiß über die Fortschritte des Startups und die Pläne für die Zukunft.

Freundeskreis wird mit weiteren 97.000 Euro gefördert

Seit Juni dieses Jahres ist der pflanzliche “Cam-mhh-berta” in ausgewählten Bio-Supermärkten in Wien erhältlich: Pepper & Ginny (1010), Maran Vegan (1060) und Markta (1090). Das Feedback ist vielversprechend: Nach Unternehmensangaben wurden in den ersten vier Monaten bereits rund 1.000 Stück verkauft.

Nur wenige Monate nach der aws-Förderung konnte sich Freundeskreis eine weitere finanzielle Unterstützung sichern: Die Wirtschaftsagentur Wien stellte über die Förderschiene “Produktion” dem Startup rund 97.000 Euro zur Verfügung. Wie Co-Gründerin Mona Heiß im Interview mit brutkasten verrät, soll das Geld in eine neue Pilot-Käsefabrik in Wien-Penzing fließen, die zugleich als zukünftiger Firmenstandort dienen wird.

Bisher finanziert sich Freundeskreis ausschließlich über Fördermittel. Für die kommenden Monate plant das Team jedoch eine Finanzierungsrunde im Frühjahr, um Investor:innen zu gewinnen und das Wachstum des Startups weiter voranzutreiben.

Marillenkerne liefert Cremigkeit und gesunde Nährstoffe

Freundeskreis entwickelte eine pflanzliche Käsealternative, die primär aus Marillenkernen besteht: den „Cam-mhh-berta“. Laut dem Unternehmen ist dieser geschmacklich und in der Konsistenz kaum von herkömmlichem Camembert zu unterscheiden. Der Grund liege in den Eigenschaften der Marillenkerne, die reich an Proteinen und ungesättigten Fettsäuren sind. Diese Nährstoffe sorgen demnach nicht nur für gesundheitliche Vorteile, sondern tragen auch maßgeblich zur cremigen Textur bei, erklärt Heiß.

Die Produktion des „Cam-mhh-berta“ erfolgt in „traditioneller Handarbeit“ auf einem Bauernhof im Wienerwald, in einer ehemaligen Käserei. Dabei setzt Freundeskreis auf dasselbe Verfahren, das auch bei der Herstellung von Kuhmilchkäse Anwendung findet. Das Ergebnis sei ein Käse, der sich durch “Cremigkeit, Nachhaltigkeit und Tradition” auszeichnet.

“Cam-mhh-berta” besteht nur aus vier Zutaten

Das Besondere an der Käsealternative sind die Marillenkerne, die als Hauptzutat dienen. Diese fallen normalerweise als Abfall- oder Nebenprodukt der Saft- und Marmeladenproduktion an. Freundeskreis bezieht die Kerne von regionalen Lieferanten, darunter das niederösterreichische Scaleup Kern Tec – brutkasten berichtete. Aus den Marillenkernen wird durch ein speziell entwickeltes Verfahren eine milchige Flüssigkeit gewonnen, die mithilfe von Reifekulturen, veganen Enzymen und Mikroorganismen zum „Cam-mhh-berta“ verarbeitet wird. Die Käsealternative kommt mit nur vier Zutaten aus: Marillenkerne, Salz, Wasser und vegane Reifekulturen.

Ein kritischer Punkt bei der Verarbeitung von Marillenkernen ist die darin enthaltene Blausäure, die gesundheitsschädlich sein kann. Hier hat Gründer und Forscher Leo Sulzmann ein spezielles Verfahren entwickelt, um die Blausäure auf natürliche Weise abzubauen.

Freundeskreis-Team wächst

Hinter dem Food-Startup Freundeskreis stehen Forscher und Geschäftsführer Leonhard Sulzmann sowie Co-Gründerin Mona Heiß. Während Sulzmann sich auf die wissenschaftlichen und technologischen Aspekte konzentriert, verantwortet Heiß die Kreativdirektion und den Markenaufbau. Zum Kernteam gehört außerdem Sales- und Operations-Verantwortliche Markus Korn. Mittlerweile zählt das Team sechs Mitglieder, die gemeinsam am weiteren Ausbau der Marke Freundeskreis arbeiten.

Zukünftig sollen mehr vegane Käsealternativen auf den Markt kommen

Freundeskreis arbeitet aktuell an der Entwicklung weiterer veganer Käsealternativen. Bereits Anfang nächsten Jahres soll eine vegane „Frischkäsevariante“ auf Basis der Marillenkerne auf den Markt kommen. Doch das ist nicht alles: Eine weitere Produktreihe ist bereits in Planung. Co-Gründerin Mona Heiß verrät, dass es sich dabei voraussichtlich um ein Produkt handeln werde, das speziell zum Backen geeignet sei. Langfristig will das Startup außerdem auch einen veganen „Hartkäse“ anbieten. Die Herstellung dieses Produkts ist jedoch komplexer, da es aufgrund des verwendeten Verfahrens eine bestimmte Zeit für die Reifung benötigt.

In den kommenden Wochen soll außerdem ein Online-Shop live gehen, über den die Produkte von Freundeskreis direkt bestellt werden können. Diese Plattform wird zunächst als Testversion betrieben, um herauszufinden, wie gut sich die Produkte für den Direktvertrieb eignen. Geplant ist dabei ein Modell, bei dem die Käsealternativen erst auf Bestellung und nicht auf Vorrat produziert werden. Weiter in die Zukunft gedacht, kann sich das Startup auch den Vertrieb in Supermärkten vorstellen.

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