29.03.2021

Neoom am Weg zum Gigacorn: “Umsatz trotz Corona um 250 % gesteigert”

Das Energy-Startup Neoom hat ein massives Wachstum hingelegt und feiert die Erfolge Ende März mit einem großen Hybridevent.
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neoom-Gründer Walter Kreisel
© Mario Riener Fotografie: neoom-Gründer Walter Kreisel
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Zwei Jahre nach der Gründung peilt das oberösterreichische Energy-Startup Neoom einen Umsatz von “knapp 20 Millionen Euro” an. “Trotz Corona konnten wir unseren Umsatz vergangenes Jahr um 250 Prozent steigern und jetzt sind wir auch bereits 330 Prozent über dem Vorjahr”, sagt Gründer Walter Kreisel im Talk mit dem brutkasten. Am 31. März 2021 begeht der Unternehmer mit seinem stark wachsenden Team das Zweijahres-Jubiläum mit einem großen Hybrid-Event, das live aus dem Firmensitz in Freistadt gestreamt wird.

Neoom bietet größere und kleinere Speicherschränke für erneuerbare Energie für Unternehmen oder Haushalte an. Damit wird die Volatiliät der Stromproduktion aus Sonne, Wind oder Wasser durch einen Speicher ausgeglichen, damit immer ausreichend Energie für den steigenden Strombedarf zur Verfügung steht.

NTUITY matcht volatile Produktion mit Strombedarf

Elektrische Energie betreibt immer mehr nicht nur Beleuchtung und Haushaltsgeräte, sondern erobert auch Raumwärme und Mobilität im Zuge der Dekarbonisierung: “Die Zukunft ist Dekabonisierung, Dezentralisierung und Energie-Unabhängigkeit. Das gibt es bei uns schon heute”, sagt Kreisel. Damit das gelingt, müssen die Speicherschränke durch eine intelligente Software gesteuert werden, die NTUITY heißt und die Neoom komplett selbst entwickelt hat. “Die Software muss verstehen, was in einem Gebäude für ein Energieverbrauch passieren wird, um den Netzanschluss nicht zu überlasten. Da fließen Wetterprognosen, Arbeitstage, E-Autos, Ladestationen, Wärmepumpen und Energieverbraucher im Gebäude in die Berechnung ein”, erklärt der Unternehmer. Die NTUITY Apps vernetzen Gerätehersteller, Integratoren und Standortbetreiber, senken Energie- und Wartungskosten und bieten eine neue Einnahmequelle durch die Eigenstrom-Optimierung.

Neoom will bis 2025 “Gigacorn” sein

Warum Neoom am Weg zum Gigacorn ist? Gemeint ist mit dem Begriff nicht die Firmenbewertung – Unternehmen mit einer Bewertung ab einer Milliarde Dollar werden als “Unicorns” bezeichnet. Walter Kreisel meint damit vielmehr den Impact seines Unternehmens: “Wir wollen bis 2025 eine Gigatonne CO2 kumuliert zurück emittieren”, erklärt er. Genau dieser Aspekt ziehe derzeit auch eine Menge Kapital an. Neoom ermöglicht Kunden großer Anlagen nämlich auch eine Fremdfinanzierung, während institutionelle Anleger ihr Geld in saubere Technologien investieren können. “Die Innovation steckt im Geschäftsmodell”, so Kreisel. “Durch die CO2-Einsparungen sind sehr niedrige Zinssätze möglich”. Gleichzeitig biete sein Finanzierungsmodell für Investoren gute Renditen.

Neoom-Live-Event bietet Einblicke

Knapp vor dem ersten Corona-Lockdown konnte Neoom eine Seed-Finanzierungsrunde abschließen. Neben dem Managementboard investierten einige Business Angels, die sich damit neun Prozent an dem Jungunternehmen sicherten. Die starke Entwicklung seither will Kreisel nun mit einem Event zum zweiten Geburtstag feiern. Die “Neoom Live 2” wird am 31.3. ab 18 Uhr live aus Freistadt auf YouTube und Facebook gestreamt und bringt zahlreiche prominente Gäste und Speaker vor die Kamera. Darunter Magnus Brunner, Staatssekretär im Klimaschutzministerium, Rudolf Hilti, Board Member & CO-Investor neoom, Markus Petzl von Disruptive und brutkasten-Co-Founder und CEO Dejan Jovicevic.

Bei dem Event wird es einen Ausblick auf einen neuen, nachhaltigen Firmenstandort geben. Außerdem stellen die Speaker die Energiewende ins Zentrum: Das Erneuerbaren Ausbau Gesetz (EAG) bringt Österreich in eine Pole Position bei der Dezentralisierung und Dekarbonisierung der Energiebranche. Diskutiert wird über die Treiber dieser Energiewende, den CO2-Footprint als Kostenfaktor, Stromspeicher und deren Entwicklung und dezentrale Energiesysteme der Zukunft.

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Storebox-CEO und Cofounder Johannes Braith
Storebox-CEO und Cofounder Johannes Braith | Foto: brutkasten

Die neue EU-Kommission steht. Hierzulande laufen dagegen nach wie vor die Regierungsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS mit ungewissem Ausgang. Währenddessen kommt nicht nur Österreich nicht aus der Rezession heraus und auch die Prognosen bleiben tendenziell negativ. Begleitet wird das Szenario von einer Häufung an dramatischen Appellen und Forderungen nach umfassenden Änderungen in der Wirtschaftspolitik.

Wie steht es wirklich um Österreich und die EU? Was sind nun die drängendsten Maßnahmen? brutkasten geht diesen Fragen gemeinsam mit führenden Köpfen der heimischen Innovationsszene nach.

Storebox-Co-Founder und -CEO Johannes Braith sieht im brutkasten-Interview auch Chancen, die die Krise biete, formuliert aber konkrete Maßnahmen, die dazu nun auf politischer Seite ergriffen werden müssten.


brutkasten: Düstere Prognosen und drastische Appelle stehen aktuell in der Wirtschaftsberichterstattung an der Tagesordnung. Wie beurteilst Du die Situation? Ist sie wirklich so dramatisch?

Johannes Braith: Ich beobachte die Großwetterlage natürlich laufend. Allerdings halte ich es für gut, wenn man sich in seinen daily Operations als Founder nicht zwangsläufig beunruhigen lässt. Gerade Startups sind es gewohnt Krisen zu managen bzw. mit ihnen umzugehen. In manchen Fällen kann dadurch sogar etwas Positives entstehen. Denn Krisen erzwingen oft Veränderungen, welche wiederum oft Chancen beinhalten.

Aber natürlich finde ich es beunruhigend, dass wir, was unsere Wettbewerbsfähigkeit in Europa angeht, so dramatisch den Anschluss verlieren. Ich hoffe, dass der steigende Schmerz dazu führt Regulierungen abzubauen und ein neues Selbstverständnis hinsichtlich Wirtschaft, Startups und Technologie einkehrt.

Welche gesamtwirtschaftlichen Maßnahmen sollten in Österreich möglichst schnell umgesetzt werden? Was muss unbedingt ins Regierungsprogramm?

Das Thema ist leider ziemlich mühsam, da sehr, sehr gute Vorschläge seit langer Zeit am Tisch liegen, die allerdings nicht umgesetzt wurden. Ein wichtiger Punkt ist es bestimmt, Risikokapitalgeber zu incentivieren – Stichwort Beteiligungsfreibetrag.

Noch wichtiger wäre es allerdings die Steuern auf Arbeit deutlich zu reduzieren. Wir sind in einer Zeit, in der wir die Extrameile gehen müssen. Das sollte auch belohnt werden. Man könnte z.B. Überstunden steuerlich freistellen, Pensionisten incentivieren, wenn sie in der Rente arbeiten möchten – eventuell gänzlich steuerfrei, oder man kann über Modelle nachdenken, mit denen man Vollzeitarbeit nicht nur ermöglicht (Kinderbetreuung) sondern eventuell auch belohnt.

Generell stelle ich mir die Frage, wie Menschen den Sinn in ihrer beruflichen Tätigkeit wieder zurückerlangen können. In vielen Gesprächen und Beobachtungen sehe ich, dass die Leistungebereitschaft extrem abgenommen hat. Ob das immer durch politische Maßnahmen geheilt werden kann, bezweifle ich. Ich halte viel von Selbstbestimmung und Eigenverantwortung.

Und was sollte die neue EU-Kommission unbedingt sofort angehen?

Regulierung massiv abbauen. Ich bin mit Storebox mittlerweile in sechs Ländern und mehr als 200 Städten operativ tätig. Es kann ja nicht sein, dass wir gefühlt hunderte unterschiedliche Regulierungen vorfinden, die das Prosperieren von Unternhemen extrem erschweren.

Was wären konkret für euch als Scaleup die wichtigsten Schritte auf nationaler und EU-Ebene?

Die Lohnkosten senken, Regulierungen massiv reduzieren und die Zuwanderung hochqualifizierter Personen massiv erleichtern.

Was bräuchte es, damit die Wiener Börse bzw. zumindest eine europäische Börse für einen IPO eines Scaleups wie Storebox attraktiv ist?

Große Anschlussfinanzierungen müssen in Europa mit europäischem Kapital getätigt werden, um ab einer gewissen Stage als logischen Schritt einen IPO auch in einem europäischen Heimatmarkt zu forcieren.

Aktuell wird nicht nur im Zusammenhang mit Börsengängen die Standortattraktivität stark diskutiert. War Abwanderung aus Europa für euch jemals ein Thema?

Aktuell noch nicht. Ich lebe sehr gerne in Österreich und sehe nicht alles nur negativ. Wir leben in einem tollen Land mit vielen Möglichkeiten, toller Infrastruktur und einigermaßen stabilen Verhältnissen. Die Verwaltung dieses Zustands wird allerdings nicht ausreichen. Es muss gestaltet werden, um den Standort attraktiv zu halten.

Bitte eine Prognose: Abhängig von den Entscheidungen, die in nächster Zeit getroffen werden – was ist das Worst- und was das Best-Case-Szenario für Europa?

Das Worst-Case-Szenario: Die EU zerfällt in unterschiedliche Lager, weil es nicht möglich war, Interessen zu alignen und die großen Hebel zu betätigen. Geopolitisch wäre das eine absolute Katastrophe!

Das Best-Case-Szenario: Die Wettbewerbsfähigkeit wird durch radikale Maßnahmen wieder hergestellt. Die Menschen spüren eine deutliche Entlastung, haben Perspektiven und glauben an eine bessere Zukunft. Europa wächst weiter zusammen und bleibt ein starker und wichtiger globaler Player.

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