10.01.2024

nagene: Wiener BioTech-Startup will Gensynthese revolutionieren

Gensequenzen in nur fünf Tagen herzustellen ist branchenweit einzigartig. Für das Wiener Startup nagene ist das nicht länger Utopie, sondern ein klarer Wettbewerbsvorteil, der bereits ein Millioneninvestment aus Hong Kong brachte.
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Alexander Makula, Natascha Vujicic und Florian Höfig (c) nagene

Innovator:innen haben es zwischen Pharmariesen und branchenweiten Regularien häufig schwer, Prozessinnovationen um- und durchzusetzen. Dieser Herausforderung hat sich das Wiener Startup nagene angenommen, das im August 2023 von Alexander Makula gegründet wurde. Im Oktober 2023 kam Natascha Vujicic an Bord. Mit 1. Jänner 2024 erweiterte Florian Höfig das Gründerteam von nagene. Internationale Investoren steckten bereits eine Million Euro in das Startup, die Unternehmensbewertung liege aktuell bei 15 Millionen Euro, heißt es von nagene.

nagene verkürzt Gensynthese um eine Woche

Gemeinsam spezialisieren sich die Co-Founder auf die Produktion synthetischer DNA-Bausteine in Rekordzeit – und stellen diese für Pharmaunternehmen zur Herstellung von mRNA-Impfstoffen bereit. Das Besondere daran: Der Prozess dauert bei nagene nur etwa vier bis fünf Tage. Damit ist die Gensynthese des Wiener Startups um eine knappe Arbeitswoche schneller als branchenübliche Verfahren, die in der Regel sieben bis zehn Tage benötigen.

Mit nagene möchten die drei Co-Founder eine Contract Development and Manufacturing Organization (CDMO, siehe Infobox) aufbauen, die Gensequenzen schnell und nach hohen Standards herstellen kann. Nagene baut also Genstücke, die Pharmafirmen zu mRNA-Impfstoffen oder -Arzneimitteln und folglich unter anderem zur Krebstherapie einsetzen können. “Durch die verkürzte Lieferzeit setzen wir neue Standards für CDMOs, aber auch für die gesamte Pharmaindustrie”, erklärt Co-Founder Makula. MRNA-Arzneimitteln können damit schneller produziert, Therapiemöglichkeiten optimiert und leichter zugänglich gemacht werden.

Was ist eine CDMO?

Eine Contract Development and Manufacturing Organization (CDMO) ist ein Unternehmen, das anderen Unternehmen der pharmazeutischen Industrie Dienstleistungen wie die Entwicklung und Herstellung von Arzneimitteln anbietet.

GMP: Das Zertifikat, das niemand hat, aber jeder braucht

Neben dem schnellen Herstellungsprozess sei nagene – nach eigenen Angaben – das weltweit einzige Unternehmen, das seine Gensequenzen nach der sogenannten Good Manufacturing Practice Zertifizierung (GMP) herstellt.

Was ist GMP?

Die Good Manufacturing Practices (GMP) Zertifizierung stellt die Integrität der geprüften Verfahren und ihre Konformität mit Sicherheitsvorschriften sicher.

“Aktuell beobachten wir einen großen Umschwung in puncto GMP-Zertifizierung. In klinischen Phasen der mRNA-Arzneimittelproduktion gibt es bis dato noch keine GMP-Zertifizierung. Klinische Studien internationaler mRNA-Hersteller für Arzneimittel deuten darauf hin, dass GMP bald ganze Lieferketten in der Pharmaindustrie betreffen wird. Wenn internationale Behörden auf diesen Zug aufspringen, könnte es sein, dass zukünftig nur GMP-zertifizierte Verfahren für die Produktion von mRNA-Arzneimitteln verwendet werden dürfen”, erklärt Co-Founderin Vujicic.

Das Wiener Startup sieht in der GMP-Thematik seinen Wettbewerbsvorteil: “Ein fertiges Haus von Grund auf umzubauen, gestaltet sich als deutlich schwieriger, als gleich richtig zu starten. Wir arbeiten jetzt schon GMP-like, also von Anfang an nach den Anforderungen der Good Manufacturing Practice. Sobald eine behördliche Zertifizierung angeordnet wird, sind wir bereit”, bestätigt Vujicic.

Millioneninvestment aus Hong Kong noch vor Produktionsstart

Der Prozess, an dem das Wiener Startup arbeitet, klingt für das ungeschulte Ohr komplex. Dennoch erkennen internationale Investoren bereits Potential. Nach eigenen Angaben soll nagene bereits Ende 2023 seine erste Seed-Finanzierungsrunde in Höhe von einer Million Euro abgeschlossen haben – und das, obwohl die Gesellschaft erst mit Februar dieses Jahres mit dem Equipment-Aufbau beginnt. Der Produktionsstart ist zwei Monate später geplant.

Die ML Manna Laaz BeteiligungsgmbH der Hong Konger Investorin Maggie Luan hat als Anchor Investor im Dezember 2023 eine Million Euro in nagene investiert, heißt es. Für Manna Laaz sei dies bereits das dritte Investment in Österreich – nach Intuescope Red und AI4LifeSciences.

Weitere Investoren seien in der Warteschleife. Interesse bestehe vor allem in China und den Arabischen Emiraten, wo nagene zukünftig weitere Standorte anstrebt.

1.000 Quadratmeter in der Seestadt geplant

Ambitionierte Zukunftspläne hat das Startup auch trotz seiner noch nicht gestarteten Produktionsstätte. Aktuell bereitet sich nagene im Technologiezentrum 2 der Wiener Seestadt auf den Produktionsstart vor.

“Dort stehen uns vielversprechende Räumlichkeiten mit über 140 Quadratmetern zur Verfügung. Anfang 2025 erweitern wir unsere Flächen im Technologiezentrum 3, wo uns eine Fläche von über 1.500 Quadratmetern erwartet”, schildert Co-Founder Makula im brutkasten-Gespräch.

Skalierungsabsichten hat nagene nicht nur in puncto Büroräumlichkeiten: Mit Februar wird erster Mitarbeiterzuwachs im Bereich der Gensynthese erwartet. In weiterer Folge stehen Einstellungen in den Bereichen Good Manufacturing Practice (GMP), Quality Control (Qualitätskontrolle) und Pharma in Planung. Auch die Vollautomatisierung der Gensynthese stehe in naher Umsetzungsabsicht.

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Livin Farms-Gründerin Katharina Unger | (c) Paris Tsitsos / Livin Farms
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Gestern Abend verlieh Martin Kocher in der Grand Hall am Erste Campus den Staatspreis Innovation 2024 – die “höchste Auszeichnung für Unternehmen, die durch innovative Lösungskompetenz wesentlich zur nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung des Landes beitragen” – an das Spritzguss-Unternehmen Engel Austria GmbH aus Schwertberg in Oberösterreich.

Engel Austria wurde unter mehreren Nominierten zum Sieger gekürt. Ausgezeichnet wurde das Unternehmen für seinen “Zwei-Stufen-Prozess für energieeffizientes Kunststoffrecycling”. Dabei handelt es sich um einen Kunststoffrecycling-Prozess, der Kosten, Ressourcen und Energie mittels einer Zwei-Stufen-Technologie sparen und damit die CO2-Bilanz verbessern soll.

Konkret kann Engel Austria Kunststoffabfälle direkt nach dem Zerkleinern im Spritzguss verarbeiten, was den Energiebedarf dieses Prozesses um rund 30 Prozent vermindern soll. Bundesminister Kocher gratuliert “dem neuen Staatspreisträger und seinem hervorragenden Team herzlichst”.

Bundesminister Kocher zeichnet ENGEL AUSTRIA GmbH mit Staatspreis Innovation 2024 aus (c) aws/Martin Lusser

Der Staatspreis Innovation wird im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft (BMAW) und von der Austria Wirtschaftsservice GmbH (aws) organisiert. Dieses Jahr wurde er zum 44. Mal vergeben.

Im Rahmen der Preisverleihung betonte auch Hans Unterdorfer, Unternehmensvorstand der Erste Bank Österreich, den hohen Stellenwert innovativer Lösungsansätze: “Innovation hat gerade in herausfordernden Zeiten eine hohe Bedeutung für die Wirtschaft: Sie treibt den Fortschritt an, schafft neue Möglichkeiten und stärkt die Wettbewerbsfähigkeit. Daher ermutigen wir alle Menschen, an ihre Ideen zu glauben und sie weiter zu verfolgen.”

Fünf Nominierungen – darunter Wiener Startup Livin Farms

Neben Engel Austria wurden auch fünf weitere Unternehmen mit einer Nominierung für den 44. Staatspreis Innovation ausgezeichnet. Eines davon ist das Wiener Startup Livin Farms, das erst Ende Oktober seine Europa-Expansion verkündete. Ausgezeichnet wurde das BioTech für sein Projekt “Modular skalierbare Zero Waste Protein Factory.” Das Startup verwandelt durch Zucht von Larven der Schwarzen Soldatenfliege organische Reststoffe in nachhaltiges, proteinreiches Futtermittel.

Außerdem mit einer Nominierung ausgezeichnet wurde die Synex Tech GmbH und die voestalpine Stahl GmbH aus Oberösterreich, die AT & S Austria Technologie & Systemtechnik Aktiengesellschaft aus der Steiermark sowie die Henn GmbH & Co KG aus Vorarlberg.

Sonderpreise “Econovius” und “Verena” verliehen

Im Rahmen der Preisverleihung wurden außerdem zwei weitere Sonderpreise vergeben. Namentlich: Der Sonderpreis “Econovius 2024” durch die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) sowie der Sonderpreis “Verena 2024” durch Verbund.

Den Econovius 2024 erhielt das KMU Novasign GmbH für sein Projekt “SmartBio: Die KI-gesteuerte Bioprozessentwicklung der Zukunft”. Die Softwarelösung von Novasign nutzt digitale Zwillinge zur Optimierung komplexer Bioprozesse und gestaltet sie damit um bis zu 70 Prozent effizienter als herkömmliche Methoden. Nominiert wurden neben Novasign auch die Filter System Steyr (FSS) GmbH, die Gebe-Strebel GmbH aus Niederösterreich sowie die LiveVoice GmbH aus Salzburg.

“Verena”-Sieger bereits in Londoner Piccadilly Line integriert

Den Sonderpreis Verena 2024 erhielt heuer die Siemens Mobility Austria GmbH in Kooperation mit der Technischen Universität Wien (TUW). Ausgezeichnet wurde das Projekt “Bionischer Wagenkasten: U-Bahn-Wagenkästen werden 20 Prozent leichter”. Dabei analysiert eine Optimierungssoftware, wie Material im Wagenkasten durch subtraktive Fertigung eingespart werden kann. Damit kann das Rohbaugewicht eines Wagenkastens um 20 Prozent reduziert werden, was den U-Bahn-Verkehr energieeffizienter, nachhaltiger und wirtschaftlicher gestaltet. Die Technologie wird bereits in der neuen Londoner Piccadilly Line angewendet.

Vergeben wurde “Verena 2024” von Franz Zöchbauer, Bereichsleiter Corporate Innovation bei Verbund. “Dieses Projekt zeigt eindrucksvoll, wie technische Innovationen zur Reduktion von CO₂-Emissionen und zu mehr Effizienz im urbanen Verkehr beitragen können“, betont Zöchbauer und meint weiter: „Die Zusammenarbeit von Siemens Mobility mit der TU Wien ist ein herausragendes Beispiel dafür, wie durch modernste Technologien Ressourcen geschont und der öffentliche Verkehr nachhaltiger gestaltet werden können.”

Außerdem für den Sonderpreis Verena nominiert wurden die Anexia Internetdienstleistungs GmbH in Kooperation mit der Universität Klagenfurt sowie die Weider Wärmepumpen GmbH in Kooperation mit der Fachhochschule Salzburg.

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