11.12.2019

Nachfolge in Familienunternehmen: Wenn Kinder ihre Eltern “enttäuschen”

Bei der Nachfolge in Familienunternehmen gibt es für Kinder und Eltern eine Vielzahl an emotionalen Herausforderungen zu bewältigen. Wir haben mit dem Philosophen Michael Bordt darüber gesprochen, wie sich Kinder auf die Übernahme des elterlichen Betriebs vorbereiten können und warum eine "Enttäuschung" durchaus positiv sein kann.
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Nachfolge in Familienunternehmen
(c) Adobe Stock

Ein Großteil der österreichischen KMU sind familiengeführte Betriebe. Neben der Fähigkeit, den Betrieb ins digitale Zeitalter zu überführen, müssen Familienunternehmer in der Lage sein, die Generationennachfolge zu regeln. Die Frage, ob die Kinder den elterlichen Betrieb übernehmen, kann über Sein oder Nichtsein entscheiden. Auf Kindern und Eltern lastet enormer Druck. Für beide Seiten ist es oftmals schwer, ihre Bedürfnisse offen zu artikulieren.

Michael Bordt, Vorstand des Instituts für Philosophie und Leadership der Hochschule für Philosophie in München, berät Familienunternehmen bei der Generationennachfolge. Im Interview spricht er darüber, wie sie diese Herausforderung bewältigen können und warum eine Enttäuschung durchaus etwas Positives sein kann.


Über Michael Bordt

Michael Bordt ist Vorstand des Instituts für Philosophie und Leadership der Hochschule für Philosophie in München. Das Institut veranstaltet zweimal jährlich eine einwöchige Akademie für junge Menschen, die sich auf eine spätere Tätigkeit als Führungskraft vorbereiten wollen. Zudem ist Bordt Autor des Besteller-Buches “Die Kunst seine Eltern zu enttäuschen. Vom Mut zum selbstbestimmten Leben”, erschienen im Sandmann-Verlag. 



Welche Herausforderungen müssen Kinder und Eltern in Familienunternehmen bewältigen?

Bordt: Für die Kinder von Familienunternehmern stellt sich zunächst die schwierige Frage, ob sie sich ein Leben vorstellen können, in dem der Vater nicht nur der Vater und die Mutter nicht nur die Mutter, sondern auch der Chef oder die Chefin ist. Mit all den Schwierigkeiten, die Kinder im Erwachsenwerden mit ihren Eltern haben, bringt dies zusätzliche Spannungen mit sich. Unternehmerkinder müssen sich in einem längeren Prozess im Klaren werden, ob es ihr innerer Wunsch ist, den elterlichen Betrieb zu übernehmen.

Welche Herausforderungen ergeben sich in der Generationenfolge?

Bordt: Am Institut für Philosophie und Leadership in München greifen wir genau diese Fragestellung auf und begleiten in Kursen Eltern und Kinder von familiengeführten Betrieben. Wir unterstützen sie dabei, eine Antwort auf die Frage zu finden, wie sie ihr zukünftiges Leben gestalten wollen. Söhne und Töchter von Familienunternehmen sollen durch unsere Begleitung am Ende eine selbstbestimmte Entscheidung treffen können, ob sie das elterliche Unternehmen weiterführen wollen oder nicht.

Welche Erfahrungen haben Sie im Rahmen dieser Begleitungen gemacht?

Bordt: Die Motivlage der jüngeren Generation kann sehr zwiespältig sein. Einerseits gibt es Kinder, die klar artikulieren, dass sie kein Mosaikstein in der Lebensplanung ihrer Eltern sein wollen. Andererseits gibt es Kinder, die ihre Eltern nicht enttäuschen wollen. Sie denken, dass es den Vater oder die Mutter todunglücklich machen würden, wenn sie das Unternehmen nicht übernehmen. Meist haben sie Angst, die Liebe ihres Vaters oder ihrer Mutter zu verlieren.

Durch unsere Kurse wollen wir sie anleiten, ihre Bedürfnisse klar zu formulieren. Sie sollen am Ende in der Lage sein, sich selbst eine Antwort zu geben, wie sie ihr Leben gestalten wollen. Sofern der Wunsch besteht, den elterlichen Betrieb zu übernehmen, lernen sie in die Rolle des Familienunternehmers hineinzuwachsen. Bei der Generationennachfolge müssen nicht nur juristische Formalitäten, sondern auch menschliche Gefühle geklärt werden.

Wie bereiten Sie Kinder und Eltern auf die Generationennachfolge vor?

Bordt: Zunächst werden separate Gespräche mit den Kindern und den Eltern geführt, um die Ausgangslage kennenzulernen. In einem zweiten Schritt absolvieren sie einen einwöchigen Kurs, in dem sie Methoden der Selbstwahrnehmung lernen – unter anderem mit Yoga und Meditation. Ziel ist es, einen Blick auf sich selbst zu werfen. Am Ende dieser Phase sollen sie ein Verständnis dafür bekommen, was es heißt, glücklich im Leben zu werden. In der dritten Phase treffen wir die Familien alle sechs Wochen, um zu sehen, wie sie mit der Generationennachfolge umgehen.

Wie können ältere Generationen lernen loszulassen?

Bordt: Ein weiterer Schlüssel für einen guten Nachfolgeprozess ist, dass der Gründergeneration, also den Eltern, deutlich wird, dass sie für ihr Leben nach der Übergabe eine neue Perspektive entwickeln müssen. Für viele Familienunternehmer ist dies durchaus eine große Herausforderung. Meist haben sie in ihrem Leben nichts anderes gemacht als das Unternehmen aufzubauen. Ihnen muss vermittelt werden, dass man auch im hohen Alter sich neue Perspektiven und Aufgaben schaffen kann. Daran müssen die Kinder manchmal mitarbeiten. Es geht nicht, einfach nur zu sagen: Die Eltern müssen weg.

Sie haben das Buch “Die Kunst, die Eltern zu enttäuschen” geschrieben. Darin vertreten Sie die These, dass wir für ein selbstbestimmtes Leben eine “robuste Verletzbarkeit” an den Tag legen müssen. Das bedeutet in weiterer Folge, dass wir lernen, mit Enttäuschungen umzugehen. Müssen Kinder, die das Familienunternehmen nicht übernehmen wollen, ihre Eltern enttäuschen?

Bordt: Ich versuche in dem Buch ein positives Verständnis von Enttäuschungen darzulegen. Dabei zeige ich auf, dass mit jeder Enttäuschung auch eine Täuschung wegfällt. Es kommt darauf an, dass Kinder sowie die Eltern ein ehrliches und authentisches Bild von sich selbst abgeben. Sofern darüber reflektiert wird, klappt dies in der Regel auch.

Wir haben an unserer Akademie eine Tochter eines großen deutschen Familienunternehmens begleitet. Sie hätten den letzten Schliff abbekommen sollen, um die Generationennachfolge anzutreten. In der einwöchigen Selbstfindung hat sie sich allerdings dazu entschieden, ihren Kindheitstraum weiterzuverfolgen und Balletttänzerin zu werden. Am Ende hat sie unter Tränen ihren Eltern gesagt, dass sie das Unternehmen nicht übernehmen möchte. Ihre Mutter meinte schlussendlich, dass sie es schon länger spürte, dass ihre Tochter im tiefsten Innern einen ganz anderen Wunsch verfolgt. Beide Seiten haben offen kommuniziert und am Ende ist die Täuschung weggefallen.


=> Leadership der Hochschule für Philosophie in München

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Getuschel. Hinter vorgehaltener Hand wird geflüstert, Gespräche erst fortgesetzt, wenn die Führungskraft außer Hörweite ist. Man mutmaßt, man nimmt an. Man glaubt, dass die Firma Probleme hat und sich womöglich von Leuten trennen muss. Die Sorge wächst und man fürchtet, dass es einen treffen könnte. Und an die Arbeit zu denken, ist mit einem solchen Gefühl nur schwer möglich. So ähnlich geht es zu Krisenzeiten in Unternehmen zu, weiß Lolyo Co-Founder und CEO Thomas Mörth, der auch gemeinsam mit Martin Guess Geschäftsführer von cycoders ist. Er möchte mit seiner App Ängste von Mitarbeiter:innen lindern.

Lolyo mit direktem Draht

Die Idee dazu kam ihm vor ein paar Jahren, als er in seiner Werbeagentur kundenseitig den Wunsch verspürte, eine verbesserte digitale und interne Kommunikation zu entwickeln. “Es gab am Markt bereits einige Lösungen, aber die waren zu teuer oder zu kompliziert”, erzählt er. “Also haben wir entschieden, das wir uns der Sache annehmen.”

Heraus kam Lolyo, eine Mitarbeiter:innen-Mitmach-App als Kommunikationstool, das man aufs eigene Smartphone laden kann und so direkten Zugang zum Führungsteam erhält.

“Wenn man Mitarbeiter binden möchte, mitteilen, was man alles tut, dann war das bisher mit klassischen Kanälen schwierig”, so Mörth weiter. “So ein Tool ist heutzutage jedoch unverzichtbar und funktioniert nicht bloß einseitig, sondern auch umgekehrt. Es ist ein direkter Draht zur Unternehmensführung.”

Das Zeitalter der Verunsicherung

Gerade jetzt, wo Unternehmen Personal abbauen müssen oder zumindest die Gefahr dazu groß sei, herrsche in der Regel große Verunsicherung, weiß der Founder. “Das schlägt sich negativ in der Produktivität nieder, denn ängstliche Personen können nicht motiviert arbeiten.”

Die Folgen dieser negativen Gefühle können für alle Seiten verheerend sein: Die Arbeitsmoral verschlechtert sich und eine sinkende Produktivität, erhöhter Stress und Burnout-Gefahr schleichen sich ein und lähmen den täglichen Betrieb.

Mit den psychischen Folgen für die verbleibenden Mitarbeiter:innen hat sich Alexander Ahammer mit seinem Team vom VWL-Institut der Johannes Kepler Universität Linz in einer Studie beschäftigt. Eine der Erkenntnisse: Innerhalb eines Zeitraums von eineinhalb Jahren nach dem Personalabbau der untersuchten Firmen erfolgten 6,8 Prozent mehr Medikamentenverschreibungen sowie 12,4 Prozent mehr Krankenhaustage, erwähnte der Ökonom 2022 in einem APA-Gespräch. Dass diese Ängste Arbeitgeber:innen viel Geld kosten können, wurde auch in einer Studie der FH Köln aus dem Jahr 2000 belegt, wie Mörth erwähnt. “Diese Angst kann man aber mit den richtigen Instrumenten wegnehmen.”

Lolyo als mobiles Intranet

Lolyo ist im Detail ein mobiles Intranet, das Mitarbeitende miteinander vernetzt. Die drei primären Kanäle – News, Pinnwand und Chat – sollen dabei einen optimalen Informationsfluss garantieren. Zudem enthält die App eine Vielzahl an Features, die das Engagement erhöhen und interne formelle Abläufe wesentlich vereinfachen soll. Im Idealfall soll sie für alle Mitarbeitenden den Zugang zu allen digitalen Services des Unternehmens anbieten.

Insgesamt gibt es 30 verschiedene Features, die von Terminen, Formularen, Umfragen über automatische Übersetzung bis hin zum Start eines eigenen Podcast-Kanals verschiedene Angebote parat halten. Der Mitmach-Booster von Lolyo ist zudem als Anreiz gedacht, aktiv zu bleiben. Wenn man sich Nachrichten durchliest, liked oder kommentiert, erhält man Punkte, die dann in einem vom Unternehmen aufgesetzten “Goodies Store” eingelöst werden können. “Das ist unser USP”, sagt Mörth. “Wir haben diese Art von ‘Gamification’ von Anfang an integriert.”

300 Kunden

Seit dem Beginn im Jahre 2018 konnte Lolyo 300 Kunden (Anm.: darunter Liebherr, Efco, Recheis, Wutscher Optik) aus 15 Ländern für sich gewinnen. “Corona war für uns ein glücklicher Fall, denn die Unternehmen mussten umdenken”, erinnert sich Mörth. “Der Bedarf nach guter Kommunikation hat sich ja damals plötzlich erhöht.”

Auch die Mundpropaganda war für das 16-Personen starke Team wesentlich. “Wir sind ein kleines Unternehmen und nicht investorengetrieben”, erklärt der Founder. “Und haben keine Millionen an Marketing-Budget. Der Erfolg kam über unsere ‘Word of Mouth-Taktik’. Damit konnten wir bisher unseren Umsatz jährlich verdoppeln.”

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