07.12.2021

Nach OLG-Urteil: Lernsieg kämpft mit Spendenaufruf ums Überleben

Nächste Etappe im Rechtsstreit zwischen der Lehrergewerkschaft und Lernsieg. Mit einem Urteil, dass die Existenz der Lehrerbewertungs-App bedroht.
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Lernsieg, OLG, Urteil App, Lehrerbewertungs-App,
c) der brutkasten/Haris Dervisevic - Lernsieg-Gründer Benjamin Hadrigan muss nach OLG-Urteil um sein Startup bangen.

Es erinnert ein wenig an Don Quixote und seine Windmühlen. Doch wo einst ein Spiegel half, Klarheit zu erhalten, verhält es sich im Fall von Lernsieg gegen die Lehrergewerkschaft etwas komplexer. Zur Erinnerung: Mit 17 Jahren entwickelte Benjamin Hadrigan die Lernsieg-App – eine Lehrer-Bewertungsplattform – und sah sich gleich mit viel Kritik und Hass konfrontiert.

Es folgten Klagen und hohe Anwaltskosten, der brutkasten berichtete; ein Lehrer sah seine Persönlichkeitsrechte verletzt und klagte mithilfe der Lehrergewerkschaft. Die Datenschutzbehörde lieferte jedoch bereits Anfang 2020 einen positiven Bescheid für die App und gab in Sachen DSGVO grünes Licht. Die zivilrechtliche Klage wurde nach coronabedingter Verzögerung vom Wiener Landesgericht schließlich Anfang 2021 in erster Instanz abgewiesen.

Auch Bundesverwaltungsgericht erkannte keine Verfehlung

Auch das Bundesverwaltungsgericht sah Ende Oktober keine Verfehlung seitens der App und gab dem Betreiber der umstrittenen App recht. Das Urteil von vor knapp eineinhalb Monaten lautete im Wortlaut: “Die Möglichkeit eines jeden Schülers, die Schulen wie auch deren Lehrpersonen individuell zu bewerten, schafft die Möglichkeit für Schüler positiv ankommende Lehrmethoden der einzelnen Lehrer zu loben, aber auch Missstände und Kritikpunkte aufzuzeigen. Das Interesse des Beschwerdeführers (BF) auf Geheimhaltung seiner Daten ist dahingegen als gering einzuschätzen, insbesondere da es nur seine berufliche- und nicht seine Privatsphäre betrifft. Der Eingriff in die Interessen des BF ist außerdem gering, da keine Freitextbewertungen möglich sind und eine Bewertung nur durch die Schüler der jeweiligen Schule erfolgen kann.”

Soviel zum bisherigen Kampf Hadrigans gegen die Mühlen der Justiz. Doch nun traf die nächste Schocknachricht den Lernsieg-Entwickler. Das Oberlandesgericht Wien gab der Lehrergewerkschaft in einigen Punkten recht. Und löste damit einiges an existenzieller Gefahr für die App und den Gründer aus.

Aus dem Archiv: Lernsieg-Gründer Benjamin Hadrigan im Gespräch

Konkret steht im aktuellen Urteil, das dem brutkasten vorliegt: “Die beklagten Parteien sind gegenüber der klagenden Partei schuldig, ab sofort die Verarbeitung personenbezogener Daten der klagenden Partei in der App „Lernsieg“ oder in ähnlichen Applikationen im Internet, insbesondere dadurch, dass Daten zur Person der klagenden Partei dort aufgenommen und mit einer Möglichkeit zur Bewertung der klagenden Partei als Lehrer der Berufsschule 1 – Wels verknüpft werden, sowie auch jegliche ähnliche derartige Handlungen zu unterlassen, es sei denn, dass dabei sichergestellt wird, dass die klagende Partei nur von Personen bewertet wird, die die klagende Partei unterrichtet hat.

Für Hadrigan selbst ist dieses Urteil des Oberlandesgerichts Wien unverständlich: “Wie kann es in einem Land wie Österreich sein, dass ein und dieselbe Datenschutzrechtsfrage von der Behörde für Datenschutz positiv entschieden und uns erlaubt wird (Anm.: nach einer Offlinenahme) wieder online zu gehen. Aber dann von einem Gericht gesagt wird, wir dürfen das alles dann doch nicht?, “sagt er und nennt diese Art der Doppeljustiz ekelhaft. “Zudem haben wir in der ersten Instanz vor Gericht auch zur Gänze gewonnen. Mittlerweile gab es schon mehr als 40 weitere Verfahren vor der Datenschutzbehörde, die wir allesamt für uns entscheiden konnten.”

Lernsieg sieht sich ständiger Attacken ausgesetzt

Noch mehr als der Schreck über das Urteil des Wiener Oberlandesgerichts, schockiert Hadrigan das Verhalten der Lehrergewerkschaft. Er weist darauf hin, dass Leher:innen über die Lernsieg-App im Schnitt die Note “Gut” erhalten würden. “Die Lehrergewerkschaft steht nun durch ihre ständigen Attacken kurz davor, dieses Anerkennungstool für die Leistungen von Österreichs Lehrerinnen und Lehrer nachhaltig zu zerstören”, sagt er.

Zur oberen Passage des Urteils gehört eine weitere, die dem Lernsieg-Gründer nicht gänzlich durchdacht scheint. Und, laut ihm, im Vergleichen mit anderen Bewertungsportalen einfach nicht standhalte.

Das Urteil und dessen Argumentationskette…

Sie lautet: “Zusammengefasst erwog es dazu, dass zwar die Wahrnehmung des Grundrechts auf Meinungs- und Informationsfreiheit durch Schüler im Hinblick auf Lehrer im Rahmen der App ein berechtigtes Interesse iSd Art 6 Abs 1 lit f DSGVO darstelle, die App jedoch in ihrer jetzigen Form nicht geeignet sei, legitime Ziele zu verwirklichen, zumal durch die App nicht überprüft werde, ob die Person, die eine Bewertung über einen Lehrer abgibt, tatsächlich von diesem Lehrer unterrichtet wird. Die Verwirklichung des legitimen Ziels auf Meinungs- und Informationsfreiheit sei damit nicht auf das notwendige Maß beschränkt. Die von der Beklagten entwickelten Missbrauchskontrollen seien zu grobmaschig und würden keinen effektiven Schutz bieten. Im Übrigen finde das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung seine Grenze in einer unwahren Tatsachenbehauptung. In der App werde den Usern oder Lesern der App insinuiert, dass alle Bewertungen von Schülern stammen, die von den bewerteten Lehrern tatsächlich unterrichtet würden, obwohl dies unrichtig sein könne.

Hadrigan fragt sich nach dieser Urteilsverkündung, wie man sich dort weitere Vorgangsweisen vorstellen würde. “Sollen wir jetzt jeden Schüler nach seinem Schulausweis fragen? Man braucht doch gar nicht an Amazon und die Rezensionen dort denken, es gibt ja auch Bewertungen für Uber-Fahrer, für Ärzte und sogar für Rechtsanwälte”, sagt er. “Auf diesen Plattformen ist das auch kein Problem”.

Finanzielle Belastung für Lernsieg-Gründer

Neben der emotionalen Belastung für den jungen Mann erweisen sich die vielen Verfahren mittlerweile auch als eine finanzielle. Für die Verteidigung gegen die permanente Attacken, wie er erwähnt, musste Lernsieg bereits rund 200.000 Euro für Rechtsanwälte bezahlen, anstatt dieses Geld in die Weiterentwicklung der App investieren zu können.

“Anwälte haben uns auch pro Bono vertreten, die ziehen sich jedoch zurück, da die Arbeit immer mehr wird”, so Hadrigan. “Insgesamt flossen Hunderttausende Euro in die rechtliche Abwehr all dieser Attacken, anstatt das Geld in die Weiterentwicklung der App stecken zu können. Das ist sehr frustrierend, weil immer mehr Lehrer:innen auf uns zukommen und uns mitteilen, dass wir nicht aufgeben sollen und sie die App super finden. Es sind also insgesamt nur ein ‘paar schwarze Schafe’, die uns aber sehr zusetzen und bedrohen. Durch Klagen und Verfahren bei der Datenschutzbehörde. Wir finden mittlerweile keine Anwälte mehr in Wien, die diesen Wahnsinn mit uns durchstehen möchten. Es fehlt uns einfach das Geld, um Anwälte zu bezahlen.”

Verfahrenshilfe & finanzielle Ausblutung?

Deshalb sah sich Hadrigan gezwungen, trotz der vielen gewonnenen Verfahren und Bestätigungen Verfahrenshilfe zu beantragen, weil die Klagen und Attacken von Lehrergewerkschaftern seit zwei Jahren kein Ende nehmen.

“Einen Antrag für die GmbH habe ich heute eingebracht, ein Antrag für mich als Privatperson folgt in den nächsten Tagen. Falls wir die Verfahrenshilfe erhalten, dann sind wir zumindest einmal bei den Gerichtsverfahren entlastet. Aber das ist leider nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Denn die ständigen neuen Verfahren bei der Datenschutzbehörde gewinnen wir zwar immer, erhalten aber keinen Kostenersatz wie bei Gerichtsprozessen. Wir vermuten, das ist der Grund, warum wir ‘nur’ vier Gerichtsverfahren haben und ganze 40 Datenschutzverfahren”, sagt er und wittert einen rechtlichen Trick dahinter, mit dem Ziel sein Startup zu zerstören.

Und erklärt: “Um eine reale Chance zu haben, die nächsten Monate und Jahre zu überleben, brauchen wir fixe monatliche Einnahmen durch Spender, die uns beim Weg unterstützen, eine Judikatur in Österreich zu erschaffen, damit Schülerinnen und Schüler ein Recht auf die Bewertung ihrer Lehrer und Meinungsfreiheit haben. Deshalb haben wir nun auf unserer Spendenwebsite ein Unterstützer-Abonnement erschaffen.”

Auch Privatklagen am Hals

Doch das ist nicht die einzige Sorge, die er trägt. “Ich habe mit 17 Jahren sicherlich noch recht gutgläubig und naiv versucht, einfach Lehrerbewertung in Österreich allen Schülerinnen und Schülern zu ermöglichen. Es war und ist eine innovative Idee. In der Praxis stellte sich diese wegen der vielen ‘guten’ Bewertungen der Lehrer:innen als Anerkennungstool für Österreichs Lehrerschaft heraus. Leider wird man hierzulande von Gewerkschaften lieber niedergeklagt, anstatt gemeinsam daran zu arbeiten. Ich bin mittlerweile 20 Jahre alt und bin noch immer sprachlos und schockiert über diesen Wahnsinn”, sagt er und meint damit, dass nicht nur die GmbH geklagt wird.

“Für mich ist es mittlerweile zumindest etwas verständlich, dass eine Gewerkschaft eher auf Veränderung und Innovation hinschlägt, als diese als Chance zu sehen”, so Hadrigan weiter. “Auch durch Klagen, um einfach die Rechtsfrage zu klären. Aber was für mich bis heute schockierend ist: Die Lehrergewerkschafter haben mich bei jeder einzelnen Klage trotz meiner GmbH auch privat, unter dem Argument der ‘Wiederbetätigungsgefahr’, persönlich verklagt.”

Drohende Privatinsolvenz

Dies hätte zur Folge, dass er bei einem negativen Gerichtsergebnis Privatinsolvenz anmelden müsse, da ihn eine “Kostenlawine” erwarte. Er sagt: “Durch die privaten Klagen und die seit zwei Jahren andauernde Gesprächsblockade der Lehrergewerkschaft GÖD wird also versucht meine private Existenz für immer zu zerstören.”

Von einer Gewerkschaft, die Österreichs Pädagogen vertritt, würde er sich mehr erwarten. Und gibt zwar zu, dass er als Gewerkschafter wahrscheinlich auch mit Klagen auf seine GmbH losgehen würde. Aber bewusst einem damals 17-jährigen womöglich seine private Existenz nachhaltig zu zerstören, sei eine rote Grenze und nach zwei Jahren noch immer schwer zu verstehen.

Gespräch gesucht

“Ich hoffe sehr, dass Paul Kimberger (Anm.: Vorsitzender Bundesleitung der Gewerkschaft Pflichtschullehrerinnen und Pflichtschullehrer Oberösterreich) und Gewerkschaftsvorsitzender Norbert Schnedl irgendwann für ein klärendes Gespräch bereit sind”, hofft Hadrigan. “Wichtig ist jetzt, dass wir fixe Einnahmen durch unser Abo-Spendenmodell erhalten, um die nächsten Wochen und Monate überleben zu können.”

Auf Nachfrage des brutkasten, warum es bisher zu keinen klärenden Gesprächen gekommen ist, gab es vom GÖD bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung noch keinen Kommentar. Ein nachgereichtes Statement wird gegebenenfalls ergänzt.

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The team around Redeem Solar Technologies Co-Founder Florian Ehrlich-Sommer benefited from the aws First International Incubator

Austria is increasingly positioning itself as an international hub for innovative entrepreneurs. A significant contributor to this development is the aws First Incubator, which will kick off a new round with a special focus call for international founders in spring 2025. This program, run by the Austria Wirtschaftsservice (aws), is designed for startup founders and founding teams, and students who want to establish a startup in Austria or have recently done so.

The aws First Incubator offers a combination of financial support, targeted mentoring, and a dynamic network – a package that helps international founders integrate into Austria’s vibrant startup ecosystem.

Financial Support for Early-Stage Startups

Financial barriers are among the biggest challenges for early-stage founders. The aws First Incubator addresses this by providing monthly personnel cost subsidies and grants for project, rental, and travel expenses. This financial support allows founders to focus fully on developing their business ideas.

However, the program goes beyond financial aid. It offers a comprehensive package of workshops, project-specific mentoring, and specialized coaching sessions. These resources ensure that startups receive not only financial support but also strategic and operational guidance.

Knowledge Transfer Through Practical Workshops

The program’s workshops deliver targeted knowledge on topics critical to startups, such as business model development, marketing strategies, patent law, and funding planning. The practical approach ensures that the content is directly tailored to the needs of the founders.

A key highlight of the program is the direct access to experts and mentors who share their years of experience in the startup and business world. This individualized support helps participants overcome specific challenges and refine their business ideas.

Success Story: Redeem Solar Technologies

An example of the program’s success is the startup Redeem Solar Technologies. Founded by Florian Ehrlich-Sommer (COO) and his international team, the company develops photocatalytic reactors for sustainable hydrogen production. Ehrlich-Sommer explains how the program helped his team sharpen their vision and gain new perspectives: “Interacting with founders from different industries and countries gave us fresh perspectives and helped refine our business model. As engineers, we tend to communicate in technical language. Through the program, we learned to present our idea clearly and understandably.”

The international team of Redeem Solar Technologies | (c) Redeem Solar Technologies

Redeem Solar Technologies uses light energy to enable chemical reactions, in order to produce hydrogen in an environmentally friendly way. The startup’s solutions are particularly relevant to the pharmaceutical and fine chemicals industries. Through the aws program, the team not only secured financial support but also made valuable connections in the Austrian startup scene.

Interdisciplinary and International Exchange

One of the most significant benefits of the aws First Incubator’s special international call is the interdisciplinary and international exchange. The participating teams come from various industries – from software startups to sustainability technologies and innovative food products. This diversity allows founders to gain insights beyond their own fields and learn from each other.

Ehrlich-Sommer highlights this exchange as a critical factor: “It was fascinating to talk to founders developing completely different solutions. This helped us question and improve our own approaches.”​

Program Structure

The program lasts up to 12 months and includes regular workshops and coaching sessions. Participants meet in Vienna to attend these sessions and learn from experts. Teams rooted outside the city will need to commute to attend the program. This, however, is far worth the effort, as co-founder Ehrlich-Sommer emphasizes: “Being in Vienna helped us get to know the local startup scene and establish valuable connections.”

An essential part of the program is the intensive selection process. During this phase, founders work with mentors and experts to refine their ideas and prepare for the program. This preparation is crucial for consecutive success.

Austria as a Startup Hub for International Founders

The aws First Incubator plays a significant role in positioning Austria as an attractive destination for international founders. The combination of financial support, targeted knowledge transfer, and a dynamic network creates optimal conditions for innovative business ideas.

The program not only supports the individual development of participating startups but also strengthens Austria’s startup ecosystem as a whole. International founders bring new impulses, ideas, and perspectives to Austria, helping to enhance the country’s innovation potential.

Applications for 2025

The next round of the aws First Incubator’s international call starts in spring 2025. Founders with an international team who want to establish their startup in Austria or have recently done so should not miss this opportunity. Applications will soon be open – a chance that could be a crucial step for a startup’s future.

For more information and application details, visit the official aws First Incubator website.


* Der Beitrag entstand in Kooperation mit der Austria Wirtschaftsservice (aws)

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