11.04.2018

mything: Grazer 3D-Druck-Startup launcht mit 2 Mio. Euro Kapital im Hintergrund

Im vergangenen Herbst hatte sich das Grazer Startup mything 2,1 Mio. Euro Kapital gesichert. Nun wird der "dreiseitige Marktplatz für 3D-Druck" gelauncht.
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(c) mything / Wolfgang Wolak: Gründer und CEO Florian Mott

Es war mit 2,1 Millionen Euro ein für österreichische Verhältnisse ordentliches Investment, das sich das Grazer Startup mything im vergangenen Herbst holte. Und das noch vor dem Launch. Der wurde damals noch für Herbst angekündigt. Es wurde April daraus. Heute geht mything.com offiziell (in der “Vollversion”) online. Founder Florian Mott, ehemaliger Marketing-Chef von bwin, gibt sich selbstbewusst: “Wir werden in naher Zukunft der internationale Marktplatz für lokalen 3D-Druck sein”. Auf der zentralen Plattform sollen Produktdesigner, lokale Hersteller und Kunden unkompliziert zueinander finden. Produkte sind derzeit etwa Schmuck, Gadgets und Spielzeug. Insgesamt sind es rund 800 Produkte aus 40 verschiedenen Materialien. Geld verdient mything durch eine Vermittlungsprovision. Kern der Plattform ist neben diesem “dreiseitigen Marktplatz” die lokale Produktion in 3D-Druckshops. “Einige davon gibt es schon, Tendenz stark steigend. In Zukunft werden sie genauso häufig zu finden sein wie Copyshops, Postpartner oder andere lokale Nahversorger”, verspricht Mott.

+++ Florian Mott im Live Gespräch über 3D-Druck +++

Weltmarkt 2020 mit 21 Mrd. US-Dollar Volumen

Dass Österreich mit diesem stark B2C-geprägten Modell vielleicht nicht der optimale Ausgangspunkt sei, lässt Mott gegenüber dem Brutkasten nicht gelten. “Wir starten in Österreich, weil wir hier die räumliche Nähe und Kontakte zu lokalen 3D-Druckanbietern haben und in einem überschaubaren Markt launchen können”. Und der Expansionsplan steht schon: “Als nächster Schritt ist heuer im zweiten Halbjahr Deutschland geplant”. Letztlich geht es aber um den internationalen Markt. Und der ist – folgt man aktuellen Studien – riesig. Im Auftrag von UPS wurde etwa erhoben, dass der Weltmarkt bis 2020 auf ein Volumen von 21 Milliarden US-Dollar anwachsen soll. Oxford Economics schätzt, dass 2050 die Hälfte aller Konsumgüter in lokalem 3D-Druck hergestellt wird. Da zeigt sich Mott auch gelassen, was das Abklingen des medialen Hypes um 3D-Druck angeht: “Wir bauen unsere Überlegungen auf Fakten, Trends und Marktentwicklungen auf. Auch wenn die mediale Berichterstattung etwas abgenommen hat, sprechen die Marktzahlen eine klare Sprache. Studien sagen ein sehr starkes Wachstum des 3D-Druckmarktes voraus. Auch bzw. vor allem in Bereichen und bei Kundengruppen in denen 3D-Druck zur Zeit noch keine große Rolle spielt”.

Infografiken von mything:

Von Monaten zu Stunden

Denn das disruptive Potenzial der Technologie sei enorm. “Der klassische Produktions- und Distributionsprozess vom Entwurf eines Produktdesigners bis zum Eintreffen eines Produktes beim Kunden umfasst mit Transport und Lagerung sehr viele Schritte und geht über Wochen bzw. Monate. Wir schaffen es, diesen Ablauf auf wenige Schritte und Tage, in Zukunft sogar Stunden zu reduzieren”, sagt Mott. Investor und Co-Founder Gerhard Pail führt aus: “Mit dem Zeitgewinn geht eine Risikominimierung einher. Ob ein Produkt physisch 30 Tage oder einen einzigen Tag unterwegs ist, macht einen riesigen Unterschied, weil an jedem dieser 30 Tages etwas passieren kann. Unfälle, Verzögerungen, Zollprobleme und vieles mehr. Das heißt schneller und näher bedeutet gleichzeitig risikoärmer und damit billiger”. Auch die Umweltverschmutzung würde sich dadurch reduzieren, während die lokale Wertschöpfung anwachse, ergänzt Mott.

Video-Interview zum mything-Launch:

mything mit internationaler USP

Auch international habe man mit dem Modell eine USP, versichert Mott: “Es gibt einige artverwandte Anbieter wie etwa 3DHUBS oder Shapeways, allerdings sprechen diese Anbieter andere Zielgruppen an bzw. haben ein eingeschränktes Konzept”. Das umfassende dreiseitige Marktplatzkonzept mit internationalem Produktdesign zur lokalen Produktion bei 3D-Druckpartnern sei international einzigartig. Man sei First-Mover. Das verstärke sich auch dadurch, dass man bereits einige Probleme, auf die potenzielle Konkurrenten noch stoßen würden, gelöst hätte: “Technischer Natur war besonders die automatisierte 3D-Daten-Überprüfung eine Herausforderung und auch die Preisberechnung in Echtzeit war aufgrund der vielen Variablen nicht leicht zu lösen”, sagt der Co-Founder.

+++ 2,1 Mio Euro Pre-Launch-Investment für Grazer 3D-Druck-Startup +++

Mittelfristig auch verstärkt B2B-Modelle

Trotz der postulierten internationalen USP will man sich bei mything nicht auf dem derzeitigen Modell ausruhen. Mittelfristig wolle man jedenfalls auch ein verstärktes B2B-Konzept etablieren – “Aus heutiger Sicht am ehesten im Bereich Ersatzteile oder auch als eine Whitelabel-Lösung”. Einfache Beispiele für Ersatzteile seien der Knopf einer Fernbedienung, die Taste eines Laptops oder der fehlende Stift für das Regal. In dem Bereich sei großes (Business-) Kundenseitiges Interesse zu erwarten: “Die Vorteile für einen Hersteller liegen auf der Hand. Es ist damit nicht mehr notwendig ein physisches Ersatzteillager mit damit verbundenen Kosten und gebundenem Kapital aufzubauen, sondern eben ein virtuelles Lager. Produziert werden die Ersatzteile dann on-demand von verifizierten 3D-Druckpartnern in der Nähe des Kunden”, sagt Mott. Auch im Bereich Mode liege sehr großes Potential. 3D-gedruckte Bekleidung könne für Kunden nach Maß lokal 3D-gedruckt werden – Stichwort: “mass-personalization”.

Nächstes Millioneninvestment für Expansion noch dieses Jahr?

Bereits dieses Jahr strebt mything übrigens die nächste Finanzierungsrunde im einstelligen Millionenbereich an. Die Internationalisierung – zunächst, wie erwähnt nach Deutschland, dann in den Rest Europas – soll damit beschleunigt werden. Auch in den USA sieht sich das Grazer Startup bereits um. Im ersten Quartal 2019 werde man beim Go Silicon Valley-Programm der Außenwirtschaft Austria dabei sein. “Wir werden Kontakte knüpfen und die ersten Vorbereitungen für den Markteintritt in die USA treffen”, sagt Mott. Internationale Luft schnupperte der Gründer auch vor einigen Wochen beim Forum for Entrepreneurship zum Thema Vision 2030 im saudi-arabischen Riad. “3D-Druck war dabei ein sehr spannendes Thema. Besonders interessant war es für mich, dass einige Gesprächspartner nicht nur über reine Investitionen, sondern auch über diversifizierte Umsatzchancen nachdenken. Sprich beispielsweise parallel zu einem Investment eines der weltweit ersten flächendeckenden 3D-Druck-Facility-Netzwerke aufzubauen und sich so als weltweite Model- und Innovationsregion auf diesem Gebiet einen Namen zu machen”, erzählt Mott.

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„Das war ein richtiger Hype. Nach wenigen Tagen hatte ChatGPT über eine Million Nutzer”, erinnert sich Lippert an den Start des OpenAI-Chatbots Ende 2022. Seither habe sich aber viel geändert: “Heute ist das gar kein Hype mehr, sondern Realität“, sagt Lippert. Die Technologie habe sich längst in den Alltag integriert, kaum jemand spreche noch davon, dass er sein Smartphone über eine „KI-Anwendung“ entsperre oder sein Auto mithilfe von KI einparke: “Wenn es im Alltag angekommen ist, sagt keiner mehr KI-Lösung dazu”.

Auch Thomas Steirer erinnert sich an den Moment, als ChatGPT erschien: „Für mich war das ein richtiger Flashback. Ich habe vor vielen Jahren KI studiert und dann lange darauf gewartet, dass wirklich alltagstaugliche Lösungen kommen. Mit ChatGPT war dann klar: Jetzt sind wir wirklich da.“ Er sieht in dieser Entwicklung einen entscheidenden Schritt, der KI aus der reinen Forschungsecke in den aktiven, spürbaren Endnutzer-Bereich gebracht habe.

Von erster Begeisterung zu realistischen Erwartungen

Anfangs herrschte in Unternehmen noch ein gewisser Aktionismus: „Den Satz ‘Wir müssen irgendwas mit KI machen’ habe ich sehr, sehr oft gehört“, meint Steirer. Inzwischen habe sich die Erwartungshaltung realistischer entwickelt. Unternehmen gingen nun strategischer vor, untersuchten konkrete Use Cases und setzten auf institutionalisierte Strukturen – etwa durch sogenannte “Centers of Excellence” – um KI langfristig zu integrieren. „Wir sehen, dass jetzt fast jedes Unternehmen in Österreich KI-Initiativen hat“, sagt Lippert. „Diese Anlaufkurve hat eine Zeit lang gedauert, aber jetzt sehen wir viele reale Use-Cases und wir brauchen uns als Land nicht verstecken.“

Spar, Strabag, Uniqa: Use-Cases aus der österreichischen Wirtschaft

Lippert nennt etwa den Lebensmittelhändler Spar, der mithilfe von KI sein Obst- und Gemüsesortiment auf Basis von Kaufverhalten, Wetterdaten und Rabatten punktgenau steuert. Weniger Verschwendung, bessere Lieferkette: “Lieferkettenoptimierung ist ein Purpose-Driven-Use-Case, der international sehr viel Aufmerksamkeit bekommt und der sich übrigens über alle Branchen repliziert”, erläutert die Microsoft-Expertin.

Auch die Baubranche hat Anwendungsfälle vorzuweisen: Bei Strabag wird mittels KI die Risikobewertung von Baustellen verbessert, indem historische Daten zum Bauträger, zu Lieferanten und zum Bauteam analysiert werden.

Im Versicherungsbereich hat die UNIQA mithilfe eines KI-basierten „Tarif-Bots“ den Zeitaufwand für Tarifauskünfte um 50 Prozent reduziert, was die Mitarbeiter:innen von repetitiven Tätigkeiten entlastet und ihnen mehr Spielraum für sinnstiftende Tätigkeiten lässt.

Nicht immer geht es aber um Effizienzsteigerung. Ein KI-Projekt einer anderen Art wurde kürzlich bei der jüngsten Microsoft-Konferenz Ignite präsentiert: Der Hera Space Companion (brutkasten berichtete). Gemeinsam mit der ESA, Terra Mater und dem österreichischen Startup Impact.ai wurde ein digitaler Space Companion entwickelt, mit dem sich Nutzer in Echtzeit über Weltraummissionen austauschen können. „Das macht Wissenschaft zum ersten Mal wirklich greifbar“, sagt Lippert. „Meine Kinder haben am Wochenende die Planeten im Gespräch mit dem Space Companion gelernt.“

Herausforderungen: Infrastruktur, Daten und Sicherheit

Auch wenn die genannten Use Cases Erfolgsbeispiele zeigen, sind Unternehmen, die KI einsetzen wollen, klarerweise auch mit Herausforderungen konfrontiert. Diese unterscheiden sich je nachdem, wie weit die „KI-Maturität“ der Unternehmen fortgeschritten sei, erläutert Lippert. Für jene, die schon Use-.Cases erprobt haben, gehe es nun um den großflächigen Rollout. Dabei offenbaren sich klassische Herausforderungen: „Integration in Legacy-Systeme, Datenstrategie, Datenarchitektur, Sicherheit – all das darf man nicht unterschätzen“, sagt Lippert.

“Eine große Herausforderung für Unternehmen ist auch die Frage: Wer sind wir überhaupt?”, ergänzt Steirer. Unternehmen müssten sich fragen, ob sie eine KI-Firma seien, ein Software-Entwicklungsunternehmen oder ein reines Fachunternehmen. Daran anschließend ergeben sich dann Folgefragen: „Muss ich selbst KI-Modelle trainieren oder kann ich auf bestehende Plattformen aufsetzen? Was ist meine langfristige Strategie?“ Er sieht in dieser Phase den Übergang von kleinen Experimenten über breite Implementierung bis hin zur Institutionalisierung von KI im Unternehmen.

Langfristiges Potenzial heben

Langfristig stehen die Zeichen stehen auf Wachstum, sind sich Lippert und Steirer einig. „Wir überschätzen oft den kurzfristigen Impact und unterschätzen den langfristigen“, sagt die Microsoft-Expertin. Sie verweist auf eine im Juni präsentierte Studie, wonach KI-gestützte Ökosysteme das Bruttoinlandsprodukt Österreichs deutlich steigern könnten – und zwar um etwa 18 Prozent (brutkasten berichtete). „Das wäre wie ein zehntes Bundesland, nach Wien wäre es dann das wirtschaftsstärkste“, so Lippert. „Wir müssen uns klar machen, dass KI eine Allzwecktechnologie wie Elektrizität oder das Internet ist.“

Auch Steirer ist überzeugt, dass sich für heimische Unternehmen massive Chancen eröffnen: “Ich glaube auch, dass wir einfach massiv unterschätzen, was das für einen langfristigen Impact haben wird”. Der Appell des Nagarro-Experten: „Es geht jetzt wirklich darum, nicht mehr zuzuwarten, sondern sich mit KI auseinanderzusetzen, umzusetzen und Wert zu stiften.“


Folge nachsehen: No Hype KI – wo stehen wir nach zwei Jahren ChatGPT?


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