17.04.2024
FINANZIERUNG

mytalents.ai: Wiener Startup für KI-Weiterbildung erweitert seine Pre-Seed-Runde

Das Wiener Startup mytalents.ai wurde Mitte 2023 von Florian Hasibar und Fabian Hemmerich gegründet. Für das weitere Wachstum erweiterte das Unternehmen nun seine Pre-Seed-Finanzierung.
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Die beiden Gründer Florian Hasibar und Fabian Hemmerich | (c) Katharina Schiffl

Erst Mitte September 2023 gab das Wiener Startup mytalents.ai kurz nach Gründung den Abschluss einer Pre-Seed-Finanzierung im sechsstelligen Bereich bekannt. Damals beteiligten sich unter anderem Ben Ruschin, Michael Kamleitner, Florian Haas, A&S Investment sowie Kambis Kohansal am Unternehmen (brutkasten berichtete).

Das Kapital wurde in den Aufbau der gleichnamigen Plattform investiert. Über diese bietet das Startup rund um die beiden Gründer Florian Hasibar und Fabian Hemmerich Online-Kurse für diverse Berufsgruppen und Fachbereiche an, die den Auf- und Ausbau von Kompetenzen rund um KI-Tools wie ChatGPT ermöglichen soll. Konkret handelt es sich um selbstständig durchführbare Videokurse für unterschiedlichste Unternehmensabteilungen. Dazu zählen unter anderem Marketing, Vertrieb, Finanzen, Softwareentwicklung oder HR.

Erweiterung der Pre-Seed-Runde

Nun erweiterte mytalents.ai seine Pre-Seed-Runde und holt sich erneut einen sechsstelligen Betrag für das weitere Wachstum. Den Lead an der Runde hat diesmal Ben Ruschin mit dem Business Angel Konsortium Founders of Europe inne – zuvor war er bereits über seine private Holding eingestiegen.

Alle Hintergründe zur jüngsten Finanzierungsrunde erfährt ihr im aktuellen brutkasten-Talk. Zu gast sind Florian Hasibar und Benjamin Ruschin

“Wir sind begeistert über das anhaltende Vertrauen und Engagement unserer Bestandsinvestoren sowie den Beitritt von Founders of Europe als neuem strategischen Partner. Diese zusätzlichen Mittel ermöglichen es uns, signifikant in die Verstärkung unseres Entwicklungs- und Vertriebsteams zu investieren”, so Gründer und CEO Florian Hasibar.

Über die Höhe der Bewertung macht das Startup keine Angaben. Die Erweiterung der Pre-Seed-Runde sei laut Hasibar allerdings höher ausgefallen als in der erste Runde. Zudem sei das Startup aktuell profitabel, so der Gründer.

Wenige Monate nach Gründung bereits 40 B2B-Kunden

Seit seiner Gründung vor neun Monaten hat mytalents.ai eine bemerkenswerte Traktion im Markt gezeigt, mit über 40 B2B-Kunden in Deutschland und Österreich. Dazu zählen bekannte Unternehmen wie ÖBB, Bitpanda, EY, Oeticket (Eventim) sowie Mediaprint und Kurier.

Lead-Investor Ruschin merkt an: “mytalents.ai löst ein Problem, das jedes Unternehmen hat: Es muss die eigenen Mitarbeiter im Bereich der KI fit machen, und zwar schnell. Mit ihrem Drive und Talent haben sie nicht nur mich, sondern auch Founders of Europe überzeugt, als Investor einzusteigen.”

Die weiteren Pläne von mytalents.ai

In der nächsten Phase plant mytalents.ai, das Team zu verstärken, insbesondere in den Bereichen Entwicklung und Go-To-Market. Außerdem ist eine Erweiterung der Produktpalette mit personalisierten Videokursen geplant, um den individuellen Lernbedürfnissen der Nutzer:innen zu verbessern.

Die Plattform erweiterte erst kürzlich ihre Toolsuite, einschließlich des speziellen Features mytalentsGPT. Diese sollen Unternehmen dabei unterstützen, KI-Tools effektiv in ihren Arbeitsalltag zu integrieren.

“Mit der geplanten Expansion in neue Märkte außerhalb des D-A-CH-Raums und der Bereitstellung unserer Weiterbildungen in weiteren Sprachen, abseits Englisch und Deutsch, wollen wir unsere Vision einer europaweiten KI-Kompetenzführerschaft weiter vorantreiben”, so Fabian Hemmerich, CTO und Co-Founder.


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Bernhard Hauser vor hellem Hintergrund
Bernhard Hauser, jetzt als Gründer des Micro-Private-Equity-Fond Waterglass (c) Bernhard Hauser

Zu Höchstzeiten verzeichnete oratio 10 Millionen versendete Nachrichten. Zu ihrem Kundenkreis gehörten sowohl die Vereinten Nationen als auch Danone oder Uber. Die Geschichte von oratio wäre also eigentlich keine vom Scheitern, sondern eine über den “kontrollierten Unternehmenssuizid”, erinnert sich Gründer Bernhard Hauser. Gemeinsam mit dem damaligen CTO David Pichsenmeister entwickelte er eine API Schnittstelle für WhatsApp. Heute betreibt er mit Waterglass einen Micro-Private-Equity-Fund und fokussiert sich auf kleine, profitable Unternehmen.

“Chatbots hier, Chatbots da”

Hauser erzählt von seiner Zeit bei oratio, mit einem monatlichen Umsatz von über 20.000 Euro: “Du kommst dann morgens ins Büro, hast eine volle Inbox und verzeichnest Signups von uber.com und boohoo.com”, erinnert er sich. Über das Unternehmen sagt er: “Die Idee war relevant, am Zahn der Zeit und sie hat ein echtes Problem für echte Kunden gelöst.” 2016 war der Chatbot-Hype groß und oratio mittendrin. “Wir hatten halt einfach sehr viel Rückenwind, überall hieß es Chatbots hier, Chatbots da”, erzählt er.

Was kann da also schief gehen? Einiges, weiß Bernhard Hauser. Jetzt im Nachhinhein. Denn da ist man ja meistens klüger. “Wir waren in dieser seltsamen Situation, dass wir ein Produkt hatten, das wirklich organisch sehr viel Nachfrage hatte. Auf der anderen Seite war klar, wenn wir so weitermachen, haben wir keine Zukunft”, sagt Hauser. oratio hatte ein Grundproblem: Das eigene Produkt war auf dem Produkt eines anderen Unternehmens aufgebaut. “Wir haben uns immer gefragt, was wenn WhatsApp irgendwann selbst eine Schnittstelle rausbringt?” Das tat WhatsApp auch 2018, zu der Zeit gab es oratio aber schon nicht mehr.

120 Hofer-SIM-Karten – funktionierendes Chaos

Das Produkt aufrecht zu erhalten war aufwändig. “Wir mussten konstant Ressourcen reinstecken.” Dazu nutzten die Gründer eher ungewöhnliche Methoden: “Wir haben einfach 120 Hofer-SIM-Karten gekauft, die zu virtuellen Telefonnummern gemacht und das dann alles auf unseren Servern ferngesteuert.” Für den Gründer war das “funktionierendes Chaos”.

Ein Term-Sheet lag im Posteingang. Die Terms überzeugten allerdings den ambitionierten Gründer nicht: “Ich habe gesagt, na, wir kriegen einen besseren Namen und mit besseren Bedingungen.” Die Gründer schlugen das Investment aus. Heute sagt Hauser über sich: “Ich muss zugeben, mein Ego war damals viel zu groß.”

Das Fenster schließt sich langsam

Mitte 2017 merkte man bei oratio, dass das Startup ins Schwanken geriet. “Da war dann klar, rein mit dem Umsatz und dem projizierten Wachstum werden wir es wahrscheinlich nicht schaffen”, erzählt Hauser. Die Situation wäre dem Team klar kommuniziert worden. Die Lösungsvorschläge lagen auf dem Tisch: “Entweder ein, zwei große Kunden bekommen oder ein externes Investment aufnehmen oder das Team radikal reduzieren”, erinnert er sich.

Die Gründer entschieden sich dafür, ihr stärkstes Produkt – den WhatsApp Support – kontrolliert einzustellen. “Wir haben eigentlich einen kontrollierten Unternehmenssuizid gemacht”, sagt Hauser. Die Monate vergingen und keine der oben genannten Lösungsvorschläge materialisierte sich. Es kam kein weiteres Investment-Angebot herein, die großen Kundenzugewinne blieben aus und das Team zu verkleinern kam für die Gründer nicht in Frage. Das Aus von oratio verkündeten sie dann in einem All-Hands-On-Site im Juni 2017.

Nicht jedes Startup sollte Geld aufnehmen

“Eigentlich hätte ich die Firma umsatzmäßig nach vorne bringen sollen, das wäre besser gewesen als Zeit in Fundraising zu stecken”, sagt Hauser. Heute steht er skeptisch zu Investments und dem Fokus, den viele Startups darauf legen. “Ich versuche schon stark, in Frage zu stellen, ob man immer Geld raisen muss, oder ob man sich nicht einfach darauf konzentriert, ein Unternehmen zu bauen und Umsätze zu machen”, erklärt Hauser. Das Problem kennt er selbst: “Ich war auch von dieser Story verleitet: Hol dir Geld, dann sind alle Probleme gelöst, dann kannst du machen, was du willst. Und das stimmt nicht”, sagt der Gründer. Er findet, dass Investments einen Druck ausüben und den Fokus von Unternehmen ungünstig verschieben würden.

Rückblickend gibt er Gründer:innen mit: “Es ist nicht notwendig, dass jedes Startup Geld aufnehmen muss. Wichtig ist es, ein Unternehmen mit einem relevanten Produkt zu bauen, das ein relevantes Problem im Markt löst und dafür bezahlen dann auch Leute.”

Mit Waterglass jetzt Fokus auf profitable Unternehmen

Heute betreibt Hauser einen Micro-Private-Equity-Fund unter dem Namen Waterglass. Damit möchte er sich auf Nischenstartups im B2B- und SaaS-Bereich konzentrieren. Das Ziel von Waterglass ist es, kleine profitable Unternehmen zu kaufen und diese dann weiter ins nachhaltige Wachstum zu führen. Das Geschäftsmodell erklärt er so: “Da geht es nicht darum große VC-Cases zu bauen, von denen eines ein Moonshot werden muss, sondern das Ziel ist es, alle Unternehmen profitabel wachsen zu lassen. Auch wenn sie nur 15 Prozent im Jahr wachsen, ist das absolut okay.”

Hätte Waterglass denn auch oratio gekauft? “Ja, weil oratio organisch viel Nachfrage hatte”, ist sich der Gründer sicher. Auf die umgekehrte Frage, ob er damals an Waterglass verkauft hätte, ist die Antwort nicht mehr so eindeutig. Hier schwankt der Unternehmer zwischen dem Bernhard heute und dem Bernhard von damals: “Ja das ist die Frage …”

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