19.10.2020

Murdoch, Trump und die Schlacht ums Weiße Haus

Rupert Murdoch hatte Donald Trump bereits im Wahlkampf mit seinem Fox-Imperium unterstützt. Wird er es auch 2020 tun?
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Rupert Murdoch unterstützte Donald Trump auch im Wahlkampf 2016.
Rupert Murdoch unterstützte Donald Trump auch im Wahlkampf 2016. (c) beigestellt / CC-BY 2.0 David Shankbone

Jedes Land kennt einflussreiche Medien und ihre Wirkkraft. Etwa die österreichische „Krone“ der Familie Dichand, die deutschen Medien der Familie Springer (allen voran Bild und Welt) oder die italienische La Repubblica, die seit kurzem der Familie Agnelli (Mehrheitseigentümer von Fiat-Chrysler) gehört. In einer eigenen Liga scheint jedoch das Medien-Imperium von Rupert Murdoch zu spielen, der auf der ganzen Welt so viele Zeitungen verlegt und Sender betreibt, dass in seinem Reich „die Sonne niemals untergehe“, wie es Kommentatoren formulieren.

„Rupert der Schreckliche“, nannte ihn einst wenig schmeichelhaft die Schweizer Bilanz und „den gefährlichsten Mann der Welt“ der Spiegel zu Beginn dieses Jahres. Seine australische Medienmacht bezeichnete der ehemalige australische Premier Kevin Rudd vor wenigen Tagen sinngemäß als „arroganten Krebs unserer Demokratie“. Wer also ist dieser Mann?

Der Wandel des Murdoch-Imperiums

Rupert Murdoch gilt zurecht als einer der einflussreichsten Medien-Mogule der Welt. Doch auch sein Imperium ist einem gewaltigen Wandel unterlegen. So besaß seine „News Corporation“ seit 1985 das erfolgreiche Hollywood-Studio 20th Century Fox (bekannt für Planet der Affen, X-Men, Stirb Langsam, Ice Age, u.a.), das erst letztes Jahr – als „größter Deal der Filmgeschichte“ – für 71 Milliarden $ an die Walt Disney Company verkauft wurde und seitdem 20th Century Studios heißt.

Im Jahr 2007 sorgte Murdoch für Furore, als er den US-Konzern „Dow Jones“ übernahm, der auch Herausgeber des renommierten Wirtschaftsblattes “Wall Street Journal” ist.

Mit der Übernahme der einst erfolgreichsten Internetplattform MySpace, mit immerhin rund 300 Millionen Usern, scheiterte er, auch nach eigenen Angaben, grandios. Die Transaktion, die ihn knapp 600 Millionen $ kostete, zeigte, dass selbst unbegrenzte finanzielle Mittel und vor allem mediale Reichweite kein Garant für ein erfolgreiches soziales Netzwerk sind.

Aber er hat diesen riskanten Digitalisierungsschritt – als einer der wenigen Medienmacher – zumindest gewagt. Selbst Technologie-Gigant Google, mit richtig digitaler DNA und endloser Daten-Power ausgestattet, musste diese Erfahrung machen und 2019 „Google+“ mit nur 3 Millionen Usern abdrehen.

Rupert Murdoch besitzt Buchverlage (z.B. HarperCollins), Anteile an verschiedenen Satellitennetzwerken (BskyB), zig Internet-Venture-Beteiligungen, über 30 Fernsehkanäle (darunter seine führende Marke Fox) und bis vor kurzem rund 175 Zeitungen (darunter «The Sun», «The Times», «New York Post»). Vor wenigen Monaten erst stampfte er mehr als 100 Zeitungen in Australien ein und erntete heftige Kritik dafür. Zuvor hatte die News Corp. noch erfolglos versucht, das dortige Angebot zu diversifizieren und dafür fast 1 Milliarde $ Verlust einstecken müssen, wie das Manager Magazin analysierte. Doch so wie die gesamte Print-Branche weltweit unter existentiellem Druck steht, wurde auch Murdoch von dieser Transformation nicht verschont. Er reagierte aber radikaler als viele Mitbewerber und entledigte sich während der Corona-Pandemie etlicher seiner unrentablen Zeitungen. Wobei 76 der aufgelassenen 100 Print-Marken immerhin noch digital aktiv sein dürften.

Weniger diplomatisch beschreibt die New York Times das Machwerk des umstrittenen Medienmoguls: „In der gesamten englischsprachigen Welt haben die Unternehmen dieser Familie (Murdoch, Anm.) dazu beigetragen, Demagogen groß zu machen, Ethnonationalismus zu verbreiten und den Wahrheitsbegriff zu politisieren. Die Ergebnisse sind frappierend. Es mag nicht die Aufgabe der Familie gewesen sein, Demokratien auf der ganzen Welt zu destabilisieren, aber das war ihr folgenreichstes Vermächtnis.“

Zwist im Hause Murdoch

Der oben beschriebene Zorn des ehem. australischen Premiers und vieler Kritiker entzündet sich an der Art, wie Murdoch seine Medien einsetzt und welche wirtschaftliche, soziale und politische Macht ihm diese verliehen. Seine Medien seien konservativ, zionistisch und profitabel, lautet die neutrale Beschreibung seiner Beobachter. Sie würden rücksichtslos die Ziele des Patriarchen verfolgen, so die kritischen Kommentatoren über seine Legacy.

News- Corp. Medien unterstützen den Brexit, verhalfen Donald Trump ins Weiße Haus und verharmlosen oder bestreiten den Klimawandel. Das ging sogar einem anderen, prominenten Board-Mitglied der News-Corp zu weit, James Murdoch, dem jüngeren Sohn des Machtmenschen. Dieser stieß sich nicht nur an der inhaltlichen Ausrichtung des Medienunternehmens, sondern unterstützte obendrein noch den Konkurrenten Donald Trumps finanziell, den demokratischen Herausforderer Joe Biden. Per 1.8. trat James Murdoch konsequenterweise zurück. Sein Rücktrittsschreiben wurde publikumswirksam auf Twitter veröffentlicht.

Auch sonst mutet Murdoch seniors Privatleben turbulent an. Der 88-Jährige ist seit erst 3 Jahren mit seiner vierten Ehefrau, der 25 Jahre jüngeren Jerry Hall, einst Top-Model und Ex-Frau von „Rolling Stone“ Mick Jagger, verheiratet. Sie kannten sich zwar erst ein paar Monate näher, doch das schien die beiden nicht zu stören. Die Scheidung von seiner zweiten Gattin galt lange als die teuerste der Geschichte. Knapp über 1 Milliarde $ musste er dafür bezahlen, etwa 1/14 seines heutigen Vermögens.

Macht Fox News Donald Trump erneut zum US-Präsidenten?

Glaubt man Beobachtern, obliegt es in etlichen Fällen Rupert Murdoch, wer zu politischer Macht gelangt und wer nicht. Österreichische Immigranten in den USA sind ziemlich verblüfft, wenn sie die amerikanische Medienwirklichkeit selbst kennenlernen. Kein großer öffentlich-rechtlicher oder privater Sender, der sich der sachlichen Objektivität und Äquidistanz zu allen Politikern verpflichtet fühlt. Stattdessen dominieren Private, die sich eindeutig politisch positionieren und dabei regelrechte Superstars mir enormer Reichweite und Einfluss aufbauen.

Wie z.B. der journalistisch clevere, paternalistisch wirkende und jedenfalls streitbare Bill O´Reilly mit seinen Kollegen bis zu 3,6 Millionen amerikanische Zuseher zur Primetime von Donald Trump zu überzeugen suchte, wäre in unseren Breiten undenkbar. Fairerweise muss man sagen, dass auch Sender wie CNN, MSNBC und andere sich eindeutig positionieren, nur eben für die Gegenseite. Und beide Seiten verdienen hervorragend mit dieser Polarisierung. FOX wird Schätzungen zufolge dieses Jahr 1,3 Milliarden mit Werbung umsetzen, CNN etwa 770 Millionen und damit etwas mehr als MSNBC.

Kritiker monieren, dass FOX News massiv dazu beigetragen habe, dass glatte Lügen und „alternative Fakten“ zum Standardrepertoire von Nachrichten wurden und damit der Demokratie geschädigt habe. Unbestritten ist, dass umgekehrt Sender wie CNN auch Formate wie „GPS“ von Fareed Zakaria produzieren, die auch einem streng objektiven Bildungsauftrag europäischer Machart gerecht würden. FOX dagegen glich über weite Strecken eher einem reinen GOP-Kampagnen-Sender.

Wahr ist zudem, dass Donald Trump die Wahlen 2016 mit massiver Unterstützung von FOX News und seinem Eigentümer Rupert Murdoch gewann. Ob er sie auch gegen dessen Willen gewonnen hätte, darf Trump möglicherweise demnächst unter Beweis stellen. Denn wenn jüngste Berichte aus dem Umfeld Murdochs stimmen, schäumt dieser vor Wut ob des Umgangs des Präsidenten mit der Corona-Pandemie. Auch andere Republikaner stellen sich gegen ihren Präsidenten und unterstützen nun offen Herausforderer Biden.

Einer seiner wichtigsten Gegner innerhalb der GOP hat das sogenannte „Lincoln-Project“ gegründet, des dem „Trumpismus“ den Kampf ansagt. Das Projekt schaltet aggressivste Negativ-Werbung gegen Trump, wie es kaum ein Demokrat zusammengebracht hätte. Dessen Gründer heißt übrigens George Conway, verheiratet mit Kellyanne Conway, die bis vor kurzem die wichtigste Wahlkampfmanagerin von Trump war.

Und noch eine wichtige Frau dürfte Trump abhandenkommen: Kimberly Guilfoyle, eine bekannte Moderatorin aus Murdochs Fox News Kanal. Sie wechselte an Trumps Team-Spitze und wurde einer breiten Öffentlichkeit durch ihren skurrilen Auftritt beim RNC Kampagnen-Start bekannt.

Wie schon der einst so mächtige Bill O´Reilly, der über einen Sex-Skandal stolperte und den Sender schließlich verlassen musste, „passierte“ der selbstbewussten Guilfoyle anscheinend dasselbe. Sie soll eine Kollegin sexuell belästigt und ihr männliche Genitalien am Handy gezeigt haben. Besagte Assistentin erhielt, US-Medien zufolge, 4 Millionen $ Schweigegeld. Nur das mit dem Schweigen dürfte nicht so recht funktioniert haben, wie unzählige Medienberichte nun zeigen.

Sollten Murdoch und dessen Sender Fox News Donald Trump nun auch noch „verlassen“, könnte dessen Wahlsieg am 3. November tatsächlich wackeln, denn das war sein wichtigster Verbündeter. Wir werden bald sehen, was geschieht. Und noch etwas können wir bald sehen, nämlich Fox News – hier im deutschsprachigen Raum. Denn der Sender hat angekündigt, „nach Deutschland zu kommen“. Juhu.

Über den Autor

Mic Hirschbrich ist CEO des KI-Unternehmens Apollo.AI, beriet führende Politiker in digitalen Fragen und leitete den digitalen Think-Tank von Sebastian Kurz. Seine beruflichen Aufenthalte in Südostasien, Indien und den USA haben ihn nachhaltig geprägt und dazu gebracht, die eigene Sichtweise stets erweitern zu wollen. Im Jahr 2018 veröffentlichte Hirschbrich das Buch „Schöne Neue Welt 4.0 – Chancen und Risiken der Vierten Industriellen Revolution“, in dem er sich unter anderem mit den gesellschaftspolitischen Implikationen durch künstliche Intelligenz auseinandersetzt.

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Ida Tin, Co-Founderin von Clue (c) Valerie Maltsev

Dieser Artikel erschien zuerst in der Jubiläumsausgabe unseres Printmagazins. Ein Link zum Download findet sich am Ende des Artikels.

Bunte Hosenanzüge, gepaart mit hohen Absätzen, Sneakers, langen Locken und eleganten Kurzhaarschnitten – beim diesjährigen Global Leaders Summit, organisiert von the female factor und unterstützt von der Stadt Wien, gleicht das Publikum einem bunten Bällebad. An diesem ungewöhnlich warmen September­donnerstag füllt sich das Wiener Rathaus mit über 500 weiblichen Führungskräften aus 50 Nationen.

Is this how a leader looks like?

Mittendrin ragt die dänische Founderin Ida Tin aus der Menge. In einem grau-weiß gestreiften Blazer und mit elegantem Hair-Updo setzt sie kontrollierte Schritte auf den roten Teppich, der Besucher:innen den Weg ins Rathaus markiert. Links und rechts stehen weiß bezogene Stehtische, vor einer türkisen Fotowall tummeln sich Hosenanzüge. „This is how a leader looks like“ steht auf der Fotowand.

„Schriftstellerin“ ist die Berufsbezeichnung, die aus diverser Berichterstattung rund um die dänische Gründerin hervorgeht. In ihrem ersten Buch schrieb sie über Motorradreisen. In Dänemark wurde es zum Bestseller. Ihre Geschichte ist eine, die von vielen gehört und gelesen gehört – denn Ida heißt heute „Mother of Femtech“.

Mother of Femtech

Ida wurde im Kopenhagener Stadtteil Nørrebro geboren und war einen nicht unbeträchtlichen Teil ihres Lebens auf dem Motorrad unterwegs. Mit ihren Eltern und ihrem Bruder hat sie so mehrere Länder der Welt bereist.

Zusammen mit ihrem Vater ­arbeitete sie später für Moto Mundo, einen ­ Motorrad-Reiseveranstalter. In den frühen 2000ern organisierte sie Motor­radtouren durch Vietnam, die USA, Kuba, Chile oder die Mongolei; 2009 erschien ihr besagtes Buch „Direktøs“, in dem sie von ihren Reiseerfahrungen erzählt.

Weil auf Reisen kein Tag ist wie der andere, stand Ida vor einem Problem: Woher weiß sie, wann ihre Monats­blutung kommt? Händisch mitzuschreiben ging nicht, am Motorrad war kaum Platz. Sie brauchte etwas Handliches; etwas, das immer dabei ist. Und etwas, das selbst mitdenkt.

Ida kam auf eine Idee – ­ wenige Jahre später startete sie eine der weltweit ersten Tracking-Apps für Frauengesundheit. Ida gründete Clue als App für menstruierende Personen im Jahr 2012 in Berlin, gemeinsam mit Hans Raffauf, Moritz von Buttlar und Mike LaVigne. Über die Jahre wurde Clue zu einer der berühmtesten Apps unter Menstruierenden. Damit schuf Ida eine technologische Lösung zur Verbesserung von Frauengesundheit – eine Femtech-Lösung.

Forgive me, but I think there is a little bit of a lack of vision for Europe.

Ida Tin, Co-Founderin von Clue

Zurück am Global Leaders Summit höre ich Ida zu, wie sie auf der Global Stage des Großen Festsaals im Wiener Rathaus spricht. Ida setzt ihre Worte gezielt; im Trubel des Summits sticht sie nicht mit Lautstärke hervor, sondern mit Präsenz. Ohne ihre Stimme zu heben, finden Idas Worte ihren Weg durch die Geräuschkulisse des Festsaaltreibens. Sie spricht von einer Reform unseres Ökosystems.

„Let’s invite men into our world“ und „Sense your body, pay tribute to your mental health“ sind nur zwei der Aussagen, die man selten von Gründer:innen im Business-Kontext hört. Mit dem Aufbau ihres Unternehmens hat sie den Begriffen „Gründung“ und „Unternehmensführung“ eine neue Bedeutung verliehen. Sie hat sie menschlicher gemacht.

Nach dem Panel bleibt Zeit für ein kurzes Interview. Wieder schafft es Ida, mit bewusst gesetzten Wortkombinationen eine wichtige Message zu kommunizieren: „Wir müssen aufpassen, was wir als erfolgreich betrachten. Früher war Erfolg Geld, ein hoher Return on Investment; noch größere Finanzierungsrunden. Doch wenn wir ehrlich sind, ist der eigent­liche Reichtum unsere Gesundheit.“

Wie ein System funktioniert

Unverkennbar geht es in unserem Gespräch nicht nur um Geld: „Mehrere Studien zeigen, dass Investitionen in die Gesundheit von Frauen die Wirtschaft ankurbeln. Erst dieses Jahr hat McKin- sey einen Report herausgebracht, der zeigt: Wir würden uns jedes Jahr eine Billion Dollar sparen, wenn die Gesundheitsbedürfnisse von Frauen an- gemessen erfüllt würden.“

Ida zeigt in unserem Interview, dass sie das Thema bewegt: „Frauengesundheit ist teuer, gar keine Frage. Aber wir wissen mittlerweile auch: Wenn es Frauen gut geht, geht es ihren Unternehmen gut, ihren Familien und schließlich auch der Gesellschaft. Viel­fältige Teams begünstigen integrative Unternehmen, bringen weniger Voreingenommenheit und tatsächlich bessere Geschäftsergebnisse.“

Als ob das nicht schon selbsterklärend genug wäre, betont Ida mit einem Kopfnicken: „Wenn wir also Frauen in den Aufbau der Welt miteinbeziehen, funktioniert das System.“

“Die Besessenheit mit Geld macht unser Leben sehr arm. Und engstirnig.”

Ida Tin, Co-Founderin von Clue

Gesundheit!

Dass das in der Corporate-Bubble schwierig umzusetzen ist, weiß Ida. Auch alle bunten Hosenanzüge, die sich zum Global Leaders Summit im Wiener Rathaus versammelt haben, wissen es. Dass nicht tatenlos zugesehen werden darf, wie Frauen, ihre Gesundheit und ihr Potenzial im Unternehmertum vernachlässigt werden, weiß auch jede vor Ort.

„Wir wissen doch alle, dass man mehr Perspektiven in Führungsebenen bringt, wenn man Frauen dort reinsetzt. Wenn man sie einfach machen lässt und niemanden zu formen versucht. Wir leben in einer Kultur, vor allem in der Tech-Szene, in der wir Menschen formen. Du stellst jemanden an, du formst dir deine Arbeitskraft so, wie du sie willst, drückst sie in interne Strukturen. Du etablierst Arbeitsmodelle, die sich nach 40 Wochenstunden richten und Menschen gesundheitlich belasten. Und nicht selten endet das im Burnout. Ich denke, wir müssen uns in dieser Hinsicht mehr am Gesundheitsaspekt unserer Arbeit orientieren. Wenn wir uns kaputtarbeiten, was bleibt dann vom Leben übrig?“, so Ida.

Wenn wir Frauen in den Aufbau der Welt miteinbeziehen, funktioniert das System.

Ida Tin, Co-Founderin von Clue

Langsam lasse ich mir Idas Worte durch den Kopf gehen. „Wenn wir uns kaputtarbeiten, was bleibt dann vom Leben übrig?“ Ja, der Satz kommt wahrlich aus dem Mund einer der erfolgreichsten Founder:innen unserer Zeit. Das ist das Mindset jener Unternehmerin, die mit ihrer Tracking-App den Begriff Femtech prägte und den Grundstein für eine ganze Branche schuf. Sogar Apple war von Idas Technologie begeistert und bat um Zusammenarbeit.

Idas Mindset kommt nicht von irgendwo: „Meine Eltern waren ein Beispiel für Menschen, die genau das taten, was sie wirklich gerne machten; auch, wenn das in den Augen mancher als verrückter kleiner Traum schien. Mit ihrem Traum haben sie sich immerhin ihren Lebensunterhalt verdient. Und ich denke, wenn einem als Kind die Chance gegeben wird, die Welt zu sehen, bekommt man ein Gefühl dafür, wie viele Realitäten es da draußen gibt; und wie viele Dinge miteinander verknüpft sind.“

Der Mangel an Vision

Stichwort Verknüpfung: Sollten wir nicht zuerst anfangen, auf nationaler Ebene zu denken, bevor wir uns die ganze Welt vorknöpfen? Ida sieht das anders:

„Wie soll ein kleines, noch so starkes Land in einem schwachen Europa überleben? Wenn es zu politischen Unruhen auf europäischer Ebene kommt, sind wir alle verwundbar. Wenn die Wirtschaft in Europa zusammenbricht, werden auch einzelne Staaten zusammenbrechen. Es macht keinen Sinn, in nationalen Einheiten zu denken. Wir müssen darüber nachdenken, wie wir uns in Zukunft versorgen können. Wir müssen ein bisschen mehr an unseren Planeten denken. Ich glaube, es mangelt an einer Vision für Europa; und an gutem Storytelling.“

Der neue Erfolg

Ida redet Klartext über Tatsachen, die eigentlich jeder kennt, aber niemand wirklich wahr­ haben möchte. Mit einem weiteren Kopfnicken teilt sie Lösungsansätze:

„Wenn wir unsere Wirtschaft in etwas Nachhaltiges verwandeln wollen, müssen wir Erfolg neu definieren. Zurzeit feiern wir Investments, wir feiern finanzielle Rendite. Wir feiern Unicorns. Aber die Welt verlangt nach einer mehrdimensionalen Vorstellung von Erfolg.“

Ida meint: sich selbst nach eigenen Maßstäben als erfolgreich zu bezeichnen; Gesundheit als Erfolg zu bezeichnen. Und: „Unternehmen aufzubauen, in denen Menschen gesund sein können, in denen Menschen offen queer sein können, in denen Menschen aus verschiedenen Kulturen zusammenkommen; in denen man sie nicht zwingt, Alkohol zu trinken – und in denen eine integrative Kultur geschaffen wird.“

Wir brauchen weniger

Mit Clue hat Ida genau das versucht, und zwar mit einem der wohl umstrittensten New-Work-Themen unserer Zeit: der Vier-Tage-Woche. „Wir haben gesehen, dass unsere Leute an vier Tagen in der Woche genauso viel geleistet haben wie an fünf.“

Ida bot ihrem Team neben vier Arbeitstagen damit auch drei freie Tage, die Möglichkeit für Side Projects und mehr Zeit für Sport, Familie und Ruhe. „Viele hatten das Gefühl, dass ihr Leben eine ganz neue Qualität gewonnen hat. Und zusätzlich gibt es auch eine Menge an Studien und Daten, die zeigen, dass das funktioniert“, so Ida.

Wie in Island

So wie in Island, wo seit 2020 51 Prozent der Arbeitnehmenden reduzierte Wochenarbeitszeiten von 35 bis 36 Stunden bei gleichem Lohn wie zuvor hatten. Heute soll der Anteil noch etwas höher liegen, heißt es von einer Studie des britischen Autonomy Institute und der isländischen Association for Sustainability and Democracy (Alda). Im vergangenen Jahr soll die Wirtschaft Islands um fünf Prozent gewachsen sein – damit verzeichnet der Staat eine der höchsten Wachstumsraten in Europa.

In Idas Office gab es an den vier Arbeitstagen außerdem schuhfreie Zonen, einen Meetingraum ohne Tisch sowie Schwimm- und Fitnessstunden für ihre Mitarbeiter:innen. „Es sind die kleinen Dinge, die die Leute zusammen und zum Lachen bringen. Irgendwann hatten wir sogar eine Vorstandssitzung im tischlosen Raum.“

Kannst du acht Stunden am Tag sitzen?“ Ida reißt mich aus meinem kurzen Tagtraum. „Ich kann es nicht!“, wirft sie hinterher. „Auch jeder Sportler weiß, dass man Erholung braucht, um Höchstleistung zu erbringen. Warum sollte man das als arbeitender Mensch also vernachlässigen?“

Die Planeten-Perspektive

Nach fast 40 Minuten werden wir von zwei bunten Hosenanzügen unterbrochen. Die Zeit für das Interview ist um, das nächste steht an. Eine Frage fehlt uns aber immer noch: Wie lässt sich unsere Gesellschaft nun nachhaltig umbauen?

„Die Besessenheit mit Geld macht unser Leben sehr arm. Und sie macht uns engstirnig. Niemand auf diesem Planeten muss exorbitant viel besitzen. Alles über einem bestimmten Betrag könnte in Klimafonds fließen, in Sozialprojekte, in die gerechte Verteilung von Vermögen. Die Monopolisierung von Reichtum schafft ein großes demokratisches Problem; und schließlich auch ein Problem für Innovation.“

Was uns Ida sagen will: Man kann keine Gesellschaft aufrechterhalten, in der zu wenige zu viel und zu viele zu wenig haben. „Ich wünsche mir, dass wir an einem gemeinsamen Ziel arbeiten. Manchmal frage ich mich: Warum haben wir nicht eine gemeinsame Marke für unseren Planeten? Einen gemeinsamen Plan mit einer gemeinsamen Perspektive. Das wäre etwas, das uns in unserem Tun sicherlich einiges an Klarheit und Ambition geben würde.“

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AI Summaries

Murdoch, Trump und die Schlacht ums Weiße Haus

  • In einer eigenen Liga scheint jedoch das Medien-Imperium von Rupert Murdoch zu spielen, der auf der ganzen Welt so viele Zeitungen verlegt und Sender betreibt, dass in seinem Reich “die Sonne niemals untergehe”, wie es Kommentatoren formulieren.
  • News- Corp. Medien unterstützen den Brexit, verhalfen Donald Trump ins Weiße Haus und verharmlosen oder bestreiten den Klimawandel.
  • Glaubt man Beobachtern, obliegt es in etlichen Fällen Rupert Murdoch, wer zu politischer Macht gelangt und wer nicht.
  • FOX wird Schätzungen zufolge dieses Jahr 1,3 Milliarden mit Werbung umsetzen, CNN etwa 770 Millionen und damit etwas mehr als MSNBC.
  • Kritiker monieren, dass FOX News massiv dazu beigetragen habe, dass glatte Lügen und “alternative Fakten” zum Standardrepertoire von Nachrichten wurden und damit der Demokratie geschädigt habe.

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