13.02.2024

Moritz Lechner: “Mit New Fluence haben wir mittlerweile über 40 Mitarbeiter:innen”

Mit seinem 2021 gegründeten Unternehmen New Fluence automatisiert Moritz Lechner die Kooperationsabwicklung von Influencer-Marketing. Im Gespräch mit dem brutkasten spricht er über den Wachstumskurs.
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Moritz Lechner | (c) New Fluence

Mit nur 14 Jahren gründete Moritz Lechner sein erstes Startup Freebiebox und galt damit lange Zeit als der jüngste Gründer Österreichs. Das Konzept ist simpel: Kund:innen erhalten über ein Abo-Modell eine Überraschungsbox mit Werbeartikeln zugesandt. Später folgte mit Lifestylebox ein weiterer Ableger des Unternehmens, der sich auf den Versand von Markenprodukte im Bereich Fitness, Fashion, Food sowie Health & Beauty spezialisierte (brutkasten berichtete).

Operativer Rückzug von Freebiebox und Lifestylebox

Den medienwirksamen Titel “jüngster Gründer” hat Lechner – er ist mittlerweile 20 Jahre alt – schon länger abgelegt. Im Juni 2021 zog er sich zudem operativ von Freebiebox und Lifestylebox zurück. “Wir haben einen deutschen Partner gefunden, der sich über einen Revenue-Share-Deal, um die operative Abwicklung der Boxen kümmert”, so Lechner gegenüber brutkasten. Lechner arbeitete bereits damals gemeinsam mit seinem Co-Founder Christopher Pollak an seinem neuen Projekt, das die beiden ebenfalls 2021 starteten: New Fluence.

v.l. Christopher Pollak und Moritz Lechner | (c) New Fluence

Automatisierung von Influencer-Marketing

“Mit New Fluence automatisieren wir die Kooperationsabwicklung von Influencer-Marketing”, so Lechner. Der Fokus liegt auf Micro-Influencer:innen. Sie haben laut Lechner in der Regel höhere Engagement-Raten als die ganz großen Namen in der Branche. Der Gründer beschäftigte sich nicht zufällig mit diesem Thema. “Bereits mit Freebiebox setzten wir auf Performance-Marketing. Wir merkten, dass Influencer-Marketing für unsere Partner ein immer größeres Thema wurde”, so Lechner. Um Prozesse für sich selbst und in der Zusammenarbeit mit seinen Partnern zu vereinfachen, entwickelte der Gründer erste Prozesse und Tools. Aus dem Bedürfnis komplexere Problemstellungen zu lösen, entstand schlussendlich die Idee zu New Fluence. Die Plattform bietet beispielsweise ein Live-Reporting-Tool und unterstützt Unternehmen in der Akquise von Influencer:innen und der Abwicklung von Kampagnen.

Wie Moritz Lechner New Fluence positioniert

Mittlerweile umfasst der Pool an Influencer:innen von New Fluence über 10.000 Personen. Diese haben als Minimum 2.000 als Maximum 100.000 Follower:innen. Im Schnitt werden pro Monat über 1000 Influencer-Kooperationen abgewickelt. Als eine reine Agentur sieht Lechner sein Unternehmen daher nicht: “Wir sehen uns als eine Mischung zwischen einer Influencer-Agentur und einer vollautomatisierten Plattform, weil wir im Hintergrund alles automatisiert haben. Trotzdem haben wir aber auch Kontakt zu den Influencer:innen.” Punkten möchte der Gründer unter anderem mit dem Preis: “Wir schaffen es, 70 bis 80 Prozent günstiger als eine klassische Agentur zu sein.”

New Fluence zählt laut Lechner im DACH-Raum mehrere hundert Kund:innen – angefangen von Startups bis Konzerne. Darunter befinden sich zahlreiche bekannte Marken wie waterdrop, Maresi oder Teekanne. “Durch die monatlichen Abrechnungen haben wir eine Art SaaS-Geschäftsmodell”, so Lechner. Und der Gründer merkt an: “Wir haben mittlerweile über 40 Mitarbeiter:innen angestellt”. Derzeit expandiert das Startup aus der DACH-Region in die Beneluxstaaten Belgien, Luxemburg und die Niederlande. Das Wachstum der Plattform konnte Lechner übrigens aus dem Cashflow finanzieren, wobei dieser Weg so fortgesetzt werden soll. Sein Alter spielt übrigens keine Rolle mehr, wie er abschließend erläutert: “Die letzten zweieinhalb Jahre habe ich vollen Fokus auf das Unternehmen gelegt. Im klassischen Pitch spielt mein Alter keine Rolle mehr.”

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Doris Lippert (Microsoft | Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung) und Thomas Steirer (Nagarro | Chief Technology Officer)
Doris Lippert (Microsoft | Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung) und Thomas Steirer (Nagarro | Chief Technology Officer) | Foto: brutkasten

“No Hype KI” wird unterstützt von CANCOM Austria, IBM, ITSV, Microsoft, Nagarro, Red Hat und Universität Graz


Mit der neuen multimedialen Serie “No Hype KI” wollen wir eine Bestandsaufnahme zu künstlicher Intelligenz in der österreichischen Wirtschaft liefern. In der ersten Folge diskutieren Doris Lippert, Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung bei Microsoft Österreich, und Thomas Steirer, Chief Technology Officer bei Nagarro, über den Status Quo zwei Jahre nach Erscheinen von ChatGPT.

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„Das war ein richtiger Hype. Nach wenigen Tagen hatte ChatGPT über eine Million Nutzer”, erinnert sich Lippert an den Start des OpenAI-Chatbots Ende 2022. Seither habe sich aber viel geändert: “Heute ist das gar kein Hype mehr, sondern Realität“, sagt Lippert. Die Technologie habe sich längst in den Alltag integriert, kaum jemand spreche noch davon, dass er sein Smartphone über eine „KI-Anwendung“ entsperre oder sein Auto mithilfe von KI einparke: “Wenn es im Alltag angekommen ist, sagt keiner mehr KI-Lösung dazu”.

Auch Thomas Steirer erinnert sich an den Moment, als ChatGPT erschien: „Für mich war das ein richtiger Flashback. Ich habe vor vielen Jahren KI studiert und dann lange darauf gewartet, dass wirklich alltagstaugliche Lösungen kommen. Mit ChatGPT war dann klar: Jetzt sind wir wirklich da.“ Er sieht in dieser Entwicklung einen entscheidenden Schritt, der KI aus der reinen Forschungsecke in den aktiven, spürbaren Endnutzer-Bereich gebracht habe.

Von erster Begeisterung zu realistischen Erwartungen

Anfangs herrschte in Unternehmen noch ein gewisser Aktionismus: „Den Satz ‘Wir müssen irgendwas mit KI machen’ habe ich sehr, sehr oft gehört“, meint Steirer. Inzwischen habe sich die Erwartungshaltung realistischer entwickelt. Unternehmen gingen nun strategischer vor, untersuchten konkrete Use Cases und setzten auf institutionalisierte Strukturen – etwa durch sogenannte “Centers of Excellence” – um KI langfristig zu integrieren. „Wir sehen, dass jetzt fast jedes Unternehmen in Österreich KI-Initiativen hat“, sagt Lippert. „Diese Anlaufkurve hat eine Zeit lang gedauert, aber jetzt sehen wir viele reale Use-Cases und wir brauchen uns als Land nicht verstecken.“

Spar, Strabag, Uniqa: Use-Cases aus der österreichischen Wirtschaft

Lippert nennt etwa den Lebensmittelhändler Spar, der mithilfe von KI sein Obst- und Gemüsesortiment auf Basis von Kaufverhalten, Wetterdaten und Rabatten punktgenau steuert. Weniger Verschwendung, bessere Lieferkette: “Lieferkettenoptimierung ist ein Purpose-Driven-Use-Case, der international sehr viel Aufmerksamkeit bekommt und der sich übrigens über alle Branchen repliziert”, erläutert die Microsoft-Expertin.

Auch die Baubranche hat Anwendungsfälle vorzuweisen: Bei Strabag wird mittels KI die Risikobewertung von Baustellen verbessert, indem historische Daten zum Bauträger, zu Lieferanten und zum Bauteam analysiert werden.

Im Versicherungsbereich hat die UNIQA mithilfe eines KI-basierten „Tarif-Bots“ den Zeitaufwand für Tarifauskünfte um 50 Prozent reduziert, was die Mitarbeiter:innen von repetitiven Tätigkeiten entlastet und ihnen mehr Spielraum für sinnstiftende Tätigkeiten lässt.

Nicht immer geht es aber um Effizienzsteigerung. Ein KI-Projekt einer anderen Art wurde kürzlich bei der jüngsten Microsoft-Konferenz Ignite präsentiert: Der Hera Space Companion (brutkasten berichtete). Gemeinsam mit der ESA, Terra Mater und dem österreichischen Startup Impact.ai wurde ein digitaler Space Companion entwickelt, mit dem sich Nutzer in Echtzeit über Weltraummissionen austauschen können. „Das macht Wissenschaft zum ersten Mal wirklich greifbar“, sagt Lippert. „Meine Kinder haben am Wochenende die Planeten im Gespräch mit dem Space Companion gelernt.“

Herausforderungen: Infrastruktur, Daten und Sicherheit

Auch wenn die genannten Use Cases Erfolgsbeispiele zeigen, sind Unternehmen, die KI einsetzen wollen, klarerweise auch mit Herausforderungen konfrontiert. Diese unterscheiden sich je nachdem, wie weit die „KI-Maturität“ der Unternehmen fortgeschritten sei, erläutert Lippert. Für jene, die schon Use-.Cases erprobt haben, gehe es nun um den großflächigen Rollout. Dabei offenbaren sich klassische Herausforderungen: „Integration in Legacy-Systeme, Datenstrategie, Datenarchitektur, Sicherheit – all das darf man nicht unterschätzen“, sagt Lippert.

“Eine große Herausforderung für Unternehmen ist auch die Frage: Wer sind wir überhaupt?”, ergänzt Steirer. Unternehmen müssten sich fragen, ob sie eine KI-Firma seien, ein Software-Entwicklungsunternehmen oder ein reines Fachunternehmen. Daran anschließend ergeben sich dann Folgefragen: „Muss ich selbst KI-Modelle trainieren oder kann ich auf bestehende Plattformen aufsetzen? Was ist meine langfristige Strategie?“ Er sieht in dieser Phase den Übergang von kleinen Experimenten über breite Implementierung bis hin zur Institutionalisierung von KI im Unternehmen.

Langfristiges Potenzial heben

Langfristig stehen die Zeichen stehen auf Wachstum, sind sich Lippert und Steirer einig. „Wir überschätzen oft den kurzfristigen Impact und unterschätzen den langfristigen“, sagt die Microsoft-Expertin. Sie verweist auf eine im Juni präsentierte Studie, wonach KI-gestützte Ökosysteme das Bruttoinlandsprodukt Österreichs deutlich steigern könnten – und zwar um etwa 18 Prozent (brutkasten berichtete). „Das wäre wie ein zehntes Bundesland, nach Wien wäre es dann das wirtschaftsstärkste“, so Lippert. „Wir müssen uns klar machen, dass KI eine Allzwecktechnologie wie Elektrizität oder das Internet ist.“

Auch Steirer ist überzeugt, dass sich für heimische Unternehmen massive Chancen eröffnen: “Ich glaube auch, dass wir einfach massiv unterschätzen, was das für einen langfristigen Impact haben wird”. Der Appell des Nagarro-Experten: „Es geht jetzt wirklich darum, nicht mehr zuzuwarten, sondern sich mit KI auseinanderzusetzen, umzusetzen und Wert zu stiften.“


Folge nachsehen: No Hype KI – wo stehen wir nach zwei Jahren ChatGPT?


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