17.02.2023

MIT-Studie: Autonomes Fahren könnte Klimakrise anheizen

Die weltweite Einführung von selbstfahrenden Autos würde aufgrund der hohen Rechenleistung einen zusätzlichen Treibhausgasausstoß von 0,14 Gigatonnen pro Jahr nach sich ziehen. Das ist so viel, wie Argentinien jährlich verursacht.
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(c) Adobestock / xb100

Arbeiten, Fernsehen oder Lesen waren in der Vergangenheit während einer Autofahrt für Fahrer:innen keine Option. Mittlerweile ist das keine Utopie mehr, denn beim autonomen Fahren übernimmt ein Autopilot die Steuerung und schafft Zeitressourcen für andere Tätigkeiten.

Doch dieser technische Fortschritt hat einen Preis, wie Wissenschafter:innen des Massachusetts Institute of Technology (MIT) in einer kürzlich erschienenen Studie festhalten.

Eine Milliarde autonom fahrende Autos würden so viele Emissionen wie Argentinien verursachen

In der Vergangenheit bekam das autonome Fahren viel Aufmerksamkeit, vor allem wenn es um Sicherheitsaspekte ging. Dem durch autonom fahrende Autos verursachten Treibhausgas-Ausstoß schenkte man eher weniger Beachtung, zumindest bis jetzt. Forscher:innen des MIT führten mit Hilfe einer auf Wahrscheinlichkeit basierenden Modellierung eine Studie durch, die den Energieverbrauch von autonomem Fahren genauer unter die Lupe nimmt.

Das Ergebnis lautet: Würden eine Milliarde autonom fahrende Autos auf den Straßen der Welt für eine Stunde pro Tag fahren, entspräche das dem Energieverbrauch aller Rechenzentren weltweit. Das sind 0,14 Gigatonnen Treibhausgasemissionen pro Jahr und so viel, wie Argentinien jährlich verursacht und entspricht 0,3 Prozent der globalen Emissionen.

Autonomes Fahren müsste effizienter werden

Die Wissenschafter:innen mussten in ihren Modellen von Hardware und Software ausgehen, die es derzeit noch nicht gibt. Dafür nutzten sie einen Algorithmus, der unter dem Namen “deep neural network” bekannt ist und sehr viel Computerleistung nutzt. “Autonom fahrende Autos haben einen 360-Grad-Blick auf die Welt. Während wir also zwei Augen haben, haben die Autos vielleicht 20 Augen, die überall hinschauen und versuchen, alle Dinge zu verstehen, die gleichzeitig passieren”, sagt Karaman, der an der Studie mitgearbeitet hat.

Das Modell berücksichtigt außerdem nur die Rechenleistung, nicht aber den Energieverbrauch der Fahrzeugsensoren oder die bei der Herstellung entstehenden Emissionen. Damit die Emissionen nicht außer Kontrolle geraten, müsste das autonome Fahrzeug weniger als 1,2 Kilowatt an Energie für die Datenverarbeitung verbrauchen. Damit dies möglich ist, müsste die Computerhardware wesentlich schneller effizienter werden. Die Effizienz müsste sich etwa alle 1,1 Jahre verdoppeln. In Zukunft könnten die Algorithmen zwar effizienter werden und weniger Rechenleistung benötigen. Das könnte aber Auswirkungen auf die Sicherheit haben.

Autonomes Fahren könnte ein Klimaproblem werden

“Wenn wir den Trend zur Kohlendioxid-Reduzierung und die derzeitige Geschwindigkeit der Verbesserung der Hardware-Effizienz beibehalten, scheint es nicht genug zu sein, um die Emissionen von Rechnern in autonomen Fahrzeugen einzuschränken. Dies hat das Potenzial, ein enormes Problem zu werden”, erklärt Soumya Sudhakar, eine der Autor:innen.

Ob diese Rechnung aufgeht, ist aber mit viel Unsicherheit behaftet. Denn manche Untersuchungen deuten darauf hin, dass beispielsweise die Fahrzeit stark zunehmen könnte. Dahinter steckt ein Effizienz-Dilemma und das sogenannte Jevons Paradoxon: Im Jahre 1865 publizierte der Brite William Stanley Jevons ein Buch namens “The Coal Question”. Seine These: Durch die Verbesserungen im Kohlebergbau sinke der Preis und führe zu einer erhöhten Nachfrage und Produktion von Kohle, was massive Auswirkungen auf die Wirtschaft hätte.

In Bezug auf das autonome Fahren könnte ein Effizienzgewinn also auch zu noch mehr Emissionen führen, zum Beispiel weil durch den Komfortgewinn weiter oder mehr gereist wird. Das würde den Treibhausgasausstoß erhöhen und ist ein Trend, der nicht unwahrscheinlich ist. Eine Studie hat ergeben, dass Tesla Besitzer:innen mit Autopilot rund 5.000 Meilen mehr pro Jahr gefahren sind, als jene ohne Autopilot.

Emissionen müssen berücksichtigt werden

Fahrzeiten könnten sich aber auch verkürzen, zum Beispiel wenn Algorithmen Routen finden, die die Insassen schneller an ihr Ziel bringen oder Sharing Modelle genutzt werden. Laut den Autor:innen sei es nicht Sinn und Zweck der Studie, autonom fahrende Autos zu verteufeln, sondern auf die Emissionen in Bezug auf autonomes Fahren aufmerksam zu machen. “Wir hoffen, dass die Menschen die Emissionen und die Kohlenstoffeffizienz als wichtige Messgrößen bei ihren Entwürfen berücksichtigen werden. Der Energieverbrauch eines autonomen Fahrzeugs ist wirklich entscheidend, nicht nur für die Verlängerung der Batterielebensdauer, sondern auch für die Nachhaltigkeit”, sagt Sze, eine weitere Autorin der Studie.

Die durch autonomes Fahren verursachten Emissionen haben also einen nicht zu vernachlässigenden Einfluss auf das Klima. “Aber wenn wir einen Schritt voraus sind, könnten wir effizientere autonome Fahrzeuge entwerfen, die von Anfang an einen geringeren Kohlenstoff-Fußabdruck haben”, sagt Erstautor Soumya Sudhakar.

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v.l. Georg Kopetz, Co-Founder und CEO von TTTech, sowie Lars Reger, Chief Technology Officer bei NXP | (c) NXP Semiconductors und Robert Fritz

Im Jahr 2022 sorgte TTTech mit einem Investment von 250 Millionen Euro durch Audi und Aptiv für Aufsehen und erreichte damit Unicorn-Status (brutkasten berichtete). Nun macht das Wiener Technologieunternehmen erneut Schlagzeilen: Der niederländische Chiphersteller NXP hat eine verbindliche Vereinbarung zum Erwerb von 100 Prozent der Aktien von TTTech Auto abgeschlossen, einschließlich des 35,8-prozentigen Anteils von TTTech. “Die All-Cash Transaktion wird mit 625 Millionen US-Dollar bewertet”, wie es in einer Aussendung am Dienstag heißt.

TTTech Auto wurde 2018 ausgegründet

Nach einer Entwicklungsphase zusammen mit dem Gründungsgesellschafter Audi wurde TTTech Auto 2018 als Automobiltechnologieunternehmen ausgegründet. Infineon, Samsung und Aptiv kamen als Gesellschafter hinzu, während TTTech Kernaktionär des Unternehmens blieb. 

Die Akquisition durch NXP soll nun eine nahtlose Integration der weltweit anerkannten Sicherheitssoftware-Expertise von TTTech Auto (MotionWise) in die sogenannte “NXP CoreRide Plattform von NXP” ermöglichen, wie es vom Wiener Unternehmen heißt. Zur Einordnung: NXP ist in über 30 Ländern vertreten und erzielte 2023 einen Umsatz von 13,28 Milliarden US-Dollar. NXP zählt somit zu den größten Chipherstellern für Autos.

“NXP und TTTech teilen die Vision, sichere und zuverlässige Systeme anzubieten. Dieser Schritt wird großartige neue Möglichkeiten eröffnen, den Übergang zu softwaredefinierten Fahrzeugen in der Automobilindustrie zu beschleunigen, und wir machen nun einen entscheidenden Schritt, der unsere Technologieführerschaft und unsere Ingenieursressourcen in Europa weiter stärken wird“ so Lars Reger, Chief Technology Officer bei NXP.

Kapital soll reinvestiert werden

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