24.05.2016

Milliardär Barghava am Pioneers Festival: „Experten sind Wächter der Vergangenheit“

Die Räume der Wiener Hofburg, einst Sitz der feudalen Gesellschaft, sind seit gestern Schauplatz der Zukunft. Ebendort findet das bereits fünfte Pioneers Festival statt.
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(c) Pioneers

Bis auf den Ort, also die Wiener Hofburg selbst, erinnert allerdings wenig an die Vergangenheit. Vielmehr werden die rund dreitausend Besucher des Startup-Festivals dazu ermutigt, ihre Ideen Wirklichkeit werden zu lassen und zu gründen. Aber nicht nur das junge Unternehmertun ist in der Wiener Hofburg, auch etablierte Unternehmen halten hier nach neuen Ideen Ausschau – oder möchten sich zumindest innovativ präsentieren.

Who-is-who der Unternehmerszene

Fürwahr trifft man hier nicht nur das who-is-who der Unternehmer-Szene, sondern wird von den Erfolgsgeschichten inspiriert. Der Netzwerk Aspekt steht dabei auch dieses Jahr im Fokus des Events, bei dem erstmals von den Startups selbst keine Tickets gekauft werden konnten. Fünfhundert Unternehmen wurden im Vorfeld ausgewählt und eingeladen. Das Pioneers Festival möchte es eben vielen Startups in Österreich gleich tun und ebenfalls international agieren. Teilnehmer mussten sich dieses Jahr erstmals um die Tickets bewerben.

Beim Pioneers Festival kann es passieren, dass man Business Angel Hansi Hansmann über den Weg läuft. Wenn ihm nicht gerade eine Idee gepitcht wird, hat er ein offenes Ohr für Startup-Anliegen der Entrepreneure. Aber auch Palantir-Gründer und Mitarbeiter erster Reihe bei PayPal, Joe Londsdale, war vor Ort. Mit dem Brutkasten sprach er über Ideen, Mindset und das Silicon Valley (Mehr bald auf www.derbrutkasten.com).

Fliegen, während man trainiert

Eines der ausgewählten Startups ist Icaros, das körperliches Training mit virtuellem Flugerlebnis kombiniert. „Active VR“ nennt Johannes Scholl das „Icaros“-Gerät, das Sport und Gaming ganz neu kombiniert. Drei Mal war er dieses Mal bereits in den USA, wo er sich auf die Suche nach Investoren für weitere Produkte begeben hat. Das ist auch der Grund, weshalb das Unternehmen mit Sitz in München, nun am Festival in Wien ist – „und natürlich zum Netzwerken“.

Tipp von Milliardär Manoj Bhargava:  „Experten vertreten den Status-quo, sie sind die Wächter der Vergangenheit“

It’s a match

Auch Andreas Tschas, Initiator der Veranstaltung, stellt die „Knüpfung von wertstiftenden Beziehungen“ in den Vordergund. Tatsächlich trifft am Pioneers Konzerndenken auf flexible Startups. Beide erhoffen sich etwas von dieser Liaison und sollen voneinander profitieren, das funktioniert, „wenn man einander zuhört und die Motivationen des anderen versteht“, meint auch Paul Chaplin, Manager im Business Innovation Center von Konica Minolta. „Es geht darum, herauszufinden, wie man am besten miteinander arbeitet, sich entgegenzukommen.“ Es wird allerdings auch klar, dass die Konzerne in Zeiten der Digitalisierung den frischen Wind der jungen Innovativen brauchen. Startup-Programme und Innovation-Labs sind hier auf der Suche nach kreativen Köpfen. Auf der Suche nach Ideen, die Probleme der Zukunft lösen sollen.

Erfolgsgeheimnis von Millionär Manoj Bhargava

„Wir haben eine Pflicht jenen zu helfen, die weniger haben“, meint auch der indisch-amerikanische Milliardär Manoj Bhargava, Gründer der Firma Living Essentials. Er stellt auf der Bühne „Free Electric“ vor, ein System, das einem Fahrrad ähnelt und Strom erzeugt. Daneben befindet sich auch „Rain Maker“ im Portfolio von Living Essentials. Das Produkt kann verschmutztes oder salziges Wasser in Trinkwasser umwandeln.

Er begrüße die wenigen Initiativen, die Internet in unterentwickelte Regionen bringen würden, allerdings fehle es dann immer noch an Strom, um es tatsächlich zu nützen – dem möchte „Living Essentials“ entgegen wirken. Bevor man ein Business startet, solle man sich übrigens fragen, wie nützlich die Erfindung ist. „Ich frage mich immer, ob ich es selbst brauche“, meint Manoj, der eine Gemeinsamkeit aller erfolgreichen Gründern festgestellt habe: „Wir jagen nicht dem Geld hinterher, sondern der Arbeit. Wir lieben unseren Job“. Noch einen Tipp hat er für Entrepreneure parat: Man solle keinesfalls auf den Rat von Experten setzen. „Experten vertreten den Status-quo, sie sind die Wächter der Vergangenheit“

„Wir jagen nicht dem Geld hinterher, sondern der Arbeit. Wir lieben unseren Job“, Unternehmer Manoj Bhargava.

Riesen Zuspruch aus dem Publikum war auch The Ocean Cleanup-Gründer Boyan Slat sicher. Der 21-Jährige Unternehmer sammelt schädlichen Plastikmüll ein. Während herkömmliche Systeme darauf abzielen, Müll zu reduzieren, möchte er die natürlichen Meeresströmungen ausnutzen und das umweltschädliche Material einsammeln. Mit 17-Jahren hat er angefangen, an seiner Idee zu arbeiten, seitdem sei Slat bewusst geworden, wie viel größer das Müll-Problem weltweit ist.

„Mit der Menge an Plastik, die im Ozean ist, kannst du zweimal die Strecke zum Mond und zurück bauen“, Boyan Slat.

Müll-Problem betrifft jeden

„Mit der Menge an Plastik, die im Ozean ist, kannst du zweimal die Strecke zum Mond und zurück bauen“, warnt der erfolgreiche Jungunternehmer. Die Plastikindustrie stelle sich nicht entgegen, unterstütze ihn aber auch nicht.

Wer von den vielen Ideen angesteckt wird und selbst durchstarten möchte, muss aber vor allem selbst aktiv werden. Auch am Pioneers Festival gilt – wie überall sonst – schenken tut einem niemand etwas. Die vielen durchgeplanten Panels und Meetings verlangen einem viel ab. Wer sich gut vorbereitet hat, ist klar im Vorteil. Gerade auch beim Netzwerken.

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Grow geht in die vierte Runde: am Bild Jakob Detering und Harald Breit
Jakob Detering und Harald Breit | (c) Impact Hub/Zeman Photography / Deloitte/feelimage

Bereits zum vierten Mal unterstützt das Beratungsunternehmen Deloitte gemeinsam mit dem Impact Hub heimische Startups mit Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit bei der Weiterentwicklung ihrer Geschäftsideen.

Nach einer Bewerbungsphase stehen die sechs Finalist:innen von „Grow“ nun fest. Sie starten jetzt in einen halbjährigen Inkubationsprozess. Auf die besten zwei Jungunternehmen warten im Juni 2025 insgesamt EUR 15.000,- Preisgeld sowie 100 Pro-Bono-Beratungsstunden von Deloitte.

Grow: Das sind die Finalist:innen

“Im Rahmen von Grow fördern wir schon seit Jahren Jungunternehmer:innen mit nachhaltigen und sozialen Geschäftsideen. Wir waren stets begeistert vom Pionier- und Innovationsgeist der jungen Menschen. Auch heuer sind zahlreiche vielversprechende Ideen dabei. Wir freuen uns, die sechs ausgewählten Teams in den kommenden Monaten zu begleiten”, erklärt Harald Breit, CEO von Deloitte Österreich.

Sonnig

Zu den diesjährigen Finalist:innen zählt das Startup SonnigDie App ermöglicht es Unternehmen, ihren Mitarbeitenden erneuerbare Energie, als Corporate-Benefit zur Verfügung zu stellen. Damit soll auf beiden Seiten Kosten gespart und gleichzeitig die Energiewende vorangetrieben werden.

Les Ensembles

Das KI-Startup Les Ensembles fokussiert auf den nachhaltigen Gebrauch von Kleidung. Die KI-App erstellt ihren Nutzer:innen individualisierte Outfit-Vorschläge und verhindert so, dass bereits gekaufte Kleidung aus dem eigenen Schrank frühzeitig im Müll landet. Zudem verbindet sie Anwender:innen mit umweltfreundlichen Marken und Secondhand-Labels.

STURC

Das Startup STURC stellt Holzplatten aus Kaffeeabfällen her. Die ressourcenschonende und nachhaltige MDF-Alternative(Anm.: mitteldichte Holzfaserplatte) ermöglicht es Holzplatten-Produzenten, Möbel-Giganten und Instantkaffee-Herstellern Kosten zu sparen und die Kreislaufwirtschaft zu fördern. 

CELLOgics

CELLogics möchte mit „TranSphere“ künftig eine kosteneffiziente, nachhaltige und verschlankte Lösung für den weltweiten Versand von Zellproben anbieten. Voluminöse Verpackungen, die gekühlt werden müssen, sollen damit abgelöst werden. 

Social Cooling

Ebenfalls im „Grow“-Finale steht das Jungunternehmen Social Cooling, das mit „TerraBreeze“ eine umweltfreundliche „Plug-and-Play“-Klimaanlage erschaffen hat, die 40 Prozent weniger Strom verbraucht als herkömmliche Geräte. Ihre Zielgruppe sind vor allem Büros und öffentliche Räume. 

Smiling Food

Das Startup Smiling Food arbeitet an der Marktreife des ersten Baukastensystems für Zuckeralternativen. Mithilfe von Datenwissenschaft, Prozessinnovation und Anwendungstechnologie sei es gelungen, die Eigenschaften von Zucker 1:1 nachzubauen.

So geht es jetzt weiter

Auf die sechs Startups warten nun arbeitsintensive Wochen, in denen die Businesspläne weiterentwickelt und geschäftstauglich gemacht werden sollen. “Wir freuen uns sehr darauf, den Jungunternehmer:innen in dieser wichtigen Zeit mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Wir sind überzeugt, dass ihre Ideen künftig eine wichtige Basis für eine grünere Zukunft sein werden”, so Jakob Detering, Geschäftsführer des Impact Hub Vienna.
 
Nach dem Acceleration-Programm pitchen die Finalist:innen ihre Konzepte vor einer externen Jury, die am Ende die beiden Gewinner-Teams kürt.
 

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