29.07.2021

Megatrend “Q Commerce”: Storebox holt sich 52 Mio. Euro bei Investoren

Schnelle Lieferungen in Städten lassen das Geschäft von Storebox boomen. Das Netzwerk soll auf 2.500 Standorte wachsen.
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Die Storebox-Gründer © Storebox
Die Storebox-Gründer © Storebox

“Mit 120 Standorten sind wir das größte urbane Filial-Netzwerk für Click-and-Collect im DACH-Raum”, sagt Storebox-Co-Founder Johannes Braith. Das Wiener Storage-Startup hat sich zu einem Logistik-Scaleup weiterentwickelt und lässt mit einer großen Finanzierungsrunde aufhorchen: 52 Millionen Euro haben Investoren in das Wiener Unternehmen gesteckt – die bisher viertgrößte Finanzierung eines österreichischen Startups in 2021 nach GoStudent (205 Mio. Euro), Bitpanda (141 Mio. Euro) und nochmals GoStudent (70 Mio. Euro).

Asset-Based-Financing

Die Series B wurde von Activum SG, APIC Investments, Attila Balogh, Kineo Finance, n3K Holding (D), Romulus (Hansi Hansmann), Senger-Weiss, Wicklow Capital (USA) and Wille Finance (CH) gestemmt. Neu an Bord ist mit Senger-Weiss unter anderem das Family-Office der Großspedition Gebrüder Weiss – wie Braith im Gespräch mit dem brutkasten betont, auch strategisch ein wichtiger Schritt. Storebox hat bei der Runde nicht auf einen reinen Equity-Deal gesetzt, sondern mit Asset-Based-Financing kombiniert, wie Braith erklärt. Bei diesem Modell, das nur bei Startups mit Hardware-Assets möglich ist, ist ein Teil des Investments Fremdkapital, für das Zinsen fällig werden. “Das ist ein cooles Instrument, weil wir dadurch weniger verwässern”, so Braith.

Von 120 auf 2.500 Storebox-Filialen

Mit dem frischen Kapital will Storebox das Filialnetzwerk weiter ausbauen. Aus den derzeit 130 Standorten sollen bis 2025 2.500 werden. “Derzeit ist es sehr leicht, neue Standorte zu finden, da die Leerstandsquoten bei Gewerbeimmobilien gerade sehr hoch sind”, erklärt Braith. Neue Filialen erschließt Storebox als Mieter. Die Filialen werden dann umgebaut und technisch ausgestattet. Der gesamte Prozess wird zentral aus den zwei Büros in Wien und Berlin gesteuert – oder über Franchise-Partner. Mehr als 120 Franchise-Lizenzen habe man bereits vergeben – Storebox verdient dann 10 Prozent des Revenues dieser Standorte. “Dadurch können wir schneller wachsen”, so Braith, der das Unternehmen gemeinsam mit Ferdinand Dietrich (CCO) und Christoph Sandraschitz (CTO) gegründet hat.


Am 29. Juli um 20:15 Uhr spricht Storebox-Co-Founder im brutkasten-Livestream über das Investment und aktuelle Logistik-Trends. Tune in auf brutkasten.com, YouTube oder Facebook!


Vom Lagerraum zu “Q Commerce”

Ursprünglich war Storebox vor allem Lagerraum, beispielsweise für Menschen, deren Keller zu klein ist. Getrieben von der Pandemie hat sich das Geschäftsmodell aber vor allem auf Logistik in urbanen Räumen verlagert. “Q Commerce”, kurz für “Quick Commerce”, ist der Überbegriff für die vielen Lieferdienste, die unterschiedliche Waren schneller zu Kunden in Städten bringen wollen. Lieferdienste nutzen Storebox etwa als Lager für Liefer-Fahrräder und -Taschen, die dort von Fahrern mit Zugangscode abgeholt und zurück gebracht werden können.

Service-Techniker verwenden Storebox als dezentrales Lager, um schneller an Ersatzteile zu kommen – die Aufzug-Firma Kone setzt genau dafür auf das Lager-Startup. Einer der derzeit spannendsten Use Cases ist laut Braith aber Click and Collect. Ikea bietet das beispielsweise an – noch am selben oder spätestens nächsten Tag können Ikea-Kunden Möbel und Accessoires in einer Storebox der Wahl abholen. Auch DPD-Boten können Storebox nutzen, wenn die erste Zustellung erfolglos war. „Durch den boomenden Online-Handel verzeichnen viele Branchen enorme Wachstumszahlen im Bereich der Zustellung. Die Logistik der letzten Meile wird neue Formen und Strukturen benötigen, um den wachsenden Markttrends gerecht zu werden”, sagt Braith.

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AI Landscape 2024, Wasner, Hochreiter
(c) Stock.Adobe/GamePixel - Die AI Landscape 2024 ist da.

Die Austrian AI Landscape von Clemens Wasner (EnliteAI, AI Austria) zeigt AI-Startups und -Unternehmen aus der heimischen Startup-Szene. Das Branding dazu wurde von Andreas M. Keck, Kopf und Gründer von “beamr. brand consulting studio” pro-bono durchgeführt. Es ist bereits die insgesamt achte Ausgabe der österreichischen KI-Landschaft.

AI Landscape 2024 wird größer als ihre Vorgänger

“Heuer gibt es 70 neue Unternehmen, ein Novum in dieser Größenordnung. Es ist ein internationales Phänomen, denn die Eintrittsbarriere für die Gründung eines KI-Unternehmens ist gesunken. Ein Grund ist, dass viele Basistechnologien als ‘open source’ verfügbar sind und nicht mehr von Grund auf selbst entwickelt werden müssen”, erklärt Wasner die gestiegene Anzahl an KI-Unternehmen in Österreich.

Besonders im Bereich “Corporate Early Adopters” zeigt sich eine starke Steigerung. “Unternehmen, die teilweise 100 Jahre alt sind, haben eigene AI-Business-Units aufgebaut, eigene Teams zusammengestellt und sind Joint Ventures eingegangen. AI ist schlussendlich in der Realwirtschaft angekommen”, so der AI-Experte weiter.

Die AI Landscape Austria 2024

(c) EnliteAI, AI Austria, Andreas M. Keck (beamr) – Die gesamte Austrian AI Landscape.

Cybersecurity-Bereich steigt

Allgemein ist festzustellen, dass sich – entgegen der letzten Jahre – mehr Firmen mit “Cybersecurity & Defence” beschäftigen. Die Gründe dafür sind, dass es einerseits, wie erwähnt, mehr Open-Source-Modelle gibt, auf die man zurückgreifen kann, ohne selbst Basis-Modelle entwickeln zu müssen. Andererseits hat der Ukraine-Krieg ein Bewusstsein für diese Branche geschaffen.

Die EU hat etwa am 15. März 2024 das Arbeitsprogramm für den European Defence Fund veröffentlicht. Die offizielle Ausschreibung wurde am 20. Juni geöffnet, eine Einreichung war bis zum 5. November 2024 möglich. Diese Ausschreibung war mit 1,1 Milliarden Euro dotiert, wovon 40 Millionen Euro für disruptive Technologien und 67 Millionen Euro für KMU vorgesehen sind.

AI Landscape: GenAI als Treiber

Einen anderen Faktor für die Steigerung der Anzahl an KI-Firmen in Österreich sieht Wasner darin, dass viele Unternehmen in der Vergangenheit auf Automatisierung gesetzt hätten. Belege erkennen, den E-Mail-Posteingang lesen und ins CRM schieben – das sei mit der eigenen Technologie natürlich limitiert gewesen, durch Generative AI und LLMs (Large Language Models) wären nun sehr viele in diesem Bereich tätig. “Das ist etwas, das weltweit parallel passiert”, so Wasner. “Und Chatbots oder Dashboards beinhaltet.”

Auch bemerkenswert ist, dass im Bereich “Life Science” mittlerweile 30 Unternehmen aus Österreich vertreten sind. Für den KI-Experten “wenig verwunderlich”, da es hierzulande mit LISAvienna, INITS und mit dem Science Park Graz gleich drei Ökosysteme gibt, die in diesem Feld “Firmen produzieren”.

Zudem ist der Proptech-Bereich auffällig stark geworden, was wiederum an der Nutzung von LLMs liegt, zum Beispiel wenn es um die Auswertung von Dokumenten rund um Bauprojekte geht. Überall dort, wo man auf unstrukturierte Daten treffe – Baupläne, etc. – sei nun GenAI vermehrt einsatzbar und das ganze Proptech-Feld gehe “durch die Decke”. Insgesamt, so Wasner, gebe es heuer einfach mehrere große Themenfelder in der heimischen AI Landscape.

Beachtlich sei zudem, dass in der KI-Branche wenig Firmen pleite gegangen sind. “Dieses Jahr habe ich im Vergleich zum Vorjahr nur drei, vier Firmen herunternehmen müssen”, sagt er. “Davor waren es rund 30.”

Doch der KI-Experte warnt vor zu großer Euphorie. Er sieht den Moment jetzt als “Ruhe vor dem Sturm” und erwartet eine Konsolidierungswelle für das kommende Jahr. In diesem Sinne prognostiziert er einen Akquise-Trend, der uns bevorsteht. Größere Firmen würden, so seine Einschätzung, Unternehmen aus der Sparte “Operations & Search” aufkaufen, weil sich deren Angebot als replizierbares Business für Dienstleister auszeichne (Knowledge-Management, Bots, Suche mit LLMs).

Mehr Deregulierung, aber…

Was den europäischen Standort betrifft, wünscht sich Wasner mehr Deregulierung, allerdings nicht unbedingt auf der KI-Seite, wie er sagt. Europas KI-Problem liege vor allem im Umstand begründet, dass es hier schwieriger sei, zu gründen bzw. etwa Mitarbeiterbeteiligungen schwerer zu implementieren wären. “In Europa gibt es 27 Rechtsformen bei der Unternehmensgründung, das ist einfach nicht ‘investible'”, sagt er. Auch seien die Finanzierungen zu gering, vor allem dann, wenn man eine KI-Foundation baue. Mistral aus Frankreich wäre da der einzige Ausreißer, was europäische Top-KI-Firmen betreffe.

Als zweiten Punkt nennt Wasner, dass sich die “Compute-Infrastruktur” als zu klein für den europäischen Raum zeige und es von der EU-Seite Investitionen von mindestens 20 Milliarden Euro – wenn nicht mehr – bräuchte, um im KI-Konzert der Großen eine Chance zu haben. Der dritte und letzte Faktor, den Wasner in Sachen Wettbewerbsfähigkeit erwähnt, ist, auf “skilled immigration” zu setzen, um die besten Talente ins Land zu holen, wie er sagt: “Das allerdings geht nur, wenn man die ersten beiden Punkte löst.”

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