22.04.2024
INVESTEMENT

Mazing: Wiener AR-Startup holt sechsstelliges Investment aus Kalifornien

Nach über drei Jahren Wachstum aus eigenen Mitteln vermeldet die Mazing GmbH nun ein sechsstelliges Investment. Das österreichische Startup gilt als Hidden Champion im Bereich Augmented Reality (AR) in Europa und flog lange Zeit unter dem Radar. Mit Kunden wie OTTO, Toshiba, Spar und der Telekom sowie frischem Geld aus Kalifornien möchte man weiter wachsen.
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Mazing
(c) Mazing - (v.l.) Marco Messner (COO), Stefan Sprenger (CTO) und Manuel Messner (CEO).

Die bisherige Unternehmensgeschichte von Mazing ist eher Startup-untypisch verlaufen. So arbeiteten die Gründer Manuel Messner (CEO), Stefan Sprenger (CTO) und Marco Messner (COO) seit der Gründung 2021 bis heute ausschließlich mit eigenem Geld sowie dem operativen Cashflow.

Mazing: „Uns fehlte anfangs das Geld“

„Uns fehlte anfangs sogar das Geld für einen eigenen Messestand. Also sind wir hingefahren und haben die Messestände selbst abgeklappert. Neben unzähligen ‚Neins‘ gab es dann eben auch mal ein ‚Ja‘, erzählt Messner: „Aber es war schon sehr hart, gerade wenn du Mitarbeiter auch mal wieder entlassen musst.“

Eines der ‚Ja‘ kam schlussendlich von einem Kunden. Modus Furniture ist ein globaler Möbelhersteller mit Sitz in Los Angeles. Dieser ist nun als Investor mit einem sechstelligen Betrag eingestiegen.

Fokus auf Kundenakquise

Mazing hatte nach eigenen Angaben immer den Fokus auf Kundenakquise gelegt statt auf Investoren. „Wenn das Produkt überragend ist, kommen Interessenten von allein“, so Messner weiter. Modus Furniture gab im Zuge des Investments an, dass es ein vergleichbares Produkt auf dem Markt nicht gebe und man über die eigene Branche hinaus gleich riesiges Potenzial erkannt hätte.

Zur Erklärung: Mit der Software von Mazing können Unternehmen ihre Produkte im virtuellen Raum darstellen. Möglich wird dies per webbasiertem Augmented Reality, ganz ohne App. Das AR-Startup liefert dabei die Erstellung der 3D-Modelle sowie die Software zur Einbettung aus einer Hand.

Zu den beliebtesten Anwendungen gehören interaktive 3D-Produkte für Onlineshops, welche die Conversionrate massiv steigern und gleichzeitig die Rücksendequote senken sollen. Damit trägt das junge Unternehmen maßgeblich zur Reduzierung der Emissionen beim Online-Kauf und der Wegwerfgesellschaft bei, wie es laut Aussendung heißt.

Mazing mit Skalierungsplänen

Das Startup, mit einem aktuell zehnköpfigem Team, möchte so „das Einkaufserlebnis der Zukunft“ mitgestalten. Konkret bedeutet das: den Kamin vor dem Kauf zu Hause zu „testen“, Sonnenbrillen vor dem Kauf im eigenen Gesicht zu sehen oder neue Möbelstücke in die eigene Wohnung zu platzieren.

Mit dem frischen Geld wollen die Gründer vor allem global wachsen. Im DACH-Raum sei man bereits der größte Anbieter für webbasiertes AR bei Betrachtung der Kundenlizenzen-Anzahl. Nun wolle man jedoch weltweit stärker skalieren und dafür auch ordentlich Geld einsetzen.

CTO Stefan Sprenger sieht Europa als potenziell großen Player beim Thema AR. Dabei sagt er massive Umwälzungen voraus, die Lösungen am heimischen Markt einfordern: „Die USA ist uns in den meisten AR-Anwendungen voraus. Für unsere Nische glauben wir, dass niemand mehr in zehn Jahren in einem Onlineshop einkaufen möchte, der keine AR-Vorschau auf Produkte anbietet“.

„Auch aus Österreich zum Weltmarktführer“

Mit Mazing möchte man deshalb zeigen, dass auch aus Österreich Nischenlösungen zum Weltmarktführer werden können und nicht alle AR-Startups in den USA gegründet werden. Gegenüber der Konkurrenz platziert sich Mazing daher als Mix aus Agentur und SaaS-Unternehmen. Dafür gehe man auch auf individuelle Kundenwünsche ein, die spezielle Branchen benötigen.

„Einfach nur ein 3D-Modell anzubieten, bringt nichts. Es muss mit Farbechtheit, Auflösung und Materialstruktur genauso gut aussehen wie das echte Produkt“, erklärt Sprenger, der Salzburger CTO des Unternehmens. Es könne sogar kontraproduktiv sein, wenn ein Produkt in AR letztlich anders oder schlechter aussieht.

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Grazer Startup Barometer 2020 2021
(c) AdobeStock

Seit 2014 fängt die Umfrage, die momentan von Ideentriebwerk, Zentrum für Entrepreneurship der Universität Graz, Unicorn Startup & Innovation Hub und Gründungsgarage umgesetzt wird, ein aktuelles Bild der Stimmungslage in der Grazer Startup-Szene ein. Laut dem Grazer Startup Barometer hat sich die Lage 2025 deutlich verschlechtert.

Startup Barometer: Finanzierungswert auf schlechtestem Stand seit 2016

Die Bewertung des Standorts sinkt deutlich und erreicht mit 4,97 von 7 möglichen Punkten den tiefsten Wert seit 2017. Damit verliert Graz einen halben Punkt im Vergleich zu den Vorjahren. Besonders deutlich zeigt sich der Rückgang der Bewertung beim Förderungsangebot: Die Bewertung dieses Standortfaktors sinkt von 4,92 auf 4,29 von 7 Punkten.

Gleichzeitig gibt es aber auch positive Entwicklungen. Das Potenzial an qualifizierten Fachkräften wird 2025 so gut bewertet wie nie zuvor – mit 5,17 Punkten erreicht dieser Faktor den höchsten Wert seit Beginn der Erhebungen. Weitere Standortfaktoren wie das Beratungsangebot (5,25) und die Startup-Events (5,23) bleiben stabil auf hohem Niveau und werden weiterhin als große Stärken des Standorts wahrgenommen. Die Vernetzungsmöglichkeiten schneiden indes etwas schlechter ab als im Vorjahr (5,16), die Bewertung der Büro-Infrastruktur (5,07) bleibt in etwa stabil.

Allerdings: Nirgendwo ist der Einbruch sichtbarer als bei der Finanzierungssituation. Mit 3,47 von 7 Punkten fällt sie auf den schlechtesten Wert seit 2016. Zum Vergleich: In den Jahren 2023 und 2024 lagen die Bewertungen mit jeweils knapp über 4 Punkten noch auf höherem Niveau.

Mehr als jedes zweite befragte Startup (57 Prozent) hat bisher keine externe Finanzierung erhalten. Nur wenig Kapital kommt derzeit von Investor:innen: Lediglich 9 Prozent der Startups gaben an, Unterstützung von Business Angels zu erhalten, und 2 Prozent von Venture-Capital-Unternehmen.

Große Investments Ausnahme

Die geförderte Finanzierung stagniert bei 44 Prozent. Große Investments seien derzeit die Ausnahme: Wenn externe Finanzierung für Startups fließt, dann beträgt die Summe derzeit meist bis zu 50.000 Euro (35 Prozent), 30 Prozent erhalten Finanzierungen bis zu 150.000 Euro. Nur 25 Prozent aller Finanzierungen liegen über 500.000 Euro, davon 5 Prozent über 1 Million Euro.

Auch die Finanzierungshöhe unter den Frühphasen-Startups liegt meist unter 500.000 Euro (92 Prozent), schlechter als noch 2024 (82 Prozent). Der Trend zur Eigenfinanzierung setzt sich daher auch 2025 fort: Grazer Startups greifen vermehrt auf eigene Ersparnisse zurück (78 Prozent) und decken weiterhin ihre Mittel aus dem eigenen Cash-Flow heraus (51 Prozent).

„Die aktuelle Finanzierungslage trifft vor allem Gründer:innen in der Frühphase. Wer heute startet, braucht mehr Geduld, mehr Eigenmittel und ein noch klareres Geschäftsmodell. Das erschwert zwar den Einstieg, kann aber langfristig zu robusteren Unternehmen führen. Dies passiert jedoch nicht zufällig – es muss dafür gezielt in Frühphasenförderung investiert werden“, sagt Matthias Ruhri, Präsident Gründungsgarage.

Growth-Pläne passen sich an

Die Wachstumspläne der Grazer Startups haben sich an die aktuelle Lage angepasst. Für 38 Prozent der Gründer:innen hat langsames und vorsichtiges Wachstum (weniger als 50 Prozent Growth) in den kommenden drei Jahren Vorrang. Nur 25 Prozent trauen sich in den kommenden drei Jahren ein sehr schnelles Wachstum (über 100 Prozent Wachstum) zu.

Das hat auch Auswirkungen auf die Neueinstellungen von Mitarbeiter:innen: 75 Prozent der Startups planen Neueinstellungen in den nächsten zwölf Monaten, jedoch vor allem mit Fokus auf eine Person (29 Prozent), 2 Personen (23 Prozent) oder 3 Personen (17 Prozent).

Startup Barometer: KI als Chance

Eine mögliche Wachstumschance könnte sich jedoch durch Künstliche Intelligenz ergeben. Ein eigener Themenblock beschäftigte sich beim Grazer Startup Barometer 2025 speziell mit diesem Thema: 22 Prozent der befragten Startups bezeichnen sich selbst als „KI-Startup“, 70 Prozent nutzen Generative KI in der täglichen Arbeit. Für 10 Prozent ist KI sogar der Kern des Geschäftsmodells, weitere 6 Prozent haben KI in sämtliche Prozesse integriert. Nur 6 Prozent der Grazer Jungunternehmen nutzen Generative KI (noch) nicht.

Dennoch besitzt Graz der Studie nach auch 2025 Standortvorteile für Gründer:innen: Die Stadt überzeuge vor allem durch starke Universitäten, Hochschulen und Forschungseinrichtungen, die hochqualifizierte Fachkräfte und Innovationskraft sichern würden. Ergänzt werde dies durch ein lebendiges Startup-Ökosystem, zahlreiche Unterstützungsangebote sowie die gute Größe und Infrastruktur der Stadt, die zusammen „einen attraktiven Standort für Startups“ schaffen.

Internationale Sichtbarkeit als Manko

„Wir haben an sich eine gut funktionierende lokale Startup-Umgebung, wobei die Universitäten eine entscheidende Rolle spielen. Wo wir starken Aufholbedarf haben, ist die internationale Sichtbarkeit. Die brauchen wir, um lokale Startups auf ihrem Weg in internationale Märkte zu unterstützen. Sie ist aber auch relevant, um attraktiv für die Ansiedlung von internationalen Teams hier am Standort zu sein. Ein weiterer Punkt ist die engere Verzahnung mit der Industrie. An beiden Themen arbeiten wir hier im Unicorn“, erklärt Bernhard Weber, Geschäftsführer Unicorn Startup & Innovation Hub, Universität Graz.

Und Elisabeth Kaufmann, Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich Entrepreneurship, Universität Graz, ergänzt: „Die Ergebnisse zeigen deutlich: In Graz steckt enorme Innovationskraft – getragen von engagierten Gründer:innen, starken Universitäten und einem lebendigen Ökosystem. Damit diese Innovationspower ihr volles Potenzial entfalten kann, braucht es jedoch ein gemeinsames Innovations-Mindset über Institutionen, Disziplinen und Hierarchien hinweg. Nur wenn alle Akteure in Graz an einem Strang ziehen, können Ideen wirklich auf die Straße gebracht werden.“

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