05.07.2015

Markus Gremmel von BAWAG P.S.K: “Ältere Unternehmen müssen neue Ideen aufgreifen”

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© BAWAG P.S.K.: Der Lovetour-Bus hat Pädagogen an Board, die Jugendlichen das Thema Sexualität näher bringen.

Viele Menschen spenden kleine Beträge, die zusammen einen hohen Betrag ergeben. Das ist das Konzept von www.crowdfunding.at auf der soziale und kreative Projekte mit dem Geld der Masse realisiert werden sollen. Das Konzept hinter der Schwarmfinanzierung sieht dabei vor, dass man als “Dankeschön” eine kleine Aufmerksamkeit erhält, die im Zusammenhang mit dem Projekt steht. Letztes Jahr wurde etwa der Ersatz der heruntergekommenen Sessel des Wiener Volkstheaters durch Crowdfunding finanziert. Eines der Dankeschöns war eine am Sitz angebrachte Plankette mit Namensgravur des Unterstützers. Eine solche hat sich BAWAG P.S.K. Marketingleiter Markus Gremmel gesichert, der gemeinsam mit Claudia Lemlihi stellvertretend für das Team der ES GEHT! Initiative steht.

Crowdfunding ist nämlich nur ein Teilbereich der 2014 gestarteten Initiative ES GEHT!, die Ideen, Zivilcourage und gemeinschaftliches Engagement von Menschen fördert. Übrigens ist die BAWAG P.S.K die erste Bank in Österreich, die eine Crowdfunding Plattform bietet.

“Wir möchten aktiv private Vorhaben und Ideen zu den Themen Arbeit, Wohnen, Bildung, Technologie finden, denen wir mit Networking, Kommunikation und Mentoring zur Seite stehen”, so Claudia Lemlihi, Leiterin der Marketingkommunikation der BAWAG PSK. Die Initiative hilft den Projektstartern dabei, ihr Vorhaben tatsächlich in die Tat umzusetzen. Das ES GEHT!- Team hilft mit Know-How, unterstützt beim Marketing und liefert wichtige Inputs beim Projektaufbau. Ziel ist es, kreativen und sozialen Projekten Raum zu geben und die Möglichkeit, Projekte von Menschen für Menschen zu realisieren. Seit dem Start wurden sechzehn Projekte publiziert und vier Projekte erfolgreich abgeschlossen.

Auf www.es-geht.at kann man aktuell neun Projekte finanziell unterstützen und drei weitere befinden sich bereits in den Startlöchern. Der Brutkasten hat Markus Gremmel, Bereichsleiter Marketing & Produkte und Claudia Lemlihi, Leiterin Marketingkommunikation ein paar Fragen stellen können:

Wieso sollte man ein Projekt über die ES GEHT! Initiative starten?

Markus Gremmel: Es gibt in den Regionen und auch in der Stadt viele Leute, die eine Idee haben, die sie viele Wochen oder sogar Monate mit sich herumtragen. Für die Umsetzung fehlt ihnen aber die richtige Struktur. Diese stellen wir mit Hilfe der ES GEHT! Initiative zur Verfügung. Da geht es um ganz grundsätzliche Dinge, wie das erforderliche generelle Know-How beim Projektstart oder Hilfestellung beim Pitch Dokument. Aber wir unterstützen auch bei essentiellen Erledigungen wie der Erstellung eines Business Plan, mit dem man anschließend loslaufen und um Partner werben kann. Wir stellen aber auch unser breit gefächertes Netzwerk zur Verfügung, damit man das Projekt an die richtigen Leute herantragen kann. Darüber hinaus bieten wir auch technologischen Support wie zum Beispiel www.crowdfunding.at. Das kann je nach Projekt und ES GEHT! Unterstützungslevel eine Möglichkeit sein, um Geld einzusammeln.

Welche Wege gibt es, um die Projekte an ES GEHT! heranzutragen?

Claudia Lemlihi: Es gibt drei Zugänge. Zum einen jene Projekte, die sich frei anmelden über die zentrale Website www.es-geht.at, dann der eher regionale Zugang über unsere Filialen und unsere Bankbetreuer sowie über eben die genannte crowdfundign Plattform. Bei der Schulung der Mitarbeiter in den Filialen in den Regionen, sind den Betreuern oft Kunden eingefallen, mit denen sie bereits über Projekte und Ideen gesprochen haben.

Markus Gremmel: Gerade aus dem regionalen Betrieb kommen viele Projektvorschläge. Claudia Lemlihi ist damals durch Österreich gereist, um die ES GEHT! Initiative bekannt zu machen. Da haben wir auch gemerkt, dass sich die Leute freuen, so eine Initiative zu nutzen, die ihnen dabei hilft, Ideen, die dem Gemeinwohl zugutekommen auch zu verwirklichen.

Wie ist dann der weitere Vorgang, wenn ein Projekt vorgeschlagen wird?

Claudia Lemlihi: Eine Jury, rund um uns und ausgewählte Experten entscheidet, ob das Projekt Sinn macht. Das hängt von vielen Faktoren ab. Da die BAWAG P.S.K als Bank im Hintergrund steht, haben die Menschen eine hohe Erwartungshaltung hinsichtlich Sicherheit. Wir prüfen jedes Projekt sehr genau. Natürlich kann auch eine Bank niemals die komplette Verantwortung übernehmen, die bleibt natürlich beim Projektstarter, aber wir tun alles, um das Risiko zu minimieren.

Fällt die Prüfung positiv aus und das Projekt kommt auch auf die Crowdfunding Plattform, unterstützen wir den Projektstarter beim gesamten Prozess. Und auch im Nachhinein lassen wir ihn nicht alleine. Wir gehen eine Art Beziehung ein. Wir helfen dabei Partner zu suchen, entwickeln Kommunikationskonzepte, organisieren Events und informieren über unsere eigenen Werbekanäle. Bevor das Projekt online kommt, kann sich der Projektstarter entscheiden, ob er ein, zwei oder drei Monate Geld sammeln möchte.

Markus Gremmel: Anders als beim Crowdinvesting spendet man bei uns einen kleinen Betrag und bekommt als Gegenleistung eine Art “Dankeschön”. Als das Volkstheater über www.crowdfunding.at Unterstützer gesucht hat, um den Austausch der abgesessenen Sitze zu finanzieren, konnte man zum Beispiel eine Plakette mit dem eigenen Namen erstehen.

Welche Projekte werden von der ES GEHT! Initiative unterstützt und welche schaffen es nicht?

Markus Gremmel: Es geht vor allem um Projekte, die einen sozialen und kreativen Ansatz verfolgen. Der gesellschaftliche Nutzen soll dabei im Vordergrund stehen. Leider scheitern viele an den formellen Kriterien. Sie haben eine Idee, aber scheitern daran, den Antrag auszufüllen und einzureichen. Viele haben eben die Idee, aber können sie dann nicht vom Kopf aufs Papier bringen, auch wenn unsere Betreuer bereits ganz am Anfang da sind und helfen. Bei den Projekten, die ausgewählt werden, geht es ganz klar auch darum, wie nachhaltig sie sind. Oft sehen wir, dass jene Projekte, die bereits eine reale Community haben, gut funktionieren, wie das Freilichtmuseum Gerersdorf, das im Burgenland für den Erhalt alter Werkstätten und Wohnhäuser steht. Es funktionieren auch Projekte gut, deren Ideengeber dynamisch sind. Wieder andere Themen machen zwar virtuell viel Lärm, konnten dies aber nicht produktiv umsetzen.

Claudia Lemlihi: Ein Erfolgsbeispiel ist das magdas Hotel, das am Wiener Prater Flüchtlingen eine neue Chance bietet, dort Arbeit zu finden.

Die BAWAG P.S.K ist eine Bank, ES GEHT! eine Initiative für sozial-kreative Projekte, geht das denn überhaupt Hand in Hand?

Markus Gremmel: Absolut. Wir von der BAWAG P.S.K sind durch ES GEHT! direkt bei den Problemen, Sorgen, aber auch den Wünschen unserer Kunden. Wir sehen, welche Themen sie besonders beschäftigen. Der Verein “Kärntner helfen Kärntnern”, eine Gemeinschaft, die in Not geratenen Menschen schnell helfen möchte, hat Unterstützung beim Ausbau der Vereins-infrastruktur gebraucht. Da macht es vielleicht Sinn dieses Projekt auch an andere Bundesländer heranzubringen. Wir als Bank sind durch die ES GEHT! Initiative auch nahe an Ideen dran. Wir haben hier die einzigartige Möglichkeit, herauszufinden, was die Menschen wollen und können ihnen helfen, ihre Ideen Wirklichkeit werden zu lassen. Natürlich ist das auch für uns ein Kanal unseren Kunden noch näher zu sein und sie zu verstehen. Und da hinter jedem der Projekte Kollegen stehen, die sich sehr engagieren, geht die ES GEHT! Initiative sehr wohl Hand in Hand mit der BAWAG P.S.K.

Claudia Lemlihi: Es gibt bei allen Projekten eine Nähe zwischen einem Betreuer von der BAWAG P.S.K. und dem Projekt. Wenn es eine Idee aus der Region ist, fahren wir hin und schauen uns alles an. Natürlich ist der Betreuer am Ende ein Mitarbeiter von der Bank und nicht direkt im Projektteam beteiligt. Mit ES GEHT! geben wir die Möglichkeit, Projekte umzusetzen und zu verwirklichen, die sonst vielleicht keine Chance hätten. Zum Beispiel das Projekt “LOVETOUR”, das anfangs aufgrund der Thematik von der Bank hinterfragt wurde. Das ist ein Bus, der durch Oberösterreich tourt mit Pädagogen und ausgebildeten Fachpersonal an Board und Jugendlichen die Themen Sexualität und Aufklärung näher bringt. Somit können die Lehrer, denen das Thema vielleicht selbst unangenehm ist, an erfahrene Pädagogen übergeben. Kaum hat der Betreuer, der hinter dem Projekt steht, die Notwendigkeit erklärt, war es klar, dass wir das Projekt über ES GEHT! unterstützen.

Wer hat die ES GEHT! Initiative ins Leben gerufen? 

Claudia Lemlihi: Die Initiative wurde streng genommen im Haus gestartet. Als unsere Mitarbeiter von der Idee erfahren haben, haben wir die vielen leuchtenden Augen und höherschlagenden Herzen bemerkt. Die Idee, dass aus der Bank heraus etwas gestartet werden soll, das Bedeutung schafft, hatte eine sehr kraftvolle Wirkung und hat für viel positives Echo gesorgt. Die Crowdfunding Plattform ist dank unserer YOUNG TALENTS entstanden, die in der BAWAG P.S.K arbeiten und wurde von ES GEHT! adoptiert. Da sich das Konzept mit unserer Initiative gut ergänzt hat, haben wir dann beschlossen, zusammenzulegen. Ich denke, gerade eine Bank, die mitten im Leben steht, ist prädestiniert für neue Ideen.

Was ist denn die Vision von ES GEHT!?

Markus Gremmel: Auch ältere Unternehmen müssen neue Ideen aufgreifen. Es ist beachtlich, dass so viele Mitwirkende bei ES GEHT! freiwillig einfach auch in der Freizeit gearbeitet haben, über Konzepten und Ideen gesessen sind.

Wenn wir den momentanen Zustand weiterhalten können, wäre das mittel- und langfristig sehr gut. Über unsere Crowdfunding Plattform sind bereits über hunderttausend Euro in Projekte geflossen. Das ist nach so kurzer Zeit doch beachtlich!

Claudia Lemlihi: © BAWAG P.S.K.:

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Markus Gremmel: © BAWAG P.S.K.:

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“Haelsi ist mein Herzensprojekt, bei dem ich sozusagen ‘all in’ gegangen bin. Emotional und auch wirtschaftlich, weil ich glaube, dass haelsi das Zeug dazu hat, das Gesundheitssystem zu revolutionieren”, sagte Österreichs bekanntester Business Angel Hansi Hansmann im Juni 2023 gegenüber brutkasten. Damals wurde ein Investment unter anderem durch ihn kommuniziert, das ihn mit 38,15 Prozent auch zum größten Anteilseigner des Wiener Startups machte.

Hansmann bereits von 2010 bis 2022 größter Anteilseigner

Bzw. wieder zum größten Anteilseigner machte, denn eigentlich war er das die längste Zeit. Das Unternehmen hinter der Marke haelsi ist nämlich die bereits 2010 gegründete mediClass Gesundheitsclub GmbH, bei der Hansmann von Beginn an bis 2022 die Mehrheit hielt und zeitweise sogar alleiniger Eigentümer war. Diese betrieb ein Gesundheitszentrum kombiniert mit digitalen Services.

mediclass und careety wurden mit neuem Konzept zu haelsi

Nach mehr als zehn Jahren als mediclass folgte dann im Mai 2023 aber die Neuaufstellung. Man habe nicht nur mediclass, sondern auch das Tech-Startup careety in das neue Konzept haelsi “eingebracht”, erklärte Co-Geschäftsführer Felix Faltin brutkasten vergangenes Jahr. Der careety-Gründer Christopher Pivec wurde zum zweiten Co-Geschäftsführer. Auch das neue Modell baut auf physischen Gesundheitszentren auf und kombiniert diese mit Online-Services. Hinzu kommt ein B2B-Angebot für betriebliche Gesundheit. Hier arbeite man bereits mit Unternehmen mit insgesamt mehr als 2.000 Mitarbeiter:innen zusammen, darunter EY, Geizhals und Journi, heißt es vom Startup.

Klare Skalierungs-Strategie

Dabei ist aber klar: Trotz des auf physischen Standorten aufbauenden Hybrid-Modells im B2C-Bereich hat haelsi eine klare Skalierungs-Strategie, wie Co-Founder Faltin gegenüber brutkasten ausführt: “Unser Modell können wir in kurzer Zeit auf beliebig viele Standorte ausweiten, wir verwenden für alle Services dieselbe Tech Infrastruktur – egal ob Termin in unseren Zentren, bei Unternehmen vor Ort oder online stattfinden. Unsere B2B Services brauchen überhaupt keine physischen Standorte, da sind wir extrem skalierbar.”

“Wir sind opportunistisch und kapitaleffizient”

Entsprechend ambitioniert ist auch die Zielsetzung: “Wir wollen in Österreich die klare Nummer 1 für praktische, hochwertige Medizin sein”, so Faltin. In Wien sei man das heute schon. “Wir sind opportunistisch und kapitaleffizient, sehen uns potentielle Zentren zur Übernahme oder Betriebsführung an, werden aber auch Zentren von Scratch aufbauen wenn es Sinn macht”, sagt der Gründer.

haelsi eröffnet bereits zweites Gesundheitszentrum in diesem Jahr

Und die aktuellen Zahlen nach der Neuausrichtung im Frühjahr 2023 sprechen für sich: Insgesamt betreuen über haelsi mittlerweile 80 Ärzt:innen und Therapeut:innen aus mehr 25 verschiedenen Fachrichtungen 20.000 Patient:innen. Und nun eröffnete das Startup bereits das zweite Gesundheitszentrum in diesem Jahr und kommt somit auf aktuell drei Standorte – allesamt in Wien. Was ist das Erfolgsrezept? “Wir sind seit 2024 ein effektiver Marktplatz. Ärzt:innen und Therapeut:innen, auf der Angebotsseite, finden bei uns das attraktivste Full-Service Modell im Markt. Die müssen sich bei uns um nichts mehr kümmern, außer ihre Patientinnen optimal zu betreuen”, sagt Faltin.

Monatlich mehr als 500 neue Patient:innen

Auf der Nachfrageseite gewinne man monatlich mehr als 500 neue Patient:innen – zu 75 Prozent über organische Kanäle, führt der Gründer aus: “Diese Menschen kommen zu haelsi, weil das Gesamtpaket unschlagbar ist: kinderleichte Onlinebuchung mit großer Terminauswahl, Wohlfühlatmosphäre und kurze Wartezeiten vor Ort, exzellente medizinische Betreuung, automatische Einreichung bei der Kasse und digitaler Zugriff auf Rezepte und Befunde.”

“Sind jetzt von überall in Wien in 30 Minuten erreichbar”

Das neu eröffnete dritte Gesundheitszentrum befindet sich im vierten Bezirk in Wien und ist ganz auf das Thema Physiotherapie ausgelegt. Er kommt zum “Flagship”-Standort im zweiten Bezirk und einem Facharzt- und Therapiezentrum im 18. Bezirk hinzu. “Wir sind jetzt von überall in Wien in 30 Minuten erreichbar”, so Faltin.

Dritter haelsi-Standort in nur vier Monaten aufgebaut

Und der Aufbau des dritten Standorts sei “in Rekordzeit” gelungen, sagt der Gründer: “Wir haben vier Monate vom ersten Kontakt mit der Vorbesitzerin und dem Go Live als haelsi-Zentrum mit acht Therapeut:innen gebraucht”, so Faltin. “Das ist für die Gesundheitswelt extrem schnell. Die Challenges sind operativ: Ärzte und Personal onboarden, Tech-Stack tauschen, unsere Prozesse und Marketing ausrollen. In einem normalen Ärztezentrum startet vielleicht ein neuer Arzt pro Jahr. Bei uns fängt jede Woche eine neuer Arzt oder Therapeut an.”

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