18.04.2016

Mario Herger: “Österreich ist Nörgelweltmeister”

Buchautor Mario Herger kennt das Silicon Valley wie kein anderer. Seit über 15 Jahren lebt der Österreicher mehr im Silicon Valley, als anderswo. Dabei hat er festgestellt, wieso man hierzulande dem Silicon-Valley-Spirit so sehr hinterher hinkt: die Menschen im Valley sind nicht klüger, als die Menschen in Österreich - aber sie haben eine ganz andere Einstellung. Im Interview mit dem Brutkasten erklärt Herger, wieso Österreich ein Land der "intellektuellen Masturbierer" ist und woran wir bei unserer Einstellung zum Leben und Arbeiten arbeiten müssen.
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Das Silicon Valley Mindset - VC-Verhalten im Corona-Lockdown
fotolia / Michael Kvakin

Mario Herger ist Autor des Buches “Das Silicon-Valley-Mindset” und organisiert Touren für Unternehmer durch das Silicon Valley. In den letzten Jahren hatte er genügend Zeit, die essentiellen Unterschiede zwischen dem Valley und Österreich auszumachen. Eine Feststellung springe dabei relativ schnell ins Auge: “Es ist schon auffallend, dass über 15 deutsche Unternehmen vor Ort eine Zweigstelle haben, sogar drei Schweizer Firmen. Österreich ist nicht vor Ort”, stellt er im Interview mit dem Brutkasten fest.

Dabei haben Innovationen, die im Valley entstehen durchaus auch österreichische Wurzeln. “Wir haben hierzulande alle Möglichkeiten – und auch die nötige IT”, meint Herger. “Wir müssen uns auf die digitale Zukunft viel mehr vorbereiten”, meint er. Österreich muss aufwachen: Das betrifft die Infrastruktur wie auch die Mobilität. Man müsse auch aufpassen, dass man sich nicht von der “Grantler-mentalität” beeinflussen lässt.

Selbstfahrende Autos

“Thema selbstfahrende Autos: Das Auto als Maschine reagiert so viel schneller als der Mensch. 90 Prozent der Unfälle werden heutzutage durch menschliche Fehler verursacht. Allein in der USA könnten selbstfahrende Autos 30.000 weniger Verkehrstote bedeuten”, klärt Herger auf. Klar, die Risiken solle man nicht vernachlässigen – andererseits dürfe man sich auch keinesfalls vor dieser bahnbrechenden Innovation von vornherein verschließen. Etwas, was in Österreich oft üblich ist.

“So ein scheiß!”

Herger, der vor über 14 Jahren ins Silicon Valley gezogen ist, kennt das gut. “Wir sind Nörgelweltmeister!”, meint er mit einem Augenzwinkern. In Österreich jammern die Menschen gerne, wie schlecht es ihnen geht, dabei gehe es ihnen super gut. “Wir müssen schnellstmöglich lernen, nicht auf jede neue Idee ‘so ein Scheißdreck!’ zu antworten”, meint er. “Hätte uns jemand vor zehn Jahren gesagt, dass es eine Plattform gibt, auf der man Nachrichten mit nur 140 Zeichen verschicken soll, hätte jeder den Kopf geschüttelt. Heute hat diese Plattform namens Twitter einen Börsenwert von 12 Milliarden Dollar und hunderte Millionen Benutzer.”

Umdenken

Statt jede Idee zu zerlegen und zu hinterfragen, wieso sie nicht funktionieren kann, solle man seinen Standpunkt lieber neu überdenken. “Ich verstehe es zwar nicht, aber erklär es mir doch!”, sei die weitaus bessere Antwort auf neue Ideen. Leicht habe sich auch Herger damit nicht getan. Auch er musste das schmerzhaft lernen, wie er im Gespräch mit dem Brutkasten erzählt. Denn nach einem halben Jahr im Valley, habe ihm eine persische Kollegin an den Kopf geknallt: “Du gehörst nicht hierher- du hast das falsche Mindset”- und Herger damit sehr gekränkt: “Was bildet die sich ein? Ich bin ja ein Doktor!” Kurz darauf habe schließlich bei ihm der Umdenkprozess angefangen und Herger begonnen, zu reflektieren.

Intellektuelle Masturbierer

“Wir haben wirklich auch in Österreich alle Voraussetzungen: Gut ausgebildete Leute, die Lebensqualität ist top – und dann stehen wir uns selbst im Weg. Wir müssen selbst wenn wir hinfallen weiter machen”, meint Herger. “Wir sind die intellektuellen Masturbierer, anstatt, dass wir praktisch anpacken!”

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(c) AM: Buchautor Mario Herger spricht mit Brutkasten-Chefredakteurin Theresa Sophie Breitsching

Herger hat aber auch gute Neuigkeiten: Jeder kann sich ändern. Dafür muss man anfangen, an seiner inneren Einstellung zu arbeiten. Und wenn Österreich bei disruptiven Technologien vorne mitmischen will – darf man nicht mehr allzu lange zuwarten.

Der Change of Mindset muss laut Herger schon im Kindesalter starten. Noch vor wenigen Jahren war es selbstverständlich, sein Leben lang in ein und demselben Job zu bleiben. Oftmals war man 45 Jahre lang im selben Unternehmen. Heute ist das anders. Viele entscheiden sich dafür, Freelancer zu sein. Andere klagen darüber, dass sie keinen Job finden. Dabei gibt es die Jobs einfach nicht mehr. Herger ist davon überzeugt, dass wir für ein System ausgebildet wurden, dass so nicht mehr funktioniert. Heutzutage müsse man Schulkindern die Fähigkeit vermitteln, eigene Jobs schaffen zu können, nicht wie man sich besonders gut in einer Postion einfinden kann.

Chance ergreifen

Elon Musk, Mark Zuckerberg – sie werden von den Medien weltweit als Überflieger dargestellt. Dabei sollte man eines nicht vergessen: “Bis zu 60.000 Deutsche und Österreicher arbeiten in Schlüsselpositionen in den einflussreichsten Unternehmen im Valley- und bestimmen diese mit”, weiß Herger. Sein Tipp? “Wir sollten uns immer wieder vor Augen führen, keine Angst vorm Scheitern zu haben. Nicht zuerst die Gefahr zu sehen, sondern die Chance!”

Am Ende weiß Herger, dass es vielleicht an Wien selbst liegt, wieso wir nicht längst dem Silicon Valley Spirit hinterher jagen: “Wien ist einfach zu schön und zu perfekt für Innovationen – man glaubt in dieser Stadt, dass es eh nichts zu verbessern gibt. Dabei gibt es bei uns genug Probleme anzupacken und für uns auch die Verpflichtung unsere Stärken und Erfahrungen in die Welt hinauszutragen.”

Mario Herger: “Das Silicon-Valley-Mindset”

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“Wir hatten immer schon 40 bis 50 Prozent Wachstum, haben aber dabei immer im Vordergrund gehabt, nicht das Mitarbeiterwachstum als Indikator zu sehen, sondern nachhaltig zu wachsen”, sagt er. “Wir bewegen uns mit dem Haustiermarkt in einem dankbaren Markt, ja. Aber unsere gute Arbeitsleistung kommt nun zurück. Da hat uns die 4-Tage-Woche sehr geholfen. Wir haben nicht die faulen Mitarbeiter bekommen, die nur vier Tage arbeiten wollen, sondern gute Leute, die sich mit der Firma identifizieren.”

Das Paschinger Startup wagte erst vor rund dreieinhalb Jahren den Sprung in die USA, der auch gut vorbereitet war. “Wir haben acht Jahre lang gewartet, diesen Schritt zu gehen”, erklärt Hurnaus. “Wir wussten, wenn wir ‘in Europa gewinnen’, dann wird es leichter für uns, als für einen US-Amerikaner, der nach Europa will. Wir haben hier verschiedenen Länder, mehr Sprachen und unterschiedliche Währungen. Für uns war es die richtige Entscheidung.”

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Mittlerweile hat der US-Markt den bisherigen Spitzenreiter Deutschland überholt. Schätzungsweise 66 Prozent der US-Haushalte oder etwa 86,9 Millionen Familien besitzen in den Vereinigten Staaten ein Haustier. Dies geht aus der National Pet Owners Survey 2023–2024 der American Pet Products Association (APPA) hervor.

“Unsere Marktpenetration ist wesentlich geringer als in Deutschland”, sagt Hurnaus. “Wir werden im ersten Quartal 2025 auch in Mexiko launchen, in den nächsten beiden Jahren aber keine weitere Erweiterung anstreben. Der Fokus bleibt auf diesen Märkten.”

Tractive bald in Mexiko

Tractive hat in der Zeit seines Bestehens eine Wandlung erfahren. Jedes zweite Jahr hat man bisher ein Produkt für Hund und Katze herausgebracht – vor wenige Wochen den neusten Tracker. Dabei aber “sehr stark eine Transformation durchlaufen”, wie der Founder erklärt. Weg vom einfachen GPS-Tracker hin zum Gesundheitstracker.

“Es ist ein Frühwarnsystem und soll nicht den Tierarzt ersetzen. Wir sagen nur, dass wir etwas bemerkt haben, eine Veränderung im Verhalten oder bei der Bewegung, etc…”, erklärt Hurnaus. “Da steckt viel Potential darin. Denn wir haben erkannt, dass Leute den Bedarf haben, zu wissen, wie es dem eigenen Haustier wirklich geht.”

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