09.03.2016

Marie Hélène Ametsreiter: “Investoren stehen nicht Schlange”

Beim Seven Ventures Pitch Day kürte die Jury der "2 Minuten 2 Millionen"-Show aus vier Startups einen Gewinner. Marie-Hélène Ametsreiter von Speedinvest erklärte dem Brutkasten in diesem Zusammenhang, in wieweit sich der Investor bei seinen Startups einmischen darf - und wann ein guter Zeitpunkt für den Verkauf eines Unternehmens ist. 
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In Kooperation mit dem Brutkasten wurde der Seven Ventures Pitch Day gestern via Livestream übertragen. Im Anschluss fand die Ausstrahlung von “2 Minuten 2 Millionen” statt.

Gewinn: 25.000 Euro Mediavolumen

Vier Startups durften vor Marie Hélène Ametsreiter, Michael Altrichter, Heinrich Prokop, Hans Peter Haselsteiner, Markus Breitenecker und Daniel Zech ihr Unternehmen pitchen. Zwei Unternehmen schafften es in die engere Auswahl der Jury: BLINOS, das Außenrollos für Mietwohnungen herstellt und andmetics, Enthaarungsstreifen für Augenbrauen, belegten die ersten beiden Plätze. Die beiden Startups Gensoup, eine Online-Plattform für Ahnenforschung und Gofoxbox, kamen bei den Juroren weniger gut an.

+++GoFoxBox: Wiener Startup hilft beim Umzug +++

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(c) PULS 4/Buchwald: Altrichter, Gofoxbox, Zech, Breitenecker, AndMetics, Ametsreiter, Prokop, Gensoup Haselstseiner, Blinos

Schlussendlich setzte sich aber andmetics durch. Das Startup darf sich über 25.000 Euro Mediavolumen freuen, eine Rublys-Kampagne in der Höhe von 5.000 Euro und einen Fixstartplatz bei der nächsten “2 Minuten 2 Millionen” Staffel.

+++ Das Wiener Startup rublys macht seine Nutzer täglich zu Gewinnern +++

2 Minuten 2 Millionen

Bei der anschließenden Startup-TV-Show pitchte neben den Unternehmen Freemotion (Skischuh-Hersteller), Vitolerance (Online-Supermarkt für Menschen mit Nahrungsmittelunverträglichkeiten), Tie-Angel (Anti-Klecks-Krawatte), auch das Startup dvel (Hier geht es zum Artikel).

+++ Wiener Startup dvel casht ab und geht nach LA +++ 

Interview mit Marie-Hélène Ametsreiter

Der Brutkasten hat bei der Speedinvest-Partnerin nachgefragt, wie sehr sich ein Investor bei seinen Startups einmischen darf. Außerdem wollten wir von der Investorin wissen, wann der richtige Zeitpunkt für einen Exit ist. Schließlich hat Speedinvest erst kürzlich mit dem Exit des FinTech-Startups Holvi Schlagzeilen geschrieben.

+++ Speedinvest-Exit: FinTech-Startup „Holvi“ geht an Bankengruppe BBVA +++

Wie sehr “darf” sich ein Investor bei seinen Startups einmischen?

Marie Hélène Ametsreiter: Das ist von Startup zu Startup sehr unterschiedlich. Es gibt welche, die brauchen ausschließlich in Sachen “Fundraising”, im Sales, oder beim Absatzkanal Unterstützung. Und dann gibt es Startups, die ganz klar auch auf der Produktseite noch große Fragezeichen haben und hier eine Begleitung benötigen. Je nach dem, was das Bedürfnis ist, kann ein Investor begleitend wirken. Das ist ganz klar ein miteinander – zwischen Startup und Investor. Im Vorfeld kann man schwer Grenzen festlegen, das ergibt sich am Weg.

Oft gilt ein Startup als erfolgreich, wenn es verkauft wird. Wieso ist das so?

Hier gilt wieder: Welche Art Investor ist man? Speedinvest ist ganz klar ein Venture Capital Fonds. Hinter uns stehen hundert private Investoren, die uns ihr Geld geben – natürlich, um eine Rendite zu verdienen. Das steht über allem. Zusätzlich haben sie ein strategisches Interesse, um an die Startup Welt anzudocken. Aber im Normalfall gilt für erfolgreiche, internationale Fonds, wenn das zweieinhalb oder dreieinhalbfache des investierten Kapitals wieder zurück gespielt wird, ist das Unternehmen bzw. Startup erfolgreich.

Ab wann ist der richtige Zeitpunkt, sein Unternehmen zu verkaufen?

“Es ist ja meist nicht so, dass die Investoren einem die Tür einrennen und Schlange stehen”, Marie Hélène Ametsreiter.

Das ist wohl jener Zeitpunkt, wenn man einen erfahrenen Investor an seiner Seite schätzen lernt. Denn man muss aufpassen, dass man nicht zu früh verkauft. Oft ist es besser, wenn man noch eine Finanzierungsrunde dazwischen einlegt, um dann beweisen zu können, dass das Startup wirklich groß werden und wachsen kann. Und natürlich, weil man den Wert bei einem Exit massiv steigern kann. Verkauft man zum falschen Zeitpunkt, bekommt man um ein vielfaches weniger an Erlös, als man könnte. Auf der anderen Seite ist es natürlich auch eine Frage von Angebot und Nachfrage. Es ist ja meist nicht so, dass die Investoren einem die Tür einrennen und Schlange stehen. Aber das spürt man meistens, wann der richtige Zeitpunkt für einen Verkauf ist. Viele Startups lehnen ab und sagen nein. Die wollen weitermachen und erst zu einem späteren Zeitpunkt einen Exit andenken.

Danke.

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Das Linzer Startup Carbon Cleanup hat sich auf das Recycling von Kohlenstofffasern aus Industrieabfällen spezialisiert. Wir haben mit Gründer und CEO Jörg Radanitsch über die weiteren Wachstumsschritte und eine neue Kooperation mit KTM Technologies gesprochen. 
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Die Verwendung von Kohlefaser in der Industrie hat in den letzten Jahren stark zugenommen – insbesondere in Bereichen wie der Luft- und Raumfahrt, dem Automobilbau und der Windenergie. Kohlefaser überzeugt durch ihre hohe Festigkeit bei geringem Gewicht, doch ihre Herstellung ist ressourcenintensiv und teuer. Ein großes Problem stellt der hohe Verschnitt bei der Produktion dar: In der Industrie landen im Durschnitt bis zu 30 Prozent der Rohstoffe im Abfall. Diese Materialverluste sind nicht nur ökonomisch ineffizient, sondern auch aus ökologischer Sicht problematisch, da Kohlefaser biologisch nur schwer abbaubar ist.

Carbon Cleanup setzt auf KI

Das 2020 gegründete Linzer Startup Carbon Cleanup rund um Gründer Jörg Radanitsch hat sich diesem Problem angenommen und zum Ziel gesetzt, Kohlenstofffasern aus Industrieabfällen aufzubereiten und wiederverwendbar zu machen. Konkret hat das Startup eine mobile Aufbereitungsanlage entwickelt, um Carbonfasern direkt vor Ort beim Kunden aufzubereiten. 

Zum Herzstück der Anlage gehört nicht nur die mechanische Aufbereitung der Kohlenstofffasern. Im Hintergrund läuft auch eine Software, die eine KI-gestützte visuelle Erkennung der zugeführten Rohstoffe ermöglicht.

“Wir haben ein KI-generiertes Datenblatt entwickelt, das automatisch die Charakteristika von eingehendem Material erkennt und den Wert des Rezyklats bestimmt“, so Radanitsch. “Bevor das Material in unsere Anlage kommt, wissen wir schon, welche mechanischen Eigenschaften es haben wird. Das ist entscheidend für die Qualität und den Marktwert des Endprodukts.”

Gründer Jörg Radanitsch | (c) Carbon Cleanup

Entwicklung der zweiten Generation an Anlagen

Während die erste Anlage des Unternehmens für R&D-Zwecke dient und über eine Kapazität von 30 Tonnen pro Jahr verfügt, konnte das Unternehmen über den Sommer eine zweite Anlage in Betrieb nehmen. „Unsere zweite Anlagengeneration ist im August fertiggestellt worden. Die Produktionskapazität ist dreimal so hoch wie bei unserer ersten Anlage. Damit sind wir jetzt in der Lage, deutlich mehr und auch verschiedene Kompositabfälle zu verarbeiten.“

Besonders stolz ist Radanitsch auf die gestiegene Materialqualität: „Das neue Aggregat ist viel stärker, was uns mehr Flexibilität bei der Verarbeitung der Materialien gibt. Wir können jetzt eine Vielzahl an Abfällen effizienter recyceln, was die Qualität der Produkte erheblich verbessert.“

Ein wichtiger Baustein für den Erfolg von Carbon Cleanup war die Unterstützung durch die Austria Wirtschaftsservice (aws). “Das Seed-Financing der Austria Wirtschaftsservice hat uns erlaubt, nicht nur unsere Forschung und Entwicklung voranzutreiben, sondern auch in Marketingaktivitäten zu investieren, die für uns als Hardware-Startup besonders wichtig sind“, erklärt Radanitsch.

Luftfahrtindustrie und Kooperation mit KTM Technologies

Eine der spannendsten Entwicklungen bei Carbon Cleanup ist der Einsatz ihrer recycelten Materialien im 3D-Druck, besonders in der Luftfahrtindustrie. “Wir liefern im Tonnenmaßstab Kunststoffgranulate, die mit unserer Rezyklatfaser verstärkt sind. Diese werden in großen 3D-Druckern verwendet, um Formen zu bauen, die dann für die Produktion von Flugzeugteilen genutzt werden”, so der Gründer.

Zudem arbeitet Carbon Cleanup mit dem österreichischen Motorradhersteller KTM zusammen. Gemeinsam arbeiten beide Unternehmen an einem geschlossenen Materialkreislauf, bei dem Post-Consumer- und Post-Industrial-Abfälle von KTM Technologies recycelt und für die Herstellung neuer Bauteile genutzt werden. Spezifisch handelt es sich um das Recycling der Teile des Rennmodells “X-Bow GT2”, dessen Rahmen zu 100 % aus Carbonfasern besteht. Durch Unfälle entsteht eine große Menge an beschädigtem Material, das normalerweise als Abfall betrachtet wird. Mit der Partnerschaft von KTM und Carbon Cleanup wird dieses Material zurück in den Kreislauf gebracht. 

(c) Carbon Cleanup

“KTM Technologies war von Anfang an ein Vorreiter. Sie testen unsere recycelten Materialien bereits erfolgreich in ihren Motorrädern“, betont Radanitsch.

Das Besondere an dieser Kooperation ist das sogenannte Closed-Loop-Material, das zu 100 Prozent aus dem Abfallstrom von KTM Technologies besteht. „Die Herausforderung ist, die Materialien zirkulär zu sammeln und in die Produktion zurückzuführen. Das Sammeln und die Qualität sind dabei entscheidend. Aber wir haben gezeigt, dass wir sogar leistungsfähigere Materialien aus Abfall herstellen können”, so der Gründer.

(c) Carbon Cleanup

Die nächsten Schritte von Carbon Cleanup

Das Geschäftsmodell von Carbon Cleanup basiert derzeit auf zwei Einnahmequellen: Zum einen bietet das Unternehmen Kunden einen Recycling-Service an, bei dem diese für die umweltgerechte Entsorgung des Materials bezahlen. Dafür wurde eine eigene Logistikstruktur aufgebaut. Zum anderen werden die Faserverbundkunststoffe an weitere Abnehmer verkauft. Derzeit liefert das Startup 98 Prozent der aufbereiteten Granulate ins Ausland. “Für eingehendes Material sind die Hauptmärkte neben Österreich vor allem Deutschland und Italien. Der Materialzufluss ist für uns derzeit jedoch kein Engpass, sodass wir gezielt das für uns passende Material auswählen können”, so der Gründer abschließend.


*Disclaimer: Das Startup-Porträt erscheint in Kooperation mit Austria Wirtschaftsservice (aws)

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