08.11.2017

LegalTech: Wie Anwälte die Digitalisierung nutzen können

Bei einer Podiumsdiskussion zum Thema "Roboter-Anwälte" legten Experten den Status quo im LegalTech-Bereich dar und gaben Empfehlungen an die Juristerei.
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(c) DiePresse/Rudolph

In der Anwaltsbranche kommt die Automatisierung auf Samtpfoten. In Europa gibt es noch vergleichsweise wenige LegalTech-Startups und die werden von Kanzleien oft belächelt. Bei Fairplane etwa können Nutzer über ein einfaches Online-Tool ermitteln, wieviel Entschädigung ihnen bei einer Flugverspätung zusteht. Und geblitzt.de gibt Auskunft darüber, ob es sich lohnt gegen ein Strafmandat vorzugehen. Der Streitwert ist zu niedrig, um für größere Kanzleien interessant zu sein.

“Es wird oft übersehen, dass die Streitschlichtungs-Plattform Modria Millionen Fälle regelt”, mahnt Hariolf Wenzler, Chefstratege von Baker McKenzie, im Rahmen einer Podiumsdiskussion. Wenn sich die Technologien weiterentwickeln, haben derzeit belächelte Startups bereits die Erfahrung und das Know-how, um auch in jene Bereiche vorzudringen, die für Anwaltskanzleien interessant sind.

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Anwälte fühlen sich durch LegalTech nicht bedroht

Mehr als 100 Besucher lockte das Thema “Roboter-Anwälte” Anfang November in das Wiener K47. Die Veranstalter “Presse” und LexisNexis waren von dem Ansturm überrascht. Dabei zeigen Umfragen, dass Anwälte in Österreich dem Thema Digitalisierung mehrheitlich aufgeschlossen gegenüberstehen. “Anwälte rechnen in Zukunft zwar mit mehr Konkurrenz, fühlen sich aber nicht bedroht”, fasst FutureLaw-Gründerin Sophie Martinetz die Ergebnisse einer Befragung zusammen.

Erleichterung im Kanzlei-Alltag

Noch sei es aber so, dass sich die meisten Anwälte vor allem auf einen Aspekt der Digitalisierung konzentrieren, meint Hariolf Wenzler. Und zwar die Effizienzsteigerung. Gemeint sind etwa bessere Recherchemöglichkeiten oder einfache Automatisierungsanwendungen, die die tägliche Arbeit in einer Kanzlei erleichtern. LexisNexis reagiert auf den Trend mit wesentlich schlaueren Suchalgorithmen. “Hat unsere Datenbank bisher auf eine Suchanfrage einfach tausende Ergebnisse ausgespuckt, konzentrieren wir uns jetzt darauf, die Frage zu verstehen und eine relevante Antwort zu liefern”, erklärt LexisNexis-Geschäftsführer Alberto Sanz de Lama.

Google: Autocorrect für Verträge

Im Bereich der Automatisierung ist der naheliegendste Einsatzzweck der automatisch generierte Standardvertrag. “GoogleDocs hat in den USA speziell für Anwälte bereits eine Funktion, die eine Autovervollständigung von Vertragsklauseln anbietet”, erzählt Wenzler und sorgt in Hinblick auf bekannte iPhone-Autocorrect-Fehler für Erheiterung. Dahinter steckt aber ein ernstes Thema, denn dank Machine Learning werden die Systeme immer intelligenter. Und besonders raffiniert müssen sie für das Erstellen von Verträgen nicht sein.

(c) DiePresse/Rudolph

Automatisierte Verträge schon Realität

„In Wahrheit werden ja schon jetzt für viele Verträge Vorlagen benutzt, in die nur wenige Daten eingetragen werden müssen“, weiß Alexander Rapatz, der gleichzeitig als Jurist in der Wiener Anwaltskanzlei Stadler Völkel als auch als Partner bei dem Venture Capital Unternehmen Venionaire Capital tätig ist. “In unserer Kanzlei werden beispielsweise Liegenschaftskaufverträge bereits vollautomatisiert von einem Programm erstellt, das wir selbst entwickelt haben”. Rapatz ist überzeugt, dass aufgrund immer besserer Technologien und Software-Lösungen im LegalTech-Bereich der Wettbewerbsdruck auf die Anwaltsbranche noch enorm steigen wird.

“Wir suchen Anwälte und Programmierer. Am besten in einer Person”, Daniela Feuersinger, BRZ

Den Luxus von Programmierern können sich kleinere Kanzleien oft nicht leisten und grundsätzlich herrscht die Angst, dass Mitarbeiter dem technologischen Wandeln nicht gewachsen sein könnten. Martinetz: “Unsere Befragung hat gezeigt, dass die größten Ängste in der Branche beim Datenschutz und der Fähigkeit der Mitarbeiter liegen”. Das ist auch im Bundesrechenzentrum ein großes Thema. “Wir suchen Anwälte, die mit Themen wie Blockchain und Machine Learning umgehen können und Programmierer. Am besten beides in einer Person”, verrät Daniela Feuersinger, Chefstrategin des BRZ. Auch Wenzler glaubt, dass die Digitalisierung Arbeitsweise und Ausbildung von Anwälten stark beeinflussen wird: “Das juristische ‘Produkt’ wird arbeitsteiliger und Anwälte müssen sich daran gewöhnen, mit Programmierern und Designern zusammenzuarbeiten”.

> Zum LexisNexis-Whitepaper zur Digitalisierung der Rechtsbranche

Top-Kanzleien suchen neue Geschäftsmodelle

Die Effizienzsteigerung durch bessere Recherchemöglichkeiten und (teil-)automatisierte Standardaufgaben wird also von einem Großteil der Branche freudig aufgenommen. Ein anderer und vielleicht wichtigerer Aspekt der Digitalisierung wird aber gerne übersehen. Die Suche nach neuen Geschäftsmodellen oder zumindest nach einer Erweiterungsmöglichkeit des eigenen Geschäftsmodells wird in Zukunft auch bei Anwälten eine größere Rolle spielen. Ein Beispiel wäre etwa, mit gesammelten Daten und schlauen Algorithmen vorherzusehen, was ein Mandant brauchen könnte und aktiv auf ihn zuzugehen. “Das unterscheidet die Top-Kanzleien der Zukunft”, ist Sanz de Lama überzeugt.

+++ LawTech: Future-Law-Konferenz am 29.11.2017 in Wien +++

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Die Projektpartner:innen: von TU Wien, Forschung Burgenland. KEBA und kW-Soltions | (c) kW-Solutions

Bidirektionales Laden eröffnet für E-Autos weitreichende Möglichkeiten, die weit über die klassische Nutzung als Fortbewegungsmittel hinausgehen. Mit dieser Technologie können Elektrofahrzeuge nicht nur Energie aus dem Netz beziehen, sondern auch gespeicherten Strom wieder zurückspeisen. Dadurch werden sie zu mobilen Energiespeichern, die flexibel in verschiedene Szenarien eingebunden werden können – so zumindest in der Theorie. In der Praxis ist bidirektionales Laden in Österreich jedoch noch Zukunftsmusik. Ein neues Forschungsprojekt, an dem das Wiener Startup kW-Solutions beteiligt ist, möchte das nun ändern.

Bidirektionales Laden: Innovationsbedarf in Österreich

Das von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) unterstützte Projekt Interoperable Communication for Bidirectional Charging (ICBC) hat sich zum Ziel gesetzt, die technischen und formalen Hürden von bidirektionalem Laden zu überwinden.

kW-Solutions-Gründer Korbinian Kasinger erläutert: “Es braucht jemanden, der den Vehicle-to-Grid-Prozess in Österreich durchmoderiert – sowohl technisch als auch formell“, so Kasinger​. Eine Herausforderung ist etwa die Zertifizierung des zurückgespeisten Stroms. “Bei einer PV-Anlage weiß man, dass es Grünstrom ist. Bei Autobatterien ist das nicht so einfach”, so der Gründer.

Technologisch ermöglicht es der Vehicle-to-Grid-Prozess (V2G), Strom aus der Batterie zu entnehmen und zurückzuverkaufen oder dem Regelenergiemarkt zur Verfügung zu stellen. Das ICBC-Projekt soll genau diese Möglichkeiten ausloten und zur Marktreife bringen​.

Das Konsortium hinter ICBC

Hinter dem ICBC-Projekt steht ein Konsortium aus kW-Solutions, der Technischen Universität Wien (TU Wien), Forschung Burgenland und KEBA​. Während die TU Wien für die Entwicklung von Kommunikationsschnittstellen sorgt, untersucht Forschung Burgenland die ökonomischen Vorteile von V2G. KEBA bringt seine Expertise in der Entwicklung von Ladeinfrastruktur-Hardware ein​.

kW-Solutions selbst arbeitet an einer flexiblen Software-Architektur, die V2G-Technologie effizient ins bestehende Netz integrieren soll. Das 2021 gegründete Startup hat sich auf die Bereitstellung intelligenter Ladelösungen für Elektrofahrzeuge spezialisiert.

Ein zentrales Produkt ist die Energiemanagement-Software “Charly”, die speziell für Mehrparteienanlagen entwickelt wurde, um ein effizientes Lastmanagement und eine automatisierte Verrechnung zu ermöglichen. 2023 konnte das Startup eine sechsstellige Finanzierungsrunde abschließen und FSP Ventures für sich gewinnen (brutkasten berichtete). Das Family Office ist an zahlreichen bekannten österreichischen Startups beteiligt, darunter Woom, Agrobiogel, Ecop Technologies oder Swimsol.

Pilotprojekte als nächster Schritt

Das ICBC-Projekt ist auf zwei Jahre angelegt und soll erste Antworten auf diese Fragen liefern. “In ein bis zwei Jahren werden wir valide Pilotprojekte in Österreich starten“, so Kasinger​. Ein flächendeckender, standardisierter Einsatz von V2G könnte allerdings noch drei bis fünf Jahre dauern​.

Das ICBC-Projekt legt laut Kasinger großen Wert auf praxisnahe Lösungen. In sechs Arbeitsbereichen werden nun Use-Cases, Schnittstellen und Systemarchitekturen entwickelt, um die Marktfähigkeit sicherzustellen​. Bidirektionales Laden könnte laut dem Gründer für Österreich nicht nur die Elektromobilität attraktiver machen, sondern auch zur Stabilisierung des Stromnetzes beitragen.


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