07.04.2018

kWallet: Wiener Mobile-Payment-Startup trotz Insolvenz optimistisch

Am Donnerstag (5. April) meldete das Wiener FinTech-Startup kWallet Insolvenz an. In einem Statement gegenüber dem Brutkasten und in einer Aussendung zeigt man sich zuversichtlich.
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kWallet Insolvenz
(c) kWallet - Facebook

“kWallet hat im Sinne kaufmännischer Verantwortung und im Sinne der Verantwortung gegenüber Investoren und Lizenz-Partnern am 5. April 2018 beim Handelsgericht einen Sanierungsantrag gestellt. Am 6. April wurde das handelsgerichtliche Verfahren eröffnet”, schreibt das Wiener Mobile-Payment-Startup kWallet in einer Aussendung. In einem Statement, das der Brutkasten von der PR-Agentur des Startups bekam, wird der Insolvenz-Antrag so begründet: “Erforderliche Anpassungen in der Vertriebsstrategie im Jahr 2017 haben den Finanzierungsbedarf deutlich erhöht. Gleichzeitig hat sich global der Mobile Payment Markt entgegen ursprünglicher Prognosen schleppend entwickelt. Google Pay, Apple Pay und diverse weitere Mobile Payment Anbieter konnten die prognostizierten Wachstumszahlen noch nicht realisieren. Aufgrund des global verzögerten Wachstums im Mobile Payment Segment insgesamt und aufgrund erhöhten Finanzierungsbedarfs ist gleichzeitig eine Sanierung des Unternehmens erforderlich”.

+++ Fokus: FinTech +++

Umstieg von B2C auf B2B

2017 war der Umstieg von einem B2C- auf ein B2B-Modell erfolgt. Die Nachwehen des offenkundig zu teuren B2C-Modells scheinen sich nun auszuwirken. “Erfahrungswerte aus dem Pilotbetrieb haben ergeben, dass die eingeschlagene B2C-Stragegie einen deutlich höheren finanziellen Aufwand benötigt”, heißt es dazu im Statement.

“Zuversichtlich, dass das Unternehmen weiterhin bestehen wird”

Gerade deswegen zeigt man sich überzeugt, dass die Sanierung gut ablaufen wird. “Mittlerweile sind Lizenzvereinbarungen mit einem Partner zur Markteinführung in über zehn Ländern in Ost- und Südostasien und einem weiteren Partner für den mittleren Osten abgeschlossen; Lizenzgeschäfte für den mittel- und südamerikanischen Raum sind aktuell in Vorbereitung”, erfahren wir. Und weiter: “Das Management von kWallet ist zuversichtlich, dass das Unternehmen weiterhin bestehen wird. So wurden bereits drastische Schritte zur Reduktion der operativen Kosten gesetzt. Darüber hinaus werden alle weiteren erforderlichen Schritte getätigt, um das Unternehmen zum Erfolg zu bringen und Investorengelder zu sichern. Noch im Jahr 2018 werden deutliche Lizenzeinnahmen aus Markteinführungen in Südostasien und im mittleren Osten zufließen”. Auch personelle Konsequenzen seien keine geplant.

kWallet: Payment-System auf Bluetooth-Basis

kWallet entwickelte ein mobiles Bezahlsystem, das auf dem Bluetooth Funkstandard basiert. Damit habe man auch eine USP, heißt es vom Startup. Mit der am Markt erprobten Technologie lasse sich der Bezahlvorgang deutlich schneller als mit Bargeld oder Plastikkarte durchführen.

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Storebox-CEO und Cofounder Johannes Braith
Storebox-CEO und Cofounder Johannes Braith | Foto: brutkasten

Die neue EU-Kommission steht. Hierzulande laufen dagegen nach wie vor die Regierungsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS mit ungewissem Ausgang. Währenddessen kommt nicht nur Österreich nicht aus der Rezession heraus und auch die Prognosen bleiben tendenziell negativ. Begleitet wird das Szenario von einer Häufung an dramatischen Appellen und Forderungen nach umfassenden Änderungen in der Wirtschaftspolitik.

Wie steht es wirklich um Österreich und die EU? Was sind nun die drängendsten Maßnahmen? brutkasten geht diesen Fragen gemeinsam mit führenden Köpfen der heimischen Innovationsszene nach.

Storebox-Co-Founder und -CEO Johannes Braith sieht im brutkasten-Interview auch Chancen, die die Krise biete, formuliert aber konkrete Maßnahmen, die dazu nun auf politischer Seite ergriffen werden müssten.


brutkasten: Düstere Prognosen und drastische Appelle stehen aktuell in der Wirtschaftsberichterstattung an der Tagesordnung. Wie beurteilst Du die Situation? Ist sie wirklich so dramatisch?

Johannes Braith: Ich beobachte die Großwetterlage natürlich laufend. Allerdings halte ich es für gut, wenn man sich in seinen daily Operations als Founder nicht zwangsläufig beunruhigen lässt. Gerade Startups sind es gewohnt Krisen zu managen bzw. mit ihnen umzugehen. In manchen Fällen kann dadurch sogar etwas Positives entstehen. Denn Krisen erzwingen oft Veränderungen, welche wiederum oft Chancen beinhalten.

Aber natürlich finde ich es beunruhigend, dass wir, was unsere Wettbewerbsfähigkeit in Europa angeht, so dramatisch den Anschluss verlieren. Ich hoffe, dass der steigende Schmerz dazu führt Regulierungen abzubauen und ein neues Selbstverständnis hinsichtlich Wirtschaft, Startups und Technologie einkehrt.

Welche gesamtwirtschaftlichen Maßnahmen sollten in Österreich möglichst schnell umgesetzt werden? Was muss unbedingt ins Regierungsprogramm?

Das Thema ist leider ziemlich mühsam, da sehr, sehr gute Vorschläge seit langer Zeit am Tisch liegen, die allerdings nicht umgesetzt wurden. Ein wichtiger Punkt ist es bestimmt, Risikokapitalgeber zu incentivieren – Stichwort Beteiligungsfreibetrag.

Noch wichtiger wäre es allerdings die Steuern auf Arbeit deutlich zu reduzieren. Wir sind in einer Zeit, in der wir die Extrameile gehen müssen. Das sollte auch belohnt werden. Man könnte z.B. Überstunden steuerlich freistellen, Pensionisten incentivieren, wenn sie in der Rente arbeiten möchten – eventuell gänzlich steuerfrei, oder man kann über Modelle nachdenken, mit denen man Vollzeitarbeit nicht nur ermöglicht (Kinderbetreuung) sondern eventuell auch belohnt.

Generell stelle ich mir die Frage, wie Menschen den Sinn in ihrer beruflichen Tätigkeit wieder zurückerlangen können. In vielen Gesprächen und Beobachtungen sehe ich, dass die Leistungebereitschaft extrem abgenommen hat. Ob das immer durch politische Maßnahmen geheilt werden kann, bezweifle ich. Ich halte viel von Selbstbestimmung und Eigenverantwortung.

Und was sollte die neue EU-Kommission unbedingt sofort angehen?

Regulierung massiv abbauen. Ich bin mit Storebox mittlerweile in sechs Ländern und mehr als 200 Städten operativ tätig. Es kann ja nicht sein, dass wir gefühlt hunderte unterschiedliche Regulierungen vorfinden, die das Prosperieren von Unternhemen extrem erschweren.

Was wären konkret für euch als Scaleup die wichtigsten Schritte auf nationaler und EU-Ebene?

Die Lohnkosten senken, Regulierungen massiv reduzieren und die Zuwanderung hochqualifizierter Personen massiv erleichtern.

Was bräuchte es, damit die Wiener Börse bzw. zumindest eine europäische Börse für einen IPO eines Scaleups wie Storebox attraktiv ist?

Große Anschlussfinanzierungen müssen in Europa mit europäischem Kapital getätigt werden, um ab einer gewissen Stage als logischen Schritt einen IPO auch in einem europäischen Heimatmarkt zu forcieren.

Aktuell wird nicht nur im Zusammenhang mit Börsengängen die Standortattraktivität stark diskutiert. War Abwanderung aus Europa für euch jemals ein Thema?

Aktuell noch nicht. Ich lebe sehr gerne in Österreich und sehe nicht alles nur negativ. Wir leben in einem tollen Land mit vielen Möglichkeiten, toller Infrastruktur und einigermaßen stabilen Verhältnissen. Die Verwaltung dieses Zustands wird allerdings nicht ausreichen. Es muss gestaltet werden, um den Standort attraktiv zu halten.

Bitte eine Prognose: Abhängig von den Entscheidungen, die in nächster Zeit getroffen werden – was ist das Worst- und was das Best-Case-Szenario für Europa?

Das Worst-Case-Szenario: Die EU zerfällt in unterschiedliche Lager, weil es nicht möglich war, Interessen zu alignen und die großen Hebel zu betätigen. Geopolitisch wäre das eine absolute Katastrophe!

Das Best-Case-Szenario: Die Wettbewerbsfähigkeit wird durch radikale Maßnahmen wieder hergestellt. Die Menschen spüren eine deutliche Entlastung, haben Perspektiven und glauben an eine bessere Zukunft. Europa wächst weiter zusammen und bleibt ein starker und wichtiger globaler Player.

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