22.05.2023

Kreislaufwirtschaft: Diese aktuellen Entwicklungen sollten Unternehmen am Radar haben

Interview. Harald Friedl zählt zu den global führenden Experten für Kreislaufwirtschaft. Im Interview spricht Friedl darüber, wie Österreich in diesem Bereich abschneidet, warum Kreislaufwirtschaft auch Sicherheitspolitik ist und welche EU-Regularien Unternehmen im Blick behalten müssen.
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Harald Friedl
(c) der brutkasten / Viktoria Waba

Als ein global führender Circular-Economy-Experte berät Harald Friedl international Regierungen, Unternehmen und Kommunen in der Erarbeitung und Umsetzung von Aktionsplänen sowie Maßnahmen im Bereich der Kreislaufwirtschaft. Zudem war Friedl von 2017–2020 CEO von Circle Economy, einer Impact-Organisation aus Amsterdam, die seit 2018 in regelmäßigen Abständen den Circularity Gap Report veröffentlicht. Der Report erhebt weltweit die wichtigsten Kennzahlen zur Kreislaufwirtschaft. Im Interview spricht Friedl über aktuelle Entwicklungen & Trends, die Unternehmen am Radar haben sollten.


Im Jänner 2023 wurde der jüngste Circularity Gap Report veröffentlicht. Dabei zeigt sich, dass die Kreislaufwirtschaft weltweit schrumpft. Was sind die Gründe dafür?

Das System funktioniert leider noch immer sehr linear. Wir denken unsere Wirtschaft nicht in Kreisläufen und dementsprechend produzieren wir auch so. Zudem braucht es Zeit, bis sich das System umstellt. Wir haben den Report vor rund fünf Jahren 2018 erstmalig veröffentlicht. Damals lag die Zirkularitätsrate bei rund neun Prozent, das heißt zu 90 Prozent war die globale Wirtschaft nicht zirkulär. Jetzt ist der Wert auf sieben Prozent gesunken. Warum ist das so? Global verbrauchen wir nämlich immer mehr Ressourcen. Dennoch gewinnt das Thema “Kreislaufwirtschaft” viel mehr Öffentlichkeit und Breite. Viele Unternehmen beschäftigen sich mittlerweile mit dem Thema. Es braucht aber natürlich ein paar Jahre bis sich auch die Produktionsprozesse, das Konsumentenverhalten und die Vorschriften umstellen.

Wie schneidet Österreich bei der Kreislaufwirtschaft ab?

Österreich wird in der Regel als “Recycling-Weltmeister” bezeichnet. Recycling ist allerdings nur ein Teil der Kreislaufwirtschaft. Über die Jahre hinweg sieht man aber, dass Österreich in Sachen Kreislaufwirtschaft im guten EU-Durchschnitt liegt. Natürlich gibt es Länder, wie beispielsweise die Niederlande, die noch besser als Österreich abschneiden und dann gibt es Länder wie die Slowakei oder Rumänien, die schlechter sind. Natürlich ist die österreichische Volkswirtschaft auch abhängig von Importen und daher wird es noch eine Zeit lang brauchen, bis man sich umstellt. Ja, wir sind zwar Recycling-Weltmeister, zum Circular-Economy-Weltmeister müssen wir allerdings noch ein wenig Gas geben. Die Kreislaufwirtschafts-Strategie der Regierung ist hier ein wichtiger Schritt gewesen. 

Stichwort Circular-Economy-Weltmeister. Die Niederlande haben angekündigt, ihre Wirtschaft bis 2050 komplett auf Kreislaufwirtschaft umzustellen. Was können wir davon lernen?

Die Niederlanden sind natürlich ein interessantes Beispiel. Sie gelten in Europa auf jeden Fall als Vorreiter. Die Regierung fördert seit 2016 die Kreislaufwirtschaft sehr aktiv. Damals hat der Premierminister gesagt: “Wir müssen bis 2050 ein 100 Prozent zirkuläres Land werden.” Kreislaufwirtschaft ist mittlerweile ein sehr spannendes politisches Thema geworden. Dazu hat auch der Ukraine-Russland-Konflikt beigetragen. Als unabhängige und offene Volkswirtschaften müssen wir künftig sehr genau auf unsere Ressourcen achten. Kreislaufwirtschaft ist dementsprechend auch ein sicherheitspolitisches Thema. Hier braucht es viel Aktion, die nicht von der Privatwirtschaft und nicht von den Regierungen alleine kommen kann. Hier müssen wir künftig stärker zusammenarbeiten. Auch die Konsument:innen spielen dabei eine ganz entscheidende Rolle.

Welche Rolle spielen die Lieferketten in der Kreislaufwirtschaft?

Natürlich müssen wir uns auch die Frage stellen, wie europäische Unternehmen mit Zulieferern aus Asien künftig besser zusammenarbeiten können, damit man die Kreislaufwirtschaft auch in den Lieferketten sicherstellt. Hier sehe ich aber auch viel Interesse aus Asien, das zu tun. Wir leben in einer Welt, in der die Ressourcen immer teurer werden. Hier müssen wir uns die Frage stellen, wie man mehr Kontrolle über die Ressourcen erlangen kann. Derzeit wird dies auch von der EU-Politik ganz stark andiskutiert, wie wir die Abhängigkeit gegenüber Staaten, wie beispielsweise China, künftig abbauen können.

Was sind deiner Meinung nach wichtige EU-Regularien, die Unternehmen aktuell im Blick behalten müssen?

Ich arbeite mit sehr vielen Unternehmen zusammen und ich muss sagen, die Kreislaufwirtschaft ist ein sehr großes Feld. Im zweiten EU-Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft, gibt es alleine über 30 Maßnahmen. Diese Maßnahmen kommen alle auch nach Österreich und sind daher auch teilweise in der österreichischen Kreislaufwirtschafts-Strategie verankert. Im Prinzip gibt es zwei große Bereiche. Es gibt das Kreislaufwirtschaftspaket der Europäischen Union und dann gibt es den European Green Deal, der Europa zu einem grünen Vorreiter-Standort machen soll. Hier gibt es natürlich viele Diskussionen darüber, wie weit man gehen kann und wie wettbewerbsverträglich die Maßnahmen sind.

Im Kreislaufwirtschaftspaket gibt es zwei Themenbereiche, die sich Unternehmen wirklich anschauen müssen. Mit der sogenannten Green Claims Verordnung möchte die EU künftig Greenwashsing vorbeugen. Zudem versucht die EU Konsument:innen zu stärken, indem sie Tools zur Verfügung stellt, damit wir unterscheiden können, ob es sich um Greenwashing oder wirklich nachhaltige Produkte handelt. Das zweite: Die EU versucht Regularien zu schaffen, die vorschreiben, dass Produkte länger in Verwendung bleiben müssen. Das “Right to Repair” macht mich als Europäer persönlich sehr stolz, da die Europäische Union hier weltweit eine Vorreiterrolle spielt. 

Wie wird das Thema Kreislaufwirtschaft außerhalb der EU wahrgenommen?

Ich sehe, dass in der EU aktuell am meisten weitergeht. Ich arbeite aber auch viel mit afrikanischen Länder zusammen. Am afrikanischen Markt tun sich auch unglaublich spannende Sachen, vor allem weil dort die Kosten der Arbeitskräfte viel geringer sind. Am sekundären Automarkt werden beispielsweise zehntausende Arbeitsplätze im Bereich der Reparatur geschaffen. Sie sind einfach sehr innovativ darin, Produkten ein zweites Leben zu geben.

Aber auch in den USA tut sich etwas. Mit dem Inflation-Reduction-Act werden Milliarden an US-Dollar in eine grüne Wirtschaft hineingepumpt. Generell ist aber das Konsum- und Produktionsmodell in den USA nicht so nachhaltig ausgerichtet wie in Europa. Zudem beschäftigen sich die Chinesen massiv mit dem Thema, obgleich sie es nicht als Kreislaufwirtschaft, sondern als “harmonische Wirtschaft” bezeichnen. In den letzten 15 Jahren haben sie den Schutz der eigenen Ressourcen verstärkt.

Welche großen Zukunftstrends siehst du im Bereich der Kreislaufwirtschaft?

Die Verknüpfung der Kreislaufwirtschaft mit dem Bereich der Bioökonomie finde ich aktuell sehr spannend. Hier geht es beispielsweise um die Frage, wie man Textilien aus lebenden Materialien, wie Holzstoff herstellt. Zudem gibt es den Bereich der Sharing Economy, der natürlich eng mit der Kreislaufwirtschaft verbunden ist. In letzter Zeit wird natürlich auch das Thema der künstlichen Intelligenz sehr heiß diskutiert. Mit diesem Thema beschäftige ich mich aktuell sehr intensiv. Ich würde gerne künftig eine Plattform zur Verfügung stellen, die in wenigen Stunden jedem Unternehmen in Österreich ganz automatisch eine Circle-Economy-Strategie anbietet. Künstliche Intelligenz bietet viele Chancen, weil es in den Unternehmen immer mehr Datenpunkte gibt. 

Ein weiterer Trend ist, dass Kreislaufwirtschaft aus dem “Recycling-Eck” herauskommt und künftig stärker designgetrieben ist. Hier könnte auch Österreich mit seinen Designer:innen eine starke Rolle spielen, die Produkte einfach neu denken. Und ich glaube, dass die österreichische Kultur auch eine Kultur ist, die die Natur respektiert. Wir sind nämlich Leute, die auch eng mit der Natur leben und gern in der Natur sind. Zudem kann die Kreislaufwirtschaft auch wieder die Balance zwischen den Menschen, Unternehmen und der Regierung herstellen und bietet somit auch einen sozialen Zusammenhalt in der Gesellschaft.


Harald Friedl publiziert mit dem CIRCLETTER einen monatlichen Newsletter zum Thema Kreislaufwirtschaft. Mehr darüber könnt ihr hier erfahren.


Tipp der Redaktion:

Mit Jänner 2023 startet die brutkasten-Redaktion einen neuen thematischen Schwerpunkt zum Thema Kreislaufwirtschaft. Im Zentrum stehen Innovationen von Startups, Corporates und Mittelstand, die eine ressourceneffiziente und schadstoffarme Produktion ermöglichen. Zudem berichten wir über aktuelle Entwicklungen und Hintergründe rund um eine kreislauforientierte Wirtschaft.

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vlonru. Hannah Wundsam, Hansi Hansmann, Laura Raggl, Sander van de Rijdt, Christiane Holzinger und Michel Hurnaus | (c) AustrianStartups / Studio KoeKart / Fabianklima.at / Martin Pacher / 360 Business Planer / Tractive

Ein weiteres Krisenjahr geht zu Ende. Noch nie in seiner zehnjährigen Geschichte musste brutkasten über so viele Startup-Insolvenzen berichten. Noch nie waren so viele Startup-Übernahmen nicht als erfolgreicher Exit, sondern als Notverkauf zu klassifizieren. Und noch nie war der Ruf nach umfassenden wirtschaftspolitischen Reformen in der heimischen Startup-Szene so laut.

Und die gesamtwirtschaftlichen Prognosen bleiben düster. Ein Ende der Rezession ist noch nicht absehbar. Dass derzeit auch viele große und etablierte Unternehmen in wirtschaftliche Schieflage geraten, verschärft die Situation zusätzlich.

Doch natürlich gab es auch 2024 Erfolgsgeschichten in der heimischen Startup-Welt. Und es wäre nicht die Startup-Szene, wenn sich nicht der für sie so typische Optimismus immer wieder seinen Weg bahnen würde – dieses Jahr vielleicht etwas leiser, als in vielen anderen Jahren. Wir haben einige der bekanntesten Gesichter der österreichischen Startup-Community um einen kurzen Rück- und Ausblick zum Jahreswechsel gebeten.


Hansi Hansmann, Business Angel

Hansi Hansmann
Hansi Hansmann | (c) Studio KoeKart

2024 ist in etwa so schwierig geworden wie erwartet, der erhoffte Lichtblick im zweiten Halbjahr ist nicht gekommen. Ich erwarte diesen Lichtblick auch 2025 nicht. Es wird also schwierig bleiben und für viele noch schwieriger werden – damit werden wir leben müssen.

Viele Scaleups werden nur noch von den Bestandinvestoren über Wasser gehalten, und denen geht einfach irgendwann das Geld aus, weil vom Markt – VCs, IPOs, etc. – kein Rückfluss kommt. Je länger die Krise dauert, desto schwieriger wird es auch für Startups, weil Funding zum Teil einfach nicht mehr funktioniert – außer, man hat ‘Dream-KPIs’, aber das haben nur die wenigsten.

Trotzdem ist es die richtige Zeit, um zu gründen. Die größten Erfolgsgeschichten haben in Krisen ihren Anfang genommen.

Hannah Wundsam, Co-Managing Director Austrian Startups

Hannah Wundsam
Hannah Wundsam | (c) AustrianStartups

Das Wahljahr 2024 hat uns noch stärker vor Augen geführt, wie entscheidend der Startup-Sektor für Europas Wohlstand und unsere Wettbewerbsfähigkeit ist. Während in Österreich die neue Flexco-Rechtsform mit über 700 Gründungen getestet wird, nimmt auf EU-Ebene die EU Inc und damit die Vereinheitlichung des europäischen Kapitalmarkts Fahrt auf.

Auch 2024 blieb das Aufstellen von Wachstumskapital eine der größten Herausforderungen für Startups. 2024 waren Finanzierungsrunden stark auf AI und Climate Tech fokussiert – die 100-Millionen-Runde von Gropyus im Herbst war die größte des Jahres.

Für uns bei AustrianStartups wurde einmal mehr klar: Ein Mindset-Wandel ist dringend notwendig – und der beginnt bei der Bildung. Initiativen wie die Youth Entrepreneurship Week an Schulen oder die Spin-off-Offensive der Regierung, die eine Verdopplung der jährlichen Spin-off-Gründungen bis 2030 anstrebt, sind wichtige Schritte.

Entscheidend wird nun, ob die neue Regierung 2024 zukunftsgerichtete Maßnahmen umsetzt – mit lang ersehnten Anreizen, wie einem Dachfonds und einem Investitionsfreibetrag, die Österreichs Startup-Ökosystem langfristig stärken könnten.

Sander van de Rijdt, Co-Founder & Co-CEO PlanRadar

PlanRadar Co-Founder und CEO Sander van de Rijdt
Sander van de Rijdt | (c) der brutkasten / Martin Pacher

2024 hat sich weithin als durchwachsenes Jahr mit anhaltenden Herausforderungen und Negativeffekten gezeigt, die sich auch in tatsächlichem Stellenabbau und massiv gebremstem Wachstum realisiert haben – Stichwort: Wirtschaftsstandort Österreich. Die Bau- und Immobilienindustrie als Hauptzielmarkt für PlanRadar schwächelt nach wie vor und zahlreiche Akteure sind den Dynamiken zum Opfer gefallen, teils unter breiter öffentlicher Wahrnehmung, teils im Stillen hinter verschlossenen Türen. Hier stehen insbesondere Österreich und Deutschland auch im europäischen Vergleich sehr, sehr schlecht da.

Bei PlanRadar sehen wir, dass das internationale Geschäft für uns in Regionen wie Spanien, Italien oder den USA bereits wieder sehr gut anspringt oder beispielsweise in den Vereinigten Arabischen Emiraten überhaupt nie negativ beeinflusst war. Wir konnten unseren Gesamtumsatz trotz der multiplen negativen Vorzeichen wieder um ca. 25 Prozent steigern, was in der aktuellen Marktlage durchaus ansehnlich ist, und weshalb mir schon öfters vorgehalten wurde, dass „ich auf sehr hohem Niveau jammere“.

Für 2025 hoffe ich auf durchdachte und nachhaltige Maßnahmen der neuen Regierung, um das Wirtschaftswachstum in Österreich wieder anzukurbeln. Auch sollten die Zinssenkungen und das Auslaufen der KIM-Verordnung (Anmerkung der Redaktion: Verordnung für nachhaltige Vergabestandards bei der Finanzierung von Wohnimmobilien) für einen ersten Aufschwung in der Bau- und Immobilienbranche in der zweiten Jahreshälfte sorgen. Mit einer richtigen Erholung rechne ich erst 2026, bin aber sehr froh, wenn ich eines Besseren belehrt werde.

Laura Raggl, Gründerin ROI Ventures

Laura Raggl (c) Fabianklima.at

2024 war unser zweites vollständiges Investmentjahr und dementsprechend spannend. Im Pre-Seed-Bereich bleibt die Dynamik ähnlich wie 2023, doch die Finanzierungsrunden sind deutlich wettbewerbsintensiver geworden. Immer mehr Gründer:innen mit Scaleup-Erfahrung oder vorherigen Exits starten neue Startups. Die Bewertungen befinden sich meiner Meinung nach auf einem angemessenen Niveau, sind jedoch im Vergleich zum Vorjahr leicht angestiegen. Insgesamt bietet der Markt für uns, mit unserem Fokus auf Neuinvestitionen, eine interessante Dynamik.

In den späteren Finanzierungsphasen sieht die Situation weniger rosig aus. M&A-Aktivitäten und IPOs befinden sich auf dem niedrigsten Stand der letzten zehn Jahre, da die Liquidität weiterhin eingeschränkt ist. Viele hochkarätige Börsengänge finden weiterhin in den USA statt, was Talent und Kapital aus Europa abzieht.

Für VCs gestaltete sich das Fundraising im Jahr 2024 besonders schwierig, dennoch wurden mehrere große Fonds mit einem Volumen von über 500 Millionen Euro angekündigt. Ein bedeutender Hebel könnte hier die stärkere Mobilisierung von Pensionskassen im DACH-Raum sein, die bisher noch viel zu wenig in Venture Capital investieren.

Mit Blick auf 2025 ist zu hoffen, dass speziell die Maßnahmen auf der Risikokapitalseite von der neuen Regierung rasch umgesetzt werden. Insbesondere die steuerlichen Erleichterungen für private Startup-Investor:innen und der geplante Rot-Weiß-Rot-Dachfonds sind nun mehr als dringend notwendig.

Michael Hurnaus, Gründer und CEO Tractive

Tractive, Hauster Versicherung, Insurance, Pet Cover
Michael Hurnaus | (c) Tractive

Für Tractive war 2024 tatsächlich ein sehr gutes Jahr, in dem wir trotz eines herausfordernden Marktumfelds deutlich wachsen konnten. Hier half uns jedenfalls ein dankbares Business-Modell und der kontinuierliche Drang nach Effizienz im Unternehmen. Cashflow war auch heuer wieder King. Unternehmen mit langen Sales-Cycles oder Cashflow-unfreundlichen Modellen kamen in vielen Branchen zum Wanken.

Viele Unternehmer waren Anfang 2024 optimistisch, dass sich die Wirtschaft schnell wieder erholt – was abgesehen vom Kryptomarkt hierzulande nicht wirklich passiert ist. Eben diese Unternehmer scheinen aktuell besonders pessimistisch für 2025 zu sein – was mich wiederum optimistisch stimmt, weil sich die Mehrheit halt oft täuscht.

Für all jene Unternehmen, die Geschäfte mit den USA machen, kommt natürlich eine spannende Zeit, die aber vor allem für Unternehmen, die nicht in China produzieren, “net positive” sein sollte. Wenn wir uns in der EU also nicht komplett mit AI-Act und Co selbstgeißeln und allesamt etwas weniger jammern, dafür mehr anpacken, dann bin ich sehr optimistisch für 2025.

Christiane Holzinger, Business Angel und Gründerin

Christiane Holzinger | (c) 360 Business Planner

2024 war ein Jahr der Konsolidierung, strategischer Investitionen und klarer Botschaften. Das Jahr 2024 war geprägt von Herausforderungen, aber auch von klaren Chancen, mutige Akzente zu setzen. Als Angel-Investor habe ich mich in diesem Jahr auf drei neue Startups fokussiert, die nachhaltige Geschäftsmodelle und innovative Technologien in den Vordergrund stellen. Gleichzeitig lag mein Augenmerk darauf, bestehende Beteiligungen zu stärken. Die anhaltende wirtschaftliche Unsicherheit hat mich dazu gebracht, Entscheidungen noch bewusster und datengetriebener zu treffen. Besonders wichtig waren dabei die Themen Team & Leadership sowie die langfristige Stabilität der Geschäftsmodelle.

2024 war für mich aber nicht nur ein Jahr des Investierens, sondern auch des Lernens und des Gestaltens. Ich habe die intensivere Auseinandersetzung mit Markt- und Teamdynamiken genutzt, um neue Perspektiven zu gewinnen und meinen Beitrag zur Startup-Szene weiterzuentwickeln. Natürlich gab es auch Hürden: Bridgerunden und schwierige Finanzierungsphasen in meinem Portfolio waren anspruchsvoll. Aber durch konsequente Priorisierung habe ich stets das Ziel vor Augen behalten: einen klaren Weg nach vorne. Ein persönliches Highlight war die Arbeit an meinem ersten Buch, in dem ich mich intensiv mit dem Thema Finanzpower für Frauen auseinandersetze.

Mit Blick auf 2025 bin ich entschlossen, meinen Fokus weiter zu schärfen: Frühphasen-Investitionen werden eine noch zentralere Rolle spielen. Ich sehe enorme Potenziale in Co-Investments mit anderen Angels und institutionellen Investoren, besonders in der heimischen VC-Szene. Ein weiterer Schwerpunkt wird die Förderung von Gründerinnen- und Gründervielfalt sein. Ich bin überzeugt, dass diverse Teams nicht nur innovativer, sondern auch erfolgreicher sind. Mein Ziel ist es, gezielt in solche Teams zu investieren und damit ein starkes Signal zu setzen.

Doch dafür braucht es auch die richtigen politischen Rahmenbedingungen. Wir müssen als Gesellschaft verstehen, dass Investitionen in Startups und Unternehmer:innen keine Nische sind – sie sind ein wesentlicher Beitrag zur Entwicklung unseres Wirtschaftsstandorts. Es braucht bessere steuerliche Anreize, einfachere Zugänge zu Kapital und mehr Bildung rund um das Thema Unternehmertum, damit Investieren als ganzheitliches Konzept in der Bevölkerung ankommt.

Johannes Braith, Co-Founder & CEO Storebox

Johannes Braith | (c) Storebox

2024 – what a ride! Nach bald zehn Jahren Unternehmertum und Startup-Erfahrung war 2024 bestimmt ein Jahr, das mir in Erinnerung bleiben wird. Wie bereits in meinem letzten Jahresrückblick prognostiziert, bin ich davon ausgegangen, dass sich die Großwetterlage 2024 gegenüber 2023 noch verschärfen wird. Das ist nach meiner Einschätzung auch eingetreten. Die globalen Krisen haben sich leider nicht beruhigt und mit dem Aufkochen des Konflikts in Gaza noch weiter zugespitzt. Die Zinswende wurde glücklicherweise vollzogen und ich denke, dass wir für 2025 einen durchaus optimistischeren Ausblick haben dürfen.

Für Storebox war das Jahr 2024 geprägt von vielen großen Meilensteinen. Wir konnten nicht nur unseren 350. Storebox-Standort eröffnen und unsere 300. Franchise-Lizenz vergeben, sondern auch über 12.000 aktive Kunden servicieren. Wir sind in den unterschiedlichen Revenue-Streams zwischen 50 und 100 Prozent gewachsen – und das trotz herausfordernder Umstände. Auch anorganisch konnten wir mit zwei M&A-Transaktionen wachsen und erfolgreich zwei Mitbewerber übernehmen.

Ich bin überzeugt, dass 2025 ein extrem spannendes Jahr wird und wir einen positiven Aufschwung erleben werden. Allerdings muss dieser von uns allen hart erarbeitet werden und es wird nicht ausreichen, an der Seitenlinie zu stehen und zu warten, bis dieser von jemandem herbeigeführt wird.

Kilian Kaminski, Co-Founder refurbed

Kilian Kaminski | (c) refurbed

Trotz der vielfältigen Herausforderungen, mit denen viele Unternehmen in diesem Jahr konfrontiert waren, konnten wir entscheidende Wachstumsschritte erzielen, auf die wir sehr stolz sind: Zum einen haben wir unsere Marke refurbed durch ein umfassendes Rebranding gestärkt und unser Nachhaltigkeitsportfolio weiter ausgebaut. Damit ist es uns gelungen, den positiven Einfluss von refurbed auf Umwelt und Gesellschaft weiter zu erhöhen. Zum anderen haben wir unsere geographische Präsenz erweitert und vier neue Märkte erfolgreich erschlossen.

Besonders freut es uns, dass wir auch in diesem Jahr erneut bedeutende Kooperationen eingehen konnten, um Refurbishment als dritte Konsumkategorie breitenwirksam zu etablieren – zuletzt durch die exklusive Zusammenarbeit mit Hofer.

Ein persönliches Highlight für mich war auch 2024 wieder die Kooperation mit Fraunhofer Austria. Diese Partnerschaft ermöglicht es uns weiterhin, die positiven Auswirkungen von Refurbishment wissenschaftlich fundiert zu quantifizieren und zu belegen.

Für 2025 erwarten wir keineswegs ruhige Zeiten. Doch wir sind davon überzeugt, dass wir unsere ambitionierten Ziele erreichen werden. Wir haben refurbed schließlich nicht gegründet, um uns auf dem Erreichten auszuruhen, sondern um langfristig etwas am Markt nachhaltig zu verändern. Entsprechend blicken wir insgesamt mit großem Optimismus und Tatendrang auf das kommende Jahr.

Berthold Baurek-Karlic, Investor (u.a. Venionaire Capital)

Berthold Baurek-Karlic © Foto Wilke
Berthold Baurek-Karlic | (c) Foto Wilke

Das Jahr 2024 war kein einfaches. Ich hoffe, dass unsere kommende Regierung den Standort durch Entlastungen stärkt und Impulse für starkes Wirtschaftswachstum setzt.

Ich persönlich sehe viel Wachstumspotenzial in der Golf-Region und in Japan. Hier legen wir einen starken strategischen Fokus, um der wirtschaftlichen Flaute in Europa etwas zu entkommen.

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