15.12.2022

Kraken Innovations: Grazer Getriebe-Startup erhält 400.000 Euro Investment

Im Rahmen des Venture-Capital-Programmes beteiligt sich die Steirische Wirtschaftsförderung SFG mit einem Eigenkapital von 400.000 Euro am Grazer Startup Kraken Innovations GmbH. Das Spin-Off der TU-Graz will mit seinem zahnradlosen Getriebe für mehr Energieeffizienz im Windkraft- und Robotikbereich sorgen.
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Kraken Innovations, SFG
(c) Foto Fischer - (v.l.) Daniel Fürhapter, Philipp Eisele (Kraken Innovations GmbH), Wirtschaftslandesrätin Barbara Eibinger-Miedl und Gerd Holzschlag (Prokurist der SFG).

Die Kraken Innovations GmbH wurde am 19. Februar 2021 von Philipp Eisele, Michael Michelitsch und Daniel Fürhapter gegründet. Es handelt sich um ein Spin-Off der TU-Graz, das am neuen Data House angesiedelt ist. Nun erhielt man im Rahmen des Venture-Capital-Programmes der SFG ein 400.000 Euro-Investment.

Kraken Innovations: Energieeffizienz im Windkraft- und Robotikbereich

“Startups sind wichtige Innovations- und Wachstumstreiber der steirischen Wirtschaft und wertvoll für unseren Standort. Sie bringen neue Ideen ein und tragen mit ihren Entwicklungen zur Lösung ökologischer und gesellschaftlicher Herausforderungen bei. Mit der Beteiligung der Steirischen Wirtschaftsförderung am Grazer Startup Kraken Innovations investieren wir in ein innovatives Unternehmen, das mit seinen zahnradlosen Getrieben für mehr Energieeffizienz im Windkraft- und Robotikbereich sorgen wird. Damit leistet Kraken Innovations auch einen wichtigen Beitrag zur grünen Transformation”, sagt Wirtschaftslandesrätin Barbara Eibinger-Miedl. “Kraken Innovations ist ein tolles Beispiel für Unternehmensgründungen im Umfeld der Technischen Universität Graz und für das hervorragend funktionierende Ökosystem aus Wissenschaft und Wirtschaft.”

In fünf Jahren 2,5 Millionen Euro

Das Ziel des SFG-Programmes ist es, das Gründungspotenzial in der Steiermark weiter zu heben und das Wirtschaftsressort als starken Partner in der Startup-Szene zu positionieren. In den vergangenen fünf Jahren wurden insgesamt 2,5 Millionen Euro in neun Unternehmen investiert.

Laut dem jüngsten Startup Barometer sehen Jungunternehmerinnen und –unternehmer den Wirtschaftsstandort Graz als guten Nährboden für Gründungen, jedoch gebe es noch Potenzial bei der Verfügbarkeit von Risikokapital. Mit dem Venture-Capital-Programm möchte das Wirtschaftsressort diesem Bedarf Rechnung tragen. Zudem wurde mit der “Startupmark” eine Initiative gestartet, die junge Unternehmen mit möglichen Investoren vernetzen soll.

Kraken Innovations erfindet das (Zahn-) Rad neu

Die Idee zu Kraken Innovations kam den Gründern während ihrer Diplomarbeiten am Institut für Fertigungstechnik der Technischen Universität Graz. Dort hatten sie den Gedanken für leistungsfähigere und kompaktere Antriebssysteme. Und haben schließlich eine “zahnradlose” Getriebelösung entwickelt, bei der sich eine Sensorik zur Überwachung im Kern befindet.

Bei diesem patentierten Koaxialgetriebe seien die übertragbaren Kräfte um ein Vielfaches höher als bei klassischen Zahnrädern. Zu Beginn des Jahres 2022 konnte bereits Nanotec Electronic GmbH und Co KG, ein deutscher Hersteller von Motoren und Steuerungen für Antriebslösungen, als Investor gewonnen werden. Im kommenden Jahr 2023 soll der Markteintritt erfolgen.

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Wirtschaftsagentur Wien-Geschäfstführer Gerhard Hirczi im brutkasten-Talk
Wirtschaftsagentur Wien-Geschäfstführer Gerhard Hirczi im brutkasten-Talk | (c) brutkasten

Ist Wien als Standort für internationale Startups attraktiv? Ja, meint Wirtschaftsagentur-Wien-Geschäftsführer Gerhard Hirczi im brutkasten-Interview und belegt das mit Zahlen über die Entwicklung in den vergangen Jahren. Doch es gebe auch Dealbreaker für die Standort-Attraktivität. Dazu bringt Hirczi, der sich mit Jahresende aus seiner Position in die Pension verabschiedet (brutkasten berichtete), im Gespräch unter anderem einen Vorschlag zur Rot-Weiß-Rot-Karte für Startups ins Spiel. Diese wurde dieses Jahr nur 30 mal beantragt – und nur vier mal bewilligt.


brutkasten: Du hast in unserem Vorgespräch gesagt, die Nachfrage von internationalen Startups für den Standort Wien sei “stark wie noch nie”. Wie drückt sich das in Zahlen aus?

Gerhard Hirczi: Wir sehen, dass der Anteil von Startups bei den internationalen Ansiedlungen in Wien beständig steigt. Die „startup-typischen“ Branchen IT, Telekom und Software sind innerhalb von zehn Jahren von unter 13 Prozent auf knapp 25 Prozent gestiegen. Unser internationales Startup-Package (ein achtwöchiges Programm der Wirtschaftsagentur für internationale Startups, Anm. d. Redaktion) hat eine enorme Zugkraft entwickelt – von 22 Bewerbungen im Jahr 2014 auf 429 im Vorjahr. Und es gibt bei unseren internationalen Reisen eine immer stärkere Nachfrage nach Vernetzung und Zusammenarbeit. Gerade erst vor zwei Wochen haben wir etwa ein Memorandum of Understanding mit Invest Rio abgeschlossen, das für sie das erste außerhalb des portugiesischen Sprachraums ist.

Wie steht Wien hier im Vergleich zu anderen Standorten – auch etwa Startup-Metropolen wie London, Berlin und Paris – da?

Wir müssen natürlich aufpassen, mit wem wir uns vergleichen – Berlin, London und Paris sind die Hauptstädte der dritt-, der sechst- und der siebentgrößten Volkswirtschaft der Erde. Das wäre schon ein bisschen vermessen, hier auf Augenhöhe sein zu wollen. Unser Anspruch sollte sein, dass wir in der erweiterten Spitzengruppe, sagen wir den Top 10, einen festen Platz ergattern. Ich erkenne, wenn ich auf unser Ökosystem und die Rahmenbedingungen blicke, viel Fortschritt, aber natürlich auch noch Potenzial.

Vor 15 Jahren war alles, was nicht Philharmoniker und Staatsoper war, ein Fabelwesen – und leider kein Unicorn…

Worauf führst Du die zuvor erwähnte Verbesserung Wiens zurück?

Wir haben uns im letzten Jahrzehnt einen Namen als Business-Location gemacht. Heute wundert sich niemand mehr, wenn ein erfolgreiches, junges Unternehmen aus Wien kommt. Vor 15 Jahren war das anders – da war alles, was nicht Philharmoniker und Staatsoper war, ein Fabelwesen – und leider kein Unicorn…

Unsere Startups sind größer, stärker, erfolgreicher und sichtbarer geworden. In Österreichs “bestem Jahr”, 2021, waren wir bei Unicorns Europas Nummer 4 und bei Soonicorns Nummer 6. Und nicht zuletzt auch wegen der Vienna’UP, die uns international eine enorme Visibility gibt.

Gerhard Hirczi bei der ViennaUp’24 | (c) Wirtschaftsagentur Wien / Karin Hackl

Was macht Wien generell attraktiv für internationale Startups?

Ganz oben steht, dass Wien aufgrund seiner Offenheit, seiner geografischen Lage und seiner stabilen Rahmenbedingungen eine super “landing zone” für eine europäische Gründung ist. Dazu kommt unser innovatives Ökosystem mit 200.000 Studierenden und 60.000 Forscher:innen und eine noch immer gut gefüllte Talent-Pipeline. Und natürlich spielt auch – und gerade in krisenhaften Zeiten wohl noch stärker – die hohe aber leistbare Lebensqualität eine wichtige Rolle in der persönlichen Entscheidungsfindung.

Und was sind die Dealbreaker von Wien als Standort?

Da habe ich einen klaren Favoriten: unsere gesetzlichen Regelungen für Startups aus Drittstaaten. Die sind ganz oft eine echte Euphoriebremse. Und zwar auf österreichisch: So kompliziert, dass viele von alleine aufgeben. Wir haben natürlich auch Luft nach oben bei der Welcome Culture – da arbeiten wir intensiv daran.

Die Regierungsbildung steht an. Welche Maßnahmen zur Verbesserung sollten unbedingt ins Regierungsprogramm?

Für einen großen Wurf wäre ein Blick in Startup-Hubs wie Amsterdam oder Tallinn – die haben immerhin die größte Einhorn-Dichte pro Kopf in Europa – wünschenswert. Dort gibt man den Startups de facto einen Vertrauensvorschuss und erlaubt ihnen einen raschen und unbürokratischen Start.

Aber es wären natürlich auch Änderungen innerhalb unseres aktuellen System eine tolle Sache – etwa zu überlegen, ob bei der Rot-Weiß-Rot-Karte für Startups das AMS wirklich die bestgeeignete prüfende Stelle ist. Oder ob das nicht vielleicht besser die aws machen sollte.

Möglicherweise ist im Ministerratsvortrag das „w“ verrutscht und zu einem „m“ geworden, und niemandem ist’s aufgefallen.

Warum ist die aws aus deiner Sicht dafür besser geeignet als das AMS?

Weil die aws eine Organisation ist, die von ihrem Auftrag her mit Gründungsideen, mit Business-Plänen, mit innovativen Projekten und mit den Menschen, die gründen, vertraut sind. Dort gibt es einfach das einschlägige Know-how. Ich glaube, es weiß auch niemand, warum das AMS seinerzeit den Auftrag dafür erhalten hat. Möglicherweise ist im Ministerratsvortrag das „w“ verrutscht und zu einem „m“ geworden, und niemandem ist’s aufgefallen.

Sollte die gesamte Zuständigkeit für die Rot-Weiß-Rot-Karte zur aws wandern, oder nur für die Startup-spezifisch relevanten Karten? Also: Sollte die aws etwa auch über Pflegekräfte entscheiden? Bringt sie hier auch die notwendigen Kompetenzen für die reinen Arbeitsmarkt-Themen mit?

Es geht hier vor allem um die Startup-Karte, denn wir sprechen über die Beurteilung von Innovation. Vielleicht auch noch bei der “Rot-Weiß-Rot-Karte für selbstständige Schlüsselkräfte”, wo es um die Beurteilung von eines “volkswirtschaftlichen Gesamtnutzens” geht. Die Beurteilung der RWR-Karten für Angestellte sollte aufgrund der Arbeitsmarkt-Kompetenz aber beim AMS bleiben.

Es gab 2024 tatsächlich insgesamt nur 30 Anträge für die “Rot-Weiß-Rot-Card für Startups und Gründer:innen” – nur vier wurden bewilligt. Warum ist das so ein Nischenthema?

Weil es innerhalb der Communitys kein Geheimnis bleibt, wenn die Hürden in einem Land sehr groß sind. Wir glauben, dass die Kriterien zur Erlangung der Karte zu streng sind, insbesondere was die Auslegung des Innovationsbegriffes der Projekte oder die wirtschaftlichen Chancen betrifft. Vielleicht ist auch “Innovation” nicht mehr der alleinige Maßstab aller Dinge, möglicherweise wäre eine Aufnahme der generierten Wertschöpfung zielführend. Der Trichter ist jedenfalls viel zu eng.

Wir sind ein Land des Gießkannenprinzips, aber das wird uns nicht wirklich an die Spitze bringen.

Wenn es internationalen Startups tatsächlich leichter fällt, sich hier anzusiedeln, besteht dann nicht auch eine Missbrauchs-Gefahr?

Ich halte das Risiko für relativ überschaubar, wenn man ein Startup einfach mal probieren lässt – im Falle des Scheiterns würde die Rot-Weiß-Rot-Karte nicht verlängert werden. Sie müssten nur ihre Zelte hier wieder abbrechen und hätten keine weiteren Ansprüche.

Zum Abschluss: Ist mit diesen politischen Maßnahmen getan? Was braucht Wien darüber hinaus, um wirklich zu den zuvor genannten Startup-Metropolen aufzuschließen?

Unser Transfer von wissenschaftlichen Erkenntnissen in die unternehmerische Umsetzung wird besser, hat aber noch Luft nach oben. Und wir müssen wahrscheinlich fokussierter werden, uns auf Stärkefelder konzentrieren und dafür dann auch die notwendigen Ressourcen bereitstellen. Wir sind ein Land des Gießkannenprinzips, aber das wird uns nicht wirklich an die Spitze bringen. Es gibt Bereiche, in denen wir eine sehr gute Basis oder sogar Wettbewerbsvorteile haben – Health Tech, Additive Manufacturing, Quantentechnologie – und es gibt Zukunftsfelder wie Food Tech, in denen sich ein besonderes Engagement lohnen könnte.

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