17.10.2022

Kosima Kovar: “Der Wandel Richtung Gender Equality kann nicht zu schnell gehen”

Im brutkasten-Interview spricht Kosima Kovar, CEO und Co-Founderin von Ada Growth, über ihre Erfahrungen mit sexueller Belästigung und Diskriminierung als Founderin.
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Kosima Kovar ist CEO und Co-Founderin der Ada-Growth-App. (c) FHWN

Von sexistischen Aussagen, die an sexuelle Belästigung angrenzen, über Diskriminierung am Arbeitsplatz bis hin zu Lohngefällen – nach elf Jahren in der Wirtschaftsbranche muss Kosima Kovar noch immer einiges über sich ergehen lassen. Im Interview spricht die als Serial-Impact-Fempreneurin mit dem brutkasten darüber, welche Erfahrungen sie bisher gemacht hat, wie sie mit sexueller Belästigung, Sexismus sowie Diskriminierung umgeht und appelliert an Frauen: “Kennt euren Wert”.

Als Gründerin bist du oft mit männlichen Geschäftsführern an einem Tisch gesessen und wurdest abwertend behandelt. Welche Erfahrungen hast du noch gemacht?
Kosima Kovar:
Ich bin neben meinem Startup auch als Keynote-Speakerin tätig und habe in letzter Zeit viele Auftritte. Vor allem im Bereich Keynote-Speaking sind Frauen nicht so stark vertreten wie Männer. Ich hatte vor kurzem folgende Situation bei einer Veranstaltung, die auch als Sexual Harassment zählt. Mir wurde vor meinem Auftritt das Mikrofon angelegt. Das Technik-Personal hatte angefangen, sich zu unterhalten, bis einer sagte: “Warum machst du das? Ich wollte sie angreifen”. Das war ungefähr zwei Minuten, bevor ich auf die Bühne gehen und über das Thema Equality sprechen wollte. Und ich habe in diesem Moment nicht angesprochen, dass diese Meldung nicht in Ordnung war. Trotzdem war es ein Schlag ins Gesicht, bevor es auf die Bühne ging, um genau darauf aufmerksam zu machen. Es ist schon schwierig, dass man immer wieder diesen Themen gegenübersteht. Und gleichzeitig ist es für mich die Motivation, mich dafür einzusetzen, erst recht auf diese Bühnen zu gehen und erst recht meine Stimme zu nutzen, um gehört zu werden, damit es Frauen nach mir einfacher haben.

Ich kann noch weitere Erfahrungen teilen, wo wir vom Thema sexuelle Belästigung wegkommen und in den Diskriminierungsbereich wechseln. Ich wurde von einem großen Unternehmen angefragt, ob ich eine Inspirational-Keynote auf einem ihrer Events halten kann. Ich habe zugesagt und fragte nach, was ihr Budget dafür ist. Sie sagten, es gibt kein Budget. Daraufhin habe ich mir die weiteren namhaften Speaker:innen angesehen und einen meiner Kollegen, der auch als Keynote-Speaker am Programm gelistet war, angerufen. Als ich ihn gefragt habe, wie viel er durch diese Leistung verdient, hat er eine hohe vierstellige Summe genannt. Anschließend habe ich wieder beim Veranstalter angerufen und ihnen gesagt, dass sie sich bei mir melden sollen, wenn sie wieder ein Budget haben. Zwei Wochen später haben sie wieder angefragt und hatten plötzlich ein Budget in derselben Höhe.

Wie sehr leiden Frauen in der Branche unter Diskriminierungen und wie können sie damit umgehen?
Es ist ja nicht das erste Mal und es wird auch nicht das letzte Mal bleiben. Ich glaube, dass viele Frauen ein Lied davon singen können. Man muss sich entscheiden, wie man damit umgeht. Ich habe mich dazu entschlossen, dass ich nicht jede einzelne Person erziehen werde und kann, dafür versuche ich meine Stimme zu nutzen und darüber zu reden. Für mich ist das eine Motivation.

Und ich denke, dass diese Diskriminierungen kein Zufall sind. Das ist auch mein Appell an die Frauen da draußen, dass sie ihren Wert kennen und auch für diesen einstehen – auch finanziell. Wir machen das nicht, weil wir es lustig finden. Und wir machen das schon gar nicht, weil wir lieb zu jemanden sein wollen. Das ist unsere Expertise, die wir teilen. Und die soll auch abgegolten werden, finanziell und nicht nur mit einem Händeschütteln und einem Dankeschön.

Warum werden Frauen in einer offenen und gebildeten Gesellschaft dennoch diskriminiert?
Wir leben in einer Gesellschaft, die einfach schon eine gewisse Prägung hat. Ich denke nicht, dass jemand auf mich zukommt und mir absichtlich kein Geld anbietet. Das Problem ist eher, dass sie sich denken: “Sie wird das auch machen, ohne dafür bezahlt zu werden”. Sie sind also nicht absichtlich negativ, dafür habe ich viel zu viel Vertrauen in die Menschheit. Leider sind Frauen gesellschaftlich auch so geprägt, dass sie das tatsächlich auch ohne Entgelt machen würden. Die Rezeption von männlicher und weiblicher Expertise ist in unserer Gesellschaft anders.

Wie steht Österreich im Vergleich zu anderen Ländern bzw. Europa da? Was müsste sich ändern?
Die Sustainable Development Goals der UN sind mittlerweile hoffentlich jeder und jedem ein Begriff. Wir wissen, dass Gender Equality nirgendwo auf diesem Planeten existiert. Das heißt, es ist kein europäisches Thema, es ist kein Österreich-spezifisches Thema. Natürlich gibt es gewisse kulturelle Thematiken, die in Österreich anders sind, wie zum Beispiel in Amerika oder in Indien. Wir sind aus einer patriarchalen Historie herausgewachsen. Aber wir sind in einer Zeit, in der wir auch sagen können: “Okay, wollen wir stehen bleiben oder wollen wir nach vorne gehen?” Die Frage, die ich mir immer stelle, ist: “Wie schnell soll ein Wandel fortschreiten?” Im Endeffekt lautet die Antwort: “Der Wandel Richtung Gerechtigkeit kann nicht zu schnell gehen”.

Warum ist dir Female Empowerment so wichtig?
Weil ich der Meinung bin, dass die Gesellschaft fair sein und ein Geschlecht im Vergleich zum anderen nicht anders behandeln sollte. Ich habe auch selbst Erfahrungen in meinem Leben gemacht und gemerkt, dass ich gerne Tipps für diese Situationen gehabt hätte. Und auch wenn ich diesem Thema gegenüber schon sehr bewusst bin, gibt es trotzdem Situationen, in denen ich denke, dass ich nicht darauf vorbereitet war.

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Andreas Grassauer, CEO Marinomed.
(c) Marinomed - Andreas Grassauer, CEO Marinomed

Beim Landesgericht Korneuburg fand heute, am 14. November 2024, die Sanierungsplantagsatzung im Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung über die Marinomed Biotech AG statt. Ohne Gegenstimme haben die Gläubiger den Sanierungsplan angenommen.

Im August dieses Jahres meldete das Korneuburger (NÖ) Biotech-Unternehmen Marinomed Insolvenz an. Grund dafür waren Umsatzrückgänge und Verluste in Millionenhöhe – brutkasten berichtete.

Damals hieß es vom Unternehmen: „Anlass der Antragstellung ist, dass die kurzfristig benötigten Finanzmittel zur Sicherstellung der Liquidität der Gesellschaft nicht planmäßig aufgebracht werden konnten und eine Zahlungsunfähigkeit droht.“

Was der Sanierungsplan vorsieht

Nach Aussage des Kreditschutzverbands von 1870 (KSV1870) sieht der Sanierungsplan für Marinomed insgesamt 30 Prozent vor, zahlbar in fünf Raten über einen Zeitraum von zwei Jahren ab Annahme. Für den Fall weiterer erfolgreicher Sanierungs- und Reorganisationsmaßnahmen könnte noch eine sogenannte „Superquote“ von bis zu sieben Prozent, abhängig vom jeweiligen Erfolg, an die Gläubiger fließen.

Weiter heißt es vom KSV1870, dass insgesamt 98 Gläubiger Forderungen in Höhe von rund 31 Mio. Euro angemeldet haben, welche in einer Summe von rund 30 Mio. Euro auch anerkannt wurden.

„Mit der Annahme des Sanierungsplans wurde nunmehr ein Grundstein in Richtung Sanierung des Unternehmens gesetzt. Es obliegt der Schuldnerin, die vereinbarte Quote in den nächsten beiden Jahren auch zu erfüllen“, sagt Peter Stromberger vom KSV1870 zum Sanierungsplan.

Bis 2023 Rekordumsätze für Marinomed

Erst im Frühling 2023 verlautbarte Marinomed, das umsatzstärkste erste Quartal in der Unternehmensgeschichte erzielt zu haben: 3,3 Mio. Euro Umsatz. Es folgte ein deutlicher Einbruch und ein Verlust von 6,8 Mio. Euro. Anfang 2024 standen nur mehr 0,7 Mio. Euro zu Buche.

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