23.09.2022

Köppl-Turyna: “2023 weitere Verdopplung der Gas- und Energiepreise”

Monika Köppl-Turyna spricht im Interview mit dem brutkasten über die Folgen der Energiepreisentwicklungen für die Industrie und über die Wahrscheinlichkeit einer Güterkrise.
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Monika Köppl-Turyna EcoAustria - Kritik an Wirtshausförderung
Monika Köppl-Turyna ist Direktorin von EcoAustria © EcoAustria

Energiepreisentwicklung, Deindustrialisierung und Deckelung – diese drei Begriffe füllen seit Wochen die Schlagzeilen. Erst Anfang dieser Woche verkündete die Regierung den voraussichtlichen Abruf-Termin der geplanten Energiekostenzuschüsse für Unternehmen – der brutkasten berichtete. Neben Strom und Gas umfasst der Energiekostenzuschuss auch Treibstoffe. „Es sollen ungefähr ein Drittel der angestiegenen Preise im Vergleich zum Vorjahr abgedeckt werden“, so der Wirtschaftsminister Martin Kocher. Dafür werde die Regierung mehr als eine Milliarde Euro in die Hand nehmen. Das sei jedoch nicht genug, gibt Georg Knill, Präsident der Industriellenvereinigung (IV) bekannt und fordert “eine Aufstockung des Zuschusses, äquivalent zu den gestiegenen Energiekosten auf ein Volumen von mindestens 2.5 Mrd. Euro”. 

Die Folgen einer unverhältnismäßigen Abdeckung der Preissteigerungen könnten von Produktionsausfällen in der Industrie über bedrohte Wettbewerbsfähigkeit bis hin zur Güterkrise führen. Im Interview mit dem brutkasten spricht Monika Köppl Turyna, Direktorin von EcoAustria, über die Folgen, die im Falle einer insuffizienten Unterstützung der Industrie folgen können. 

Wir befinden uns in einer Multi-Krisen-Situation. Die Bevölkerung, vor allem aber auch die Industrie hat schwer damit zu kämpfen. Welche Gefahren bedrohen die Industrie aktuell?

Der wichtigste Faktor ist der Anstieg der Kosten für Gas und elektrische Energie. Im Zuge des Jahres 2022 haben sich die Beschaffungspreise für Gas bereits mehr als verdreifacht und für Strom mehr als verdoppelt. Im Jahr 2023 ist eine weitere Verdopplung zu erwarten. Das bedeutet, dass auf die Unternehmen 20 Mrd. Euro an zusätzliche Kosten zukommen. Viele Unternehmen werden unter diesen Umständen nicht mehr produzieren können. Die dadurch resultierenden Produktionsausfälle werden sich auch auf andere Unternehmen weiter unten in der Wertschöpfungskette auswirken. Darüber hinaus kämpfen Firmen immer noch mit Lieferproblemen, etwa für Chips und Rohstoffe. All diese Entwicklungen sind signifikante Treiber der Inflation.

Wie steht es aktuell um die Produktionssicherheit in der Industrie mit Rücksicht auf die aktuelle (Energie-)Krisensituation?

Beim Anstieg der Produktionskosten stehen viele produzierende Unternehmen vor der Entscheidung, ob sie überhaupt weiter produzieren sollen. In erster Linie betrifft das die energieintensive Produktion wie Papier, Glas, chemische Industrie oder Metallerzeugnisse. Sollte sich die Situation nicht verbessern, droht eine weitere Reduktion des Angebotes. Darüber hinaus ist die langfristige Wettbewerbsfähigkeit bedroht, da die Energiepreise in anderen Teilen der Welt nur in geringem Ausmaß gestiegen sind. Unter diesen Umständen steuern wir im Jahr 2023 auf eine milde Rezession. Werden Gaslieferungen komplett gestoppt, wäre die Situation signifikant dramatischer mit einem BIP-Rückgang von drei Prozent oder mehr.

Droht uns eine Güterkrise?

Sollten die Gaslieferungen komplett ausfallen ist eine Güterkrise nicht auszuschließen. Anhand der Notfallpläne der EU wird – in einer solchen Situation – Gas rationiert und an Unternehmen auktioniert. Das bedeutet, dass andere Betriebe leer auskommen werden und viele Güter möglicherweise fehlen. Der Ausmaß des Produktionsrückganges lässt sich nur schwer prognostizieren und liegt im Schnitt zwischen drei und acht Prozent mit hoher regionaler- und Branchen-Heterogenität.

Wie wahrscheinlich ist die Wiedereinführung von Kurzarbeit in der Industrie?
Ich würde es bei der energieintensiven Industrie nicht ausschließen, erste Fälle sind bereits bekannt. Es kommt allerdings stark darauf an, welche Unterstützung seitens der Regierung kommt – wir sollen in den kommenden Tagen die Details des Energiekostenzuschusses lernen.

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PÜSPÖK
(c) PÜSPÖK/Alex Lang Photography - PÜSPÖK Agrar-Photovoltaikpark Nickelsdorf II.

Die Europäische Investitionsbank (EIB) stellt der Püspök Unternehmensgruppe 80 Millionen Euro für die Errichtung von sechs Agrar-Solarfarmen im österreichischen Burgenland zur Verfügung. Dieses Vorhaben wird gemeinsam mit der Erste Bank der österreichischen Sparkassen realisiert, die zusätzlich ein Darlehen von 43 Millionen Euro bereitstellt. Davon wiederum werden 28 Millionen Euro durch die EIB refinanziert.

Püspök: Ausbau erneuerbarer Energien

Bis Mitte 2026 werden in Nickelsdorf, Parndorf, Gattendorf und Mönchhof Agri-PV-Anlagen mit einer Gesamtleistung von 257 Megawattpeak entstehen, ergänzt durch ein Batteriespeichersystem mit einer Kapazität von 4,1 Megawatt/8,6 Megawattstunden.

Diese Anlagen sollen in der Lage sein, den Strombedarf von 71.000 Haushalten zu decken und damit einen wichtigen Beitrag zur Erhöhung der Versorgungssicherheit und Unabhängigkeit von Energieimporten leisten.

“Ein schneller Ausbau der erneuerbaren Energien ist entscheidend für die Dekarbonisierung der Wirtschaft. Die von Püspök geplanten Solarfarmen stellen einen weiteren wichtigen Schritt in Richtung einer klimaneutralen Energieversorgung dar und tragen dazu bei, Europas Abhängigkeit von Öl- und Gasimporten zu reduzieren”, sagte Thomas Östros, Vizepräsident der EIB.

REPowerEU

Die Projekte werden auf Grundlage von Marktprämienverträgen gemäß dem österreichischen Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz realisiert. Zusätzlich unterstützt der REPowerEU-Plan der Europäischen Union dieses Vorhaben mit dem Ziel, die europäische Abhängigkeit von fossilen Energieträgern rasch zu reduzieren. Dank REPowerEU kann die EIB 72 Prozent der Gesamtkosten von 144 Millionen Euro finanzieren.

“Die Unterstützung der Europäischen Investitionsbank und der Erste Bank ermöglicht uns die Realisierung von sechs Agrar-Photovoltaikparks, die einen Meilenstein auf unserem Weg zu einer nachhaltigen Energiezukunft darstellen. Mit einer Leistung von 257 Megawattpeak beschleunigen wir nicht nur den Weg zur Energieunabhängigkeit Österreichs, sondern leisten auch einen Beitrag zur Erreichung unserer Klimaziele. Durch die Integration eines leistungsfähigen Batteriesystems sorgen wir für eine stabilere Einspeisung und entlasten damit die Netze”, erklärt Lukas Püspök, CEO von Püspök und Founding Partner von Push Venures. “Dieses Projekt ist ein wichtiger Schritt für den Klimaschutz und eine lebenswerte Zukunft.”

Hans Unterdorfer, Firmenkundenvorstand Erste Bank Österreich, sieht die grüne Transformation der Wirtschaft als eine der größten Herausforderungen unserer Zeit: “Gleichzeitig ist sie eine enorme Wachstumschance für innovative Unternehmen”, sagt er. “Mit dem Bau der Solarparks adressiert Püspök einen entscheidenden Erfolgsfaktor für eine erfolgreiche Zukunft, nämlich eine verlässliche und nachhaltige Energieversorgung. Daher freut es uns besonders, Partner dieses zukunftsweisenden Projekts sein zu dürfen.”

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