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Österreich rühmt sich, vor allem dank seiner vielen Wasserkraftwerke, einen besonders hohen Anteil an erneuerbaren Energien in der Stromerzeugung zu haben – 2020 waren es laut offizieller Statistik knapp über 80 Prozent. Auch Erdgas spielte mit etwas mehr als zehn Prozent durchaus eine Rolle. Warum aber der gesamte Energiepreis, also im Fall Elektrizität auch die 80 Prozent Strom aus erneuerbaren Quellen gemeinsam mit dem Gas-Preis ansteigt, ist in der aktuellen Energiekrise vielen Menschen ein Rätsel.
Kocher auf Twitter eher Wirtschaftsprofessor als Wirtschaftsminister
Entsprechend vehement werden solche Statistiken auch in der Diskussion um einen möglichen Energiepreisdeckel vorgebracht. Doch hinter der Preisbildung steckt ein marktwirtschaftliches Prinzip, das sich nicht so leicht umgehen lässt: Die Merit-Order. Diese bezeichnete Wirtschaftsminister und Ex-IHS-Chef Martin Kocher in einem umfassenden Twitter Thread nun als “keinen Hokuspokus”. Und er erklärte sie – eher im Stil eines Wirtschaftsprofessors, als eines Ministers – als Replik auf diverse Forderungen. Denn er wolle nun auf Twitter “in den nächsten Wochen versuchen, möglichst sachlich zu erklären, was national möglich ist, was vielleicht auf europäischer Ebene geht und was kurzfristig gar nicht geht”, so der Minister.
Angesichts der Herausforderungen durch einen russischen Angriffskrieg vor der Haustüre und die damit verbundene Teuerung vor allem der Energiepreise scheinen jede Menge populistische Ideen im Umlauf. 1/n
— Martin Kocher (@MagratheanTimes) July 18, 2022
“Die Merit-Order ist nichts anderes als eine Angebotsfunktion”
“Die Merit-Order ist nichts anderes als eine Angebotsfunktion. Sie ordnet alle Anbieter nach den (Grenz-)kosten. Manche haben höhere Produktionskosten, andere geringere. Am Markt ergibt sich der Preis dort, wo nachgefragte Menge gleich angebotene Menge”, schreibt Kocher. Das System sei aber aus zwei Gründen “trotzdem problematisch”, räumt Kocher ein: “1) Die Differenz der Kosten zwischen der teuersten Technologie, die den Preis für alle Technologien bestimmt, und der Kosten der zweitteuersten Technologie ist derzeit (aufgrund des Gaspreises) sehr hoch. Das erscheint unfair. 2) Strom kann sehr schlecht substituiert werden. Das heißt, die Konsument:innen können nicht ausweichen und daher erscheinen die hohen Preise ‘unfairer’ als bei Produkten, die man leichter vermeiden kann”.
Energiepreis: Kocher drängt auf EU-Lösung, Regierung prüft Felbermayr-Vorschlag
Ein Abgehen vom Merit-Order-System sei aber (ebenso wie der Energiepreisdeckel) nur auf EU-Ebene sinnvoll möglich. “Die EU-Kommission will dazu Vorschläge vorlegen. Die AT-Bundesregierung drängt auf Tempo”, so der Minister. Aktuell prüfe die Regierung in Sachen Energiepreis den von Wifo-Chef Gabriel Felbermayr ins Spiel gebrachten “überlegenswerten Vorschlag eines subventionierten oder freien Basisverbrauchs an Strom”, über den hinaus der Marktpreis gelte. “In der Umsetzung nicht ganz trivial, aber – wenn man von praktischen Problemen absieht – treffsicher” meint Kocher.